Rz. 137

Entsprach der vereinbarte Zins im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme dem Marktzins und sinkt zu einem späteren Bilanzstichtag das Marktzinsniveau unter den vereinbarten Zins, so stellt sich die Frage, wie sich eine solche Entwicklung auf die Bewertung des Schulddarlehens auswirkt.

 
Praxis-Beispiel

S nimmt bei der Bank G am 5.1.00 ein Darlehen in Höhe von 100.000 EUR auf. Der vereinbarte Zins beträgt 8 %, was am 5.1.00 der Marktüblichkeit entspricht. Das Darlehen ist am 5.1.05 zurückzuzahlen. Am 31.12.02 beträgt die marktübliche Verzinsung 5 %.

 

Rz. 138

Eine Aufwertung der Verbindlichkeit kommt in der Handelsbilanz nicht in Betracht. Es sind nach wie vor 100.000 EUR zurückzuzahlen. Die Verbindlichkeit ist also mit dem Rückzahlungs-/Erfüllungsbetrag von 100.000 EUR zu bewerten. Die Zinsbelastung wird über die GuV erfasst.[1]

 

Rz. 139

Zwischen dem Darlehensnehmer und dem Darlehensgeber besteht am 31.12.02 hinsichtlich der künftigen vertraglichen Beziehungen ein schwebendes Geschäft. Die am Bilanzstichtag (31.12.02) möglichen Zinskonditionen sind günstiger als die vereinbarten Zinssätze. Es ist handelsrechtlich eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden.[2] Handelsrechtlich besteht hierfür ein Passivierungsgebot.[3]

 

Rz. 140

Die Höhe der Rückstellung ist die Differenz zwischen tatsächlicher Zinsbelastung und möglicher Zinsbelastung für den Rest der Laufzeit, bezogen auf den Bilanzstichtag.

Die Höhe der Zinsen Z ergibt sich aus der Größe des Kapitals K, dem Zinsfuß p und der Zeitdauer t:

Die von dem Unternehmen für die Restlaufzeit des Darlehens zu zahlenden Zinsen, bezogen auf den Bilanzstichtag 31.12.02, betragen:

Z = 16.000 EUR

Nach den Zinskonditionen am Markt hätte das Unternehmen für die Restlaufzeit an Zinsen zu zahlen:

Z = 10.000 EUR

In Höhe der Differenz droht dem Unternehmen aus dem schwebenden Geschäft ein Verlust: 16.000 EUR – 10.000 EUR = 6.000 EUR. In dieser Höhe hat das Unternehmen S zum 31.12.02 in seiner Handelsbilanz eine Rückstellung wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften zu passivieren.

 

Rz. 141

Wird einem Unternehmen im Zusammenhang mit einem überverzinslichen Darlehen ein besonderer Vorteil eingeräumt, ist zu unterscheiden, ob es sich um einen dauerhaften oder einmaligen Vorteil handelt.

Wird der Vorteil für die gesamte Laufzeit des Kredits gewährt, so entfällt handelsrechtlich eine Rückstellung wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften.[4]

 
Praxis-Beispiel

Einem Hotelbetrieb wird von einer Brauerei ein überverzinslicher Kredit gewährt. Für die Laufzeit räumt die Brauerei niedrigere Bezugspreise ein.

 

Rz. 142

Ist dem Unternehmen aber ein einmaliger Vorteil zugeflossen, so ist dieser auf die Laufzeit des Kredits als passives Agio abzugrenzen. Handelt es sich um eine Einnahme, geschieht die Gegenbuchung auf dem Bank- oder Kassenkonto. Wird z. B. eine Reparatur kostenlos ausgeführt, wird auf dem Aufwandskonto gegen gebucht; wird der Kaufpreis eines aktivierbaren Vermögensgegenstandes gemindert, wird auf dem entsprechenden Bestandskonto gegen gebucht. Das Agio ist entsprechend der Kapitalinanspruchnahme über Ertrag aufzulösen.[5]

[1] Vgl. § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 60.
[2] Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 60; IDW RS HFA 4, Tz. 32.
[3] Vgl. zur Rückstellungsbildung bei Darlehen mit steigenden Zinssätzen bzw. progressiver Zinsvereinbarung BFH, Urteil v. 25.5.2016, I R 17/15, BStBl 2016 II S. 930.
[4] Vgl. Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 62.
[5] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 253 HGB Rz. 80, Stand: 11/1992; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 62.

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