3.3.1 Wertansätze

 

Rz. 117

Handelsrechtlich sind Verbindlichkeiten und damit auch Darlehensverbindlichkeiten zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Das ist der Betrag, der zu zahlen ist, damit die Verpflichtung erfüllt wird. Unter Einschränkung des Stichtagsprinzips sind künftige Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.[1]

 

Rz. 118

Negative Erfolgsbeiträge müssen nach dem Imparitätsprinzip bereits berücksichtigt werden, wenn sie aus Geschäften des abgelaufenen Geschäftsjahres herrühren und am Abschlussstichtag erkennbar sind.[2] Es ist vorsichtig zu bewerten. Alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, müssen berücksichtigt werden, auch wenn sie erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht handelsrechtlich nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eine Verpflichtung zur Berücksichtigung der negativen Erfolgsbeiträge.

 

Rz. 119

Handelsrechtlich ist also bei der Bewertung einer Darlehensverbindlichkeit immer vom höheren Wertansatz auszugehen, auch wenn es sich um eine Werterhöhung handelt, die nicht voraussichtlich von Dauer ist. Auf der anderen Seite ist der Ansatz wieder zu mindern, wenn die Verbindlichkeit zu einem geringeren Betrag zu erfüllen ist. Die Verpflichtung nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB, eine Verbindlichkeit zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen, bedeutet, dass die Verbindlichkeit mit dem jeweiligen Betrag anzusetzen ist, zu dem sie am Bilanzstichtag zu erfüllen ist. Ob Werterhöhungen oder Wertminderungen vorübergehend sind, ist daher bei der handelsrechtlichen Bewertung von Verbindlichkeiten allgemein und damit auch bei Darlehensverbindlichkeiten im Besonderen ohne Bedeutung.

 

Rz. 120

Ein Beibehaltungswahlrecht gibt es nach § 253 Abs. 5 HGB nur für Vermögensgegenstände, für Verbindlichkeiten findet dieses keine Anwendung. Allerdings darf bei einer Wertminderung der Zugangswert/Nennbetrag der Darlehensverbindlichkeit nicht unterschritten werden, da dies dem Realisationsprinzip entgegensteht.[3]

[1] Vgl. Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 50.
[2] Vgl. Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 6. Aufl. 1982, S. 339 ff.; Ballwieser, Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 2020, § 252 HGB Rz. 79 ff. m. w. N.
[3] Vgl. Kulosa, in Schmidt, EStG, 2023, § 6 EStG Rz. 451; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 51.

3.3.2 Damnum/Disagio

 

Rz. 121

Der Erfüllungsbetrag eines Schulddarlehens kann höher als der Ausgabebetrag sein. Die Bemessungsgrundlage für die Rückzahlung des Darlehens ist der Erfüllungsbetrag, mit diesem ist das Darlehen zu bewerten. Der Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungs- und Ausgabebetrag wird Damnum oder Disagio genannt.

 
  Erfüllungsbetrag  
./. Ausgabebetrag  
= Damnum/Disagio  
 
Praxis-Beispiel

Unternehmen S nahm am 5.1.01 bei der Bank G ein Darlehen zum Nennbetrag von 300.000 EUR auf. Gutgeschrieben wurden S 285.000 EUR (95 %). Zurückzuzahlen war das Darlehen in 5 Jahresraten, beginnend am 5.1.02.

 

Rz. 122

Wirtschaftlich gesehen zahlt der Darlehensgeber den vollen Erfüllungsbetrag/Nennbetrag aus, während der Darlehensnehmer das Damnum an den Darlehensgeber als zusätzliches Entgelt zu den Zinsen zahlt. Diese beziehen sich auf den Erfüllungsbetrag des Darlehens. Damnum und laufende Zinsen sind das Gesamtentgelt für die Darlehensnutzung. Das Damnum ist Vorauszahlung eines Teils der Zinsen und steht damit mit den (sonstigen) Zinsen in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Ohne Damnum wären höhere Zinsen zu entrichten. Je höher also das Damnum ist, desto geringer sind die Zinsen.[1]

 

Rz. 123

Für das Damnum/Disagio bei einem Schulddarlehen besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht, es in den Rechnungsabgrenzungsposten der Aktivseite der Bilanz aufzunehmen. Wird es aktiviert, ist es planmäßig abzuschreiben. Die Abschreibungen dürfen auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verteilt werden (§ 250 Abs. 3 HGB).

 

Rz. 124

Der Unterschiedsbetrag darf also handelsrechtlich entweder als Aufwand gebucht oder als Damnum aktiviert werden. Das Aktivierungswahlrecht schließt auch die Möglichkeit ein, das Damnum nur teilweise zu aktivieren, den Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungsbetrag und Auszahlungsbetrag also teilweise sofort als Aufwand zu buchen und im Übrigen zu aktivieren.[2]

Hier sollen nur die beiden Möglichkeiten der vollen Aufwandsverbuchung oder der vollen Aktivierung behandelt werden. Bei Auszahlung des Darlehens bucht daher S im vorstehenden Beispiel:

Entweder

Bank

285.000 EUR

Zinsaufwand

15.000 EUR

an Schulddarlehen

300.000 EUR

oder

Bank

285.000 EUR

Damnum/Disagio

15.000 EUR

an Schulddarlehen

300.000 EUR

Im Fall der zweiten Alternative wird das Damnum aktiviert und planmäßig abgeschrieben. Als Laufzeit der Abschreibung darf handelsrechtlich die Laufzeit des Darlehens oder eine kürzere Laufzeit gewählt werden.[3]

 

Rz. 125

Das Damnum ist eine zusätzliche Vergütu...

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