Rz. 45

Mit Verabschiedung des BilMoG im Jahre 2009 hat der deutsche Gesetzgeber die formelle Maßgeblichkeit aufgegeben.[1] Gleichlautende handels- und steuerrechtliche Wahlrechte können demnach unabhängig voneinander ausgeübt werden.[2]

 

Rz. 46

Die materielle Maßgeblichkeit wurde hingegen beibehalten.[3] Dies bringt die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats klar zum Ausdruck: "Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz wird durch die Änderungen des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht berührt. Durch das BilMoG ergeben sich daher zum gegenwärtigen Rechtszustand keine Änderungen."[4] Würde aber die uneingeschränkte Maßgeblichkeit gelten, so wäre kein Raum für steuerpolitische Begünstigungs- oder Belastungsmaßnahmen.[5] Daher muss eine Durchbrechung der Maßgeblichkeit für solche Normen sichergestellt sein, die nicht von der materiellen Maßgeblichkeit erfasst werden sollen. Diese Aufgabe fällt § 5 Abs. 1 Satz 1 (2. Halbsatz) EStG zu. Danach wird im Grundsatz am Maßgeblichkeitsprinzip festgehalten, "es sein denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt."[6]

 

Rz. 47

Sofern also die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz weiter fortgilt,[7] bleiben der handelsrechtliche Jahresabschluss und damit auch dessen Änderungen grundsätzlich Grundlage der Besteuerung. Dadurch müssen zwangsläufig eigenständige steuerrechtliche Regelungen die Übernahme der handelsrechtlichen Neuerungen abbedingen, sofern die Änderungen der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften steuerlich keine Geltung erlangen sollen.

 

Rz. 48

Dies leistet zum einen der steuerliche Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG im Zusammenhang mit der Bewertungsvorschrift des § 6a EStG. Danach tangieren die oben dargestellten handelsrechtlichen Vorschriften zur bilanziellen Abbildung der betrieblichen Altersversorgung die Steuerbilanz (zumindest) für den Bereich der Pensionsrückstellungen nicht.[8]

 

Rz. 49

"Nur soweit die Regelungen des [... § 6a EStG, d. Verf.] lückenhaft sind, greifen nach dem Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 EStG ergänzend die als Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB) zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts."[9] Zum anderen wird der steuerliche Bewertungsvorbehalt vornehmlich flankiert durch die Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 und 1a sowie 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f) EStG. Damit besitzt ein CTA für die Steuerbilanz keine direkte Auswirkung, weil § 5 Abs. 1a Satz 1 EStG eine Saldierung explizit untersagt.[10]

[1] Vgl. auch Theile/Hartmann, DStR 2008, S. 2031 (2032 f.); Herzig, DB 2008, S. 1339 (1340); des Weiteren ausführlich zu den steuerrechtlichen Implikationen eines CTA: Ditz/Tcherveniachki, DB 2010, S. 632 ff.
[2] Der Gesetzeswortlaut bringt nicht deutlich zum Ausdruck, welche Wahlrechte darunter zu subsumieren sind; vgl. Herzig, DB 2008, S. 1339 (1340).
[3] Vgl. so auch Herzig, DB 2008, S. 1339 (1340); Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 1; Arbeitskreis Quantitative Steuerlehre, DStR 2008, S. 1844; Prinz, BBK 2008, Fach 13, S. 5260; Ballwieser, in Weber u. a., Berichterstattung für den Kapitalmarkt – Festschrift für Karlheinz Küting zum 65. Geburtstag, 2009, S. 593 (605).
[4] BT-Drucks. 16/10067 S. 124. Gegen die Argumentation der Bundesregierung kann nicht angeführt werden, dass sie sich auf den Stand des RegE bezog, zumal § 5 Abs. 1 EStG (n. F.) bereits wortgleich im RegE enthalten war.
[5] Vgl. Theile/Hartmann, DStR 2008, S. 2031, m. w. N.; überdies die Beispiele bei: Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, Beihefter Nr. 4 zu Heft 50, S. 3 (13).
[7] Vgl. ausführlich zu den Auswirkungen des BilMoG auf die Einheitsbilanz: Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 1 ff.
[8] Vgl. Beyer, BBK 2008, Fach 13, S. 5169.
[10] Vgl. zu der etwaigen Aufdeckung stiller Reserven, der steuerlichen Zurechnung der Einkünfte sowie den Auswirkungen eines CTA auf die Kapitalertrag-/Quellen- und Lohnsteuer: Ditz/Tcherveniachki, DB 2010, S. 632 ff.

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