Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein grundgesetzlicher Anspruch auf mündliche Verhandlung. Umsatzsteuerliche Behandlung von Wertpapieroptionsgeschäften und Warenterminoptionen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, daß bei einstimmiger Zurückweisung der Revision durch fünf Richter eine Begründungspflicht des Beschlusses gesetzlich nicht angeordnet ist, wobei auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird.

2. Der Gleichheitssatz ist nicht dadurch verletzt, daß Wertpapieroptionsgeschäfte nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfrei sind, während die Warenterminoptionsgeschäfte der Umsatzsteuer unterliegen.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 7; UStG § 4 Nr. 8 Buchst. e

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 06.03.1986; Aktenzeichen V R 179/84)

 

Gründe

Der Bundesfinanzhof konnte von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Verfassungsverstoß Gebrauch machen, nachdem er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet hatte. Die Beschwerdeführerin ist davon unterrichtet und im schriftlichen Verfahren gehört worden. Damit wurde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör erfüllt. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung, wenn nach dem einschlägigen Verfahrensgesetz eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet oder entbehrlich ist (BVerfGE 5, 9 ≪11≫). Die Tatsache, daß der Beschluß nicht weiter begründet ist, erschwert zwar die Nachvollziehung der Entscheidung durch die Beschwerdeführerin und mag für diese unbefriedigend sein; sie stellt jedoch keinen Verfassungsverstoß dar. Dem Grundgesetz läßt sich nicht entnehmen, daß jede – auch eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche – gerichtliche Entscheidung mit einer Begründung zu versehen ist (BVerfGE 50, 287 ≪289 f.≫). Der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß bei der Verwerfung einer Revision die Entscheidung begründet werden müsse, führt zu keinem anderen Ergebnis. N ach § 126 Abs. 1 FGO verwirft der Bundesfinanzhof eine unzulässige Revision durch Beschluß, wobei eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). An dem Beschluß haben nur drei und nicht fünf Richter mitzuwirken (§ 10 Abs. 3 FGO). Unter diesen Umständen stellt es keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, daß bei einstimmiger Zurückweisung der Revision durch fünf Richter eine Begründungspflicht des Beschlusses gesetzlich nicht angeordnet ist.

Schließlich ist der Gleichheitssatz auch nicht dadurch verletzt, daß Wertpapieroptionsgeschäfte nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfrei sind, während die Warenterminoptionen in der von der Beschwerdeführerin betriebenen Weise der Umsatzsteuer unterliegen. Gegenstand des Optionsgeschäfts mit Wertpapieren (Terminhandel) ist das Recht, eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren innerhalb einer bestimmten Frist jederzeit zu einem festen Preis fordern oder liefern zu können. Diese Umsätze haben einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Umsätzen von Wertpapieren. Diese sind zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung mit Börsenumsatzsteuer und Umsatzsteuer von jeher von der Umsatzsteuer befreit gewesen (vgl. BStBl. 1960 111 S. 77).

Unter Berücksichtigung aller Umstände war der Beschwerdeführerin eine Gebühr von 500.– DM aufzuerlegen (§ 34 Abs. 2 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1566270

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