Entscheidungsstichwort (Thema)

Zweigstellensteuer für Bank- und Kreditunternehmen verfassungswidrig

 

Leitsatz (amtlich)

§ 17 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes ist nichtig.

 

Normenkette

GewStG § 17 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

A.

I.

Nach § 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) sind die Gemeinden berechtigt, eine Gewerbesteuer als Gemeindesteuer zu erheben. Besteuerungsgrundlagen für die Gewerbesteuer sind der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital (§ 6 Abs. 1); daneben kann die Lohnsumme als Besteuerungsgrundlage gewählt werden (§ 6 Abs. 2). Die Steuer wird in der Weise berechnet, daß auf den nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital oder zusätzlich nach der Lohnsumme ermittelten Steuermeßbetrag der Hebesatz angewendet wird, der von der hebeberechtigten Gemeinde durch Gemeindesatzung festgelegt ist (§§ 11 ff., 25). Der Hebesatz muß für alle in der Gemeinde vorhandenen gewerblichen Unternehmen gleich sein (§§ 16 Satz 2, 25 Abs. 4). Eine Ausnahme ist nur in § 17 GewStG vorgesehen. Diese Bestimmung (zuletzt in der Fassung vom 25. Mai 1965 – BGBl I S. 459 –) lautete:

Zweigstellensteuer

(1) Für Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen, die in einer Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten, ohne in dieser ihre Geschäftsleitung zu haben, kann der Hebesatz hinsichtlich der in dieser Gemeinde belegenen Betriebsstätte bis zu drei Zehnteln höher sein als für die übrigen Gewerbebetriebe (Zweigstellensteuer)… .

(2) …

(3) …

Durch Urteil vom 13. Juli 1965 (BVerfGE 19, 101) hat das Bundesverfassungsgericht § 17 Abs. 1 GewStG insoweit für nichtig erklärt, als diese Bestimmung zuließ, daß für Wareneinzelhandelsunternehmen Zweigstellensteuer erhoben wurde.

Die Zweigstellensteuer wird nicht von den in einer Gemeinde befindlichen Zweigbetriebstätten als solchen, sondern von dem Gesamtunternehmen hinsichtlich der einzelnen Zweigstellen erhoben. Deshalb finden bei ihrer Berechnung nicht die für das gesamte Unternehmen errechneten Steuermeßbeträge Anwendung. Vielmehr ist der Steuermeßbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen (§§ 28 ff.).

II.

Die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen 20 Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerin zu I) und eine weitere damit verbundene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu II) richten sich gegen die Heranziehung der Beschwerdeführerinnen zur Zweigstellensteuer.

Beide Beschwerdeführerinnen unterhalten außerhalb des Sitzes ihrer Geschäftsleitungen zahlreiche Betriebsstätten. Sie wurden in den Fällen, die Gegenstand der Verfassungsbeschwerden sind, von verschiedenen Städten hinsichtlich der dort belegenen Betriebsstätten zur Zweigstellensteuer herangezogen. Die verwaltungsgerichtlichen Klagen blieben ohne Erfolg.

Die Gerichte gehen in ihren Entscheidungen im wesentlichen übereinstimmend davon aus, durch die Zweigstellensteuer solle aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen das ortsansässige mittelständische Gewerbe gegen die Konkurrenz auswärtiger, meist kapitalkräftiger Unternehmen geschützt werden. Diese zusätzliche Belastung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die großen auswärtigen mit Zweigstellen arbeitenden Unternehmen seien in der Regel steuerlich leistungsfähiger als ihre ortsansässige mittelständische Konkurrenz. Durch ihre große Ertragskraft und überlegene Wettbewerbsfähigkeit gefährdeten sie die Existenz der mittelständischen Betriebe. Zu deren Schutz habe der Gesetzgeber die Zweigstellensteuer einführen können.

III.

Die Beschwerdeführerinnen – die Beschwerdeführerin zu II) unter Heranziehung eines Gutachtens des Privatdozenten Dr. Fischer – rügen in erster Linie eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG, die, sie darin sehen, daß unter allen Wirtschaftszweigen nur noch die Bank- und Kreditunternehmen mit der eine Sondersteuer darstellenden Zweigstellensteuer belegt würden. An Wesen, Zweck und System der Gewerbesteuer gemessen, ergebe sich hierfür kein sachgerechter Grund. Auch nützten die Filialunternehmen den Interessen der einheimischen Wirtschaft in mindestens dem gleichen Maße wie ortsansässige Bank- und Kreditinstitute. Unter dem Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes lasse sich die zusätzliche Belastung ebenfalls nicht rechtfertigen. Einmal fehle es im Bankwesen schon an einem Maßstab, um eine Bank als mittelständisch einzuordnen, insbesondere könne man nicht einzelne Bankgruppen, wie etwa die Privatbanken, die Sparkassen oder die Kreditgenossenschaften als mittelständische Unternehmen betrachten. Selbst wenn man etwa die Höhe des Geschäftsvolumens als Unterscheidungsmerkmal heranziehe, halte sich die Typisierung nach mittelständischen und nicht mittelständischen Unternehmen allein nach dem Merkmal des Unterhaltens einer überörtlichen Filiale nicht im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes; es gebe Banken mit einem sie als Großunternehmen kennzeichnenden Geschäftsvolumen, die keine auswärtigen Filialen hätten, während andere Institute mit erheblich kleinerem Geschäftsvolumen durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse gezwungen seien, solche Filialen einzurichten.

IV.

1. Die Bundesregierung hat sich dahin geäußert, bei einer Kommunalsteuer seien die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen einer Zweigstelle am Ort und einem am Ort ansässigen selbständigen Unternehmen so bedeutsam, daß daran Rechtsfolgen geknüpft werden könnten.

Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen hat zur Verfassungsmäßigkeit der Zweigstellensteuer keine Stellung genommen, jedoch die Ergebnisse einer Erhebung über die Struktur der von der Zweigstellensteuer erfaßten Banken und Kreditunternehmen vorgelegt.

2. Ferner haben sich der Bundesverband des Privaten Bankgewerbes, der Verband der Gemeinwirtschaftlichen Geschäftsbanken und der Wirtschaftsverband Teilzahlungsbanken e.V. geäußert, die alle die Zweigstellensteuer für verfassungswidrig halten. Die in den instanzgerichtlichen Verfahren beteiligten Städte und die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände haben ebenfalls Stellung genommen und die Verfassungsmäßigkeit der Zweigstellensteuer bejaht. Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat – unter Bezugnahme auf ein von Professor Dr. Werner Weber erstattetes Gutachten – ausgeführt, die nur örtlichen Bankunternehmen paßten sich den einheimischen Bedürfnissen besser an, während bei Filialbanken die Förderung der heimischen Wirtschaft durch die örtlichen Filialen zurücktrete. Filialbanken hätten auch größere betriebswirtschaftliche Vorteile. Die Zweigstellensteuer sei gerade im Bankwesen darauf angelegt, der Machterweiterung der Bankunternehmen durch Bildung von Filialnetzen entgegenzuwirken und diene so dem der Zweigstellensteuer innewohnenden Zweck des Mittelstandsschutzes im besonderen Maße.

3. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Umfrage bei den Verbänden der Bank- und Kreditwirtschaft Erhebungen über das Geschäftsvolumen der den verschiedenen Bankgruppen angehörenden Kreditinstitute angestellt.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Allerdings hat die Beschwerdeführerin zu II) davon abgesehen, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 1963, soweit es die Revision nicht zuläßt, mit der Beschwerde anzugreifen. Im Hinblick auf die feststehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Zweigstellensteuer (BVerwGE 12, 140 und 171; VII C 112 – 118.60 vom 14. Juli 1961; VII C 75.60 vom 8. März 1963 = Betrieb 1963, 753), die übrigens mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übereinstimmt (BStBl 1961 III S. 407), war mit einer Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde zu rechnen. Eine Erschöpfung des Rechtswegs war hier objektiv überflüssig und der Beschwerdeführerin subjektiv nicht zuzumuten (BVerfGE 9,3 [7,8])

C.

1. Der Gesetzgeber hat die Zweigstellensteuer als eine Sondergewerbesteuer ausgestaltet und für Unternehmen, die auswärtige Filialen unterhalten, eine höhere Gewerbesteuer zugelassen als für ortsansässige selbständige Unternehmen; § 17 GewStG ermöglicht für diese Unternehmen eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des § 16 Satz 2 GewStG, nur gleiche Hebesätze für alle Gewerbebetriebe einer Gemeinde festzusetzen.

Die Zweigstellensteuer konnte nach § 23 Abs. 2 Kap. III des Dritten Teils der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (RGBl I S. 517, 537) von Versicherungen, Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen erhoben werden. § 17 des Gewerbesteuergesetzes vom 1. Dezember 1936 (RGBl I S. 979) sah für die Versicherungsunternehmen diese Steuer nicht mehr vor. Nachdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juli 1965 (BVerfGE 19, 101) die Zweigstellensteuer, soweit sie die Wareneinzelhandelsunternehmen belastete, für nichtig erklärt hat, werden nur noch die Bank- und Kreditunternehmen von dieser Sondergewerbesteuer erfaßt. Sie verstößt schon deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie dadurch, daß sie von sämtlichen Gewerbebetrieben nur noch eine einzelne Branche erfaßt, eine von dem System der Gewerbesteuer abweichende Sonderbelastung darstellt.

2. § 17 GewStG sollte die Möglichkeit geben, die ortsansässigen selbständigen Unternehmen gegen die Konkurrenz der Betriebsstätten auswärtiger Unternehmen zu schützen. Niemand darf jedoch zu einer höheren Steuer nur deshalb herangezogen werden, weil er kein Einheimischer ist. In einer freiheitlichen Rechts- und Wirtschaftsordnung, die dem einzelnen die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, Freizügigkeit und freie Berufswahl gewährleistet, steht es jedem frei, sich den Ort zu wählen, an dem er sich geschäftlich betätigen will. Für eine Schlechterstellung der Auswärtigen müssen sachliche Gründe gegeben sein, die sich aus Wesen und Zweck der jeweiligen Steuer herleiten lassen (BVerfGE a.a.O. [111 f.]).

3. Gemessen am Zweck der Gewerbesteuer, die besonderen Belastungen und Aufwendungen der Gemeinden wegen des Vorhandenseins von Gewerbebetrieben auszugleichen, lassen sich keine Gründe für eine erhöhte Gewerbesteuer für solche Bank- und Kreditunternehmen finden, die aus überörtlichen Betriebsstätten (vgl. §§ 17, 29 Abs. 1 Ziff. 1 GewStG) Einnahmen erzielen. Die bei handelsunternehmen angestellten Erwägungen treffen auch für die Verhältnisse bei Bank- und Kreditunternehmen zu. Es sind keine Anhaltspunkte gegeben, daß die Betriebsstätten auswärtiger Filialbanken höhere Ausgaben veranlaßten oder größere Anförderungen an gemeindliche Veranstaltungen stellten als ortsansässige Unternehmen. Es kann auch nicht anerkannt werden, daß der Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Ziff. 1 GewStG zur Folge hat, daß die Gemeinden für eine Zweigbetriebstätte weniger Gewerbesteuer erhalten als wenn es sich um ein ortsansässiges Unternehmen handelte. Zudem könnte eine mangelhafte Verteilung des Steueraufkommens nicht dadurch ausgeglichen werden, daß die benachteiligten Gemeinden einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen zu einer höheren Steuerlast heranzögen.

4. Es ist die Aufgabe der Zweigstellen, sich um die Bedürfnisse der ortsansässigen Wirtschaft zu kümmern, da davon der Erfolg ihrer Tätigkeit abhängt. Die Großbanken bemühen sich durch eine weitgehende Verselbständigung ihrer Filialen, den Mittel- und Kleinkredit zu pflegen, um auch zu mittleren und kleinen Kunden ein enges Vertrauensverhältnis herzustellen, das eine individuelle Behandlung ihrer Angelegenheiten sicherstellt. Zweigstellen von Filialunternehmen können wegen des ihnen möglichen überörtlichen Ausgleichs sogar Kreditbedürfnisse der einheimischen Wirtschaft befriedigen, die allein aus dem Ergebnis ihres örtlichen Passivgeschäftes nicht gedeckt werden könnten.

5. Wie bereits in der Entscheidung zur Zweigstellensteuer für Wareneinzelhandelsunternehmen bemerkt ist, könnte es im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht beanstandet werden, wenn zum Schutz mittelständischer Unternehmen die wirtschaftlich stärkeren Konkurrenzunternehmen zur Zweigstellensteuer herangezogen würden, da der Gesetzgeber durch wirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen auch in Form von Steuergesetzen das freie Spiel der Kräfte korrigieren kann (BVerfGE a.a.O. [114]).

Von Sonderinstituten abgesehen, deren Größe, Umfang und organisatorischer Aufbau bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Zweigstellensteuer vernachlässigt werden können, werden im Bankwesen üblicherweise folgende Gruppen unterschieden (Obst-Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 35. Aufl. 1963, S. 257 ff.): die Kreditbanken mit den Untergruppen der traditionellen Großbanken einschließlich ihrer Berliner Tochterinstitute, der Staats-, Regional- und Lokalbanken und der durch persönliche Haftung ihrer Inhaber gekennzeichneten Privatbanken, die mit geringer Ausnahme öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Girozentralen und die Kreditgenossenschaften und Zentralkassen mit den ländlichen Kreditgenossenschaften (Raiffeisenkassen) und den gewerblichen Kreditgenossenschaften (Volksbanken).

a) Bei aller Zweifelhaftigkeit der Bestimmung von Merkmalen, die ein Bank- und Kreditinstitut als mittelständisches Unternehmen kennzeichnen (Bericht über die Lage der Mittelschichten, BT-Drucks. III/2012 S. 6, 9, 96), könnte man erwägen, die Privatbanken, deren Inhaber persönlich haften, wegen der zentralen Stellung der Unternehmerpersönlichkeit und der Verknüpfung ihrer Existenz mit der Existenz des Unternehmens zum Mittelstand zu zählen und daher als Schutzobjekt der Zweigstellensteuer zu betrachten. Auch liegt es nahe, von der Zielsetzung der Zweigstellensteuer ausgehend, die gewerblichen und ländlichen Kreditgenossenschaften deshalb als schutzbedürftig anzusehen, weil sie in erster Linie der Förderung der mittelständischen Wirtschaft durch Bereitstellung von Krediten dienen und weil sie – insbesondere die ländlichen Kreditgenossenschaften (Raiffeisenkassen) – auch kleinere und kleinste Geschäftsvolumen aufweisen. Nach ihrer Entstehungsgeschichte könnte man auch die Sparkassen, die vorherrschend den Mittel- und Kleinkredit pflegen (Mittelstandskredit), trotz ihrer fast ausschließlich öffentlich-rechtlichen Struktur in diesem Zusammenhang als schutzbedürftig betrachten.

Es erscheint jedoch bedenklich, diese Gruppen allgemein als schutzbedürftig im Sinne der Zweigstellensteuer anzusehen, da die dazu gehörenden Unternehmen zum Teil wegen der Größe ihres Geschäfts- oder ihres Bilanzvolumens, ihrer Marktstellung, der Zahl ihrer Beschäftigten und ihrer Betriebsstätten und, was die letzten beiden Gruppen anlangt, wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Zentralkassen den Rahmen des Mittelständischen sprengen und gerade die Sparkassen eine große Ausdehnung erreicht haben (Monatsbericht Deutsche Bundesbank März 1965, S. 7; Rittershausen, Konzentration bei den Banken in „Die Konzentration in der Wirtschaft”, 1960, S. 389, 399; derselbe, Strukturwandlungen im Bankwesen in „Wandlungen der Wirtschaftstruktur in der Bundesrepublik Deutschland” 1962, S. 525). Zudem würde die Gleichsetzung der diesen Gruppen angehörenden Banken mit mittelständischen Unternehmen und ihre Einstufung als schutzbedürftig im Hinblick auf die Förderung, die die Zweigstellensteuer dem Mittelstand angedeihen lassen soll, zu dem widersprüchlichen Ergebnis führen, daß zu schützende Unternehmen selbst von der Zweigstellensteuer erfaßt würden; denn sowohl die Privatbanken als auch die Kreditgenossenschaften – darunter gerade die ländlichen Kreditgenossenschaften mit dem im Durchschnitt kleinsten Geschäftsvolumen – und die Sparkassen, besonders Bezirks- oder Kreissparkassen, unterhalten auswärtige Betriebsstätten, wegen deren sie von der Gemeinde des Sitzes dieser Zweigstelle im Wege der Zerlegung zur Gewerbesteuer und gegebenenfalls zur Zweigstellensteuer herangezogen werden könnten.

b) Daher wäre daran zu denken, die Trennungslinie zu den nach dem Gesetzeszweck schutzbedürftigen „mittelständischen” Bank- und Kreditunternehmen nicht zwischen den einzelnen Bankgruppen, sondern innerhalb der Bankgruppen vorzusehen und, wie es im Konzentrationsbericht (BT-Drucks. IV/2320 S. 36 und Anlagenband zu Drucksache IV/2320 S. 293) geschehen ist, zwischen den Bank- und Kreditunternehmen nach der Größe des Geschäfts oder Bilanzvolumens zu unterscheiden. Die Sonderbelastung überörtlicher Filialunternehmen würde jedoch auch bei dieser Betrachtung gegen Art. 3 Abs. I GG verstoßen, weil eine Gleichsetzung von großen und gegebenenfalls auch mittleren Unternehmen mit überörtlichen Filialunternehmen nicht mit der wirtschaftlichen Wirklichkeit übereinstimmt und daher die das Gesetz rechtfertigende Motivation, wirtschaftlich schwächere Mitbewerber durch Sonderbelastung jener Unternehmen zu unterstützen, nicht folgerichtig durchgeführt ist (BVerfGE a.a.O. [116]). Sicherlich würden unter diesem Aspekt die traditionellen drei Filialgroßbanken und auch bedeutende Regionalbanken zu Recht von der Zweigstellensteuer erfaßt. Daß aber allein das Unterhalten auswärtiger Zweigstellen wegen der daraus zu schließenden Größe keinen sachgerechten Grund für die Erhebung der Zweigstellensteuer bilden kann, wird insbesondere durch die Tatsache bewiesen, daß sich – mit Ausnahme der drei Filialgroßbanken – innerhalb aller Bankgruppen bei gleichem oder annähernd gleichem Geschäftsvolumen oder ebensolcher Bilanzsumme in verschiedenem Ausmaß Kreditinstitute mit und ohne auswärtige Filialen gegenüberstehen und daß – nicht nur in einzelnen Fällen – sogar Kreditinstitute mit erheblich geringerem Geschäftsvolumen als andere filiallose Unternehmen in der Form von Filialunternehmen organisiert und daher Steuerpflichtig sind. Dies trifft – in allerdings geringerem Maße – schon für die Regional- und Lokalbanken und für die Privatbanken, zu, gilt aber besonders für die Sparkassen und die gewerblichen Kreditgenossenschaften, unter denen die oft nur auf den Bereich größerer Gemeinden beschränkten filiallosen Banken ein weit größeres Geschäftsvolumen aufweisen als die notwendigerweise als Filialunternehmen organisierten Kreis- oder Bezirkssparkassen oder Kreditgenossenschaften in Landkreisen.

Daß die Anknüpfung an die überörtliche Zweigstellenorganisation nicht sachgerecht ist, zeigt sich auch bei einem Vergleich der verschiedenen Bankgruppen angehörenden und miteinander konkurrierenden Institute, der keinen unbedingten Zusammenhang zwischen Geschäftsvolumen und Unterhalten eines überörtlichen Zweigstellennetzes erkennen läßt.

Es ist aber nicht ersichtlich, daß in dem Geschäftszweig der Bank- und Kreditunternehmen besondere Verhältnisse vorliegen, die gerade in dieser Branche einen solchen Mittelstandsschutz rechtfertigen, wie er in dieser Weise in keinem anderen Gewerbezweig mehr durchgeführt wird, der ebenfalls überörtliche Betriebsstätten unterhält. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zweigstellensteuer für Wareneinzelhandelsunternehmen für nichtig erklärt, also für einen Gewerbezweig, der in weit höherem Maße als das Bankgewerbe die Möglichkeit einer selbständigen mittelständischen Existenz bietet. Um so weniger läßt sich ein sachlicher Grund für die Beibehaltung der Zweigstellensteuer bei Bank- und Kredit- Unternehmen finden. Mit der Nichtigkeit des § 17 Abs. 1 Satz 1 GewStG werden die übrigen Bestimmungen dieses Paragraphen gegenstandslos.

 

Fundstellen

BStBl III 1967, 355

BVerfGE 21, 160

DB 1967, 491

NJW 1967, 819

MDR 1967, 466

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