Entscheidungsstichwort (Thema)

Schiedsrichtertätigkeit eines Rechtsanwalts nicht tarifbegünstigt

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Schiedsrichtertätigkeit eines freiberuflichen Rechtsanwalts von seiner Berufstätigkeit nicht abgrenzbar ist und daher die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 4 EStG nicht zu gewähren ist.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 25.04.1974; Aktenzeichen IV R 1/73; BFHE, 112, 466)

 

Gründe

Die Auslegung des § 34 Abs. 4 EStG ist Sache der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit. Das Bundesverfassungsgericht kann auf Verfassungsbeschwerde nur eingreifen, wenn die Auslegung willkürlich ist oder spezifisches Verfassungsrecht verletzt (BVerfGE 18, 85 [92]). Der Bundesfinanzhof bewegt sich innerhalb herkömmlicher Auslegungsgrundsätze, wenn er zu dem Ergebnis kommt, daß die Einkünfte aus der Schiedsrichtertätigkeit von denen aus der Berufstätigkeit als Rechtsanwalt nicht abgrenzbar seien, da die Tätigkeiten sich wesensmäßig ähnelten.

Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Abgrenzbarkeit der Schiedsrichtereinkünfte von den Berufseinkünften bei Berufsrichtern oder anderen Beziehern von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu bejahen ist, bei Rechtsanwälten aber zu verneinen ist. Nichtselbständig Tätige leisten die ihnen von ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn übertragenen Arbeiten, während Angehörige eines freien Berufs ihr Tätigkeitsfeld im Rahmen der Gesetze autonom bestimmen. Rechtsanwälte sind befugt, auf allen Rechtsgebieten beratend und begutachtend tätig zu werden. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Gutachtertätigkeit eines Rechtsanwalts, auch dann, wenn er als Schiedsgutachter oder Schiedsrichter mit Entscheidungsgewalt ausgestattet ist, insgesamt der anwaltschaftlichen Berufstätigkeit zugeschlagen wird. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist nicht ersichtlich, wenn demgegenüber bei schriftstellerischer, unterrichtender oder prüfender Nebentätigkeit eines Rechtsanwalts die Abgrenzbarkeit bejaht wird.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1675249

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