Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine ausländische Kapitalgesellschaft, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG 2009 i.V.m. § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Vermietungseinkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, zu den gewerblichen Unternehmern i.S.v. § 141 AO gehört und deshalb nach dieser Vorschrift buchführungspflichtig ist.

 

Normenkette

§ 140, § 141 AO, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG 2009

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin im AdV-Verfahren ist eine AG liechtensteinischen Rechts. Sie ist im Inland nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG 2009 mit den aus der Vermietung eines Grundstücks erzielten Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Das FA erließ ihr gegenüber die Mitteilung nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO über den Beginn der Buchführungspflicht für den Gewerbebetrieb "Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz". Über die daraufhin erhobene Klage ist noch nicht entschieden.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der gerichtliche Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO, die Vollziehung der Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht auszusetzen. Der Antrag blieb vor dem FG erfolglos (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.7.2015, V 172/12, Haufe-Index 8515804), ...

 

Entscheidung

… ihm wurde sodann vor dem BFH aber entsprochen. Die Gründe dafür und für die im Aussetzungsverfahren notwendige summarische Prüfung ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO sind "gewerbliche Unternehmer", für die sich die Buchführungspflicht nicht aus § 140 AO ergibt, u.a. dann verpflichtet, für diesen "Betrieb" Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sie nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb einen Gewinn aus "Gewerbebetrieb" von mehr als 50.000 EUR im Wirtschaftsjahr gehabt haben.

2. Vor diesem Regelungshintergrund musste der BFH im Beschlussfall darüber entscheiden, ob die nötige Gewerblichkeit auch für eine AG liechtensteinischen Rechts gilt, welche "nur"kraft Rechtsform gewerblich ist, welche jedoch keine originäre gewerbliche Tätigkeit entfaltet, sondern bloß ein Grundstück vermietet.

Das richtet sich nach der in § 2 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG angeordneten beschränkten KSt-Pflicht: § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 EStG erfordert dafür – erstens – das Erzielen von Vermietungs- oder Veräußerungseinkünften (u.a.) aus inländischen unbeweglichem Vermögen (z.B. Grundstücken) sowie – zweitens – die Gewerblichkeit dieser Einkünfte i.S.v. § 15 EStG. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG dehnt den Tatbestand der "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" im Wege der Fiktion auf lediglich vermögensverwaltend tätige ausländische Kapitalgesellschaften aus; die Gewerblichkeit wird also kraft Rechtsform fingiert.

Auch gewerblich fingierte Einkünfte sind nun den allgemeinen Vorschriften der §§ 4ff. EStG über die Bestimmung des Gewinns unterworfen. Man kann aber darüber streiten, ob dadurch eine Buchführungspflicht nach § 141 AO begründet wird, da dafür eben das Vorliegen eines tatsächlichen Gewerbebetriebs sowie in personeller Hinsicht die Einkunftserzielung durch einen gewerblichen Unternehmer erforderlich ist. Der einschlägige Maßstab dafür wird wohl allein durch eine Gewerblichkeit i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG gesetzt; eine bloße Fiktion dürfte kaum genügen. Es liegt hier ähnlich wie bei den Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in § 14 AO (s. BFH, Urteil vom 25.5.2011, I R 60/10, BStBl II 2011, 858, BFH/NV 2011, 1615, BFH/PR 2011, 385).

3. Zudem bleiben weitere Zweifelsfragen:

Zum einen im Hinblick auf das Verhältnis der beiderseits sowohl in § 140 AO als auch in § 141 AO bestimmten Buchführungspflichten. Denn § 141 AO erfasst nur den über § 140 AO hinausgehenden Kreis von Buchführungspflichtigen. Im Kern kommt es deswegen darauf an, ob eine liechtensteinische AG nach liechtensteinischem Recht überhaupt buchführungspflichtig ist und – bejahendenfalls – ob eine solche Pflicht materiell-rechtlich auf die deutsche Gewinn­ermittlung durchschlägt. Das ist hochumstritten.

Zum anderen muss zuvor Klarheit darüber geschaffen werden, ob nach liechtensteinischem Recht Bücher zu führen sind. Der BFH hat neulich – im Urteil vom 25.6.2014, I R 24/13 (BStBl II 2015, 141, BFH/NV 2014, 1998, BFH/PR 2015, 1) entschieden, dass eine ausländische Buchführungspflicht ebenso wie eine tatsächliche (freiwillige) Buchführung jedenfalls das Wahlrecht zur Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ausschließt. Anders gewendet: Bestünde schon hiernach eine inländische Pflicht zur bilanziellen Gewinnermittlung, bedarf es womöglich nicht zusätzlich einer Buchführungspflicht gemäß § 141 AO.

4. Da es in dem Beschlussfall um ein Verfahren um Aussetzung der Vollziehung ging, konnte das vorerst alles offenbleiben. Die bestehenden Zweifel reichten jedenfalls aus, um die begehrte Aussetzung zu gewähren. Es spricht derzeit manches dafür, dass sich ein Steuerpflichtig...

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