3.1 Gelangensvermutung

Aufgrund der bislang unterschiedlichen Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten zur Nachweisführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen wurde Art. 45a MwStSystRL-DVO als unmittelbar geltendes Recht EU-weit mit Wirkung ab 1.1.2020 normiert. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschrift wortgleich in § 17a UStDV übernommen. Danach wird "vermutet", dass die Liefergegenstände in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt sind, wenn eine der im Folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt ist:

  1. Für den Fall der Beförderung oder Versendung durch den liefernden Unternehmer:

    Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz zweier einander nicht widersprechender Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind. Die Belege sind abschließend in § 17a Abs. 2 UStDV aufgeführt.

  2. Für den Fall der Beförderung oder Versendung durch den unmittelbaren Abnehmer:

    Der liefernde Unternehmer ist im Besitz einer Gelangensbestätigung, die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am 10. Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und mindestens zweier sich nicht widersprechender Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind. Hierzu gehören jeweils zwei Beförderungs- bzw. Versendungsbelege bzw. ein Beförderungs- oder Versendungsbeleg und ein sonstiger Beleg (Versicherungspolice oder Bankbeleg über den Transport, von einer öffentlichen Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes Dokument über die Ankunft der Ware im übrigen Gemeinschaftsgebiet, Bestätigung des Lagerinhabers über die Einlagerung im übrigen Gemeinschaftsgebiet).[1]

Die vorgenannten Belege sind an keine besondere Form gebunden. Die gesetzliche Vermutungsregelung kann gem. § 17a Abs. 3 UStDV vom Finanzamt widerlegt werden. Die Vermutung ist widerlegt, wenn das Fianzamt anhand anderer ihm vorliegender Unterlagen oder Belege feststellt, dass der Liefergegenstand nicht in das übrige Gemeinschaftgebiet gelangt ist.[2]

3.2 Gelangensnachweis

Die aus unionsrechtlichen Gründen im Gesetz verankerte Gelangensvermutung kann gem. § 17b Abs. 1 Satz 1 UStDV vom liefernden Unternehmer durch einen Gelangensnachweis ersetzt werden, der ihm Rechtsklarheit über die vorzulegenden Belege im Falle einer Außenprüfung verschafft. Dem liefernden deutschen Unternehmer ist daher anzuraten, die belegmäßige Nachweisführung – wie bisher – mit den in Form und Inhalt gleichen Belegen des § 17b Abs. 2 und 3 UStDV (bisher § 17a Abs. 2 und 3 UStDV) zu führen. Besteht keine Vermutung gem. § 17a Abs. 1 UStDV oder bestehen seitens der Finanzverwaltung Zweifel, hat der liefernde Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung mittels der in § 17b Abs. 2 und 3 UStDV vorgeschriebenen Belege nachzuweisen. Er kann somit die Nachweisführung auch – wie bisher – allein mit der in § 17b Abs. 2 UStDV geregelten Gelangensbestätigung des Abnehmers bestreiten[1].

 
Hinweis

Rechtssicher ist nur der Gelangensnachweis

Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 17b Abs. 1 UStDV klargestellt, dass die bisherigen Möglichkeiten der belegmäßigen Nachweisführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen neben der EU-einheitlichen Vermutungsregelung fortbestehen und durch die Finanzverwaltung nicht widerlegt werden können. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer Form und Inhalt der Belege, die in vorgegebenen Mustern festgelegt sind, einhält.

3.2.1 Beförderung oder Versendung durch den Lieferanten

Im Gegensatz zu Warenbewegungen in das Drittlandsgebiet im Zusammenhang mit Ausfuhrlieferungen und damit verbundenen Dienstleistungen ist bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Ausstellung einer amtlichen Ausfuhrbescheinigung nicht möglich. An deren Stelle sind gem. § 17b Abs. 2 UStDV Eigenbelege des Lieferanten und Abnehmers getreten:

  • das Rechnungsdoppel mit Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers und -empfängers sowie einem Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung (z. B. "steuerfrei nach § 6a UStG" oder "steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG" oder "innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG"),
  • die Bestätigung des Abnehmers gegenüber dem Lieferanten, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (Gelangensbestätigung des Abnehmers[1]).

Die Gelangensbestätigung muss folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des Abnehmers,
  • Menge des Gegenstands der Lieferung und dessen handelsübliche Bezeichnung, bei Fahrzeugen i. S. d. § 1b Abs. 2 UStG einschließlich der Fahrzeug-Identifikationsnummer,
  • Monat des Erhalts der Gegenstände bzw. in Fällen der Abholung (Beförderung) durch den Abnehmer Ort und Monat des Endes der Beförd...

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