OFD Nordrhein-Westfalen, 18.8.2014, Kurzinformation ESt Nr. 31/2014

Umsetzung der sog. STEKO-Rechtsprechung bei Aktiengewinnen

Nach den Urteilen des EuGH vom 22.1.2009, C-377/07, BStBl 2011 II S. 95, und des BFH vom 22.4.2009, I R 57/06, BStBl 2011 II S. 66, (STEKO-Rechtsprechung) verstößt das Abzugsverbot für Gewinnminderungen auf Beteiligungen nach § 8b Abs. 3 KStG 1999 gegen die in Art. 56 EGV (nun Art. 63 AEUV) garantierte Kapitalverkehrsfreiheit, weil das Abzugsverbot im VZ 2001 auf Auslandbeteiligungen beschränkt war. Wegen der Anwendung dieser Rechtsprechung auf noch offene Fälle Hinweis auf das Schreiben des BMF vom 11.11.2010, BStBl 2011 I S. 40, mittlerweile ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 16.4.2012, BStBl 2012 I S. 529.

Im Anschluss an diese Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 28.10.2009, I R 27/08, BStBl 2011 II S. 229, entschieden, die Beschränkung des Abzugsverbots für negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen inländischer Investmentvermögen an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen und durch Veräußerung oder Rückgabe von Anteilen an inländischen Investmentfonds im Jahre 2001 realisiert wurden, stehe ebenfalls nicht mit Art. 56 EGV (nun Art. 63 AEUV) in Einklang.

Das BMF hat daraufhin mit Schreiben vom 1.2.2011, BStBl 2011 I S. 201, dazu Stellung genommen, wie in den noch offenen Fällen zu verfahren ist. Danach entfällt für den VZ 2001 die Hinzurechnung eines negativen Anleger-Aktiengewinns gemäß § 40a Abs. 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG in der damaligen Fassung. Um eine Korrektur bereits ermittelter und veröffentlichter Fonds-Aktiengewinne zu vermeiden, ist nach RdNr. 6 des BMF-Schreibens vom 1.2.2011, a.a.O., aus praktischen Gründen eine Änderung der für die Investmentvermögen bekannt gegebenen Fonds-Aktiengewinne nicht erforderlich. Die Rechtsprechung kann auf Ebene der Anleger durch Korrektur der Anleger-Aktiengewinne umgesetzt werden. Dazu sind entsprechende Korrekturposten zu bilden.

Die Anwendung der STEKO-Rechtsprechung in Rechtsbehelfsverfahren führt einerseits für einzelne VZe zu Steuererstattungsansprüchen, andererseits aufgrund gegenläufiger Auswirkungen u.U. auch zu Steuernachzahlungen.

Vom FA bestrittene Steuererstattungsansprüche sind nach der Rechtsprechung des BFH zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren, der auf die vorbehaltlose Veröffentlichung der die Ansprüche begründenden Rechtsprechung und ggf. begleitender Regelungen des BMF folgt (BFH-Urteil vom 31.8.2011, X R 19/10, BStBl 2012 II S. 190, m.w.N.). Dementsprechend sind die auf der Anwendung der STEKO-Rechtsprechung beruhenden Steuererstattungsansprüche bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr erst zum 31.12.2011 zu erfassen. Dies gilt grundsätzlich auch für damit verbundene Ansprüche auf Erstattungszinsen nach § 233a AO.

Fraglich ist jedoch, zu welchem Bilanzstichtag Steuernachzahlungen, die sich als Folgewirkung aus der Umsetzung der Rechtsprechung ergeben, auszuweisen sind. Nach H 4.9 „Rückstellung für künftige Steuernachforderung” Satz 2 EStH 2012 sind abzugsfähige Mehrsteuern, die sich aufgrund von geänderten Veranlagungen ergeben, grundsätzlich dem Jahr zu belasten, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Ob diese Regelung auch dann zu beachten ist, wenn – wie hier – die für die Steuernachzahlung maßgebende Gewinnerhöhung lediglich als Folgewirkung einer Gewinnminderung aus einem vorherigen Veranlagungszeitraum zustande kommt, erscheint zweifelhaft. In der Sache habe ich inzwischen dem FinMin Nordrhein-Westfalen berichtet. Die Entscheidung des FinMin Nordrhein-Westfalen bleibt abzuwarten.

Hinweis:

Entsprechende Fälle sind bis zu Ergehen einer weiteren Weisung offen zu halten.

 

Normenkette

KStG 1999 § 8b

EStH 2012 H 4.9

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