Leitsatz

Der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung liegt auch dann vor, wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung aus der Nicht- oder der fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt (entgegen Schreiben des BMF vom 18.5.2000, BStBl I 2000, 587).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Zur Kompensation von Mehrergebnissen einer Betriebsprüfung beantragte ein Landwirt am 31.3.1999 die Berücksichtigung einer Sonderabschreibung gem. § 7d EStG für das Wirtschaftsjahr 1994/95. Zu dem Mehrergebnis war es u.a. dadurch gekommen, dass der Landwirt Entnahmen nicht berücksichtigt hatte und Wirtschaftsgüter des Privatvermögens als Betriebsvermögen behandelt hatte.

Das FA lehnte den Antrag unter Hinweis auf das Bilanzänderungsverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG 1999 ab. Der Einspruch, mit dem die nach § 7g EStG erforderliche Bescheinigung, datiert auf den 19.4.1999, vorgelegt wurde, hatte keinen Erfolg. Auch die Klage blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Landwirts statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die Bilanzänderung stehe im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung. Denn auch eine Änderung der Zusammensetzung des Kapitalkontos wegen nachträglicher Erfassung von Entnahmen sei eine Bilanzberichtigung. Das FG müsse noch prüfen, ob Wirtschaftsgüter des Privatvermögens erfolgsneutral hätten ausgebucht werden müssen und ob die Voraussetzungen der Sonderabschreibung nach § 7d EStG erfüllt seien.

 

Hinweis

1. Mit dieser Entscheidung verweigert der BFH in einer wichtigen Frage im Zusammenhang mit dem Bilanzänderungsverbot gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG der Finanzverwaltung die Gefolgschaft.

a)§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG gestattet eine Bilanzänderung seit 1999 nur noch, wenn sie mit einer Bilanzberichtigung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG steht und soweit diese Berichtigung geht.

b) Eine Bilanzberichtigung liegt jedenfalls dann vor, wenn ein fehlerhafter Bilanzposten durch einen richtigen Bilanzposten ersetzt werden muss. Erhöht sich dadurch das Betriebsvermögen mit der Folge, dass beim Betriebsvermögensvergleich ein höherer Gewinn errechnet wird, kann der Unternehmer diesen Mehrgewinn durch die Inanspruchnahme gewinnmindernder Bilanzierungswahlrechte kompensieren. Dem Betriebsprüfer, der einen Bilanzierungsfehler zulasten des Unternehmers korrigiert, wird damit das Mehrergebnis teilweise oder sogar ganz genommen.

c) Diese aus Sicht des Prüfers unerfreuliche Situation sollte mit Einführung des Bilanzänderungsverbots durch das am 31.3.1999 verkündete StEntlG 1999/2000/2002 für die Zukunft verhindert werden. Die Erstfassung der Regelung ließ überhaupt keine Bilanzänderungen mehr zu. Noch im Jahr 1999 wurde diese rigide Lösung allerdings doch wieder insoweit aufgeweicht, als nun eine Bilanzänderung wenigstens zur unmittelbaren Kompensation einer Bilanzberichtigung zulässig ist.

2. Die Finanzverwaltung legt den Begriff der Bilanzberichtigung eng aus und verlangt die betragsmäßige Änderung eines Bilanzpostens. Allerdings führt nicht jeder Mehrgewinn aufgrund einer Betriebsprüfung auch zu einer betragsmäßigen Änderung eines Bilanzpostens. So erhöhen etwa nicht erfasste und für private Zwecke verwendete Einnahmen per Saldo nicht das Kapitalkonto. Nach Meinung der Finanzverwaltung sollen derartige Mehrgewinne nicht kompensiert werden können.

Der BFH vertritt eine andere Auffassung. Eine Bilanzberichtigung sieht er auch in einer geänderten Kapitalkontenentwicklung, weil das Kapitalkonto im Grund nur eine Zusammenfassung mehrerer Unterkonten ist, die sich bei der Bilanzberichtigung auch ändern. Zu einer derart weiten Auslegung sieht sich der BFH einerseits aufgrund der historischen Entwicklung der Regelungen zur Bilanzberichtigung befugt. Vor allem berücksichtigt die weite Auslegung aber auch die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG, die sich daraus ergeben, dass bei Einnahmenüberschussrechnungen keine Begrenzung für die Ausübung von Bewertungswahlrechten existiert.

3. Beachten Sie, dass in diesem Fall nicht über die rückwirkende Anwendung des Bilanzänderungsverbots in der Zeit vom 1.1.1999 bis 31.3.1999 zu entscheiden war. Denn die Voraussetzungen für die Ausübung des Bilanzierungswahlrechts waren hier frühestens mit der Ausstellung der Bescheinigung nach § 7d Abs. 2 Nr. 2 EStG unter dem 19.4.1999 erfüllt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.5.2007, IV R 54/05

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