Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbeachtlichkeit der Motivation für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Geschäftsführer einer Gmbh für deren Wirksamkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Geschäftsführer einer GmbH ist allein der Wille des kündigungsberechtigten Organs entscheidend, die dahinterstehende Motivation ist für die Wirksamkeit der Kündigung unerheblich.

 

Normenkette

GmbHG § 38 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 19.04.2001; Aktenzeichen 19 U 201/00)

LG Mannheim (Urteil vom 05.06.2000)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 19.4.2001 aufgehoben und das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Mannheim v. 5.6.2000 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 85 % und die Beklagte zu 15 %.

Die außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 92 % und die Beklagte zu 8 %.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Kläger auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, gegen die ordentliche Kündigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages durch die Beklagte.

Jener Vertrag war mit Wirkung ab 1.3.1994 auf zwei Jahre fest abgeschlossen worden und verlängerte sich, sofern er nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt wurde, um jeweils ein Jahr.

Am 12.3.1999 beschloss eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten die sofortige Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages. Beide Maßnahmen wurden dem Kläger umgehend mitgeteilt. Sie waren die Reaktion der Beklagten darauf, dass der Kläger sich geweigert hatte, eine von der Beklagten vorformulierte Erklärung zu unterschreiben. Darin sollte er bestätigen, dass bestimmte silikonhaltige Kleber bei der Herstellung von Datenträgern für die Automobilindustrie weiterhin verwendet werden dürften, obwohl die Automobilindustrie absolute Silikonfreiheit verlangte.

LG und OLG haben dem auf die Feststellung des Fortbestehens des Anstellungsvertrages gerichteten Klageantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren insoweit weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Abweisung der Klage.

I. Die Auffassung des OLG, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte von dem Recht zur ordentlichen Kündigung in einer mit den guten Sitten nicht zu vereinbarenden Weise aus verwerflichen, dem Anstandsgefühl widersprechenden Motiven Gebrauch gemacht habe, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

II. Die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH bedarf mit Rücksicht auf seine Vertrauensstellung als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft mit Unternehmerfunktion keines sie rechtfertigenden Grundes. Sie ist, sofern ihre formellen Voraussetzungen erfüllt sind, auch dann wirksam, wenn sie sich auf keinen anderen Grund als den Willen des kündigungsberechtigten Organs stützen kann. Infolgedessen verbietet es sich, die Wirksamkeit einer von der Gesellschaft ordnungsgemäß erklärten ordentlichen Kündigung mit Rücksicht auf die ihr zu Grunde liegenden Motive der Gesellschafter zu verneinen. Dies gilt auch dann, wenn die der Kündigung zu Grunde liegenden Erwägungen im Einzelfall bekannt oder von der Gesellschaft selbst mitgeteilt sein sollten. Die Gesellschaft verhält sich damit grundsätzlich ordnungsgemäß, wenn sie die sofortige Abberufung aus der Organstellung mit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages zu dem vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt verbindet (vgl. § 38 Abs. 1 GmbHG: Abberufung "unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen"). Diese Kündigung trägt ihre Rechtfertigung in sich; sie ist von dem Geschäftsführer hinzunehmen, auf welchen Erwägungen sie auch beruhen mag.

Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen ergibt sich nichts Anderes. Das Urteil des BAG (BAG v. 16.2.1989 - 2 AZR 347/88, BAGE 61, 151 ff. = MDR 1990, 183) hat bei seiner Überprüfung der Kündigung eines Arbeitnehmers allein deshalb auf § 138 BGB abgestellt, weil eine Prüfung nach den Kriterien des KSchG nicht möglich war. Auch die Entscheidung des Kartellsenats des BGH v. 26.2.1970 (BGH v. 26.2.1970 - KZR 17/68, NJW 1970, 855) betreffend die von einer Mineralölgesellschaft gegenüber ihren Tankstellenverwaltern ausgesprochene ordentliche Kündigung beruht auf der Annahme einer besonderen Schutzwürdigkeit dieses Personenkreises. Eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit kann dem Geschäftsführer einer GmbH mit Rücksicht auf die ihm zukommende organschaftliche Leitungsfunktion nicht zugebilligt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1070889

DStR 2003, 2174

DStZ 2004, 58

BGHR 2004, 166

GmbH-StB 2004, 9

NJW-RR 2004, 540

EWiR 2004, 385

NZG 2004, 90

KÖSDI 2004, 14007

GmbHR 2004, 57

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