Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung von Feststellungsbescheiden nicht an Steuerberater, sondern an Zustellungsbevollmächtigten. Vergütungen an Miterben einer KG als gewerblicher Gewinn

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bescheide über die einheitliche Feststellung des Gewinns einer KG können dem in der Steuererklärung als Zustellungsvertreter im Sinne von § 219 AO bezeichneten Gesellschafter zugestellt werden, auch wenn bei der Abfassung der Steuererklärung ein in ihr angegebener Steuerberater mitgewirkt hat.

2. Vergütungen, die Miterben für ihre Tätigkeit bei einer KG erhalten, an der sie als Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft beteiligt sind, sind gewerblicher Gewinn i.S. von § 15 Nr. 2 EStG und mindern daher nicht den Gewerbeertrag der KG.

 

Normenkette

VwZG § 8; EStG 1955 § 15 Nr. 2; GewStG § 7; AO § 219

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist eine KG, an der neben dem Komplementär A die Erben des verstorbenen Komplementärs B in ungeteilter Erbengemeinschaft als Kommanditisten beteiligt sind. Einer dieser Miterben (C) ist seit etwa Mitte 1953 für die Bfin. tätig. Das FA rechnete die Vergütung, die C für seine Tätigkeit bei der Bfin. erhalten hatte, zum Gewinnanteil der Erbengemeinschaft. Das FA berichtigte die rechtskräftigen GewSt-Bescheide der Bfin. sowie die einheitlichen Gewinnfeststellungen für 1951 bis 1954, führte nach den gleichen Grundsätzen für 1955 endgültige und für 1956 erstmalige GewSt-Veranlagungen sowie einheitliche Gewinnfeststellungen durch.

Der am 6. Januar 1958 eingegangene Einspruch gegen die am 4. Dezember 1957 zugestellten Gewinnfeststellungsbescheide wurde wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen; die übrigen Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen.

Die Berufung der Bfin. hatte nur zum Teil Erfolg. Die Rüge, die auf dem Bp.-Bericht beruhenden Bescheide wären nicht ihrem persönlich haftenden Gesellschafter A, sondern ihrem Steuerbevollmächtigten zuzustellen gewesen, hielt das FG nicht für begründet, weil A von der Bfin. seit langem als Zustellungsbevollmächtigter benannt gewesen sei; die Zustellung der Bescheide an ihn sei daher ordnungsmäßig gewesen. Die Bescheide über die einheitlichen Gewinnfeststellungen seien demnach der Bfin. am 4. Dezember 1957 zugegangen. Die von ihr dagegen am 6. Januar 1958 eingelegten Einsprüche seien deshalb verspätet gewesen und vom FA zutreffend als unzulässig verworfen worden. Die an C gezahlte Vergütung sei mit Recht als Gewinn i. S. von § 15 Ziff. 2 EStG behandelt worden; denn es sei nicht einzusehen, warum an den Erblasser gezahlte Vergütungen nach dieser Vorschrift Teil des Gewinns gewesen wären, dies aber nicht gelten solle für Gehaltszahlungen an einen in ungeteilter Erbengemeinschaft lebenden Erben.

Die Bfin. trägt zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde (Rb.) vor: Sie habe wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist bei den Bescheiden über die einheitlichen Gewinnfeststellungen Nachsicht beantragt und dies mit einer Erkrankung ihres Bevollmächtigten begründet. Im übrigen sei die Zustellung dieser Bescheide fehlerhaft gewesen, weil sie nicht dem Komplementär A, sondern ihrem Bevollmächtigten hätten zugestellt werden müssen. Mangelnde Sachaufklärung werde bezüglich der Zurechnung der Arbeitseinkünfte des Miterben C gerügt. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrages müßten mehrere Miterben einen gemeinsamen Vertreter bestellen. Demgemäß sei Frau D. zur Wahrnehmung der Rechte der Erbengemeinschaft bestellt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob C bei dieser Sachlage überhaupt Mitunternehmer sei und ob die Sachbehandlung des FA nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verstoße.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach § 8 VwZG können Steuerbescheide an den Stpfl. selbst oder auch an seinen Bevollmächtigten zugestellt werden (vgl. z.B. Urteile d. BFH II 239/53 U vom 11. August 1954, BStBl 1954 III S. 327; III 7/60 U vom 25. Oktober 1963, BStBl 1963 III S. 600). Daß der Steuerbevollmächtigte der Bfin. bei der Abgabe der Steuererklärungen für die Streitjahre mitgewirkt hat, verpflichtete das FA nicht, die Steuerbescheide an ihn zuzustellen (Urteil d. Senats VI 310/62 U vom 9. April 1963, BStBl 1963 III S. 388); Wie das FG hervorhebt, hatte die Bfin. in den Erklärungen zur einheitlichen Gewinnfeststellung den Komplementär A als Zustellungsempfänger ausdrücklich angegeben. Darum konnte das FA die Bescheide über die einheitlichen Gewinnfeststellungen der Streitjahre ihm auch wirksam zustellen. Das FG hat zutreffend angenommen, daß hierin kein Ermessensmißbrauch des FA liege, zumal das FA auch in anderen Fragen unmittelbar mit der Bfin. korrespondiert hat. Die Bescheide über die einheitlichen Gewinnfeststellungen sind daher rechtswirksam am 4. Dezember 1957 zugestellt worden. Die am 6. Januar 1958 eingegangenen Einsprüche waren infolgedessen verspätet. Die Behauptung des früheren Bevollmächtigten der Bfin., er habe damals Nachsicht wegen der verspäteten Rechtsmitteleinlegung beantragt, trifft nicht zu. Er hat einen solchen Antrag erstmals im Schriftsatz vom 20. November 1960 beim FG gestellt, ohne jedoch Gründe anzugeben. Unter diesen Umständen kommt die Gewährung von Nachsicht nicht in Betracht.

Die Arbeitsvergütungen, die der bei der Bfin. tätige Sohn des früheren Gesellschafters B und jetzige Miterbe der als Kommanditistin beteiligten Erbengemeinschaft dieses Gesellschafters erhalten hat, hat das FG zutreffend als Teil des gewerblichen Gewinns behandelt. Ob er oder die Erbengemeinschaft nach Handelsrecht Gesellschafter der Bfin. ist, braucht nicht entschieden zu werden. Für die Anwendung des § 15 Ziff. 2 EStG kommt es lediglich darauf an, ob er zu den Personen gehört, die als Mitunternehmer zu gelten haben. Das wesentliche Kennzeichen hierfür ist, ob er das Risiko des Unternehmens der Bfin. mit zu tragen hat. Das ist zu bejahen. Es entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 15 EStG, die Vergütung, die C für seine Tätigkeit bei der Bfin. erhalten hat, deren Gewinn zuzurechnen. Durch diese Vorschrift soll erreicht werden, daß alle Zuwendungen, die eine an einer Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligte Person von dieser erhalten hat, steuerlich als Gewinn der Personengesellschaft behandelt werden. Dieser Grundsatz würde verletzt, wenn Gehaltszahlungen der Bfin. an C nicht als Gewinn der Bfin. behandelt würden. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch diese Sachbehandlung der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verletzt sein sollte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1170767

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