Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird im Rechtsmittelverfahren gegen die Einkommensteuerveranlagung II/1948 unter anderem mit Rücksicht auf die Vermögensabgabe ein Antrag auf änderung der DM- Eröffnungsbilanz gestellt, der sich bei der Einkommensteuer zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, so ist bei der Streitwertberechnung die dadurch eingetretene Erhöhung der Einkommensteuer - wegen des angestrebten mehrfachen Ausgleiches dieses Nachteils bei der Vermögensabgabe - nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AO § 320 Abs. 4; FGO § 140/3; DMBG § 74 Abs. 1; DMBG § 75 Abs. 1

 

Tatbestand

Durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juni 1955 sind das Urteil des Finanzgerichts vom 20. August 1953 und die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 25. September 1951 aufgehoben und ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen worden. Außerdem sind dem Finanzamt die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes übertragen worden.

Das Finanzamt hat die Einkommensteuerveranlagungen für II/1948 und für 1949 entsprechend den in dem Urteil des Bundesfinanzhofs dargestellten Grundsätzen durchgeführt; der Bescheid ist rechtskräftig geworden.

Durch besonderen Bescheid vom 17. Dezember 1956 hat das Finanzamt die Kostenentscheidungen getroffen und den Wert des Streitgegenstandes für das gesamte Rechtsmittelverfahren festgestellt. Es ging dabei gemäß § 307 Abs. 1 und § 320 AO von folgenden Berechnungen aus:

Rechtsbeschwerdeverfahren: ----------------------------------------- Kosten- ---------------------------- Streitwert -- verteilung Einkommensteuer für II/1948 und 1949 laut Urteil des Finanzgerichts ------------- 152.091 DM -- 152.091 DM Einkommensteuer für II/1948 und 1949 laut Rechtsbe- schwerdeantrag des Bf. ----- 146.488 DM -- 146.488 DM Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren ------------------------------- 5.603 DM Einkommensteuer für II/1948 und 1949 laut endgültigem Steuerbescheid --------------------------- 146.488 DM demnach obgesiegt mit 100 v. H.Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurden daher der Staatskasse auferlegt.

... Außerdem richtet sich das Rechtsmittel auch gegen die Streitwertfeststellung für das Rechtsbeschwerdeverfahren. Der Bf. wendet sich dagegen, daß für die Streitwertfeststellung die durch seinen Antrag auf Herabsetzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eingetretene Einkommensteuerermäßigung mit der Einkommensteuererhöhung, die sich auf Grund seines zweiten Antrages auf Herabsetzung der Bilanzwerte von zwei Betriebsgrundstücken in der DM-Eröffnungsbilanz ergeben hätte, saldiert wurde.

Die "Sprungberufung" (die richtig eine Berufung gegen eine Einspruchsentscheidung im zweiten Rechtsgang hätte sein müssen) gegen die Streitwertfeststellung für das Rechtsbeschwerdeverfahren hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht schloß sich in allen Punkten der Entscheidung des Finanzamts an.

 

Entscheidungsgründe

... Dagegen ist die Rb., soweit sie die Anfechtung der Streitwertfeststellung für das Rechtsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache betrifft, begründet.

Das Rechtsbeschwerdebegehren des Bf. in der Hauptsache enthielt zwei Antragspunkte:

Den Abzug von 10.000 DM Reparaturaufwendungen für ein Grundstück bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung;

Die Bewertung zweier Grundstücke in der DM-Eröffnungsbilanz mit dem Einheitswert statt - wie bisher - mit den höheren Werten der DM-Schlußbilanz.

Wenn nun die Vorinstanzen davon ausgehen, daß die Ermäßigung der Einkommensteuer für II/1948 und 1949 um 5.603 DM durch die volle Berücksichtigung der beiden Anträge der Rb. - wie es auf Grund der Entscheidung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 28. Juni 1955 auch geschehen ist - den vollen Streitwert der Rb. ausmache, so verkennen sie nach Auffassung des Senats das unmittelbare finanzielle Interesse, das der Bf. mit den beiden Anträgen verfolgt. Die mit dem Antrag auf Abzug von 10.000 DM Reparaturkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erstrebte Einkommensteuerermäßigung für die beiden Veranlagungszeiträume von insgesamt 9.128 DM (152.091 DM ./. 142.963 DM) wird zwar durch den zweiten Antrag, zwei Betriebsgrundstücke in der DM-Eröffnungsbilanz mit dem Einheitswert statt mit den bisherigen weit höheren Werten der RM- Schlußbilanz zu bewerten, der sich bei der Einkommensteuer zuungunsten des Bf. auswirkte, auf 5.603 DM reduziert. Es darf aber dabei nicht übersehen werden, daß dieser zweite Antrag nicht etwa mit der Absicht gestellt wurde, die Einkommensteuerfestsetzung für II/1948 und 1949 um 3.525 DM (146.488 DM ./. 142.963 DM) zu erhöhen, sondern allein auf Grund der Vorschriften der §§ 74 Abs. 1, 75 Abs. 1 des D- Markbilanzgesetzes (DMBG), die die Koppelung der Werte für die Steuern vom Vermögen mit Stichtag zum 21. Juni 1948 an die für die Einkommensteuer maßgebliche DM-Eröffnungsbilanz vorschreiben. Zweck des Antrags war somit, über die gemäß § 75 Abs. 1 DMBG vorgeschriebene materiell-rechtliche Bindung zwischen DM- Eröffnungsbilanz und der für die Vermögensabgabe verbindlichen Vermögensaufstellung vom 21. Juni 1948 den Ansatz niedrigerer Werte für die Berechnung der Vermögensabgabe zu erreichen, da bei ihr die Ermäßigung infolge der niedrigeren Wertansätze die ungünstigen Folgen bei der Einkommensteuer um ein Mehrfaches aufwiegen konnte.

Dieses sich auf die Koppelungsvorschrift des § 75 DMBG gründende steuerliche Interesse an der Herabsetzung der DM- Eröffnungsbilanzwerte der beiden Betriebsgrundstücke von den Werten der RM-Schlußbilanz auf die niedrigeren Einheitswerte (§ 16 Abs. 2 DMBG) kann bei der Streitwertberechnung in der streitgegenständlichen Einkommensteuersache nicht unberücksichtigt bleiben. Es muß nach Ansicht des erkennenden Senats im Streitwert der Einkommensteuersache dadurch seinen Niederschlag finden, daß die negative Auswirkung des Antrags auf Herabsetzung der Grundstückswerte bei der Einkommensteuer infolge des angestrebten und erwarteten mehrfachen Ausgleichs dieses Nachteils bei der Veranlagung zur Vermögensabgabe bei der Berechnung des Streitwertes für die Rb. nicht berücksichtigt wird. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren ergibt sich daher allein aus dem Antrag auf Abzug von 10.000 DM Reparaturkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; er beträgt mithin 9.128 DM. Da es für die Berechnung des Streitwertes allein auf das Rechtsmittelbegehren ankommt, ist es für die Entscheidung ohne Bedeutung, ob der Bf. auf Grund der bereits eingetretenen Rechtskraft der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen zum 21. Juni 1948 über § 75 Abs. 1 DMBG, der nur eine materiell- rechtliche, keine verfahrensrechtliche Bindung vorschreibt, wirklich eine änderung dieses für die Vermögensabgabe als Grundlage dienenden Einheitswertes des Betriebsvermögens erreichen konnte.

Der hier eingenommene Standpunkt stellt nach Ansicht des Senats keine Abweichung von dem in ständiger Rechtsprechung vom Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof vertretenen Grundsatz dar, wonach für den Wert des Streitgegenstandes nur der Steuerbetrag maßgebend sein soll, um den unmittelbar gestritten wird (vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs vom 28. Mai 1938, RStBl 1938 S. 554; Urteile des Bundesfinanzhofs VI 195/56 U vom 24. Januar 1958, BStBl 1958 III S. 122, Slg. Bd. 66 S. 318, und II 95/57 vom 27. Juli 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO, § 320, Rechtsspruch 24; Klempt-Meyer, Rechtsmittelverfahren und Rechtsmittelkosten in Steuerstreitsachen, 2. Aufl., Kapitel 78 c und d S. 126 bis 127). Denn durch die Koppelungsvorschriften der §§ 74 Abs. 1 und 75 Abs. 1 DMBG, durch die sich die Herabsetzung oder Erhöhung von Wertansätzen in der DM-Eröffnungsbilanz bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag einerseits und bei den Steuern vom Vermögen (Vermögensabgabe und Vermögensteuer 1949) andererseits grundsätzlich jeweils in entgegengesetzter Richtung auswirkt, ist bei derartigen Anträgen auf änderung der DM- Eröffnungsbilanz bezüglich des unmittelbaren steuerlichen Interesse ein Sonderfall gegeben, der nicht gleichbehandelt werden kann mit den völlig anders gelagerten Fällen, in denen auch zu prüfen ist, ob die Auswirkung eines Rechtsmittelantrages auf andere, nicht im Streit befangene Steuerarten - zum Beispiel die Auswirkung eines Antrages auf Bilanzänderung bei der Einkommensteuerveranlagung auf die Gewerbesteuer - bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1961, 523

BFHE 1962, 706

BFHE 73, 706

StRK, AO:320 R 40

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