Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Erhält ein Steuerpflichtiger wegen eines Kraftfahrzeugunfalls auf Grund eines Vergleichs mit der Versicherungsgesellschaft des Schädigers eine Entschädigung wegen entgehender und entgangener Einnahmen, für aufgewendete Arzt- und Krankenhauskosten sowie Schmerzensgeld, so ist, sofern der Vergleich nichts über die Abgeltung der einzelnen Schäden enthält, unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, mit der die einzelnen Ansprüche im Prozeßwege würden durchgesetzt werden können, zu schätzen, in welcher Höhe sie in der Vergleichssumme enthalten sind.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 3, § 24/1/a

 

Tatbestand

Das Finanzamt hat den Einkünften des Bf. für das Jahr 1954, darin dem Betriebsprüfungsbericht folgend, unter anderem 4.778 DM Entschädigungen für Verdienstausfall und Vertreterkosten hinzugerechnet, die der Bf. infolge eines im Jahre 1952 erlittenen Kraftfahrzeugunfalls auf der Grundlage des Teil- und Zwischenurteils der III. Zivilkammer des Landgerichts vom 30. April 1953 und eines daraufhin mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Vergleichs erhalten hat. Der Bf. selbst hatte nur 4.012 DM der Gesamtentschädigung als Betriebseinnahme 1954 verbucht. Die Entschädigung von insgesamt 15.714 DM hatte der Bf. unstreitig mit 4.000 DM im Jahre 1952 und mit dem Rest von 11.714 DM im Jahre 1954 ausgezahlt erhalten. Der Bf. hatte Ende 1953 rund 32.000 DM von der Versicherungsgesellschaft gefordert.

Um die einkommensteuerliche Behandlung dieser Beträge geht der Streit in der Rb. Der Bf. begehrt, von der Gesamtentschädigungssumme von 15.714 DM einen Betrag von 11.199 DM als Schmerzensgeld und Arztkosten für sich und seine Ehefrau steuerfrei zu belassen und nur den Rest von 4.515 DM als für Verdienstausfall gezahlt zur Einkommensteuer heranzuziehen und auf 1952 und 1954 zu verteilen. Dieses Begehren begründet der Bf. etwa wie folgt: Es müsse ihm überlassen bleiben, wie er die ausbezahlte Entschädigungsleistung in Höhe von 15.714 DM auf steuerfreie und steuerpflichtige Entschädigungen verteilen wolle. Wenn im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses mit der Versicherungsgesellschaft die Folgen der Verletzungen im ganzen zu übersehen gewesen wären, er sich niemals auf das Schmerzensgeld in der Höhe, wie es der Vergleich vorsieht, beschränken lassen. Bei der Aufteilung der Vergleichssumme habe er sich nach der Wichtigkeit der Schäden gerichtet. Danach entfielen auf:

---------------------------- für den Bf. seine Ehefrau 1. Arzt, Apotheke, Krankenhaus usw. --------- 642.- DM ------ 614.- DM 2. drei Wochen Rekonvaleszenz in Bad X. einschließlich Bahnfahrt ---------------- 487.- DM ------ 487.- DM 3. Schmerzensgeld laut Antrag vom 17. September 1953 - 3.500.- DM ---- 3.800.- DM 4. Hausgehilfin ------------------------ 1.669.- DM 5. Verdienstausfall ---- 4.515 DM ---------- - ------------------------ 9.144.- DM ---- 6.570.- DM ------------------------------------- = 15.714.- DM.Die Angemessenheit der Schmerzensgelder hätten die ärzte bereits damals während des Prozesses und auch heute bestätigt. Wenn die Hauptzahlung erst im Jahre 1954 von der Versicherung eingegangen sei, so handle es sich bei dem Verdienstausfall doch um die nachträgliche Erstattung des Gewinns, der ihm auf Grund des Unfalles vom 2. Februar 1952 im Jahre 1952 entgangen sei.

Die bei der Landgerichtsentscheidung vom 30. April 1953 genannten Summen stellten nicht den richtigen Ausgangspunkt dar. Es handle sich um ein Teil- und Zwischenurteil; ein von ihm dem Gegenanwalt zugestellter Schriftsatz vom 17. September 1953 gehe von einem Schmerzensgeld von 3.800 DM für seine Frau und 3.500 DM für sich selbst aus. Der Antrag auf Berücksichtigung der Schmerzensgelder in voller Höhe müsse hiernach als gerechtfertigt angesehen werden, und zwar nicht für das Jahr 1952, sondern für das Jahr 1954. Die vorher geleisteten Zahlungen seien nicht als Schmerzensgelder geleistet worden, sondern zur überbrückung der ersten Unkosten und des Verdienstausfalles.

Das Finanzgericht ging davon aus, daß in der dem Bf. ausgezahlten Entschädigung von rund 15.714 DM die einzelnen Entschädigungsposten (Schmerzensgelder, übrige Kosten, Verdienstausfall) in dem gleichen Verhältnis enthalten seien, wie sie der Bf. bei seiner ursprünglichen geforderten Entschädigungssumme von insgesamt 31.998 DM gefordert habe. Alle Einzelposten hätten gleichmäßig an der Herabsetzung der Entschädigungssumme gegenüber dem vom Bf. ursprünglich geforderten Betrag teilgenommen. Aus dieser rein rechnerischen Gegenüberstellung ergab sich folgendes Bild:

------------------- beantragt in v. H. erhalten Schmerzensgelder für die Ehefrau --- 3.800 DM ---- 11,9 ---- 1.870 DM Schmerzensgelder für den Bf. ------- 3.500 DM ---- 10,9 ---- 1.713 DM Verdienstausfall - 18.981 DM ---- 59,3 ---- 9.318 DM übrige Kosten ------------- 5.717 DM ---- 17,9 --- 2.813 DM ------------------ 31.998 DM --- 100 ----- 15.714 DMDas Finanzgericht billigte dem Bf. jedoch mit Rücksicht auf die später noch aufgetretenen weiteren Gesundheitsschäden Schmerzensgeld für sich und seine Ehefrau in Höhe von zusammen 5.000 DM und übrige Kosten (Krankheitskosten, Kosten der Rekonvaleszenz, Kosten einer Hausgehilfin) in der Höhe von 3.900 DM zu, wie sie der Bf. zusammengestellt hat. Hierdurch verringerte sich der steuerpflichtige Entschädigungsbetrag für Verdienstausfall auf 6.814 DM. Diesen verteilte das Finanzgericht mit

(4.000 x 6.814 dividiert durch 15.714 = 1.732 DM auf 1952 und mit dem Rest auf 1954.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Der Senat ist der Auffassung, daß im Streitfall im Rahmen einer vernünftigen Schätzung ermittelt werden kann, in welcher Höhe die an den Bf. zur Auszahlung gelangte Entschädigungssumme auf die einzelnen Schadenspositionen entfällt. Sofern nicht bereits im Vergleich eine Aufteilung der Entschädigungssumme festgelegt ist, muß davon ausgegangen werden, daß durch den Vergleich in erster Linie solche Posten der Schadensrechnung gemindert werden, bei denen es zweifelhaft ist, ob und in welcher Höhe der Geschädigte sie in einem Prozeß durchsetzen könnte. Hierbei wird es sich in der Regel um Schadenspositionen handeln, die zu ihrer Feststellung umfangreicher und erfahrungsgemäß nur schwer beizubringender Beweise und Annahmen bedürfen und in denen sich der Geschädigte aus diesen Gründen in einer prozessual schwachen Stellung befindet. Mit Rücksicht darauf, daß "wegen der Höhe weitere umfangreiche Beweise zu erheben sind", fällte das Landgericht nach mündlicher Verhandlung vom 23. April 1953 auch nur ein Teil- und Zwischenurteil über den Grund des Schadensersatzanspruches des Bf. Der Senat hält es daher für zutreffend, wenn das Finanzgericht bei der Verteilung der zur Auszahlung gelangten Entschädigung im Ergebnis die lediglich verhältnismäßige Kürzung sämtlicher vom Bf. geltend gemachter Schadenspositionen abgelehnt hat. Das Finanzgericht konnte insbesondere davon ausgehen, daß die nachgewiesenen baren Unkosten in Höhe von 3.900 DM (Krankheitskosten, Kosten der Rekonvaleszenz, Aufwendungen für eine Hausgehilfin) durch den Vergleich keine Kürzung erfahren haben, daß sich die Kürzung vielmehr in erster Linie auf den geltend gemachten Verdienstausfall und das Schmerzensgeld erstreckte. Der Senat vermag diese Schätzung des Finanzgerichts als innerhalb eines angemessenen Schätzungsrahmens liegend nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409531

BStBl III 1960, 87

BFHE 1960, 234

BFHE 70, 234

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