Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des Abzugs der Arbeitsvergütung bei einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis zwischen Eltern und Kindern:

Nur der Teil der Arbeitsvergütung ist abzugsfähig, der nicht über das angemessene Maß hinausgeht.

Die Angemessenheit ist auch im Hinblick auf die Höhe des den Eltern verbleibenden Gewinns zu prüfen.

Der Senat tritt der Entscheidung des I. Senats I 193/55 U vom 6. Dezember 1955 (BStBl 1956 III S. 17, Slg. Bd. 62 S. 43) bei, wonach ein Vater für die Arbeitslöhne der mitarbeitenden Söhne, die nicht ausgezahlt worden sind, eine Schuld in der Bilanz seines Betriebes ausweisen muß. Erstreckt sich die Passivierung der Lohnschuld jedoch lediglich auf den Teil, der in einer Gewinnbeteiligung besteht, und wird hierdurch ein von Jahr zu Jahr steigender Passivposten unverzinslich angesammelt, so kann hieraus zu schließen sein, daß insoweit eine ernsthaft vereinbarte Arbeitsvergütung nicht vorliegt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 6/1/3

 

Tatbestand

Im Geschäft des Bf. ist dessen Sohn E. seit II/1948 als Geschäftsführer beschäftigt. Der Bf. ist 1889, sein Sohn E. 1914 geboren. Neben einem festen Gehalt von durchschnittlich etwa 500 DM monatlich stand dem Sohn nach den Behauptungen des Bf. für die Streitjahre II/1948 bis 1952 eine Beteiligung in Höhe von 50 % des Gewinns aus dem väterlichen Geschäft zu; ab 1953 war die Gewinnbeteiligung durch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25. Juni 1953 aufgehoben und das monatliche Gehalt auf 850 DM festgesetzt worden. Die dem Sohn E. auf Grund der Gewinnbeteiligung zustehenden Ansprüche waren nicht ausbezahlt , sondern in der Bilanz des Bf. laufend mit steigenden Beträgen zurückgestellt worden, und zwar in folgender Höhe:

-------------------- jährlich ----- insgesamt: II/1948 und 1949 --- 8.100 DM ----- 8.100 DM ----------- 1950 --- 2.511 DM ----- 10.611 DM ------------ 1951 --- 3.191 DM ----- 13.802 DM ------------ 1952 --- 3.600 DM ----- 17.402 DMIn der Bilanz 1953 betrug der Rückstellungsposten noch 14.312 DM, nachdem bestimmte Beträge für persönliche Steuern des Sohnes E. zu Lasten dieses Kontos abgebucht (insgesamt 5.760,60 DM), andererseits ein weiterer Gehaltsrückstand in Höhe von 1.825 DM und ein Darlehnsbetrag von 845 DM dem Konto erkannt waren.

Streitig ist der Abzug der Gewinnbeteiligung II/1948 bis 1952 und des über 500 DM hinausgehenden Gehalts 1953 als Betriebsausgabe. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug ab. Das Finanzgericht bezog sich hierbei auf seine Entscheidung III 369 - 374/55 vom 17. Mai 1956 in der Sache der einheitlichen Gewinnfeststellung II/1948 bis 1953, in der das Bestehen einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Bf. und dem Sohn E. für die Streitjahre rechtskräftig verneint worden war; es machte sich dabei die in dieser Entscheidung dargelegten Gründe, mit denen es bereits zur Frage der Anerkennung der Gewinnbeteiligung des Sohnes als Arbeitslohn Stellung genommen hatte, zu eigen: Obwohl nach dem Gutachten der Innung und der Handwerkskammer vom 30. Juni 1953 eine Vergütung von 750 bis 850 DM für die Tätigkeit des Sohnes E. angemessen sei und die Jahresvergütung einschließlich der Gewinnbeteiligung auch für die Jahre II/1948 bis 1952 diese Beträge nicht überschreite - lediglich für die Jahre II/1948 bis 1949 ergeben sich durchschnittlich 930 DM -, könnten die einen Betrag von monatlich 500 DM übersteigenden Gewinnbeteiligungsbeträge nicht als Arbeitslohn anerkannt werden, da sie die ganzen Jahre hindurch nicht an den Sohn E. ausbezahlt worden seien und die gebildeten Rückstellungen lediglich dazu dienten, das Vermögen des Betriebs schon zu Lebzeiten des Bf. unter Ausschaltung des anderen Sohnes W. allmählich auf den Sohn E. zu übertragen. Hierfür spreche, daß der Betrieb unstreitig nicht in der Lage gewesen sei, den Arbeitslohn in Höhe der Gewinnbeteiligung, ja für 1953 nicht einmal in Höhe der fest vereinbarten Vergütung von 850 DM auszuzahlen. Der Bf. hätte einem fremden Angestellten nicht eine Arbeitsvergütung versprochen, von der er von vornherein gewußt habe, daß er sie unmöglich auszahlen könne, zumal die dadurch nach und nach anwachsende Schuld einen wesentlichen Teil des Betriebsvermögens umfasse.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt für den Veranlagungszeitraum 1953 zur Aufhebung der Vorentscheidung; im übrigen muß sie als unbegründet zurückgewiesen werden.

Mit Recht ist das Finanzgericht, nachdem durch die Entscheidung III 369 - 374/55 vom 17. Mai 1956 des gleichen Gerichts das Bestehen einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Bf. und seinem Sohn E rechtskräftig verneint worden war, davon ausgegangen, daß zwischen ihnen ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis bestehe. Hierüber besteht auch zwischen dem Bf. und dem Finanzamt kein Streit mehr. Mit Recht hat das Finanzgericht aber auch geprüft, ob der zwischen dem Bf. und seinem Sohn vereinbarte Arbeitslohn angemessen und in vollem Umfang als Betriebsausgabe anzuerkennen ist. Bei Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern ist eine besonders sorgfältige Prüfung nicht nur der Angemessenheit der Vergütung, sondern auch anderer Umstände, die gegen den Abzug der vereinbarten Vergütung sprechen können, am Platze. Denn nicht nur kann, wie der Bundesfinanzhof namentlich im Urteil I 193/55 U vom 6. Dezember 1955 (BStBl 1956 III S. 17, Slg. Bd. 62 S. 43) ausgesprochen hat, die Mitarbeit des Sohnes im elterlichen Betrieb überhaupt auf rein familien- und erbrechtlicher Grundlage erfolgen, es können auch bei der Bemessung der Arbeitsvergütung familien- und erbrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben, so daß ein Teil der an sich angemessenen Arbeitsvergütung gleichwohl nicht als Entgelt für die von dem Sohn geleistete Arbeit, sondern als Unterhaltszahlung an den Sohn oder als vorweggenommene Erbschaft angesehen werden muß.

Obwohl im Streitfall das Finanzgericht die Angemessenheit der Vergütung an den Sohn einschließlich der Gewinnbeteiligung anerkannt hat, hat es den Abzug der letzteren deshalb abgelehnt, weil der Betrieb des Bf. von vornherein nicht imstande gewesen sei, die Vergütung voll auszubezahlen und der Bf. jedenfalls unter diesen Umständen einem fremden Angestellten eine solche Vergütung nicht zugestanden hätte. Diese Ausführungen des Finanzgerichts erscheinen dem Senat bedenklich. Ist die Vergütung angemessen, dann würde jeder fremde Angestellte auf ihr bestanden haben und der Bf. hätte sie, hätte er keinen Sohn, der einen fremden Angestellten ersetzt, jedem fremden Angestellten einräumen müssen.

Entscheidend gegen den Abzug der Gewinnbeteiligung spricht nach Ansicht des Senats aber, daß ein fremder Angestellter sich nicht damit zufrieden gegeben hätte, daß ihm die Vergütung jahrelang und dazu noch zinslos lediglich gutgeschrieben wird, ohne daß ihm auch nur Teile davon ausbezahlt werden. Im Urteil des Bundesfinanzhofs I 193/55 U ist allerdings ausgeführt: "Es ist rechtlich möglich, daß ein Vater in der Bilanz des Betriebs eine Schuld für Arbeitslöhne an die mitarbeitenden Kinder ausweist ..." Das Urteil fordert diesen Ausweis geradezu, wenn bei späterer Nachzahlung von Arbeitslohn geltend gemacht wird, daß für die in Betracht kommenden Zeiträume bereits ernsthafte Arbeitsverhältnisse bestanden hätten. Der Senat schließt sich dem grundsätzlich an. Es ist andererseits nicht zweifelhaft, daß eine solche Rückstellungsbildung ihre Grenzen hat. Werden diese Grenzen überschritten, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß insoweit Arbeitslohn an die Kinder nicht vorliegt. Im Streitfall sind die gebotenen Grenzen nach Auffassung des Senats dadurch überschritten, daß sich die Rückstellungsbildung über Jahre erstreckte und zu einem ständig steigenden Passivposten führte, daß die gutgeschriebenen Beträge dem Bf. weiterhin zinslos zur Verfügung standen und daß die Nichtausbezahlung stets in vollem Umfang nur jene Beträge der Vergütung des Sohnes betraf, die angeblich als Gewinnbeteiligung vereinbart waren. Hieraus muß auf eine von vornherein planmäßige Nichtausbezahlung der Gewinnbeteiligung an den Sohn des Bf. geschlossen werden. Der Senat vermag der Behauptung des Bf. nicht zu folgen, die Auszahlung sei wegen schlechter wirtschaftlicher Lage des Betriebs unmöglich gewesen. Dem Betrieb sind in den Jahren II/1948, 1949 = 9.685 DM, 1950 = 4.426 DM, 1951 = 4.106 DM, 1952 = 5.887 DM und 1953 = 6.178 DM entnommen worden. Ein fremder Angestellter hätte bei dieser Sachlage jedenfalls auf einer teilweisen Auszahlung der Gewinnbeteiligung bestanden, mindestens eine Verzinsung der Beträge gefordert. Die Belastung des Rückstellungskontos im Jahr 1953 mit Personensteuern des Sohnes in Höhe von 5.760 DM spricht in diesem Zusammenhang nicht für, sondern gegen den Bf. Die Zahlung beweist, daß der Betrieb durchaus in der Lage war, wenigstens Teile der Gewinnbeteiligung an den Sohn auszuschütten. Gegen den Bf. spricht ferner, daß er und sein Sohn es ausdrücklich nicht so angesehen haben wollen, als habe der Sohn seine Vergütung in Höhe der Gewinnbeteiligung ausbezahlt erhalten, sie aber dem Vater als Darlehen wieder belassen. Das hätte beim Sohn Lohnsteuer ausgelöst. Den Steuerbehörden kann nicht zugemutet werden, sich auf solche zweifelhaften und von den Beteiligten ohne Not nicht vollzogenen Vereinbarungen zwischen Vater und Sohn einzulassen, bei denen es darauf abgesehen ist, das Einkommen des einen Vertragsteils zu mindern, ohne gleichzeitig beim anderen Vertragsteil eine entsprechende Einkommenserhöhung zurechnen zu lassen. Schon aus diesen Gründen vermag der Senat den Abzug der Gewinnbeteiligung an den Sohn als Arbeitsvergütung nicht anzuerkennen.

Der Senat hält aber auch die Annahme des Finanzgerichts, die Arbeitsvergütung des Sohnes E. einschließlich der Gewinnbeteiligung sei angemessen, für die Jahre II/1948 bis 1952 für bedenklich. Das Finanzgericht hat diesen Schluß aus der Bestätigung der Innung irrtümlich gezogen. Die Bestätigung bezieht sich nur auf die Festvergütung von 850 DM des Arbeitsvertrags vom 25. Juni 1953. Der Senat kann sich im Streitfall auf Grund des Akteninhalts ohne weitere Feststellungen selbst ein Urteil über die Angemessenheit der Vergütung bilden. Es muß dabei unter anderem auch geprüft werden, ob die Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewinn steht, den der Vater als Betriebsinhaber auf Grund seiner Tätigkeit als Unternehmer noch erhält. Im Streitfall ergibt sich, daß der Sohn E. eine nicht unerheblich höhere Vergütung für seine nichtselbständige Arbeitsleistung erhalten würde, als seinem Vater an Gewinn verbleibt. Denn dem Sohn steht neben der hälftigen Gewinnbeteiligung auch noch ein nicht unerheblicher fester Gehaltsbezug von monatlich 500 DM zu, am Verlust ist er nicht beteiligt. Eine derartige Arbeitsvergütung ließe sich für den Geschäftsführer eines mittleren Handwerksbetriebs nach Ansicht des Senats nur vertreten, wenn der Handwerksmeister als Eigentümer und Inhaber des Betriebs sich diesem nicht mehr mit voller Kraft widmen könnte. In der Berufungssache des Bf. wegen einheitlicher Gewinnfeststellung II/1948 bis 1953 führt der Bf. auf S. 8 seines Schriftsatzes vom 17. Oktober 1955 jedoch aus, daß sich bei einer Untersuchung seines Gesundheitszustandes anläßlich der Beendigung des 65. Lebensjahres keinerlei Leiden herausgestellt habe, daß er auch "heute" noch im Betrieb mitarbeite, Anweisungen auf sämtlichen Arbeitsstellen gebe, Streicharbeiten ausführe, alle Geschäftsvorfälle mit seinem Sohn bespreche und somit die Leitung des Betriebs in der Hand habe. Auf S. 3 des genannten Schriftsatzes hat der Bf. ausgeführt, seinem Sohne obliege die verantwortliche Geschäftsführung in Verbindung mit seinem Vater, das heißt nach Besprechung bzw. Beratung mit ihm, dem Inhaber der Geschäfts. Bei diesen Verhältnissen erscheint die dem Sohn des Bf. gewährte Gesamtvergütung einschließlich einer hälftigen Gewinnbeteiligung dem Senat unangemessen hoch; einem fremden Geschäftsführer würde sie der Bf. bestimmt nicht eingeräumt haben. Die Vergütung ist also lediglich aus dem familiären Verhältnis zwischen Vater und Sohn erklärbar und kann daher auch aus diesem Grunde in Höhe der an den Sohn nicht ausbezahlten Gewinnbeteiligung nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden.

Für die Jahre II/1948 bis 1952 war deshalb die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Für das Jahr 1953 wird das Finanzgericht jedoch noch zu prüfen haben, ob für die Zurückbehaltung der 1.825,78 DM, obwohl die Lohnsteuer für diesen Betrag bereits entrichtet war, irgendwelche zwingenden betrieblichen Gründe vorhanden waren. In diesem Jahr könnten die Verhältnisse insbesondere auch wegen des Wegfalls der Gewinnbeteiligung besonders liegen. Das Finanzgericht kann den Abzug nicht damit ablehnen, daß die Vergütung nicht angemessen sei und daß der Bf. sie in dieser Form und Höhe einem fremden Angestellten nicht gewährt hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409533

BStBl III 1960, 44

BFHE 1960, 116

BFHE 70, 116

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