Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage rückwirkender Gehaltsvereinbarungen zwischen Eltern und im Betrieb mitarbeitenden Kindern.

Ist eine Lohnschuld an die Kinder in der Bilanz nicht ausgewiesen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß am Bilanzstichtag keine Lohnschuld bestand.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, §§ 5, 12 Nr. 1, § 19

 

Tatbestand

In der Bilanz vom 31. Dezember 1950 setzte der Beschwerdeführer (Bf.) eine "Rückstellung für Gratifikationen" von 12 000 DM für seine beiden im Betrieb mitarbeitenden Kinder ein, und zwar für den 25jährigen Sohn A 9000 DM und für die 23jährige Tochter H 3000 DM. Er begründete den Ansatz damit, daß das den beiden Kindern in den Jahren II/1948 bis 1950 bar gezahlte Gehalt unter dem Tarif und dem Wert gelegen habe, den die Arbeit der Kinder für den Betrieb gehabt habe. Es habe ab II/1948 unter den Beteiligten Einverständnis darüber bestanden, daß der Ausgleich für die Unterbezahlung später in Form einer Gratifikation gewährt werden solle. Die Erfüllung der Zusage sei hinausgeschoben worden, bis der Gewinn endgültig zu übersehen gewesen sei.

Bei der Veranlagung erkannte das Finanzamt zunächst eine Rückstellung von 7000 DM an. Im Einspruchsverfahren strich es sie.

Im Berufungsverfahren beantragte der Bf., weiterhin in erster Linie die Rückstellung mit 12 000 DM für die Jahre II/1948 bis 1950 zuzulassen. Hilfsweise wollte er nur für 1950 eine Rückstellung von 7700 DM anerkannt haben, und zwar für den Sohn 6000 DM und für die Tochter 1700 DM. Das Finanzgericht ließ eine Rückstellung von 1680 DM zu. Es führte aus: Für II/1948 und 1949 bestehe kein Anspruch der Kinder auf Nachzahlung von Gehalt. Denn hätte der Anspruch bestanden, so hätte die Lohnschuld in den jeweiligen Jahresbilanzen ausgewiesen werden müssen (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 81/36 vom 29. Juli 1936, Reichssteuerblatt - RStBl - S. 986). Die behauptete Vereinbarung mit den Kindern sei bilanzmäßig nicht ausgewiesen worden, weil sie für II/1948 und 1949 ganz unbestimmt gewesen sei und nach der Angabe des Bf. von dem endgültig ausgewiesenen Gewinn abhängen sollte. Der Gewinn sei aber in II/1948 und 1949 nicht so hoch gewesen, daß er eine Nachzahlung gerechtfertigt hätte. Wenn demnach auch für II/1948 und 1949 eine Nachzahlungsverpflichtung nicht bestehe, so müsse sie aber für 1950 anerkannt werden. Der Bf. sei verpflichtet gewesen, den Kindern bei der Lage des Betriebs den in Aussicht gestellten Lohnausgleich zu gewähren. Im Jahre 1950 sei ein Gewinn von rund 47 000 DM erzielt worden, der eine angemessene Lohnzahlung zugelassen habe, zumal bei der Form der Rückstellung dem Betrieb keine Barmittel entzogen worden seien. Die gebildete Rückstellung für 1950 sei aber zu hoch. Der Lohn könne nur in Höhe des Betrags anerkannt werden, wie er bei gleicher Tätigkeit auch einem fremden Angestellten gezahlt worden wäre. Da der Sohn im Jahre 1950 einen Barlohn von 5760 DM erhalten habe und darüber hinaus 6000 DM zurückgestellt werden sollten, so würde der Jahreslohn des Sohnes (5760 DM + 6000 DM) 11 760 DM (= 980 DM monatlich) betragen. Für die Tochter sollte neben dem Barlohn von 3480 DM eine Rückstellung von 1700 DM gebildet werden, so daß der Jahreslohn insgesamt (3480 DM + 1700 DM) 5180 DM (= 431,66 DM monatlich) betragen würde. Diese Beträge seien unangemessen hoch. Das Finanzgericht halte ein Monatsgehalt für den Sohn von 560 DM und für die Tochter von 350 DM für angemessen. In Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem gezahlten Lohn von 9240 DM und dem angemessenen Lohn von 10 920 DM, also in Höhe von 1680 DM, werde eine Rückstellung für 1950 zugelassen.

Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Bf. eine Rückstellung wegen der Nachzahlungsverpflichtung für das Jahr 1950 in Höhe von 11 100 DM, und zwar für den Sohn in Höhe von 7740 DM und für die Tochter von 3360 DM. Er geht bei der Berechnung des Betrags von dem Tarifvertrag, einem Leistungszuschlag und einer überstundenentlohnung aus.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern werden steuerlich grundsätzlich anerkannt. Für die gewerbliche Wirtschaft hat das der Reichsfinanzhof nach anfänglichem Schwanken im Urteil IV 803 und 804/38 vom 21. Dezember 1938 (Slg. Bd. 46 S. 10, RStBl 1939 S. 261) allgemein und abschließend ausgesprochen. Der Bundesfinanzhof ist dieser Rechtsprechung beigetreten und hat sie im Urteil IV 520/53 U vom 17. Februar 1955 (Slg. Bd. 60 S. 262, Bundessteuerblatt - BStBl - III S. 102) auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft erstreckt. Wenn demnach auch die Mitarbeit von Kindern im elterlichen Betrieb auf Grund von Arbeitsverhältnissen geschehen kann, so kann sie doch auch auf Grund eines Gesellschaftsvertrags oder allgemein ohne Arbeitsvertrag im Rahmen des Familienverbands im Hinblick auf die künftige Erbschaft geschehen. Insbesondere weil die Kinder als künftige Erben und übernehmer des Betriebs gewissermaßen schon in die eigene Tasche wirtschaften, arbeiten sie oft mehr als eine dem Betrieb fremde Arbeitskraft und erhalten nicht selten weniger an Arbeitslohn als ein gleichwertiger fremder Arbeitnehmer. Der wirtschaftliche Ausgleich liegt dann darin, daß sich der Erfolg der Arbeit im Betrieb niederschlägt und den Kindern später bei der übernahme des Betriebs zuwächst. Das Gesetz sieht auch einen gewissen Ausgleich in der Bestimmung des § 24 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) vor (Mitarbeit ohne Barlohn). Gewöhnlich erhalten, wenn die Kinder den Betrieb der Eltern schon zu deren Lebzeiten übernehmen, die Eltern wegen der früheren Mitarbeit der Kinder keine wirtschaftlich vollwertige Gegenleistung bei der Betriebsüberlassung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 232/54 U vom 12. Juli 1955, BStBl III S. 302).

Arbeiten die Kinder im elterlichen Betrieb mit, so haben demnach die Beteiligten in der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen verschiedene Möglichkeiten. Sie können Arbeitsverträge schließen, die auch steuerlich anerkannt werden, soweit sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart und ernsthaft sind (vgl. das erwähnte Urteil IV 520/53 U am Schluß). Weil die Beteiligten verschiedene Möglichkeiten haben, müssen sie sich für die Zwecke der Besteuerung klar für eine von ihnen entscheiden und dabei verbleiben. Rückwirkende änderungen einer einmal getroffenen Regelung sind nicht möglich, vor allem nicht, wenn sie sich auf rückliegende Jahre erstrecken sollen. Der Grundsatz der Klarheit gilt nach ständiger Rechtsprechung besonders im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen, wo bei der engen wirtschaftlichen Interessenverknüpfung innerhalb der Familie leicht mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmende Scheingeschäfte möglich sind (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs IV 83/50 U vom 17. Oktober 1951, Slg. Bd. 55 S. 548, BStBl III S. 223; IV 574/53 U vom 9. September 1954, Slg. Bd. 59 S. 275, BStBl III S. 317). Es würde z. B. zu Mißbräuchen und willkürlichen Gewinnverlagerungen führen, wenn ein Betriebsinhaber in schlechten Jahren den Kindern kein oder nur ein geringes Gehalt zahlen würde, um in einem guten Jahr auf Grund einer Vereinbarung mit den Kindern eine Rückstellung für das angeblich rückständige Gehalt zu bilden. Es stünde nichts im Wege, auf Grund einer anderen Vereinbarung in einem späteren, weniger guten Geschäftsjahr die Rückstellung wieder aufzulösen und so den Gewinn beliebig zu verlagern. Derartige Regelungen finden ihre Grundlage nur in der familiären Beziehung, also in einem außerbetrieblichen Verhältnis. Gegenüber fremden Arbeitnehmern wären sie im allgemeinen nicht möglich. Der Senat hat sich im Urteil I 47/55 U vom 11. Oktober 1955 (BStBl III S. 397) mit einer rückwirkenden Gehaltsvereinbarung für den Geschäftsführer im Verhältnis zu der von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft befaßt und hat auch hier Klarheit in der Rechtsgestaltung verlangt.

Es ist rechtlich möglich, daß ein Vater in der Bilanz des Betriebs eine Schuld für Arbeitslöhne an die mitarbeitenden Kinder ausweist, vorausgesetzt, daß eine bürgerlich-rechtlich klare Grundlage für die Schuld vorhanden ist und der (gezahlte und zurückgestellte) Arbeitslohn die Grenze des Angemessenen nicht übersteigt. Nachträgliche Gehaltsvereinbarungen sind im Verhältnis zwischen den Eltern und den im Betrieb mitarbeitenden Kindern grundsätzlich nicht möglich, insbesondere nicht für abgelaufene Jahre. Ist eine Lohnschuld in den Bilanzen abgelaufener Jahre nicht ausgewiesen worden, so kann im Interesse der Klarheit grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß an den Bilanztagen eine Lohnschuld gegenüber den Kindern nicht bestand. Eine Berichtigung der früheren Bilanzen oder eine Nachholung in einer späteren Bilanz kommt deshalb im allgemeinen nicht in Betracht.

Die angefochtene Entscheidung läßt einen Verstoß gegen diese Rechtsgrundsätze nicht erkennen. Das Finanzgericht hat eine Lohnnachholung für II/1948 und 1949 zutreffend abgelehnt. Es konnte ferner annehmen, daß eine bürgerlich-rechtlich wirksame und ernsthafte Lohnausgleichsvereinbarung für 1950 bestand, obgleich auch eine entgegengesetzte Feststellung durchaus möglich gewesen wäre. Was die Höhe des Lohnes angeht, so handelt es sich bei der Frage der Angemessenheit vorwiegend um eine Frage der tatsächlichen Feststellung. Das Finanzgericht hat alle in Betracht kommenden Umstände in seine Würdigung einbezogen. Die Einwendungen des Bf. richten sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts und können deshalb im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht durchgreifen (§§ 288, 296 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung).

 

Fundstellen

BStBl III 1956, 17

BFHE 1956, 43

BFHE 62, 43

BB 1956, 200

DB 1956, 78

StRK, EStG:15 R 43

FR 1958, 281 (LS)

BFH-N, (K) Nr. 840

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge