Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsschutz von Alt-Steuerberatungsgesellschaften

 

Leitsatz (NV)

1. Der Bestandsschutz für Altgesellschaften entfällt auch dann, wenn der Anteil an einer Steuerberatungsgesellschaft bürgerlich- rechtlich auf einen Berufsfremden übergeht, der schon zuvor wirtschaftlicher Eigentümer dieses Anteils war.

2. Die Rechtsposition der Steuerberatungsgesellschaft und ihrer Gesellschafter ist nicht schützenswert, wenn die Gesellschaft schon vor dem bürgerlich-rechtlichen Übergang des Gesellschaftsanteils auf den Berufsfremden (vgl. 1.) nicht hätte anerkannt werden dürfen.

 

Normenkette

StBerG § 32 Abs. 3 S. 2, § 50a Abs. 1, § 55 Abs. 1-2, § 155 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war am 16. Juni 1989 (Tag des Inkrafttretens des Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes -- 4. StBerÄndG -- vom 9. Juni 1989, BGBl I, 1062) als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt. Das Stammkapital der Gesellschaft hatten in Höhe von 35 000 DM Steuerberater B und in Höhe von 15 000 DM der Wirtschaftsberater G übernommen, der nicht zum Personenkreis des § 50a Abs. 1 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) gehört und nicht die Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 StBerG erfüllt. Der Gesamtbetrag von 50 000 DM wurde von G in die Gesellschaft eingebracht, weil mit notariellem Vertrag vereinbart worden war, daß der Steuerberater B nur als Treuhänder von G die Stammeinlage von 35 000 DM übernommen hatte. Im Rahmen des Treuhandvertrages verpflichtete sich B, alle mit seiner Beteiligung an der Klägerin verbundenen Rechte als Gesellschafter nur nach Maßgabe der Weisungen des Treugebers G auszuüben. Zudem machte B dem G hinsichtlich des Gesellschaftsanteils von 35 000 DM ein unbefristetes, unwiderrufliches und unbedingtes notarielles Abtretungsangebot, das den Übergang des Gesellschaftsanteils lediglich von einer einseitigen Annahmeerklärung abhängig werden ließ. Am 27. Mai 1991 nahm G das Abtretungsangebot an, nachdem es wegen der Geschäftsführung zu Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern gekommen war. Gleichzeitig wurde Steuerberater B als Geschäftsführer der Gesellschaft durch eine Steuerberaterin ersetzt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzministerium -- FinMin --) widerrief durch Bescheid vom 24. März 1995 die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft, nachdem es den G unter Fristsetzung vergeblich aufgefordert hatte, den Geschäftsanteil von 35 000 DM auf eine oder mehrere Personen i. S. des § 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG zu übertragen. Auf die Klage der Klägerin hob das Finanzgericht (FG) den Widerrufsbescheid auf. Es führte im wesentlichen aus:

Die Klägerin genieße nach § 155 Abs. 4 Satz 1 StBerG Bestandsschutz, denn sie sei am 16. Juni 1989 als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt gewesen. Diesen Bestandsschutz habe sie nicht nach § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils des Steuerberaters B auf G, der kein Berufsträger i. S. des § 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG sei, verloren. Zwar sei § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG seinem Wortlaut nach erfüllt. Denn der Anteil von 35 000 DM sei rein rechtlich erst nach dem 31. Dezember 1990 von B auf G durch dessen Annahmeerklärung übergegangen. Maßgeblich sei jedoch in entsprechender Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), daß G aufgrund des Treuhandverhältnisses faktisch und wirtschaftlich schon seit Gründung der Gesellschaft Inhaber dieses Anteils gewesen sei. B sei nur Strohmann des G gewesen, weil er als heimlicher Treuhänder des Anteils nach dem Innenverhältnis mit G von vornherein in seiner Verfügungsmacht so beschränkt gewesen sei, daß seine rechtliche Inhaberschaft nur eine "leere Hülse" gewesen sei. Wegen der weiteren Begründung des FG wird auf den Urteilsabdruck in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 1241 Bezug genommen.

Mit der Revision macht das FinMin geltend, die vom FG zur Auslegung herangezogene Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 sei im Rahmen des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG auch über § 164a Abs. 1 StBerG nicht anwendbar, da es sich nicht um eine Verfahrens-, sondern um eine steuerliche Zurechnungsvorschrift handele. Darüber hinaus entspreche die Auslegung des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG durch das FG nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese stelle für den Verlust des Bestandsschutzes der sog. Altgesellschaften -- neben dem Erbfall -- ohne Einschränkung auf den Übergang von Geschäftsanteilen durch Rechtsgeschäft und damit auf den Übergang bürgerlich-rechtlichen Eigentums ab, obwohl dem Gesetzgeber -- wie sich aus der Ein fügung des § 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG durch das 4. StBerÄndG ergebe -- bekannt gewesen sei, daß Anteile an Steuerberatungsgesellschaften in einer Vielzahl von Fällen für Rechnung eines Dritten gehalten würden. Die Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Berufsfremden, für dessen Rechnung der Anteil bereits vorher gehalten wurde, sei aber dennoch nicht in den Bestandsschutz einbezogen worden. Würde man den Bestandsschutz auf die Fälle der "heimlichen" Treuhänderschaft zugunsten Berufsfremder ausdehnen, so würde man die vom Gesetzgeber mit der Einführung der Kapitalbindung verfolgte Zielsetzung in ihr Gegenteil verkehren.

Das FinMin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Vorentscheidung für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, die Zurechnungsnorm des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977, wonach bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind, müsse auch im Streitfall auf das mit der Annahmeerklärung des G am 27. Mai 1991 aufgedeckte Treuhandverhältnis Anwendung finden. Der berufsfremde G sei somit von Anfang an wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils gewesen, so daß die zum maßgebenden Stichtag anerkannte Steuerberatungsgesellschaft Bestandsschutz genieße. Da die spätere Anteilsübertragung an den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen und den daraus resultierenden Einflußmöglichkeiten nichts geändert habe, würde ein Widerruf der Anerkennung bzw. der faktische Zwang zur Veräußerung der Anteilsmehrheit auch Grundrechte des G verletzen. Die verfassungskonforme Auslegung des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG gebiete, allein auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen. Der Gesetzgeber habe in das bestehende Anwartschaftsrecht des G nicht eingreifen können, ohne dessen nach Art. 14 des Grundgesetzes (GG) geschütztes Eigentumsrecht zu verletzen. Es verstoße ferner gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Bestandsschutz für bürgerlich-rechtlich unmittelbar beteiligte Anteilseigner von Altgesellschaften, die die Berufszulassung nicht erfüllten, gewährleistet sei, nicht aber für den G, wenn dieser sein wirtschaftliches Eigentum durch Ausübung des Anwartschaftsrechts in bürgerlich-rechtliches Eigentum umwandele. Die Gründe für die Vereinbarung des Treuhandverhältnisses im Streitfall seien unerheblich. Eine fachliche Fremdbestimmung des geschäftsführenden Steuerberaters durch G sei hierdurch nicht bewirkt worden.

Die beigeladene Steuerberaterkammer schließt sich der Rechtsauffassung des FinMin an. Sie meint, eine mißbräuchliche Beherrschung von Steuerberatungsgesellschaften durch berufsfremde Kapitalgeber sei stets berufswidrig gewesen (§ 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG). Auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des 4. StBerÄndG hätte somit G nicht alle Gesellschaftsanteile erwerben dürfen. Deshalb könne der Bestand der durch das Treuhandverhältnis verhüllten Rechtsposition nicht schützenswert sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FinMin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. a) Wie der erkennende Senat wiederholt entschieden hat, konnte nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des 4. StBerÄndG, die auch für die Anerkennung der vorliegenden Steuerberatungsgesellschaft maßgeblich war, einer unter der Rechtsform einer GmbH gegründeten Steuerberatungsgesellschaft die Anerkennung nach § 49 StBerG nicht bereits wegen kapitalmäßiger Beteiligung berufsfremder Gründungsgesellschafter versagt werden. Die Vorschriften der §§ 49ff. StBerG in der für den Streitfall geltenden Fassung duldeten sogar, daß Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft -- wie nunmehr auch im Falle der Klägerin -- nur Berufsfremde waren, wenn nur ein einziger Steuerberater als (angestellter) Geschäftsführer geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistete (§ 50 Abs. 1 StBerG; Urteile des Senats vom 8. März 1988 VII R 30, 32/85, BFHE 153, 272, BStBl II 1988, 638, 639; vom 17. September 1991 VII R 20/90, BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 157).

b) Der Gesetzgeber hat mit dem 4. StBer ÄndG den grundsätzlichen Bedenken gegen die Beteiligung berufsfremder Personen auch Vereinigungen an Steuerberatungsgesellschaften, die auch in der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ihren Ausdruck gefunden haben (Urteil in BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 158, m. w. N.), durch die Einführung einer auf bestimmte Personen bezogenen Kapitalbindung bei Steuerberatungsgesellschaften Rechnung getragen. Nach § 50a Abs. 1 StBerG ist nunmehr Voraussetzung für die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft, daß ihre Gesellschafter oder Kapitaleigner ausschließlich Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte oder in der Gesellschaft tätige Personen sind, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter nach § 50 Abs. 3 StBerG genehmigt ist.

Der seit der Übernahme des Gesellschaftsanteils des Steuerberaters B am 27. Mai 1991 alleinige Gesellschafter und Anteilseigner G erfüllt nicht die vorstehenden Voraussetzungen. Auch vor der Übernahme des Gesellschaftsanteils des B hätte dessen Anteil am Stammkapital (35 000 DM) gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG nicht aufgrund des Treuhandverhältnisses für Rechnung des berufsfremden G gehalten werden dürfen.

c) Für die bereits bestehenden Steuerberatungsgesellschaften (Altgesellschaften) hat aber das 4. StBerÄndG in § 155 Abs. 4 StBerG folgende Übergangsregelung getroffen:

"Steuerberatungsgesellschaften, die am 16. Juni 1989 (Tag nach der Verkündung des 4. StBerÄndG) anerkannt sind, bleiben anerkannt" (Satz 1) ... "Verändert sich nach dem 31. Dezember 1990 der Bestand der Gesellschafter oder das Verhältnis ihrer Beteiligungen oder Stimmrechte durch Rechtsgeschäfte oder Erbfall und geht der Anteil oder das Stimmrecht nicht auf einen Gesellschafter über, der die Voraussetzungen des § 50a Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 2 erfüllt, so hat die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde nach § 55 Abs. 2 und 3 zu verfahren" (Satz 3; nunmehr -- seit dem 5. StBerÄndG vom 13. Dezember 1990, BGBl I, 2756 -- Satz 4).

Durch die Einführung der Kapitalbindung (§ 50a StBerG) sollte sichergestellt werden, daß Steuerberatungsgesellschaften von berufsfremden Interessen freigehalten werden. Die sog. Altgesellschaften wurden aber aus historischen und verfassungsrechtlichen Gründen in die Vorschriften über die Kapitalbindung nur einbezogen, soweit nach dem 31. Dezember 1990 Beteiligungen durch Rechtsgeschäft oder aufgrund Erbfalls übergehen (s. BRDrucks 515/88 vom 4. November 1988, S. 29). Ziel des Gesetzes ist, daß Anteile an Steuerberatungsgesellschaften künftig nur an Personen veräußert werden, die sich nach § 50a StBerG an einer Steuerberatungsgesellschaft beteiligen können. Das gilt auch in den Fällen, in denen -- wie im Streitfall -- der Erwerber bereits Anteilseigner der Steuerberatungsgesellschaft ist (Gehre, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl., § 155 Rdnr. 5). In den vorgenannten Fällen des Übergangs von Gesellschaftsanteilen auf Nichtberufsangehörige hat die oberste Landesfinanzbehörde die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 155 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 55 Abs. 2 StBerG zu widerrufen.

2. Im Streitfall kann sich die Klägerin, obwohl sie bereits an dem maßgebenden Stichtag (16. Juni 1989) anerkannt war, nicht auf den Bestandsschutz nach § 155 Abs. 4 Satz 1 StBerG berufen.

a) Die Voraussetzungen für den Widerruf ihrer Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft sind erfüllt, da der Gesellschaftsanteil des Steuerberaters B am 27. Mai 1991 -- und damit nach dem 31. Dezember 1990 -- auf den Wirtschaftsberater G, der die Voraussetzungen des § 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG nicht erfüllt, übergegangen ist (§ 155 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 55 Abs. 2 StBerG). Mit der Annahme des ihm in notarieller Form erteilten Abtretungsangebots durch G ist bürgerlich-rechtlich das Eigentum an dem Gesellschaftsanteil des B auf G übergegangen und damit der Bestand der Gesellschafter -- wie auch das FG einräumt -- durch "Rechtsgeschäft" i. S. des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG geändert worden (vgl. § 15 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Die Beteiligung des Nichtberufsangehörigen G hat sich durch dieses Rechtsgeschäft von seinem bisherigen Anteil am Stammkapital von 15 000 DM auf das gesamte Stammkapital der Gesellschaft (50 000 DM) erhöht. Wegen dieser rechtsgeschäftlichen Veränderung des Gesellschafterbestandes nach dem 31. Dezember 1990 zugunsten eines Beteiligten, der nicht Berufsträger i. S. des § 50a StBerG ist, ist der Bestandsschutz der Klägerin als bereits zum Zeitpunkt der Einführung der Kapitalbindung anerkannte Steuerberatungsgesellschaft nicht mehr gegeben.

b) Der vorstehenden Beurteilung steht nicht -- wie das FG und die Klägerin meinen -- entgegen, daß G bereits vor der Anteilsübertragung im Rechtssinne aufgrund des verdeckten Treuhandverhältnisses schon seit der Gründung der Klägerin in faktischer und wirtschaftlicher Hinsicht Inhaber des Gesellschaftsanteils war, der (rechtlich) von dem Steuerberater B gehalten wurde.

Auch wenn B, wie das FG ausgeführt hat, nur Strohmann des G war, weil er als heimlicher Treuhänder des Anteils im Innenverhältnis den Weisungen des Treugebers, der die Stammeinlage auch eingezahlt hatte, unterworfen und von vornherein in seiner Verfügungsmacht hinsichtlich des Anteils beschränkt war, so hat doch die mit der Annahme des Abtretungsangebots vom 27. Mai 1991 bewirkte rechtsförmliche Übertragung des Anteils auf G zu einer Veränderung des Gesellschafterbestandes durch Rechtsgeschäft i. S. des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG geführt, die den Bestandsschutz nach Satz 1 dieser Vorschrift entfallen läßt. Zwar trifft es zu, daß nach der steuerlichen Zurechnungsvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind, so daß G schon seit der Gründung der Steuerberatungsgesellschaft als wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils anzusehen ist, den B als Treuhänder für ihn hielt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz knüpft aber § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG für den Wegfall des Bestandsschutzes an jede rechtsgeschäftliche bzw. erbrechtliche Veränderung des Gesellschafterbestandes zugunsten Berufsfremder an, so daß nicht die Fortdauer der wirtschaftlichen Inhaberschaft, sondern die Veränderung der bürgerlich-rechtlichen Eigentumsverhältnisse für die Anwendung der Vorschrift maßgeblich ist.

Dies folgt auch daraus, daß nunmehr nach § 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG Anteile an einer Steuerberatungsgesellschaft nicht für Rechnung eines Dritten gehalten werden dürfen. Das treuhänderische Halten von Anteilen für andere Personen ist daher zur Verhinderung von Umgehungen der Kapitalbindung unzulässig, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die in § 3 StBerG genannten Personen oder um Berufsfremde handelt (Gehre, a. a. O., § 50a Rdnr. 9). Wie die Revision zutreffend ausführt, war somit dem Gesetzgeber bei der Einfügung der Vorschriften über die Kapitalbindung und der dazu geschaffenen Übergangsbestimmungen durch das 3. StBerÄndG die Problematik des treuhänderischen Haltens von Gesellschaftsanteilen für Berufsfremde bekannt. Es hätte daher nahegelegen, die Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Berufsfremden, für dessen Rechnung der Anteil bereits vorher gehalten wurde, ausdrücklich -- wie dies z. B. im Falle des § 155 Abs. 4 Satz 2 StBerG geschehen ist (Gesellschaft, die zur Übernahme der Mandanten einer Einrichtung gemäß § 4 Nrn. 3, 7 und 8 StBerG gegründet wurde) -- in den Bestandsschutz einzubeziehen, wenn dies i. S. des Gesetzgebers gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat dies jedoch nicht getan, sondern in § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG generell die nach dem 31. Dezember 1990 erfolgte Veränderung des Gesellschafterbestandes durch "Rechtsgeschäft" zugunsten berufsfremder Personen als Widerrufsgrund bestimmt.

Im übrigen könnte sich die Klägerin nach dem Sinn und Zweck der Regelungen über den Bestandsschutz von bereits anerkannten Steuerberatungsgesellschaften auf das bereits seit ihrer Gründung bestehende wirtschaftliche Eigentum des berufsfremden G an dem ihm später auch bürgerlich-rechtlich abgetretenen Gesellschaftsanteil allenfalls dann berufen, wenn die Finanzbehörde in Kenntnis des bestehenden Treuhandverhältnisses die Anerkennung (§ 49 StBerG) ausgesprochen hätte. Der Bestandsschutz nach § 155 Abs. 4 StBerG bezweckt, den Steuerberatungsgesellschaften, die die (neuen) Vorschriften über die Kapitalbindung (§ 50a StBerG) nicht erfüllen, aus historischen und verfassungsrechtlichen Gründen (Vertrauensschutz) die Anerkennung zu belassen. Erfolgt bei einer derartigen Gesellschaft später eine rechtsgeschäftliche Veränderung des Gesellschafterbestandes zugunsten berufsfremder Gesellschafter, die nach dem Wortlaut des § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG den Bestandsschutz aufhebt, so kann das bereits zuvor in gleicher Weise bestehende wirtschaftliche Eigentum an den Gesellschaftsanteilen die Anwendung der Vorschrift (Widerruf der Anerkennung) jedenfalls dann nicht hindern, wenn das dem wirtschaftlichen Eigentum zugrundeliegende Treuhandverhältnis erst in diesem Zusammenhang aufgedeckt wird.

Im Streitfall war die Finanzbehörde bei der Anerkennung der Klägerin nicht in der Lage zu prüfen, ob das wirtschaftliche Eigentum des berufsfremden G an dem Gesellschaftsanteil der Anerkennung entgegenstehen könnte, weil ihr der zwischen dem Steuerberater B und G abgeschlossene Treuhandvertrag nicht offenbart worden war, denn B war -- wie das FG festgestellt hat -- "heimlicher" Treuhänder des G. Die Beteiligung des G am Stammkapital von 35 000 DM konnte ihr demgemäß erst im Zusammenhang mit der Abtretung vom 27. Mai 1991 bekannt werden. Deshalb kann auch nur dieses Rechtsgeschäft als maßgeblicher Anlaß für die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen angesehen werden. Das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand ihrer Anerkennung ist nicht schutzwürdig, da sie der Finanzbehörde die Umstände, auf die sie den trotz des Abtretungsvertrages fortbestehenden Vertrauenstatbestand stützt, zuvor verheimlicht hat.

c) Der Klägerin steht der Bestandsschutz auch deshalb nicht zu, weil sie von vornherein nicht als Steuerberatungsgesellschaft hätte anerkannt werden dürfen.

Der Bestandsschutz nach § 155 Abs. 4 Satz 1 StBerG ist auf solche Altgesellschaften beschränkt, die bei unverändertem Sachverhalt schon vor dem 16. Juni 1989 die Voraussetzungen für ihre Anerkennung erfüllt hatten (Gehre, a. a. O., § 155 Rdnr. 4; FG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 1992 2 K 454/90 StB, Der Steuerberater -- StB -- 1992, 411). Das folgt daraus, daß mit der Übergangsvorschrift, die im Zusammenhang mit der Einführung der Kapital bindung erlassen worden ist, insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen die Rechtsposition der Altgesellschaften geschützt werden sollte, die diese nach bisherigem Recht zulässigerweise erlangt haben. Die Übergangsregelung rechtfertigt dagegen nicht die Schlußfolgerung, den Bestand von Steuerberatungsgesellschaften zu garantieren, die schon nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des 4. StBerÄndG die Anerkennungsvoraussetzungen nicht erfüllten und deshalb nach § 55 Abs. 1 StBerG mit der Rücknahme ihrer Anerkennung rechnen mußten.

Bei der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft sind -- wie der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung schon vor Einführung der Kapitalbindung entschieden hat -- die besondere Struktur der vor liegenden Gesellschaft, deren Mitgliederbestand und die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder zu berücksichtigen. Dabei ist nicht nur zu beachten, ob die Vorausset zungen der §§ 49ff. StBerG erfüllt sind. Vielmehr ist die Anerkennung auch zu versagen, wenn andere Vorschriften nicht eingehalten sind, die eine anerkannte Steuerberatungsgesellschaft erfüllen muß (vgl. Urteile in BFHE 153, 272, BStBl II 1988, 638, 639, und BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 157, m. w. N.).

Nach § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG setzt die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft den "Nachweis" voraus, daß die Gesellschaft von Steuerberatern verantwortlich geführt wird. Das heißt, die geschäftsführenden Steuerberater müssen in der steuerberatenden Tätigkeit frei von Einflüssen und Weisungen der Gesellschafter und Kapitalanleger sein. Zur steuerberatenden Tätigkeit in diesem Sinne gehören auch Art, Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten, wie z. B. die Auswahl der Mandanten (vgl. § 63 StBerG; BFHE 153, 272, BStBl II 1988, 638, und Urteil vom 14. März 1989 VII R 46/88, BFHE 156, 332, BStBl II 1989, 577). Zur Führung dieses Nachweises reicht eine entsprechende satzungsmäßige Bestimmung nicht aus. Denn bei der Beherrschung der Steuerberatungsgesellschaft durch berufsfremde Gesellschafter besteht die Gefahr, daß diese unabhängig von den Satzungsbestimmungen verdeckt oder auf eine rechtlich nur schwer erfaßbare Weise Einfluß auf den geschäftsführenden Steuerberater nehmen (BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 157). Es ist deshalb erforderlich, daß derjenige, der die Anerkennung beantragt hat, der für die Anerkennung zuständigen Behörde Tatsachen und Beweismittel dafür angibt, daß die mit der Leitung der Gesellschaft betrauten Steuerberater bei ihrer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Dienste der Gesellschaft so unabhängig und weisungsfrei sind wie ein freier Steuerberater (§ 57 Abs. 1 StBerG). An den Nachweis in diesem Sinne sind in dem Maße erhöhte Anforderungen zu stellen, wie durch die Beherrschung der Gesellschaft durch Berufsfremde von vornherein die Gefahr besteht, daß diese auf die Tätigkeit der im Dienste der Gesellschaft stehenden Steuerberater Einfluß nehmen können (Senatsurteile vom 26. März 1981 VII R 14/78, BFHE 133, 322, BStBl II 1981, 586, 590, und in BFHE 153, 272, BStBl II 1988, 638, 639).

Im Streitfall hatte zwar im Zeitpunkt der Gründung und der nachfolgenden Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungs gesellschaft der geschäftsführende Steuerberater B den größten Anteil am Stammkapital übernommen (35 000 DM gegenüber 15 000 DM des G). Wie sich nunmehr -- seit dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages am 27. Mai 1991 -- herausgestellt hat, hielt aber B diesen Anteil am Stammkapital von vornherein als Treuhänder zugunsten des G, so daß dieser berufsfremde Gesellschafter von Anfang an aufgrund des neben dem Gesellschaftsvertrag abgeschlossenen Treuhandvertrages die Gesellschaft beherrschte. Denn der Steuerberater B war nach dem notariellen Treuhandvertrag verpflichtet, alle mit der Beteiligung verbun denen Rechte nur nach Weisungen des G auszuüben und alle aus der Beteiligung fließenden Vermögensvorteile an diesen ab zuführen, während andererseits G ihn von allen sich aus der Beteiligung ergebenden Verpflichtungen freizustellen und ihm alle Aufwendungen zu ersetzen hatte. Darüber hinaus hatte sich G als wirtschaftlicher und faktischer Inhaber dieses Gesellschaftsanteils im notariellen Treuhandvertrag noch dadurch abgesichert, daß B ihm unentgeltlich ein unbefristetes Abtretungsangebot unwiderruflich einräumte und ihm dadurch die Möglichkeit verschaffte, jederzeit nach seinem Belieben über den Anteil zu verfügen und den Steuerberater B aus der Gesellschaft zu verdrängen. Von dieser Befugnis hat er im Streitfall auch Gebrauch gemacht, nachdem es zu Auseinandersetzungen über die Geschäftsführung der Gesellschaft gekommen war.

Da somit der geschäftsführende Steuerberater B in seiner Gesellschafterstellung einschließlich der daraus fließenden Vermögensvorteile von vornherein so beschränkt war, daß -- wie das FG ausgeführt hat -- seine rechtliche Inhaberschaft nur eine "leere Hülse" darstellte, hätte der in § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG vorgeschriebene Nachweis, daß die Gesellschaft von ihm als Steuer berater unabhängig und weisungsfrei verantwortlich geführt wird, nicht erbracht werden können. Der Klägerin hätte deshalb die Anerkennung von vornherein versagt werden müssen. Nach Aufdeckung des Treuhandverhältnisses und der wahren Gesellschafter- und Beherrschungsstrukturen hätte das FinMin -- unabhängig von der späteren Einführung der Kapitalbindung (§ 50a StBerG) und dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages -- die Anerkennung der Klägerin schon nach § 55 Abs. 1 StBerG zurücknehmen müssen. Das Treuhandverhältnis und das dadurch begründete wirtschaftliche Eigentum des G am Gesellschaftsanteil des Steuerberaters B können daher nicht dazu dienen, einen Bestandsschutz zu gewährleisten gegenüber der am 27. Mai 1991 auch mit bürgerlich-rechtlicher Wirkung vollzogenen Übertragung des Gesellschaftsanteils auf den Berufsfremden und den an dieses nachträgliche Rechtsgeschäft anknüpfenden Widerruf der Anerkennung der Klägerin gemäß § 155 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 55 Abs. 2 StBerG (vgl. hierzu für einen ähnlichen Sachverhalt: Urteil des FG Düsseldorf in StB 1992, 411). Da G -- wie ausgeführt -- als Gesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft von vornherein keine schutzwürdige Rechtsposition erlangt hat, wird er durch den Widerruf der Anerkennung der Klägerin auch nicht -- wie diese meint -- in seinen Grundrechten verletzt.

d) Die vorstehende Beurteilung des Streitfalles wird durch die Übergangsvorschrift des § 155 Abs. 4 Satz 2 StBerG, die durch das 5. StBerÄndG eingeführt worden ist, nicht berührt. Nach ihr gilt der Bestandsschutz für die am 16. Juni 1989 anerkannten Steuerberatungsgesellschaften (Satz 1) "auch, wenn die Gesellschaft zur Übernahme der Mandanten einer Einrichtung gemäß § 4 Nr. 3, 7 und 8 gegründet wurde oder später die Mandanten einer solchen Einrichtung übernommen hat". Wie der Senat im Urteil in BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 158 ausgeführt hat, stellt die in dieser Vorschrift enthaltene Erweiterung des Bestandsschutzes für Altgesellschaften eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats dar, wonach in derartigen, von der Erweiterung erfaßten Fällen der von einem Berufsverband gegründeten Steuerberatungsgesellschaft die Anerkennung zu versagen gewesen wäre (BFHE 156, 332, BStBl II 1989, 577). Nach der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages soll die Ergänzung in § 155 Abs. 4 StBerG klarstellen, daß auch diejenigen Gesellschaften, die zur Übernahme der Mandanten einer Einrichtung gemäß § 4 Nrn. 3, 7 und 8 StBerG gegründet wurden oder später Mandanten einer solchen Einrichtung übernommen haben, am Bestandsschutz teilnehmen. Zugleich werde damit sichergestellt, daß die Anerkennung solcher Gesellschaften "nicht aus diesem Grund" zurückgenommen werde (BTDrucks 11/8343, S. 19).

Wenn der Gesetzgeber in bewußter Entscheidung gegen die bisherige Senatsrechtsprechung für die bereits anerkannten Altgesellschaften die Gründung durch eine Einrichtung gemäß § 4 Nrn. 3, 7 und 8 StBerG zum Zwecke der Übernahme von Mandanten als unschädlich ansieht, so folgt daraus lediglich für die von der Übergangsregelung des § 155 Abs. 4 Satz 2 StBerG als einer Spezialnorm betroffenen Fälle, daß bei ihnen von den strengen Anforderungen an den Nachweis gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG abgesehen werden soll (Senat in BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, 160). Bei den übrigen Altgesellschaften ist aber mangels besonderer Regelungen zu prüfen, ob sie trotz ihrer Anerkennung am 16. Juni 1989 gegen Vorschriften des StBerG verstoßen, die von vornherein zu einer Versagung der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft hätten führen müssen und deshalb die Rücknahme bzw. den Widerruf der Anerkennung rechtfertigen.

Der Streitfall unterscheidet sich zudem von der Spezialregelung des erweiterten Bestandsschutzes nach § 155 Abs. 4 Satz 2 StBerG dadurch, daß hier aufgrund des verdeckten Treuhandverhältnisses für die Finanzbehörde bei der Entscheidung über die Anerkennung nicht erkennbar war, daß die Steuerberatungsgesellschaft nicht von einem unabhängigen Steuerberater eigenverantwortlich geführt wurde (§ 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG), während die Gründung einer Gesellschaft zum Zwecke der Übernahme der Mandanten einer Einrichtung gemäß § 4 Nrn. 3, 7 und 8 StBerG aufgrund der beteiligten Gesellschafter und der Satzung der Steuerberatungsgesellschaft regelmäßig für die Finanzbehörden von vornherein erkennbar ist, so daß sie die beantragte Anerkennung aus diesem Grunde hätten ablehnen können, was wiederum bei Ausspruch der Anerkennung einen erhöhten Bestandsschutz vertretbar erscheinen läßt.

3. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da das FinMin gemäß § 155 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. § 55 Abs. 2 StBerG die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft zu Recht widerrufen hat.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 712

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