Leitsatz (amtlich)

Bei einer GmbH & Co. KG ist die Wiederauffüllung der durch Verluste geminderten bedungenen Einlagen der Kommanditisten mit Hilfe späterer Gewinne keine Leistung i. S. des § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG 1959.

 

Normenkette

KVStG 1959 § 2 (Abs. 1) Nr. 2, § 6 (Abs. 1) Nr. 4, § 6 (Abs. 2; HGB § 122 Abs. 2, § 167 Abs. 1-2, § 169 Abs. 1 S. 2 Hs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft (KG). Die bedungenen Kommanditeinlagen sind voll eingezahlt worden. Sie wurden durch Verluste der KG gemindert. Diese wurden in den Bilanzen der KG gemäß § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages auf Berichtigungskonten zu den Kapitalkonten gebucht. Die in den Jahren 1967 und 1969 sowie im Rumpfgeschäftsjahr 1970 ausgewiesenen Gewinne wurden diesen Berichtigungskonten bis zu ihrem Ausgleich gutgeschrieben, im übrigen auf Sonderkonten der Gesellschafter verbucht.

Das FA sah in dem Ausgleich der auf den Berichtigungskonten verbuchten Verluste, soweit sie die Kommanditisten betrafen, eine der Gesellschaftsteuer unterliegende Leistung i. S. des § 2 (Abs. 1) Nr. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 und setzte durch Steuerbescheid vom 2. Oktober 1972 11 212,50 DM Gesellschaitsteuer fest.

Die Sprungklage blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Steuerbescheides (§ 126 Abs. 3 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO).

In der Auffüllung der auf den Kapitalberichtigungskonten der Kommanditisten gebuchten Verluste durch spätere Gewinne ist keine Leistung i. S. des § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG 1959 zu sehen. Diese auf Grund des § 6 Abs. 2 KVStG 1959 auch auf Leistungen der Kommanditisten einer GmbH & Co. KG anwendbare Vorschrift (vgl. Urteil des Senats vom 21. Oktober 1969 II 141/65, BFHE 97, 320, BStBl II 1970, 99) setzt voraus, daß Leistungen von Gesellschaftern oder für diese von der Gesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung der Gesellschafter bewirkt werden. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Finanzgericht, das davon ausgeht, daß mit Feststellung der Bilanz der Gewinnauszahlungsanspruch der Kommanditisten entstehe, auf den die Kommanditisten wegen § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB verzichten müßten, und daß hierin eine Leistung der Kommanditisten zu sehen sei, verkennt den Leistungsbegriff des § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG 1959.

Nach ständiger Rechtsprechung kann von dem Bewirken einer Leistung i. S. des § 2 (Abs. 1) Nr. 2, 3 KVStG 1959 nur dann gesprochen werden, wenn eine echte Kapitalzuführung vorliegt (Nachweise bei Egly, Gesellschaftsteuer-Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 72). Dies war hinsichtlich der Gewinne der KG, die den Berichtigungskonten der Kommanditisten zugeführt wurden, nicht der Fall, weil die fraglichen Gewinne auf Grund des § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zum Ausgleich der auf den Berichtigungskonten verbuchten Verluste verwendet werden mußten. Wegen des § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB hatten die Kommanditisten zu keinem Zeitpunkt einen individualisierten Anspruch auf Auszahlung dieser Gewinne. Die Gewinnanteile der Kommanditisten blieben infolge ihrer auf § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zurückgehenden Verbuchung auf den Berichtigungskonten (vgl. auch § 120 Abs. 2, § 167 Abs. 1, 2 HGB) gesamthänderisch gebunden.

Da für die Kommanditisten wegen des § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB und des § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages keine rechtliche Möglichkeit bestand, einen Gewinnauszahlungsanspruch geltend zu machen, war die gesamthänderische Bindung endgültig. Unter diesen Umständen kann in der Auffüllung der Verluste durch spätere Gewinne kein durch das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag erzwungener Verzicht auf einen als Individualanspruch entstandenen Gewinnauszahlungsanspruch gesehen werden, der möglicherweise nach § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG 1959 als Leistung anzusehen wäre.

Auch über § 2 (Abs. 1) Nr. 2 Satz 2 KVStG 1959 läßt sich ein anderes Ergebnis nicht erzielen. Diese Vorschrift setzt voraus, daß die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt. Diese Vorschrift ist schon deshalb nicht anwendbar, weil ein Kommanditist nicht verpflichtet ist, seine durch Verlust verminderte Kapitaleinlage wieder aufzufüllen. Es kann deshalb auch in der Wiederauffüllung der verminderten Kapitaleinlage mit Hilfe der später entstandenen Gewinne der KG keine Erfüllung einer Verpflichtung des Gesellschafters durch die Gesellschaft gesehen werden.

Das erzielte Ergebnis steht im Einklang mit Sinn und Zweck des § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG 1959. Es führt bei allen zivilrechtlichen Unterschieden zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer GmbH & Co. KG zu einer im Endergebnis übereinstimmenden gesellschaftsteuerrechtlichen Behandlung beider Gesellschafter jedenfalls bei der Auffüllung von Verlusten mit Hilfe späterer Gewinne. Werden Gewinne einer Kapitalgesellschaft nicht ausgeschüttet sondern vorgetragen oder einer Rücklage zugeführt, so hat die Rechtsprechung hierin keine Leistung i. S. des § 2 KVStG 1959 gesehen (vgl. Urteile des RFH vom 4. Mai 1923 II A 72/23, RFHE 12, 121, und vom 22. Oktober 1942 II 79/41, RStBl 1942, 1103), es sei denn, daß zuvor eine Gewinnverteilung beschlossen, der Beschluß später aber wieder aufgehoben wurde (Urteil des Senats vom 16. Juni 1970 II R 19/70, BFHE 100, 54, BStBl II 1970, 787).

Ein Widerspruch zu dem Urteil des Senats II 141/65 besteht nicht. Dort war eine Erhöhung der bedungenen Einlagen vereinbart worden. Daraus ergab sich eine entsprechende Verpflichtung der Kommanditisten zur Kapitaleinlage, die möglicherweise von der KG aus Gesellschaftsmitteln erfüllt worden war. Im vorliegenden Fall jedoch bestand eine derartige Verpflichtung der Kommanditisten nicht.

 

Fundstellen

BStBl II 1975, 414

BFHE 1975, 142

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