Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung rechtlichen Gehörs bei zweifacher Urteilsbegründung; Mitgliedschaft an GbR ,,wie" Wohnungseigentum; Gegenstand des Erwerbsvorgangs

 

Leitsatz (NV)

1. Ist eine Entscheidung auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, aber nur eine der Begründungen unter Versagung des rechtlichen Gehörs zustandegekommen, so führt dies nicht zur Aufhebung der Entscheidung.

2. Durch besondere gesellschaftsvertragliche Regelung kann die Mitgliedschaft an einer GbR so gestaltet werden, daß sie im Ergebnis einem Wohnungseigentum gleichkommt.

3. Die Möglichkeit der Beeinflussung des Baugeschehens durch den Erwerber schließt es nicht aus, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude ist.

4. Bei ,,Bauherrenmodellen" bzw. ,,Erwerbermodellen" setzt die Annahme der Rechtmäßigkeit der Berechnung der Grunderwerbsteuer nach dem (zunächst vereinbarten) Gesamtaufwand stets die (negative) Feststellung voraus, daß in diesem Gesamtaufwand keine Beträge enthalten sind, die nach der Rechtsprechung des BFH für die Berechnung der Steuer auszuschließen sind.

 

Normenkette

GrEStG Nds § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG Nds § 11 Abs. 1 Nr. 1 (= GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG Nds § 9 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42; FGO § 96 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Eheleute A erwarben durch Vertrag vom ... 1980 ein unbebautes Grundstück. Sie hielten dieses Grundstück als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und wurden auch als solche im Grundbuch eingetragen. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte Herr A als Treuhänder für noch aufzunehmende Mitgesellschafter fungieren und seine Anteile an der Gesellschaft an weitere Interessenten abtreten. Die Gesellschaft plante die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück, das insgesamt 27 Wohn- bzw. Geschäftseinheiten umfassen sollte. Die Bauerlaubnis wurde ihr im Juli 1981 erteilt. Im August 1981 begann die Gesellschaft mit der Errichtung des Gebäudes. In der Zeit von August bis Ende September 1981 trat Herr A Anteile an der Gesellschaft an insgesamt acht weitere Gesellschafter ab. Frau A ist alleinige Gesellschafterin der Klägerin - einer GmbH -. Im Dezember 1981 schlossen Herr A, Herr B als Geschäftsführer der Klägerin und Frau A einen notariell beurkundeten Vertrag. Danach trat die Klägerin mit sofortiger Wirkung der GbR in der Weise bei, daß sie treuhänderisch gehaltene Anteile an der Gesellschaft von dem als Treuhänder bezeichneten Herrn A übernahm. Hierdurch sollten ,,rd. 43/1000 Miteigentumsanteile an der Gesellschaft" auf die Klägerin übergehen. Darüber hinaus enthielt der Vertrag u. a. folgende Regelung:

,,Bei dem im Rahmen der Bauherrengemeinschaft zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus wird der Bauherr die Wohnung Nr. 12 des vorläufigen Aufteilungsplans (Anlage III) mit einem Gesamtaufwand von . . . DM erhalten."

Wegen der näheren Einzelheiten wurde auf den ,,nachstehenden Treuhandvertrag" verwiesen. Nach diesem übernahm der Treuhänder - Herr A - die mit der Errichtung des Bauvorhabens verbundenen steuerlichen, rechtlichen und finanziellen Aufgaben. Darüber hinaus wurde bekundet, daß die Klägerin beabsichtige, am vorgenannten Grundbesitz Miteigentum zu erwerben und den Grundbesitz zusammen mit den übrigen Miteigentümern als Bauherr zu bebauen und nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufzuteilen, um Eigentümer des Wohnungs- und/oder Teileigentums zu werden. Demgemäß beauftragte die Klägerin den Treuhänder, für sie alle Rechte, Interessen und Pflichten, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Bauvorhabens bestanden, wahrzunehmen und auszuüben.

Im Rahmen der Bauherrengemeinschaft sollte auf Grund der vorläufigen Planung ein mehrstöckiges Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden. Dieses wurde durch beigefügte Lageskizzen, Pläne und Baubeschreibung sowie durch eine Aufstellung über den voraussichtlichen Gesamtaufwand näher bezeichnet. Das Treuhandverhältnis sollte, ohne daß es einer Kündigung bedurfte, mit der Zweckerreichung enden. Für seine Bemühungen sollte der Treuhänder als Entgelt eine Vergütung von 2 % zuzüglich Umsatzsteuer des vereinbarten Gesamtpreises erhalten. Der Treuhänder hatte im Namen der Klägerin den Beitritt zur Bauherrengemeinschaft zu erklären. Der Treuhänder war verpflichtet, den Grundbesitz in Wohnungs- und Teileigentum entsprechend den vertraglichen Abmachungen aufzuteilen, wobei den Bauherren bzw. Miteigentümern das Sondereigentum an dem von ihnen bezeichneten Räumen sowie ein etwaiges Sondernutzungsrecht zugewiesen werden sollte. Die Veräußerung des Wohnungs- bzw. Sondereigentums und seine Vermietung sollten von der Zustimmung des Verwalters abhängig sein. Die Zustimmung war zu erteilen, wenn nicht im Einzelfall konkrete Gründe, die darzulegen waren, dagegen sprachen. Der Treuhänder war verpflichtet, zur Durchführung des Vorhabens erforderliche Verträge abzuschließen. In der notariell beurkundeten Ausgangsvereinbarung war darüber hinaus Bezug genommen auf den beigefügten Gesellschaftsvertrag. Dieser enthielt u. a. folgende Regelung:

,,Die Gesellschaft besteht bis zur Fertigstellung des geplanten Bauvorhabens."

Darüber hinaus war vereinbart, daß die Gesellschafterstellung eines jeden Bauherrn mit Zustimmung des Treuhänders auf einen Dritten übertragen werden könne, wenn der Dritte Gewähr dafür biete, daß er alle Pflichten des übertragenden Gesellschafters selbst erfüllen werde. Die Klägerin erteilte in derselben notariellen Urkunde dem Treuhänder eine entsprechende umfassende Vollmacht.

Im März 1982 gab Herr A als Treuhänder die Teilungserklärung für das Grundstück ab. Danach sollte die Klägerin die Eigentumswohnung Nr. 12 erhalten. Im Juli 1982 wurde die Auflassung erklärt. Diese Erklärung wurde später wieder rückgängig gemacht. Eine Eintragung im Grundbuch ist bislang nicht erfolgt.

Im Klageverfahren legte die Klägerin später einen Gesellschaftsvertrag der GbR vor, der inhaltlich von dem ursprünglich vereinbarten Vertrag teilweise abwich. Insbesondere sollte die Gesellschaft nunmehr bis zum 1. Januar 1992 bestehen, sofern sie nicht vorher ihre Auflösung oder Weiterführung beschließe. Die Klägerin teilte nicht mit, ob die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit diese Änderung beschlossen haben und wann das ggf. geschehen sein sollte.

Das beklagte Finanzamt (FA) bat die Klägerin durch Schreiben vom 30. Juli 1982 um eingehende Begründung eines gestellten Antrags auf Grunderwerbsteuerbefreiung. Darüber hinaus führte das FA aus:

,,Ich weise darauf hin, daß der vorliegende Sachverhalt m. E. grunderwerbsteuerlich wie folgt zu beurteilen ist:

Der Eintritt der A-GmbH in die GbR stellt einen nicht steuerbaren Wechsel im Personenstand einer Personengesellschaft dar. Erst durch die Übertragung der Wohnung auf den Gesellschafter A-GmbH wird Grunderwerbsteuer ausgelöst. Eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 GrEStG bzw. § 7 Abs. 2 GrEStG kann nicht zum Zuge kommen, da die A-GmbH ihren Anteil an der Gesamthand erst am 28. 12. 1981 erworben hatte."

Durch Bescheid vom 18. Mai 1983 setzte das FA dann Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest. Es betrachtete nunmehr die in dem notariell beurkundeten Vertrag vom Dezember 1981 enthaltene Verpflichtung der Gesellschaft, der Klägerin die Eigentumswohnung Nr. 12 zu übertragen, als Rechtsgeschäft i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des damals geltenden niedersächsischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Als Gegenleistung betrachtete es den Gesamtaufwand von ... DM.

Hiergegen richtete sich die Klage. Mit dieser machte die Klägerin geltend, die Gesellschaft habe das Gesamtgebäude im Rahmen des steuerbegünstigten Wohnungsbaus i. S. von § 1 des damals geltenden niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaus von der Grunderwerbsteuer errichtet. Der Beitritt der Klägerin zur Gesellschaft unterliege als solcher nicht der Grunderwerbsteuer. Die Gesellschaft sei auch nach Fertigstellung der Wohnanlage Eigentümerin zur gesamten Hand geblieben. Eine Übertragung von Miteigentum an die Gesellschafter sei bislang nicht erfolgt. Die Gesellschaft bestehe noch bis zum 1. Januar 1992. Die einzelnen Gesellschafter hätten als Bauherrn maßgeblichen Einfluß auf die Gestaltung des Bauvorhabens gehabt. Der eigentliche Initiator sei der Treuhänder und jetzige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin gewesen. Er habe das Objekt auch mit seiner Ehefrau besprochen. Diese sei ebenfalls an der Planung beteiligt gewesen. Während des Klageverfahrens wies die Klägerin darauf hin, daß sich die ursprüngliche Einzahlungsverpflichtung für alle Bauherren und damit auch für die Klägerin um 10,5 % ermäßigt habe.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Der Vertrag vom Dezember 1981 sei in Verbindung mit dem als Bestandteil dieses Vertrages beurkundeten Treuhandvertrags ein Rechtsgeschäft, das für die Klägerin den Anspruch auf Übereignung der Eigentumswohnung Nr. 12 begründet habe. Danach habe unbedingt festgestanden, daß der Treuhänder nach Fertigstellung des Bauvorhabens die Teilungserklärung abgeben und die Wohnung Nr. 12 der Klägerin zuweisen sollte. Auf die spätere Änderung des Gesellschaftsvertrags - falls diese rechtswirksam zustande gekommen sein sollte - komme es nicht an. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stelle nicht darauf ab, ob der Anspruch auf Übereignung erfüllt werde. Eine Befreiungsvorschrift greife nicht ein. Die Anwendung des § 6 Abs. 2 GrEStG scheitere daran , daß die Klägerin ihren Anteil an der Gesellschaft gleichzeitig mit dem Erwerbsvorgang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben habe. Auch § 7 Abs. 2 GrEStG komme nicht in Betracht. Das Grundstück, auf dem das Gebäude errichtet worden sei, habe der Klägerin vor und während der Errichtung des Gebäudes nicht gehört. Sie könne daher nur durch die im Vertrag vom Dezember 1981 vereinbarte Regelung Eigentümerin der Wohnung werden. Soweit die Klägerin behaupte, daß sie Bauherrin der Eigentumswohnung gewesen sei, könne das Gericht ihr deshalb nicht folgen. Im übrigen könne der Klägerin die Errichtung der Eigentumswohnung auch schon deshalb nicht zugerechnet werden, weil die Gesellschaft bereits im August 1981 mit dem Bau begonnen habe und dieser bis zum Eintritt der Klägerin in die Gesellschaft beträchtliche Fortschritte gemacht habe. Das Gericht brauche dem Hinweis auf die Verringerung der ursprünglichen Einzahlungsverpflichtung nicht nachzugehen. Selbst wenn eine Verringerung in diesem Ausmaß vorgelegen haben sollte, ändere dies nichts an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Die Klägerin habe dann vielmehr möglicherweise einen Anspruch auf Ermäßigung oder Erstattung der Steuer nach § 17 Abs. 3 GrEStG, der eines besonderen Antrags bedürfe und in einem gesonderten Verfahren geprüft werden müsse.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Mit dieser macht sie als Verfahrensmängel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und mangelnde Sachaufklärung geltend. Sie rügt darüber hinaus sinngemäß Verletzung materiellen Grunderwerbsteuerrechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Verfahrensrügen führen nicht zum Erfolg.

Das FG hat der Klägerin nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Nach § 96 Abs. 2 FGO darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Darüber hinaus soll der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) die Beteiligten auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen schützen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Februar 1976 I R 77/74, BFHE 118, 361, BStBl II 1976, 431, m. w. N.).

Gegen diese Grundsätze hat das FG im Streitfall nicht dadurch verstoßen, daß es - entgegen seiner Auffassung im vorangegangenen Beschluß im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung - im Urteil nunmehr von einem Baubeginn im August 1981 ausgegangen ist. Der Klägerin war der tatsächliche Baubeginn bekannt. Darüber hinaus war ihr bekannt, daß dem FG nunmehr Akten (Bilanzsteuerakten mit Betriebsprüfungsbericht, Bauakten) vorlagen, die Hinweise auf den Zeitpunkt des Baubeginns enthielten. Die mögliche rechtliche Relevanz war ihr aus dem Beschluß des FG im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung bekannt. Wenn die Klägerin der Auffassung war, sie hätte zum Zeitpunkt des Baubeginns noch etwas vorzutragen, so wäre es bei dieser Sachlage ihre Aufgabe gewesen, dies von sich aus zu tun. Sie hätte sich mithin selbst rechtliches Gehör zu dieser Frage verschaffen und ggf. müssen. Darüber hinaus hat die Frage des Zeitpunkts des Baubeginns für das FG keine für die Entscheidung ausschlaggebende Bedeutung. Entscheidend für das FG in diesem Zusammenhang ist es bereits, daß der Klägerin das Gebäude zum Zeitpunkt der Errichtung zivilrechtlich nicht gehört hat.

Auf die Frage des Baubeginns stützt sich das FG insoweit nur ,,im übrigen", also hilfsweise oder als zweite Begründung. Ist jedoch eine Entscheidung auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt aber (nur) eine der Begründungen unter Versagung des rechtlichen Gehörs zustandegekommen, so führt dies nicht zur Aufhebung der Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 FGO (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 119 FGO Tz. 16).

Soweit die Klägerin Verstöße gegen die sich aus § 76 FGO ergebende Verpflichtung des FG zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts als Verfahrensmängel geltend macht, genügt die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung oder die Revision, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Dies verlangt eine substantiierte Darlegung der Tatsachen, die den gerügten Mangel schlüssig ergeben. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung nicht.

2. Das FG hat zwar zutreffend angenommen, daß der notariell beurkundete Vertrag vom Dezember 1981 ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang und Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Wohnungseigentum am bebauten Objekt ist, bezüglich des Umfangs der Gegenleistung im einzelnen trägt der vom FG festgestellte Sachverhalt die Entscheidung jedoch nicht.

a) Nach Auffassung des FG begründeten die Vereinbarungen vom Dezember 1981 für die Klägerin unmittelbar einen Anspruch auf Übertragung eines Wohnungseigentums (an einem noch fertigzustellenden Gebäude). Dies steht im Einklang mit den vom FG festgestellten (Rechts-)Tatsachen. Nach der Abtretungsvereinbarung über den Gesellschaftsanteil sollte die Klägerin ein bestimmtes Wohnungseigentum ,,erhalten". Dieser Anspruch wurde in dem Treuhandvertrag dahingehend konkretisiert, daß ihr nach Aufteilung in Wohnungseigentum entsprechend einem vorliegenden Aufteilungsplan ein ganz bestimmtes Wohnungseigentum übertragen werden sollte. Ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang läge im übrigen selbst dann vor, wenn sich aus den Vereinbarungen vom Dezember 1981 noch kein unmittelbarer unbedingter Anspruch auf Eigentumsübertragung ergeben sollte. In diesem Fall ergäbe sich die Steuerpflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977). Durch besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen kann die Mitgliedschaft an einer GbR so gestaltet werden, daß sie im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis einem Wohnungseigentum gleichkommt. Dies ist dann der Fall, wenn zum Vermögen der Gesellschaft Wohnungseigentumsrechte gehören und der einzelne Gesellschaftsanteil auf Grund der besonderen Gestaltung des Gesellschaftsvertrags jeweils untrennbar verknüpft ist mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück, der seinerseits mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden ist. Die Übertragung eines so ausgestalteten Mitgliedschaftsrechts an einer GbR kann daher als Gestaltungsmißbrauch angesehen werden mit der Folge, daß der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO 1977 der Grunderwerbsteuer unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 27. März 1991 II R 82/87, BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731, m. w. N.). Diese Voraussetzungen wären im Streitfall zweifellos erfüllt. Nach den Vereinbarungen vom Dezember 1981 war der Klägerin von ihrem Beitritt an ein bestimmtes Wohnungseigentum zugeordnet und dieses sollte spätestens mit der Vollendung des Bauvorhabens auch zivilrechtlich auf sie übergehen. Das von der Klägerin erworbene Mitgliedschaftsrecht war daher von Anfang an untrennbar mit diesem Wohnungseigentum verbunden. Die Tatsache, daß die Klägerin ihren Anteil nicht ohne weiteres hätte weiterübertragen können (Zustimmungserfordernis des Verwalters oder Treuhänders), steht diesem Entscheidungsergebnis nicht entgegen. Dieses Verwertungshindernis wäre nach der Vertragslage vom Dezember 1981 in absehbarer Zeit (mit Bauvollendung) wieder entfallen.

Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß es für die Frage, ob ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Tatbestand durch die Vereinbarungen vom Dezember 1981 verwirklicht wurde, allein auf die Vereinbarungen mit ihrem damaligen Inhalt ankommt. Eine möglicherweise später erfolgte Abschwächung des Rechtsanspruchs der Klägerin (Hinausschieben der Übertragung des Wohnungseigentums auf die Klägerin bis zur Auflösung der Gesellschaft zum 1. Januar 1992) durch nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrags wäre für den einmal entstandenen Steueranspruch grundsätzlich ohne Belang.

Auch die im Schreiben des FA vom 30. Juli 1982 an die Klägerin zunächst bekundete Auffassung, es liege insoweit kein steuerbarer Tatbestand vor, steht der später vom FA vorgenommenen Besteuerung nicht entgegen. Diese erst im Besteuerungsverfahren und damit nach Verwirklichung des Steuertatbestands geäußerte Auffassung des FA konnte und sollte keine rechtliche Bindung des FA an diese Rechtsauffassung erzeugen. Ein zugunsten der Klägerin wirkender Vertrauenstatbestand, daß der von ihr verwirklichte Sachverhalt keine Steuer auslöse, konnte schon deswegen nicht entstehen, weil sich das FA insoweit erst nach Sachverhaltsverwirklichung äußerte.

b) Eine Steuervergünstigung nach den §§ 5 bis 7 GrEStG kommt für den Erwerb der Klägerin nicht in Betracht. Fallen der Erwerb einer Gesamthandsberechtigung und ein Grunderwerb von der Gesamthand in einem Rechtsakt zusammen, so können diese Steuervergünstigungen nicht gewährt werden. Es fehlt insoweit an einer vor dem Erwerb bestehenden Gesamthandsberechtigung, die sich wirtschaftlich im Alleineigentum an dem von der Gesellschaft erworbenen Grundstück fortsetzen könnte (vgl. das Senatsurteil vom 25. März 1992 II R 46/89, BFHE 167, 448, BStBl II 1992, 680).

c) Gegenstand des Erwerbsvorgangs war das Wohnungseigentum am noch fertig zu stellenden Gebäude. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der zwischen der Klägerin und der Veräußererseite (BGB-Gesellschaft und Treuhänder) getroffenen Vereinbarungen. Nach diesen bezog sich die Rechtsposition der Klägerin von Anfang an auf das bebaute bzw. noch zu bebauende Objekt. Bereits mit dem Beitritt zur GbR war die Klägerin faktisch und rechtlich an das Bebauungskonzept der Veräußerer gebunden.

Diesem Ergebnis steht es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegen, daß die Klägerin möglicherweise das Baugeschehen noch beeinflussen konnte. Eine derartige Möglichkeit steht grundsätzlich auch dem Käufer eines Grundstücks mit noch zu errichtendem Gebäude zur Verfügung bzw. schließt dessen Käufereigenschaft nicht aus. Auch die Tatsache, daß die Alleingesellschafterin der Klägerin zugleich zu den ,,Initiatoren" gehörte, schließt es - zumindest in einem derartigen Fall, in dem der Gegenstand des Erwerbsvorgangs unmittelbar aus dem tatbestandserfüllenden Rechtsvorgang abgeleitet wird - nicht aus, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Objekt ist. Dies folgt bereits aus der auch grunderwerbsteuerrechtlich uneingeschränkt bestehenden Verschiedenheit von Kapitalgesellschaft und ihren (ggf. Allein-)Gesellschaftern.

Da Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Objekt ist, kommt eine Steuerbefreiung für den Erwerb eines unbebauten Grundstücks zur Bebauung nicht in Betracht.

d) Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Da im Streitfall Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Objekt ist, sind auch alle Aufwendungen der Klägerin für die Errichtung des Gebäudes grundsätzlich in die Gegenleistung miteinzubeziehen.

Das FG hat insoweit nur festgestellt, daß im Streitfall (ursprünglich) ein bestimmter Gesamtaufwand vereinbart worden war und es ohne weitere Nachprüfung für rechtmäßig erachtet, daß das FA diesen Gesamtaufwand als Bemessungsgrundlage herangezogen hat. Diese Feststellung reicht jedoch für die getroffene rechtliche Folgerung nicht aus. Bei ,,Bauherrenmodellen" bzw. ,,Erwerbermodellen" ist es zwar grundsätzlich zulässig, für die Berechnung der Grunderwerbsteuer zunächst vom vereinbarten Gesamtaufwand auszugehen. Von diesem Gesamtaufwand sind jedoch regelmäßig bestimmte Beträge für die Berechnung der Grunderwerbsteuer wieder auszuscheiden (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1992 II R 20/91, BFHE 167, 193, BStBl II 1992, 422; vom 13. Dezember 1989 II R 115/86, BFHE 159, 362, BStBl II 1990, 440, und vom 19. Juli 1989 II R 95/87, BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685).

Die Annahme der Rechtmäßigkeit der Berechnung der Grunderwerbsteuer nach dem Gesamtaufwand setzt daher in derartigen Fällen stets die (negative) Feststellung voraus, daß in diesem Gesamtaufwand keine Beträge enthalten sind, die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats für die Berechnung der Steuer auszuscheiden sind. Dazu hat das FG keine Feststellungen getroffen. Seine Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung ist die erforderliche weitere Aufklärung des Sachverhalts zu treffen. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß eine Minderung der Gegenleistung um die von der Klägerin geltend gemachte Ermäßigung von 10,5 v. H. nur dann von vornherein ausgeschlossen ist, wenn es sich bei dem ursprünglich vereinbarten Gesamtaufwand um einen Festpreis handelte, dessen Herabsetzung eine nachträgliche Vertragsänderung erforderte bzw. ohne eine solche aus reiner Kulanz erfolgte. Nur in diesem Fall ist die Berücksichtigung der Ermäßigung auf die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 17 Abs. 3 GrEStG beschränkt. Sind die Vereinbarungen zwischen den Beteiligten jedoch dahingehend auszulegen, daß der vereinbarte Gesamtaufwand von vornherein nur eine vorläufige Größe darstellen sollte, deren endgültige (= nach Vertrag geschuldete Höhe) von späteren Ereignissen abhing, so wäre eine tatsächlich erfolgte Verringerung bereits bei der eigentlichen Steuerfestsetzung zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 563

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