Leitsatz (amtlich)

Haben der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nur mündlich abgegebene Erklärungen über das Erfindungsangebot und die Erfindungsinanspruchnahme zur Grundlage für ihr weiteres Vorgehen (Patentanmeldung usw.) gemacht, so genügt das, um eine von dem Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlte Erfindervergütung als "auf Grund gesetzlicher Vorschrift" geleistet anzusehen.

Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen - VOA -

 

Normenkette

ArbnErfVO 1; ArbnErfVO 2; ArbnErfVO 3; ArbnErfVO 4; ArbnErfVO 5

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Strittig ist noch, ob es sich bei den von der Bfin. an zwei Angestellte Ende 1951 gezahlten Beträge von jeweils 35.000 DM und 15.000 DM um einkommensteuerlich begünstigte Erfindervergütungen handelt. Diese Beträge sind auf einem Geheimkonto verbucht und als Abschlußprämien bezeichnet worden. Lohnsteuer hat die Bfin. nicht einbehalten. Sie ist vom Finanzamt als Arbeitgeberin unter Zugrundelegung des normalen Lohnsteuersatzes in Anspruch genommen worden. Nach ihrer Auffassung hätte nur der halbe Lohnsteuersatz zugrunde gelegt werden dürfen.

Das Finanzgericht wies die Berufung der Bfin. in dem Streitpunkt als unbegründet zurück. Es führte aus, die Beträge seien nicht begünstigt, weil es an einer schriftlichen Vereinbarung fehle, kraft welcher die Bfin. zur Zahlung von Erfindervergütungen verpflichtet gewesen sei.

Mit ihrer Rb. rügt die Bfin. Verletzung des geltenden Rechts. Nach ihrer Auffassung ist dem Erfordernis der Schriftform dadurch genügt, daß die durch den Patentanwalt ausgearbeiteten Anmeldungen von der Vereinbarung der Beteiligten ausgehen und auch die Erfinder benannt haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

Für die streitigen Beträge kommt, wenn überhaupt nur eine Vergünstigung nach der Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen - VOA - vom 6. Juni 1951 (BGBl 1951 I S. 388, BStBl 1951 I S. 184) in Betracht. Nach §§ 1 und 2 VOA setzt die Begünstigung durch die nur hälftige Erhebung der Lohnsteuer voraus, daß die Zahlungen des Arbeitgebers "auf Grund gesetzlicher Vorschrift" an den Arbeitnehmer als Vergütung für eine aus dessen Arbeit im Betrieb entstandene schutzfähige Erfindung geleistet werden. Einen gesetzlichen Anspruch der Arbeitnehmer auf derartige Vergütungen begründeten für die Streitjahre 1950/51 die Verordnung über die Behandlung von Erfindungen von Gefolgschaftsmitgliedern vom 12. Juli 1942 (RGBl 1942 I S. 466, RStBl 1943 S. 702) und die Durchführungsverordnung vom 20. März 1943 (RGBl 1943 I S. 257, RStBl 1943 S. 702). Nach § 3 Abs. 1 der Durchführungsverordnung hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die von ihm während des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindung schriftlich anzumelden. Nach § 4 Abs. 2 der Durchführungsverordnung hat der Arbeitgeber die Inanspruchnahme der Erfindung so bald wie möglich - spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Erfindungsmeldung - gegenüber dem Arbeitnehmer schriftlich zu erklären. Nach § 5 der Durchführungsverordnung hat der Arbeitnehmer, falls der Arbeitgeber dessen patentfähige Erfindung in Anspruch nimmt, einen Anspruch auf angemessene Vergütung. Diese Voraussetzungen decken sich im wesentlichen mit den Voraussetzungen des später ergangenen Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 25. Juli 1957 (BGBl 1957 I S. 756) in dessen § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 2 und § 9.

Die Vorinstanzen haben zwar die Voraussetzungen für die Begünstigung der streitigen Vergütungen nicht verkannt, haben aber zu Unrecht angenommen, daß die beiden Arbeitnehmer "keinen gesetzlichen Anspruch" gehabt hätten, weil es an der Schriftform des Angebots und der Annahme ihrer Erfindung gefehlt habe.

Nach dem vom Finanzgericht festgestellten Sachverhalt haben die Bfin. und die beiden betroffenen Arbeitnehmer die nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 der Durchführungsverordnung vom 20. März 1942 vorgesehenen Erklärungen mündlich abgegeben und haben sie dann zur Grundlage für ihr weiteres Vorgehen gemacht. Bei einer solchen übereinstimmung müssen auch nur mündlich abgegebene Erklärungen als zureichende Grundlage für geleistete Erfindervergütungen angesehen werden. Dem Finanzgericht ist zwar zuzugeben, daß, wenn es etwa um die bürgerlich-rechtliche Beurteilung des Erwerbs einer Arbeitnehmererfindung geht, eine nur mündliche Anmeldung beim Arbeitgeber und eine nur mündliche Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber wegen der fehlenden schriftlichen Form in der Regel unwirksam ist. Das Formerfordernis dient in erster Linie dem Schutz und der Sicherung der Interessen des Arbeitnehmer-Erfinders, auf den dieser auch nicht etwa von vornherein verzichten kann, wie sich aus § 9 der Durchführungsverordnung ergibt. Dies schließt aber, wie die Bfin. mit Recht hervorhebt, nicht aus, daß sich der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber nach der Abgabe von zunächst nur mündlichen Erklärungen einig werden, daß diese für sie verbindlich seien. Für diesen Fall kann den Erklärungen der Beteiligten bürgerlich-rechtlich, auch wenn sie nur mündlich abgegeben worden sind, die Wirksamkeit versagt werden (vgl. Reimer, Das Recht der Arbeitnehmererfindung. 1951, S. 23). Es ist jedenfalls nach dem Sinn und Zweck der steuerlichen Begünstigung von Arbeitnehmererfindungen nicht gerechtfertigt, bürgerlich-rechtlich wirksamen Vorgängen aus dem Finanzgericht betonten formalen Grund steuerliche Wirkungen abzusprechen.

Das angefochtene Urteil, das mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang steht, war demnach aufzuheben. Weil über die anderen Voraussetzungen der Begünstigung offenbar kein Streit besteht, wird die Sache unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen, das über die Inanspruchnahme der Bfin. nach den vorstehenden Grundsätzen nochmals im Einspruchsverfahren zu entscheiden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410742

BStBl III 1963, 185

BFHE 1963, 503

BFHE 76, 503

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