Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch Großbetriebsprüfungsstelle; fehlende Schlußbesprechung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Verlagerung der Aufgaben der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen von einem Finanzamt auf ein überregionales Prüfungsfinanzamt verletzt nicht Art. 3 Grundgesetz.

2. Die Verwertung der in der Betriebsprüfung ermittelten Tatsachen hängt nicht vom Abhalten einer Schlußbesprechung ab.

 

Normenkette

AO 1977 § 201; FVG § 17 Abs. 2; GG Art. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Gründe

. . . Zu Recht hat das FA den von der Großbetriebsprüfungsstelle festgestellten Sachverhalt bei der Festsetzung der angefochtenen Bescheide verwertet. Ermittlung und Verwertung waren nicht rechtswidrig. Zur Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 4. April 1984 I R 269/81 (BFHE 140, 509, BStBl II 1984, 563) - vgl. auch das BFH-Urteil vom 10. Dezember 1987 IV R 77/86 (BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322) -.

Die Verlagerung der Aufgaben der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen von einem FA auf ein überregionales Prüfungs-FA verletzt entgegen der Ansicht der Klägerin dann nicht Art. 3 des Grundgesetzes (GG), wenn die Verlagerung von einer bestimmten Betriebsgröße abhängt. Denn gerade darin liegt ein sachlich gerechtfertigter Differenzierungsgrund.

Der Klägerin ist nicht zuzustimmen, daß allein durch die Verlagerung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung eintritt.

Sowohl die Großbetriebsprüfungsstelle als auch das ansonsten örtlich und sachlich zuständige FA unterliegen bei ihren Ermittlungen denselben steuerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Normen. Die Zuständigkeitsregelung selbst hält sich im Rahmen des § 17 Abs. 2 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) vom 30. August 1971 (BStBl I 1971, 390, 391) - vgl. Urteil in BFHE 140, 509, BStBl II 1984, 563 -.

Der Einwand der Klägerin, die Bescheide müßten aufgehoben werden, weil die ihnen zugrunde liegenden Feststellungen von der Großbetriebsprüfungsstelle ohne Abhalten einer Schlußbesprechung vom FA ausgewertet worden seien, geht fehl. Die Bescheide sind deshalb weder nichtig noch anfechtbar. Es kann offenbleiben, ob das FA zu einer solchen Besprechung gemäß § 201 Abs. 1 AO 1977 verpflichtet war. Auch wenn dies der Fall wäre, führt das Unterlassen nicht ohne weiteres zur Fehlerhaftigkeit der gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 erlassenen Bescheide (vgl. zur Rechtslage gemäß § 222 AO 1977 den BFH-Beschluß vom 2. Juli 1969 I B 10 /69, BFHE 96, 300, BStBl II 1969, 636). In keinem Fall hängt die Verwertung der in der Betriebsprüfung ermittelten Tatsachen vom Abhalten einer Schlußbesprechung ab.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 273

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