Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Weist eine Organschaft einen Verlust aus, so erhöht sich dieser für die Besteuerung durch den Abzug von Schachteleinnahmen. Diese erhöhen auch den vom Organträger auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages zu übernehmenden Verlust des Organs.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Bfin. ist eine Organgesellschaft der Y. GmbH. Sie hat mit dem Organträger einen vom Finanzamt anerkannten Ergebnisabführungsvertrag (EAV) geschlossen. Auf Grund des EAV übernahm der Organträger den 1959 entstandenen Verlust der Bfin. von 4.000.000,- DM.

Das Finanzamt ermittelte bei der Veranlagung des Organträgers die nach § 12 KStG nicht abzugsfähigen Ausgaben der Bfin. für 1959 mit 500.000,- DM. Diesen Betrag legte das für die Veranlagung der Bfin. zuständige Finanzamt der Veranlagung zur Körperschaftsteuer 1959 als deren "eigenes Einkommen" zugrunde.

Streitig ist, ob die Bfin. bei der Veranlagung mit ihrem eigenen Einkommen das Schachtelprivileg (§ 9 Abs. 1 KStG) in Anspruch nehmen und von ihrem eigenen Einkommen die Gewinnanteile in Höhe von 100.000,- DM absetzen kann, die sie von der S. GmbH in M. im Jahre 1959 bezog.

Das Finanzamt erkennt das Vorliegen einer Schachtelbeteiligung der Bfin. an der S. an, vertritt aber den Standpunkt, daß bei der Ermittlung des eigenen Einkommens der Bfin. das Schachtelprivileg nicht berücksichtigt werden könne. Hierfür nimmt es Bezug auf Abschnitt IV Ziff. 10 des Organschaftserlasses (BStBl 1959 II S. 161).

Der Einspruch wurde zurückgewiesen. Das Finanzamt berichtigte jedoch mit Zustimmung der Bfin. die Einspruchsentscheidung dahin, daß es nachträglich noch einen aus dem Jahre 1955 stammenden vororganschaftlichen Verlust von 400.000,- DM zum Abzug zuließ. Die Berufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründet seine Ansicht wie folgt: Bei der Organgesellschaft stellten die Beträge, die der Organträger ihr zur Bestreitung der persönlichen Steuern zur Verfügung stellen muß, Einnahmen dar. Diese Einnahmen führten zu einem Gewinn, den die Organgesellschaft versteuern müsse. Die Organgesellschaft zahle ihre eigenen nichtabziehbaren Ausgaben nicht aus den Schachteleinnahmen, sondern aus den Mitteln, die der Organträger ihr zur Verfügung stelle. Daß ein Abzug der Schachteleinnahmen vom eigenen Einkommen unzulässig sei, ergebe sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 KStG. Danach blieben, wenn im übrigen die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllt sind, die auf die Beteiligung entfallenden Gewinnanteile außer Ansatz. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 KStG wolle allein die zweimalige Besteuerung desselben Ertrages verhindern, wo sie in Anerkennung wirtschaftlicher Verflechtungen unbillig erscheinen müßte. Sie wolle aber nicht eine echte sachliche Befreiungsvorschrift sein.

Mit der Rb. wird erneut beantragt, bei der Berechnung des eigenen Einkommens des Organs ( der Bfin. ) die Schachteldividende von 107.553 DM gemäß § 9 Abs. 1 KStG außer Ansatz zu lassen. Sie ist der Auffassung, daß die diesem Antrag in Abschn. IV Ziff. 10b des Organschaftserlasses vom 23. Oktober 1959 (a. a. O.) entgegenstehende Regelung nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehe. Diese Regelung beruhe auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu der Frage, ob Verlustabzüge gemäß § 10d EStG um schachtelbegünstigte Einnahmen zu erhöhen sind. Nachdem der Bundesfinanzhof durch Urteil I 276/61 S vom 3. Juli 1963 (BStBl 1963 III S. 464, Slg. Bd. 77 S.394) seine Rechtsprechung zu der Behandlung der Schachteldividende im Falle des Verlustvortrags geändert habe, müsse die Schachteldividende bei Zurechnung des Ergebnisses im Rahmen des EAV und bei Ermittlung des eigenen Einkommens des Organs "außer Ansatz" bleiben. Der Organträger ersetze dem Organ dessen nicht um die Schachteldividende gekürzten Verlust.

Der Vorsteher des Finanzamts trägt im Schriftsatz vom 5. Mai 1964 vor, durch eine Betriebsprüfung habe sich der Verlustanteil, der auf die Veranlagung 1959 wirkte, geändert.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Wie der erkennende Senat im Urteil I 249/61 S vom 4. März 1965 entschieden hat, ist im Falle der Organschaft mit EAV das steuerlich für die Zurechnung beim Organträger maßgebende Ergebnis des Organs vor der Zurechnung zu ermitteln. Da nach dem Urteil I 276/61 S vom 3. Juli 1963 (a. a. O.) entgegen der Ansicht der Vorinstanz das Schachtelprivileg eine sachliche Steuerbefreiung darstellt, sind die Schachteleinnahmen steuerfrei vereinnahmt. Diese Vergünstigung für Schachtelgewinne kann nur das Organ in Anspruch nehmen (und nicht etwa der Organträger), weil nur dieses die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KStG erfüllt, daß eine unmittelbare Beteiligung an der Untergesellschaft (der S.) besteht. Für Gewinnanteile, die auf einer Schachtelbeteiligung des Organs beruhen, wirkt sich das Schachtelprivileg des § 9 Abs. 1 KStG dadurch aus, daß der Gewinn des Organs vor der Zurechnung beim Organträger um die Schachteleinnahmen gekürzt wird. Die Vorentscheidungen entsprechen nicht der oben bezeichneten Rechtsprechung, wenn sie sagen, das Schachtelprivileg könne sich nicht in Verlustjahren auswirken. Hat das Organ laut Bilanz einen Verlust, so erhöht sich dieser durch den steuerlichen Abzug der Schachteleinnahmen. Ebenso wie dem Organträger im Falle des Gewinns ein um die Schachteleinnahmen des Organs geminderter Betrag zugerechnet wird, so wird bei Zurechnung des Verlustes an den Organträger dieser um die Schachteleinnahmen erhöht.

Da die Schachteleinnahmen beim Organ "außer Ansatz" bleiben, bei der S. aber berücksichtigungsfähige Ausschüttungen im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 KStG sind, unterliegen sie beim Organ der Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG. Eine Kürzung dieser Gewinnanteile ist beim Organ nicht möglich, weil - soweit die Gewinnanteile auf Grund des EAV beim Organträger erfaßt werden - keine Ausschüttung an diesen vorliegt.

Da die Vorentscheidungen von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen sind und bei den Steuerberechnungen das Ergebnis der in der Zwischenzeit durchgeführten Betriebsprüfung nicht berücksichtigt ist, werden die Vorentscheidungen aufgehoben.

 

Fundstellen

BStBl III 1965, 456

BFHE 1965, 581

BFHE 82, 581

BB 1965, 1016

DB 1965, 1077

DStR 1965, 468

StRK, KStG:6/1/1 Allg R 89

NWB, F. 4 S.1035 Nr. 75

BFH-N, (K) Nr. 1853

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge