Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof hält auch für den Geltungsbereich der Sozialversicherungsanordnung Nr. 30 des Präsidenten des Zentralamts für Arbeit vom 5. Dezember 1947 (Arbeitsblatt für die britische Zone 1947 Heft 12 S. 425) an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, wonach Zuschüsse einer Krankenkasse zum Zahnersatz nicht nach § 4 Ziff. 11 UStG steuerfrei sind. Die vertragliche Regelung des Verfahrens für die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz zwischen den Organisationen der Kassenzahnärzte und der Kassendentisten einerseits, den Organisationen der Krankenkassen andererseits (Prothetikvertrag vom 14. Juni 1949) rechtfertigt eine von dieser Rechtsprechung abweichende rechtliche Beurteilung nicht. Auch die für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen.

 

Normenkette

UStG 1934 § 4 Ziff. 11; UStDB 1938 § 38 Ziff. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Steuerpflichtige (Stpfl.), ein Zahnarzt in der britischen Besatzungszone, für von ihm vereinnahmte Zuschüsse reichsgesetzlicher Versicherungsträger (Krankenkassen) zu den Kosten der Anfertigung von Zahnersatz für Versicherte Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934 beanspruchen kann. Das Finanzamt hatte, gestützt auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V 175/39 vom 3. Januar 1941 (Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1942 S. 484), die Steuerfreiheit versagt. Der dagegen eingelegten Sprungberufung hatte das Finanzgericht stattgegeben; es nahm an, daß nach der Entwicklung des Sozialversicherungsrechts und nach der vertraglichen Gestaltung des Verhältnisses zwischen den Krankenkassen und den Zahnärzten das Urteil vom 3. Januar 1941 als überholt anzusehen sei. Besondere Bedeutung maß es hierbei der für die britische Zone erlassenen Sozialversicherungsanordnung Nr. 30 des Präsidenten des Zentralamts für Arbeit IV 2549/47 vom 5. Dezember 1947 (Arbeitsblatt für die britische Zone 1947 Heft 12 S. 425) und dem sogenannten Prothetikvertrag bei, der am 14. Juni 1949 zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen und den kassendentistischen Vereinigungen für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet einerseits, den Verbänden der Orts-, Land-, Betriebs- und Innungskrankenkassen für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet andererseits abgeschlossen worden ist (abgedruckt u. a. im Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen in Bayern, Folge 8/1949 S. 80).

Der erkennende Senat hatte durch Bescheid nach § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vom 7. Mai 1953 das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Berufung des Stpfl. gegen den Steuerbescheid des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Er führte dazu im wesentlichen aus, nach § 4 Ziff. 11 UStG 1934 in Verbindung mit Ziff. 3 des § 38 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB), dessen Rechtsgültigkeit außer Zweifel stehe, könne für ärztliche Hilfeleistungen einschließlich der zahnärztlichen Hilfeleistungen Steuerfreiheit nur gewährt werden, wenn mit der Leistung des Arztes (Zahnarztes) eine Verpflichtung des Versicherungsträgers aus einem Versicherungsverhältnis erfüllt werde, der Arzt die Leistung an den Versicherungsträger bewirke und der Versicherungsträger das Entgelt für die Leistung dem Arzt zu zahlen habe. Eine diese Merkmale aufweisende Tätigkeit eines Arztes stelle sich als die eines Erfüllungsgehilfen des Versicherungsträgers in Bezug auf eine von diesem dem Versicherten geschuldete Leistung dar; sie setze das Bestehen eines Vertragsverhältnisses voraus, das den Arzt zur Bewirkung der dem Versicherten von dem Versicherungsträger geschuldeten Leistung, den Versicherungsträger zur Zahlung des Leistungsentgelts an den Arzt verpflichte. Das Erfordernis eines vertraglichen Nexus dieser Art ergebe sich aus Ziff. 3 des § 38 UStDB, in der auf Umsätze an die reichsgesetzlichen Versicherungsträger abgestellt werde. Solche Umsätze seien nur gegeben, wenn die Leistung vom Arzt der Krankenkasse, das Leistungsentgelt dem Arzt von der Krankenkasse unmittelbar geschuldet werde. Ob das für die hier streitigen Vorgänge der Fall sei, hänge davon ab, wie sozialversicherungsrechtlich die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz gestaltet sei. Nach Sozialversicherungsrecht könnten die Krankenkassen unter gewissen Voraussetzungen Zahnersatz als solchen gewähren; werde Zahnersatz als solcher nicht gewährt, so seien in der britischen Zone nach der erwähnten Sozialversicherungsanordnung Nr. 30 die Krankenkassen verpflichtet, den Versicherten in bestimmter Mindesthöhe Zuschüsse zu den Kosten des Zahnersatzes zu gewähren. In Fällen der letzteren Art, wie sie hier allein streitig seien, erschöpfe sich die Verpflichtung der Krankenkasse aus dem Versicherungsverhältnis in der Gewährung des Zuschusses. Dieser sei eine Geldleistung an den Versicherten, der den Zweck habe, dem Versicherten die Aufbringung der Kosten des Zahnersatzes zu erleichtern. Der Zuschuß könne daher nicht als von der Krankenkasse zu zahlendes Entgelt für die Leistung des Zahnarztes aufgefaßt werden; das Entgelt für den Zahnersatz werde hier nicht von der Krankenkasse, sondern von dem Versicherten geschuldet; damit entfalle die Möglichkeit, die Leistung des Zahnarztes als einen Umsatz an die Krankenkasse im Sinne des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 anzusehen. Die Frage, ob der Zuschuß als Mehrleistung, als Kannleistung oder als Regelleistung gewährt werde, sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung; ferner stehe es der dargelegten Beurteilung nicht entgegen, daß § 2 des Prothetikvertrages die Krankenkasse in Stand setze, an Hand eines Behandlungsplanes, den der Zahnarzt nach bestimmtem Muster aufzustellen und der Versicherte, nicht der Zahnarzt, der Krankenkasse einzureichen habe, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der vom Zahnarzt in Aussicht genommenen Maßnahmen zu prüfen und von dem Ergebnis der Prüfung die Gewährung des Zuschusses und dessen Höhe abhängig zu machen. Denn es sei das selbstverständliche Recht desjenigen, der auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung einen Zuschuß zu leisten habe, die Möglichkeit einer Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuschußgewährung sicherzustellen und zu diesem Zwecke den Beteiligten die Einhaltung gewisser Bedingungen, insbesondere verfahrensmäßiger Art, aufzuerlegen. Auch die Tatsache, daß die Krankenkassen nach § 2 des Prothetikvertrages in Höhe der von ihnen festgesetzten Kostenbeteiligung die Zahlungsverpflichtung übernähmen, und daß sie nach § 4 des Vertrages die Zuschüsse an die zuständige Abrechnungsstelle mit befreiender Wirkung gegenüber dem Zahnarzt abzuführen hätten, zwinge nicht zur Bejahung des Bestehens einer unmittelbaren eigenen Verpflichtung der Krankenkasse gegenüber dem Zahnarzt. Die Übernahme der Zahlungsverpflichtung lasse sich als eine Teilschuldübernahme zugunsten des Versicherten auffassen, die sich zwanglos aus dem begreiflichen Bestreben der Krankenkassen erkläre, die Möglichkeit einer zweckfremden Verwendung des Zuschusses durch den Versicherten auszuschließen.

Der Stpfl. hat mit ausführlichen Rechtsdarlegungen und unter Vorlage eines Rechtsgutachtens seinen Antrag auf Anberaumung mündlicher Verhandlung wiederholt. Die daraufhin anberaumte Verhandlung vom 29. September 1953 hat zu dem den Beteiligten am Verfahren schriftlich zugestellten Beschluß geführt, den Bundesminister der Finanzen nach § 287 Ziff. 2 AO um Beteiligung zu ersuchen. Der Bundesminister der Finanzen hat einem demgemäß an ihn gerichteten Ersuchen des Senats entsprochen. Der im Bescheid des Senats vom 7. Mai 1953 vertretenen Rechtsauffassung hat er sich in den wesentlichen Punkten angeschlossen; er hat an seiner Stellungnahme trotz der gegen sie vom Stpfl. erhobenen Einwendungen ausdrücklich festgehalten.

 

Entscheidungsgründe

Der erkennende Seat sieht auch gegenüber dem neuerlichen Vorbringen des Stpfl. keinen Anlaß, von der im Bescheid vom 7. Mai 1953 dargelegten, oben wiedergegebenen Rechtsauffassung abzugehen. Die Prüfung der Ausführungen des Stpfl. ergibt im einzelnen folgendes:

1. Der Stpfl. zieht die vom Senat im Bescheid vom 7. Mai 1953 unter Hinweis auf § 12 AO bejahte Rechtsgültigkeit des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 in Zweifel. Er ist der Meinung, daß diese Vorschrift, soweit sie als steuerfrei nur "Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsträger" bezeichnet, den § 4 Ziff. 11 UStG 1934 in einer mit dessen Wortlaut und Zweck nicht vereinbaren Weise einschränke und überdies gegen allgemeine Grundsätze des Umsatzsteuerrechts auch insofern verstoße, als sie unberücksichtigt lasse, daß die Entgeltzahlung, auf die es nach § 4 Ziff. 11 des Gesetzes entscheidend ankomme, auch ein anderer als der Leistungsempfänger vornehmen könne (§ 10 Satz 2 UStDB 1938). Der Stpfl. folgert daraus, daß § 38 Ziff. 3, wenn er überhaupt jemals rechtsgültig gewesen sei, jedenfalls nach den in der neuesten Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (Urteil des erkennenden Senats V 58/51 U vom 23. Oktober 1952, Slg.Bd. 57 S. 60, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1953 III S. 22 und die in ihm angeführten weiteren Entscheidungen) vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ab wegen Verstoßes gegen allgemeine Grundsätze des Umsatzsteuerrechts nicht mehr als rechtsgültig angesehen werden könne.

§ 38 Ziff. 3 der seit dem 1. Januar 1939 in Kraft befindlichen UStDB 1938 bedeutet, wie der Reichsminister der Finanzen in einem Runderlaß vom 20. Januar 1939 S 4015 -- 1 III Abschnitt B Ziff. 21 (RStBl. S. 129, 136) mit Recht hervorgehoben hat, keine sachliche Änderung gegenüber dem bis zum 31. Dezember 1938 geltenden Rechtszustand. Denn die Abstellung auf "Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsträger" findet sich erstmals bereits in dem -- in seiner Fassung im übrigen von § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 abweichenden -- § 29 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1934, der vom 1. Januar 1935 bis zum 31. Dezember 1938 gegolten hat. Im Runderlaß vom 7. Dezember 1934 S 4030 -- 50 III Abschnitt B Ziff. 10 Abs. 2 (RStBl. S. 1537, 1543) hat der Reichsminister der Finanzen auch in bezug auf § 29 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1934 ausgeführt, daß der Verordnungsgeber keine sachliche Änderung gegenüber der vor dem 1. Januar 1935 geltenden Regelung, sondern nur eine Neufassung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs bezweckt habe. Die Urteile des Reichsfinanzhofs, die vor dem 1. Januar 1935 zu dem dem § 4 Ziff. 11 UStG 1934 entsprechenden § 2 Nr. 9 UStG 1919 und UStG 1926 (§ 2 Nr. 13 UStG 1932) ergangen sind, bestätigen die Richtigkeit dieser Ausführungen des Reichsministers der Finanzen. Der Reichsfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung (zu vgl. Urteil V A 270/21 vom 30. Juni 1922, Slg.Bd. 10 S. 181, ferner die bereits im Bescheid vom 7. Mai 1953 erwähnten Urteile V A 671/27 vom 12. Juni 1928, RStBl. S. 273; V A 335/33 vom 17. Juli 1934, Slg.Bd. 36 S. 295, RStBl. S. 1015) ausgesprochen, daß die genannte Befreiungsvorschrift nur zum Zuge kommt, wenn der reichsgesetzliche Versicherungsträger (die Krankenkasse) aus unmittelbar eigener Verpflichtung an den Unternehmer (den Arzt, den Apotheker usw.) Zahlungen zu leisten hat. Schon in einer Zeit, als die UStDB eine ausdrücklich auf "Umsätze an reichgesetzliche Versicherungsträger" abgestellte Rechtsnorm noch nicht enthielten, hat also der Reichsfinanzhof aus dem Gesetz selbst als wesentliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit das Erfordernis abgeleitet, daß Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsträger vorliegen müssen, wenn Steuerfreiheit eintreten soll. Damit ergibt sich, daß sich die Einwendungen des Stpfl. gegen die Rechtsgültigkeit des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 materiell letzten Endes gegen die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs richten, die in dem -- später mit geändertem Wortlaut in die UStDB 1938 übernommenen -- § 29 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1934 ihren Niederschlag gefunden hat. Es bedarf deshalb der Prüfung, ob es notwendig ist, diese -- im Urteil des Reichsfinanzhofs V 175/39 vom 3. Januar 1941 nochmals bestätigte -- Rechtsprechung aufzugeben, sei es, weil sie von vornherein fehlerhaft war, sei es, weil die Entwicklung der Verhältnisse oder der rechtlichen Anschauungen jetzt eine andere Beurteilung erfordert.

Der Senat hat im Bescheid vom 7. Mai 1953 eine solche Notwendigkeit verneint. Das neuere Vorbringen des Stpfl. gibt ihm keinen Anlaß, diese Meinung zu ändern.

Der Stpfl. legt den § 4 Ziff. 11 UStG 1934 dahin aus, daß begünstigt sein sollen nicht nur alle ärztlichen und ähnlichen Hilfeleistungen an die reichsgesetzlichen Versicherungsträger, sondern auch alle derartigen Leistungen an die Versicherten, sofern nur die Versicherungsträger die Leistungsentgelte bezahlen; er erblickt mithin das für die Steuerfreiheit wesentliche Merkmal in der Entgeltzahlung durch den Versicherungsträger, d. h. in der Tatsache, daß wirtschaftlich der Versicherungsträger für das Leistungsentgelt ganz oder teilweise irgendwie aufkommt. Dieser Auffassung würde wohl beigepflichtet werden können, wenn es im Gesetz hieße: "... soweit Entgelte ... von den reichsgesetzlichen Versicherungsträgern ... gezahlt werden ...". § 4 Ziff. 11 des Gesetzes sagt jedoch: "... soweit Entgelte ... von den reichsgesetzlichen Versicherungsträgern ... zu zahlen sind". Das Gesetz stellt also nicht ab auf die Zahlung, sondern auf die Verpflichtung zur Zahlung. Nun wird allerdings derjenige, der ein Leistungsentgelt entrichtet, meist auch der zur Zahlung Verpflichtete sein. Rechtsnotwendig ist das jedoch -- auch umsatzsteuerrechtlich gesehen -- nicht. Unzweifelhaft kann auch ein Dritter für den zur Zahlung Verpflichteten die Entrichtung des Entgelts übernehmen. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, für die Frage der Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift dem im Gesetz vorgesehenen Merkmal der Verpflichtung zur Zahlung kurzerhand das Merkmal der Zahlung gleichzusetzen, wie es der Stpfl. tut. "Zu zahlen haben" bedeutet rechtlich etwas anderes als "zahlen"; knüpft das Gesetz die Steuerfreiheit an die Verpflichtung des Versicherungsträgers zur Entrichtung des Entgelts, so kann das nur bedeuten, daß Steuerfreiheit nicht, wie der Stpfl. meint, für jede Leistung gegeben sein soll, bei der der Versicherungsträger irgendwie an der Zahlung des Entgelts beteiligt ist, gleichgültig, ob im übrigen dem leistenden Unternehmer (dem Arzt, dem Apotheker usw.) der Versicherte als Leistungsempfänger gegenübersteht oder der Versicherungsträger, sondern daß Steuerfreiheit nur eintreten soll, wenn der Unternehmer auf Grund von Rechtsbeziehungen, aus denen sich eine unmittelbare Verpflichtung des Versicherungsträgers zur Zahlung des Leistungsentgelts ergibt, eine Leistung an den Versicherungsträger bewirkt, mit der dieser eine im Sozialversicherungsrecht begründete Leistungsverpflichtung dem Versicherten gegenüber erfüllt. Mit Recht hat hiernach der Reichsfinanzhof nicht auf die bloße Entgeltzahlung, sondern auf den Leistungsaustausch, wie er allein Gegenstand der Umsatzbesteuerung ist, abgestellt und die Anwendung des § 4 Ziff. 11 des Gesetzes (früher § 2 Nr. 9) auf Leistungen beschränkt, die der Unternehmer auf Grund unmittelbarer Rechtsbeziehungen zum Versicherungsträger bewirkt, also auf Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsträger.

Dem Einwand des Stpfl., daß dieses Ergebnis nicht vereinbar sei mit dem zunächst in der Rechtsprechung entwickelten, später im § 1 Ziff. 12 der Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 21. August 1936 (Reichsgesetzblatt -- RGBl. -- I S. 643) normierten und von da in den § 10 Satz 2 UStDB 1938 übernommenen Grundsatz, daß zum Entgelt auch gehört, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt, kann der Senat nicht folgen. Der Einwand wäre allerdings berechtigt, wenn die oben dargelegte Rechtsauffassung darauf hinausliefe, den umsatzsteuerrechtlichen Begriff des Entgelts in bezug auf die streitigen Zuschüsse in einem engeren Sinne anzuwenden als es dem § 10 UStDB entspricht. Denn es ist dem Stpfl. durchaus zuzugeben, daß der Begriff des Entgelts für den ganzen Bereich des Umsatzsteuerrechts einheitlich ausgelegt werden muß. Eine Verschiedenheit in der Auslegung des Entgeltbegriffs, wie sie der Stpfl. unterstellt, ist jedoch nicht gegeben. Es kann nicht zweifelhaft sein und ist auch nicht in Zweifel gezogen worden, daß die Beträge, mit denen sich die Krankenkasse an den Kosten des Zahnersatzes beteiligt und die sie unmittelbar an den Zahnarzt abführt, zu den von diesem vereinnahmten steuerbaren Entgelten gehören, obwohl sie nicht vom Leistungsempfänger, dem Versicherten, gezahlt werden, sondern von der Krankenkasse. Darauf kommt es aber für die Frage der Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob die Krankenkasse die genannten Beträge auf Grund unmittelbarer eigener Verpflichtung an den Zahnarzt abführt. Das aber ist, wie der Senat schon im Bescheid vom 7. Mai 1953 dargelegt hat und worauf unter Ziff. 2 dieses Bescheids nochmals einzugehen sein wird, nicht der Fall.

Nach alledem ist nicht ersichtlich, inwiefern § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 gegen allgemeine Grundsätze des UStG verstoßen soll. Insbesondere kann nicht die Rede davon sein, daß er eine Einschränkung der im Gesetz vorgesehenen Steuerfreiheit enthält. Der Senat sieht deshalb in Übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen keinen Anlaß, von seiner Ansicht abzugehen, daß die Rechtsgültigkeit der Vorschrift außer Zweifel steht. Auf die vom Stpfl. aufgeworfene Frage, ob § 38 Ziff. 3 ausreichend durch eine gesetzliche Ermächtigung gedeckt ist, braucht unter diesen Umständen, wie auch der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme mit Recht hervorhebt, nicht eingegangen zu werden.

2. Nach der Auffassung des Stpfl. sind auch dann, wenn man die Rechtsgültigkeit des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 bejaht, die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der streitigen Zuschüsse gegeben. Er führt hierzu aus, die rechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkasse und Arzt, auf die es nach der vom Senat im Bescheid vom 7. Mai 1953 unter Hinweis auf § 38 Ziff. 3 bestätigten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs entscheidend ankommen solle, würden nicht zwingend davon beeinflußt, wie sozialversicherungsrechtlich die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz gestaltet sei. In der Reichsversicherungsordnung (RVersO) und in ihren Ergänzungsvorschriften seien keine Rechtsvorschriften enthalten, die die Beziehungen zwischen Krankenkasse und Arzt regelten. Die Regelung erfolge außerhalb der RVersO. Soweit die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz in Frage stehe, sei eine solche Regelung in dem Prothetikvertrag vom 14. Juni 1949 enthalten. Auf Grund dieses Rahmenvertrags werde im einzelnen Falle jeweils ein Rechtsverhältnis begründet des Inhalts, daß der Zahnarzt der Krankenkasse die Leistung (den Zahnersatz), die Kasse dem Zahnarzt das Entgelt dafür -- in Höhe der von ihr festgesetzten Kostenbeteiligungsquote -- schulde. Es liege insoweit eine Art Reihengeschäft vor, bei dem der Zahnarzt dem Versicherten unmittelbar die Verfügungsmacht über den Zahnersatz verschaffe, damit aber gleichzeitig eine Lieferung an die Krankenkasse bewirke (§ 2 Abs. 3 UStDB 1938). Es ergebe sich also, sofern die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Zahnarzt voraussetze, das Vorhandensein solcher Beziehungen aus dem Prothetikvertrag. Im übrigen sei es jedoch mit allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar, wenn für die Beurteilung der bei Bejahung der Rechtsgültigkeit des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 allein wesentlichen Frage, ob Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsvertreter vorliegen, darauf abgestellt werde, wie die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz sozialversicherungsrechtlich gestaltet sei. Der Begriff "Umsatz" sei ausschließlich nach umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten auszulegen. Das UStG besteuere nicht Rechtsbeziehungen, sondern den Austausch von Leistungen. Die Annahme eines Leistungsaustausches hänge aber nicht davon ab, ob auf Grund bestimmter Rechtsbeziehungen der Unternehmer eine Leistung, der Leistungsempfänger das Entgelt schulde; vielmehr genüge für die Annahme eines Leistungsaustausches eine innere Verknüpfung gegenseitiger Leistungen. Eine solche innere Verknüpfung zwischen der Anfertigung des Zahnersatzes durch den Zahnarzt und dem Beitrag der Krankenkasse zu den Kosten des Zahnersatzes sei angesichts des überwiegenden Einflusses der Krankenkasse auf die Gestaltung des Zahnersatzes und angesichts des Ausmaßes der geldmäßigen Beteiligung der Krankenkasse (meist 2/3 der Gesamtkosten) nach der für das Umsatzsteuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu bejahen. Die Bezeichnung der Beiträge der Krankenkasse als "Zuschüsse" gestatte im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs Zuschuß für unterschiedliche wirtschaftliche Vorgänge in diesem Zusammenhang keine zwingenden umsatzsteuerrechtlichen Schlüsse; jedenfalls sei es im Falle der Gewährung eines Zuschusses nicht ausgeschlossen, den Zuschußgeber als Leistungsempfänger anzusehen und damit einen Leistungsaustausch anzunehmen.

Der Auffassung des Stpfl., daß die RVersO und ihre Ergänzungsvorschriften eine Regelung des rechtlichen Verhältnisses zwischen den reichsgesetzlichen Versicherungsträgern und den Ärzten (Zahnärzten) nicht vorsehen, kann der Senat in dieser Allgemeinheit nicht beistimmen. Abgesehen davon, daß die §§ 122, 123 RVersO klarstellen, was unter ärztlicher Behandlung und unter Zahnbehandlung im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu verstehen ist, findet sich in der RVersO, zweites Buch, vierter Abschnitt ein Unterabschnitt VI, der die Überschrift trägt "Verhältnis zu Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Apotheken". Dieser Unterabschnitt enthält in den §§ 368 ff. Vorschriften über die Regelung des kassenärztlichen Dienstes, dessen Gestaltung im einzelnen weitgehend besonderen Verträgen vorbehalten wird. Diese Vorschriften sind allerdings, ohne aufgehoben worden zu sein, durch spätere gesetzgeberische Maßnahmen in wesentlichen Punkten überholt. Eine sozialversicherungsrechtliche Ergänzungsregelung in bezug auf die Versorgung der Versicherten bei Zahnkrankheiten enthält die Vertragsordnung für Kassenzahnärzte und Kassendentisten vom 27. August 1935 (RGBl. I S. 1112). Diese bindet in ihrem § 5 Abs. 2 für die Fälle, in denen für einen Behandlungsberechtigten Zahnersatz oder Zuschuß zu Zahnersatz beantragt wird, die Kassenzahnärzte und Kassententisten an Richtlinien, die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsam mit der kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands und dem Reichsverband deutscher Dentisten festgesetzt werden. Als eine Vereinbarung im Sinne dieser Rechtsvorschrift ist nach der Auffassung des Senats der Prothetikvertrag vom 14. Juni 1949 anzusehen (so auch das vom Stpfl. vorgelegte Rechtsgutachten S. 41). Die in ihm getroffenen Einzelabmachungen sind entgegen der Annahme des Rechtsgutachtens nach der Natur eines solchen Vertrages keine Rechtsnormen, die das reichsrechtliche Versicherungsrecht und die nach dem 8. Mai 1945 etwa erlassenen landesrechtlichen Regelungen ergänzen oder ändern; sie schaffen jedoch, wie dem Stpfl. zuzugeben ist, bestimmte vertragliche Bindungen zwischen der Krankenkasse einerseits, den Kassenzahnärzten andererseits. Dem Stpfl. kann jedoch nicht beigetreten werden, wenn er annimmt, daß die Frage, ob im Falle der Zuschußgewährung die Krankenkasse das Entgelt für den Zahnersatz im Sinne des § 4 Ziff. 11 des Gesetzes "zu zahlen" hat, anders ausgedrückt, ob insoweit ein Umsatz an die Krankenkasse im Sinne des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 vorliegt, ohne Rücksicht auf die sozialversicherungsrechtliche Gestaltung der Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz ausschließlich aus dem Prothetikvertrag heraus zu beurteilen ist. Daß dies nicht zutreffen kann, ergibt die folgende Erwägung. § 29 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1934, der, wie oben unter 1 dargelegt, zwar nicht in seiner Fassung, wohl aber in seinem rechtlichen Gehalt dem § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 entspricht, führt unter Angabe einschlägiger Vorschriften der RVersO bestimmte Leistungen auf, zu deren Bezahlung die reichsgesetzlichen Versicherungsträger verpflichtet sind und die deshalb steuerlich begünstigt sein sollen; er bindet also die Beurteilung der umsatzsteuerrechtlich wesentlichen Frage der Zahlungspflicht der Versicherungsträger an das Sozialversicherungsrecht. § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 enthält eine Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften der RVersO nicht mehr. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß für die Beurteilung der Frage der Zahlungspflicht der Versicherungsträger das Sozialversicherungsrecht nicht mehr von Bedeutung sein solle. Denn § 38 Ziff. 3 knüpft -- im Einklang mit dem Gesetz -- die Steuerfreiheit der Umsätze an reichsgesetzliche Versicherungsträger an die Voraussetzung, daß mit ihnen Verpflichtungen der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis erfüllt werden. Dies zeigt, daß mit der Neufassung im § 38 Ziff. 3 keineswegs die Maßgeblichkeit des Sozialversicherungsrechts aufgegeben, sondern nur das im § 29 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1934 angewendete Enumerationsprinzip durch eine allgemeiner gefaßte Norm ersetzt werden sollte (zu vgl. Herting in Steuer und Wirtschaft 1939 Spalten 81, 124). Die rechtserhebliche Frage, ob in den Fällen, in denen eine Krankenkasse Zahnersatz gewährt, der Zahnarzt mit dem von ihm angefertigten Zahnersatz einen Umsatz an die Krankenkasse bewirkt, kann also nicht aus dem Prothetikvertrag heraus, sondern muß aus dem Sozialversicherungsrecht heraus beurteilt werden.

Daß diese Frage nach dem Sozialversicherungsrecht verneint werden muß, hat der Senat bereits im Bescheid vom 7. Mai 1953 begründet; er sieht auch nach erneuter Prüfung keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzugehen.

Es braucht hiernach, da der Prothetikvertrag an der sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage nichts ändern konnte, auf die Frage, welcher Art die durch diesen Vertrag geschaffenen Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Zahnärzten sind, an sich nicht eingegangen zu werden. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß auch der Prothetikvertrag, der nach seinem § 1 nur eine Verfahrensregelung bezweckt, in den Fällen, in denen die Krankenkasse einen Zuschuß zum Zahnersatz gewährt, den Zahnarzt einerseits, den Versicherten andererseits als die am Leistungsaustausch beteiligten Partner ansieht. Denn die im § 2 des Vertrages vorgesehene Übernahme der Zahlungsverpflichtung durch die Krankenkasse in Höhe der Kostenbeteiligungsquote, die die Kasse nach Prüfung des vom Versicherten vorzulegenden Behandlungsplanes festsetzt, ist nur von der Auffassung aus verständlich, daß zunächst der Versicherte dem Zahnarzt das volle Entgelt für den Zahnersatz schuldet. Der Prothetikvertrag läßt also für die Fälle der Zuschußgewährung entgegen der Annahme des Stpfl. ebensowenig wie das Sozialversicherungsrecht Raum für die Annahme etwa eines Reihengeschäftes im Sinne des § 2 Ziff. 3 UStDB 1938 (Lieferung: Zahnarzt -- Krankenkasse, Krankenkasse -- Versicherter), so daß es dahingestellt bleiben kann, ob, wie der Stpfl. anscheinend annimmt, eine Liefrung, wie sie das Reihengeschäft voraussetzt, überhaupt vorliegt, wenn ein Zahnarzt einem Patienten eine Zahnprothese fertigt. Zuzugeben ist dem Stpfl., daß der Prothetikvertrag eine wirtschaftliche Verknüpfung der Leistung des Zahnarztes mit der Zuschußgewährung durch die Krankenkasse schafft. Jedoch kann dies nicht zu den Folgerungen führen, die der Stpfl. daraus hergeleitet wissen will. Es ist zwar richtig, daß umsatzsteuerrechtlich ein Leistungsaustausch nicht nur angenommen wird, wenn ein gegenseitiger Vertrag vorliegt, der den leistenden Unternehmer zur Leistung, den Leistungsempfänger zur Entgeltzahlung verpflichtet, daß vielmehr insoweit eine innere Verknüpfung zweier gegenseitiger Leistungen genügt. Diese Betrachtungsweise hilft aber nicht weiter, wenn das Gesetz selbst vorschreibt, daß für die Gewährung einer steuerlichen Vergünstigung nur Umsätze in Betracht kommen, die auf Grund einer bestimmten rechtlichen Verpflichtung geleistet werden. Ein solches Erfordernis ist im § 4 Ziff. 11 UStG in Verbindung mit § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 aufgestellt. Angesichts dieser positiven gesetzlichen Regelung reicht die innere Verknüpfung zwischen Leistung des Zahnarztes und Zuschußgewährung der Krankenkasse, wie sie der Prothetikvertrag immerhin schafft, nicht aus, die Anwendung des § 4 Ziff. 11 auf die streitigen Zuschüsse zu rechtfertigen. Demgegenüber kann der zweifellos sachlich ebenfalls richtige Hinweis des Stpfl. darauf, daß die Zuschußgewährung durch die Krankenkasse im Regelfalle die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz überhaupt erst ermögliche, auch vom Standpunkt der an sich durchaus gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus nicht zu der Folgerung führen, daß es umsatzsteuerrechtlich keinen Unterschied machen könne, ob die Krankenkasse zur Gewährung des Zahnersatzes als solchen verpflichtet ist und sich zur Erfüllung dieser Verpflichtung des Zahnarztes bediene, oder ob sie nur verpflichtet ist, sich an den Kosten des Zahnersatzes in der Weise zu beteiligen, daß sie dem Versicherten einen Zuschuß gewährt, den sie unmittelbar an den Zahnarzt abführt.

Der Stpfl. macht ferner geltend, daß auch im Falle der Gewährung eines Zuschusses ein Umsatz zwischen dem Zuschußgeber und dem Zuschußempfänger vorliegen könne und beruft sich hierfür u. a. auf Abschnitt IV des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 12. Juni 1940 S 2114 -- 341/III/S 4200 -- 71 III (RStBl. S. 593). Auch dies trifft zu. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß vom Unternehmer her gesehen die Zuschüsse zu dessen steuerbaren Einnahmen gehören, weil ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, wie er zwischen der Leistung des Zuschußempfängers (des Unternehmers) und der Leistung des Zuschußgebers regelmäßig bestehen wird, für die Annahme eines steuerbaren Leistungsaustausches genügt. Auch hier ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das für die Bejahung der Anwendbarkeit des § 4 Ziff. 11 des Gesetzes nicht ausreicht, weil diese Vorschrift ausdrücklich auf eine im Versicherungsverhältnis begründete unmittelbare Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse dem Zahnarzt gegenüber abstellt, die bei den hier streitigen Vorgängen nicht gegeben ist.

Mit dem Einwand schließlich, daß die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts veraltet seien, und daß bei der Gewährung von Zahnersatz die tatsächliche Handhabung über den Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften hinweggeschritten sei, will der Stpfl. geltend machen, daß wirtschaftlich gesehen die Entwicklung dahin gegangen sei, die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz der Versorgung mit sonstigen ärztlichen Leistungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Krankenkassen anzugleichen. Es sei daher umsatzsteuerrechtlich sinnwidrig, an der Versagung der Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG deshalb festzuhalten, weil die bezeichnete Entwicklung in dem weitgehend unübersichtlich gewordenen Sozialversicherungsrecht, dessen Überarbeitung bereits in Aussicht genommen sei, noch keinen klaren Niederschlag gefunden habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß noch die im Bereich der britischen Besatzungszone geltende Sozialversicherungsanordnung Nr. 30 des Präsidenten des Zentralamts für Arbeit vom 5. Dezember 1947, die unzweifelhaft eine zeitgemäßere Gestaltung der Versicherungsleistungen bezweckte, hinsichtlich der größeren Heil- und Hilfsmittel, zu denen die Zahnprothesen gehören, an dem Zuschußverfahren als solchem festhält und sich darauf beschränkt, die Gewährung von Zuschüssen an die Versicherten in bestimmter Mindesthöhe obligatorisch zu machen. Angesichts dieser in sich klaren sozialversicherungsrechtlichen Regelung kann sich der Senat nicht die Auffassung des Stpfl. zu eigen machen, daß es zu einem sinnwidrigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führt, wenn dem Sinne des § 4 Ziff. 11 UStG entsprechend daran festgehalten wird, daß Steuerbefreiung nicht eintritt, sofern das Sozialversicherungsrecht dem Versicherten nicht einen Anspruch auf Zahnersatz unter unmittelbarer Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse, sondern nur einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten des Zahnersatzes einräumt.

3. Der Bundesminister der Finanzen hat sich in seiner Stellungnahme noch zu der Frage geäußert, ob seine in der Umsatzsteuerkartei (S 4146 Karten 51 und 52) veröffentlichten Erlasse vom 18. Juni 1952 IV S 4146 -- 6/52 und vom 6. Juni 1953 IV S 4146 -- 1/53, in denen für Lieferungen von Arzneien und kleinen Hilfsmitteln im Rahmen der Familienhilfe die Voraussetzungen des § 39 Ziff. 3 UStDB 1951 (= § 38 Ziff. 3 UStDB 1938) und damit der Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG als vorliegend anerkannt werden, dem Stpfl. günstige Rückschlüsse hinsichtlich der Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz gestatten. Der Bundesminister der Finanzen verneint diese Frage mit der Begründung, daß bei den Lieferungen von Arzneien und kleinen Hilfsmitteln die Verhältnisse sozialversicherungsrechtlich anders lägen als bei der Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz. Der Stpfl. bekämpft den Standpunkt des Bundesministers der Finanzen im wesentlichen mit dem Einwand, daß es für die Anwendbarkeit des § 4 Ziff. 11 UStG nicht auf die Rechtslage nach der RVersO, sondern nur auf die wirtschaftliche Gestaltung der ärztlichen Versorgung der Versicherten ankomme. Er ist der Meinung, daß die Erlasse für seine Auslegung des § 4 Ziff. 11 des Gesetzes und des § 38 Ziff. 3 UStDB 1938 sprächen. Der Senat hat oben bereits dargelegt, daß er die Auffassung des Stpfl., das Sozialversicherungsrecht sei unmaßgeblich, nicht teilt, vielmehr dem Sozialversicherungsrecht entscheidende Bedeutung für die Abgrenzung der nach § 4 Ziff. 11 des Gesetzes begünstigten Tatbestände beimißt. Für ein Eingehen auf die sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen der Lieferungen von Arzneien und kleinen Hilfsmitteln im Rahmen der Familienhilfe ist hier kein Raum, da solche Lieferungen nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind. Jedenfalls hält der Senat für die hier streitigen Vorgänge daran fest, daß die vom Stpfl. begehrte Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG nicht gewährt werden kann, weil nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften der Versicherte keinen Anspruch auf Zahnersatz als solchen, sondern nur einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten des Zahnersatzes hatte, die Krankenkassen also nicht auf Grund unmittelbarer eigener Verpflichtung an den Stpfl. Zahlung zu leisten hatten.

Nach alledem ist die in dem Bescheid vom 7. Mai 1953 getroffene Entscheidung im Ergebnis aufrechtzuerhalten. Es bedarf deshalb keiner Prüfung der vom Stpfl. noch aufgeworfenen Frage, ob sich die von ihm begehrte Steuerfreiheit, wenn sie anzuerkennen wäre, auch auf die von den Versicherten aufgebrachten Teile der Kosten des Zahnersatzes erstrecken müßte.

Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf den Bescheid vom 26. Mai 1954 Bezug genommen.

Der Senat macht sich gegenüber dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung erneut die in dem Bescheid im einzelnen begründete Auffassung zu eigen, die dahin geht, daß sich die im § 4 Ziff. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vorgesehene Steuerfreiheit nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift nur auf Leistungen erstreckt, die als solche ( z. B. Heilbehandlung, Arznei) der Versicherungsträger dem Versicherten nach Gesetz oder Satzung zu gewähren hat und die er, wenn er sich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht eines Unternehmers (eines Arztes, eines Apothekers) bedient, diesem aus eigener Verpflichtung zu vergüten hat. Die im § 4 Ziff 11 durch die Worte "soweit Entgelte dafür von den ... Versicherungsträgern ... zu zahlen sind" zum Ausdruck gebrachte Verknüpfung der begünstigten Leistungen mit der -- unmittelbaren -- Zahlungspflicht des Versicherungsträgers gestattet keine andere Auslegung. Nach der Überzeugung des Senats spricht für eine solche Abgrenzung der rechtlichen Tragweite der Vorschrift auch deren Entstehungsgeschichte, die für die Auslegung wesentlich ist. Es ist, worauf der Senat schon in seinem Bescheid vom 7. Mai 1953 hingewiesen hat, nach der Entstehungsgeschichte nicht zweifelhaft, daß die Vorschrift nicht eine steuerliche Begünstigung der Unternehmer bezweckt, die den Versicherten ärztliche oder ähnliche Hilfe leisten oder die an Versicherte Arzneien, Heil- oder Hilfsmittel liefern, sondern daß sie eine Entlastung der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung herbeiführen soll. Der Senat ist der Meinung, daß der Gedanke einer solchen Entlastung insoweit nicht zum Zuge kommt, als der Versicherungsträger -- in bestimmten durch das Sozialversicherungsrecht abgesteckten Grenzen -- in der Lage ist, den Umfang seiner Leistungen unter Berücksichtigung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zu begrenzen, wie das bei der Bemessung der Höhe seiner Beteiligung an den Kosten für Zahnersatz der Fall ist

Ohne Bedeutung ist es für die umsatzsteuerliche Betrachtung, ob sozialversicherungsrechtlich die hier streitigen Zuschüsse als Sachleistungen (Teil-Sachleistungen) anzusehen sind, wie das vom Steuerpflichtigen (Stpfl.) beigebrachte Gutachten annimmt, oder ob sie Geldleistungen sind. Entscheidend ist umsatzsteuerrechtlich allein, daß der Versicherungsträger hier dem Versicherten gegenüber nicht zur Gewährung des Zahnersatzes als solchen, sondern zur Gewährung eines Beitrags zu den Kosten des Zahnersatzes, also zur Gewährung des Geldbetrages, verpflichtet ist. Die Zweckgebundenheit des Geldbetrages (zu vgl. Albrecht, Zentralblatt für Sozialversicherung 1948 S. 7/9) kann für sich allein nicht dazu führen, die Zubilligung des Geldbetrages der Gewährung einer Leistung im Sinne des § 4 Ziff. 11 UStG gleichzusetzen.

Der Senat vermag ferner nach wie vor nicht der Auffassung des Stpfl. zu folgen, daß die Entwicklung, die sozialversicherungsrechtlich die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz genommen hat, wirtschaftlich gesehen dazu nötige, die Fälle der Gewährung von Zuschüssen zu den Kosten für Zahnersatz in die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 einzubeziehen. Im Wesen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, an der der Senat für den Bereich der Umsatzsteuer unverändert und in vollem Umfang festhält, liegt es, auf den wirtschaftlichen Gehalt steuerlich erheblicher Vorgänge ohne Rücksicht auf deren rechtliche Einkleidung abzustellen sowie steuerrechtliche Wirtschaftsbegriffe zu entwickeln. Der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind aber Grenzen insofern gezogen, als sie nicht dazu führen kann, bestimmte Elemente umsatzsteuerrechtlicher Vorschriften bei der steuerlichen Beurteilung umsatzsteuerbarer Vorgänge auszuschalten. Auf eine Überschreitung der hiernach auch einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gezogenen Grenzen würde es hinauslaufen, wenn die Steuerfreiheit aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus auf die streitigen Zuschüsse ausgedehnt wird, obwohl der insoweit klare Tatbestand des § 4 Ziff. 11 nach dem oben Gesagten die Fälle der Gewährung von Geldzuschüssen an den Versicherten nicht mit umfaßt. Noch weniger ist es denkbar, vom Standpunkt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus für das Gebiet des Sozialversicherungsrechts darüber hinwegzusehen, daß die Reichsversicherungsordnung ihrer Systematik nach zwischen Fällen, in denen der Versicherungsträger dem Versicherten bestimmte Leistungen als solche zu gewähren hat, und Fällen, in denen der Versicherungsträger dem Versicherten Zuschüsse zu den Kosten etwa für Heil- oder Hilfsmittel (z. B. Zahnersatz) bewilligen kann und in gewissen Grenzen bewilligen muß, grundsätzlich unterscheidet, und daß auch die neuere Entwicklung des Sozialversicherungsrechts, wie die Sozialversicherungsanordnung Nr. 30 für die britische Zone zeigt, trotz aller auf eine weitgehende Sicherstellung der Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz gerichteten Tendenzen diese Unterscheidung -- unzweifelhaft aus wohlerwogenen Gründen -- nicht aufgegeben hat. Hiernach können auch vom Sozialversicherungsrecht her die Fälle, in denen der Versicherungsträger bestimmte Leistungen als solche zu gewähren hat, den Fällen, in denen er nur einen Zuschuß zu den Kosten bewilligt, umsatzsteuerrechtlich nicht gleichgestellt werden.

Was schließlich die vom Stpfl. aufgeworfene Frage anlangt, welche Rechtslage sich ergibt, wenn der Versicherungsträger die Kosten für Zahnersatz in vollem Umfang übernimmt, so mag es sein, daß diese Fälle eine von den Fällen bloßer Zuschußgewährung abweichende Beurteilung erfordern. Jedoch kann hierauf im Rahmen dieses Urteils nicht eingegangen werden. Denn der Stpfl. hat in seiner Berufungsbegründung ausdrücklich erklärt, daß für die Fälle der Übernahme der vollen Kosten für Zahnersatz "kein Problem bestehe"; das kann nur dahin verstanden werden, daß Fälle dieser Art im vorliegenden Falle nicht streitig sind. Das Finanzgericht hat demgemäß mit Recht seine Ausführungen auf Fälle einer teilweisen Übernahme der Kosten für Zahnersatz, also auf Fälle der Zuschußgewährung, beschränkt. Wenn der Stpfl. etwa jetzt geltend machen will, daß in den hier streitigen Vorgängen auch Fälle der Übernahme der vollen Kosten für Zahnersatz enthalten sind, so handelt es sich insoweit um ein neues tatsächliches Vorbringen, mit dem er nach § 288 der Reichsabgabenordnung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden kann.

Nach alledem kann auch das Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht dazu führen, der Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts den Erfolg zu versagen.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 269

BFHE 1955, 170

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