Leitsatz (amtlich)

Überläßt ein Bauunternehmer Baugeräte an eine Arbeitsgemeinschaft, der er angehört, und wird die Überlassung vor der Verteilung des Gewinnes entsprechend dem Geräteeinsatz abgegolten, obwohl sie nach dem Arbeitsgemeinschaftsvertrag "kostenlos" zu erbringen ist, so handelt es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um besonders berechnete sonstige Leistungen und nicht um Gesellschafterbeiträge. Dies gilt auch dann, wenn die Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlicher Geräteüberlassung unmittelbar zwischen den Arbeitsgemeinschaftspartnern abgegolten und der Gewinn formell von Ausgleichszahlungen unbeeinflußt verteilt wird.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) betreibt ein Bauunternehmen. Sie versteuert ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Anläßlich einer Betriebsprüfung im Jahre 1959 stellte der Prüfer unter anderem folgendes fest:

Die Steuerpflichtige ist zusammen mit der Firma Baugesellschaft mbH B zur Hälfte an der Arbeitsgemeinschaft (Arge) A-B beteiligt, die Bauarbeiten für C ausführt. Nach dem Arbeitsgemeinschaftsvertrag sind die Baugeräte von den Gemeinschaftsfirmen entsprechend dem Beteiligungsverhältnis als Gesellschafterbeitrag kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Tatsächlich hielten die Partnerfirmen den Umfang der Geräteüberlassung statistisch fest und teilten ihn der Arge mit. Die nach den Mietsätzen der Geräteliste der Wirtschaftsgruppe Bauindustrie (Wibau-Liste) ermittelten Beträge wurden weder bei der Arge noch bei den Partnerfirmen gebucht. Die Steuerpflichtige war der Ansicht, nur der am Ende der Bauausführung verbleibende und auszugleichende Unterschiedsbetrag zwischen den Leistungen der Partnerfirmen bei der Baugeräteüberlassung sei umsatzsteuerpflichtig. Der Prüfer beurteilte die Baugeräteüberlassung dagegen als Leistungsaustausch und sah in der Abrechnung der von der Arge an die Steuerpflichtige ausgezahlten Gewinnabschläge zum 31. Dezember 1957, soweit diese sich mit den statistischen Beträgen für die Baugeräteüberlassung deckten, die Vereinnahmung des Entgelts.

Das FA unterwarf die von der Steuerpflichtigen errechneten Beträge für die Baugeräteüberlassung der Umsatzsteuer.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Auf die Berufung (Klage) setzte das FG die Steuer herab. Das FG war der Auffassung, die Überlassung der Geräte stelle einen Gesellschafterbeitrag dar; die von den Arge-Partnern für die Geräteüberlassung ermittelten Werte seien statistische Zahlen zur Kontrolle eines gleichen Leistungsbeitrages; die den Arge-Partnern zugeflossenen Beträge seien daher kein Entgelt für die Geräteüberlassung, sondern Abschlagzahlungen auf den später zu errechnenden Gewinn.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die als Revision zu behandelnde Rb. des FA (§§ 184 Abs. 2 Nr. 1, 115 ff. FGO) ist begründet.

Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß die Steuerpflichtige eine Leistung im Sinne von § 1 Nr. 1 UStG erbringt, wenn sie Baugeräte einem Dritten zum Gebrauch überläßt. Zuzustimmen ist der Vorinstanz auch darin, daß die Überlassung der Baugeräte ein nichtsteuerbarer Gesellschafterbeitrag ist, wenn die Gesellschafter vereinbart haben, die Baugeräte der Arge kostenlos zur Verfügung zu stellen, und der die Geräte beistellende Gesellschafter die Überlassung der Baugeräte nicht berechnet und sich mit dem ihm vertragsgemäß zustehenden Gewinnanteil begnügt (Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 9. Aufl., Tz. 938, 939, 947a ff.). Wird jedoch die Überlassung der Baugeräte seitens des Bauunternehmers an die Arge, der der Unternehmer angehört, vor der Verteilung des Gewinnes entsprechend dem Geräteeinsatz abgegolten, obwohl sie nach dem Vertrage "kostenlos" zu erbringen ist, so handelt es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um besonders berechnete sonstige Leistungen.

Die Steuerpflichtige hatte nach dem Vertrag die Baugeräte der Arge zwar kostenlos zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich wurde jedoch der Wert der Geräteüberlassung festgehalten und vor der gleichmäßigen Verteilung des Gewinnes besonders berechnet. Die Steuerpflichtige hält die Gerätegestellung bis zur Höhe ihrer Beteiligung am Gewinn der Arge für nichtsteuerbar und meint, nur ein darüber hinausgehender Betrag - der sog. Spitzenausgleich - sei zur Umsatzsteuer heranzuziehen. Sie übersieht dabei, daß Gewinn zuzüglich Spitzenausgleich bzw. Gewinn abzüglich Spitzenausgleich genau dem Sonderentgelt für die jeweilige Gerätegestellung entspricht, weil der positive bzw. negative Spitzenausgleich nach feststehenden Preisen auf Grund verbindlicher kalkulatorischer Listensätze (anhand der Wibau-Liste) ermittelt wird. Wirtschaftlich besteht kein Unterschied, ob eine Arge den Listenpreis für die Leistung eines Gesellschafters sofort nach Ausführung der Leistung (Gerätegestellung) zahlt bzw. abrechnet, wodurch sich ihr Gewinn entsprechend verringert, oder mit der Zahlung bis zur Gewinnausschüttung wartet und die nach dem Umfang der einzelnen Leistungen berechneten Listenpreise als "vorweg" an die Gesellschafter entrichtet und dann den Restgewinn an die Gesellschafter verteilt. Die Darstellung der Steuerpflichtigen, nur der "Spitzenausgleich" werde ausgeglichen, verdeckt den Sachverhalt, daß für die Geräteüberlassung ein konkretes Sonderentgelt zugeteilt wird. Der Erfolg der Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an der Arge war, soweit er die Überlassung der Baugeräte betrifft, leistungsabhängig. Die Abhängigkeit des Gewinnanteiles vom Umfang eines Leistungsabeitrages ist das Merkmal für das Vorliegen eines steuerbaren Leistungsaustausches. Im vorliegenden Fall ändert sich an dem wirtschaftlichen Ergebnis (leistungsabhängige Abgeltung der Geräteüberlassung) auch nichts dadurch, daß nach Abschluß der gemeinschaftlichen Arbeiten ein bis dahin nicht ausgeschütteter Teil des Gewinnes an die Arge-Partner entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis ausgezahlt wird und zwischen diesen ein Spitzenausgleich stattfindet. Insoweit ist lediglich die Abrechnung teilweise von der Arge auf die Gesellschafter verlagert worden. Die Summe der Entgelte für die Geräteüberlassung bleibt im Ergebnis dieselbe.

Das FA hat daher zu Recht entsprechend der Entscheidung des Senats V 241/53 U vom 25. März 1954 (BFH 58, 658, BStBl III 1954, 162) den Teil des Gewinnabschlags, der den Anschreibungen für die Geräteüberlassung entsprach, als Sonderentgelt für die Geräteüberlassung und damit als Entgelt für eine sonstige Leistung zur Umsatzsteuer herangezogen (siehe auch Cerutti, Ein neues BFH-Urteil zur Umsatzbesteuerung der Mitglieder von Arbeitsgemeinschaften, Deutsche Steuerzeitung A 1954 S. 139 und das Urteil des BFH V 45/65 vom 7. Dezember 1967, BStBl II 1968, 398).

Demgegenüber greifen die Einwendungen der Steuerpflichtigen nicht durch. Ihr Vorbringen, es hätten keine Mietverträge über die Baugeräte zwischen ihr und der Arge bestanden, es seien keine Rechnungen ausgestellt, keine korrespondierenden Buchungen vorgenommen und keine Zahlungen geleistet worden, steht mit der Annahme eines Leistungsaustausches zwischen ihr und der Arge nicht in Widerspruch; denn ein Leistungsaustausch setzt weder das Bestehen eines Mietvertrages oder eines sonstigen Vertrages, noch die Ausstellung von Rechnungen, noch Geldbewegungen voraus. Die gleichmäßige Verteilung eines Restgewinnes in einem späteren Jahre sowie die Vornahme (oder auch Unterlassung) eines Spitzenausgleichs zwischen den Arge-Partnern ist für die Umsatzbesteuerung des Jahres 1957 ohne Bedeutung.

Der Senat sieht sich nach Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden ...

 

Fundstellen

BStBl II 1968, 449

BFHE 1968, 120

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