Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Tätigkeit als Versicherungsvertreter (§ 4 Nr. 11 UStG 1967/1973) bei nur verwaltender Tätigkeit; Abgrenzung nichtsteuerbarer Vereinstätigkeit von steuerbaren Leistungen an Vereinsmitglieder

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Verein, zu dessen Satzungszweck zwar Beratung und Unterstützung seiner Mitglieder bei Abschluß und Durchführung von Lebensversicherungsverträgen mit bestimmten Vertragsgesellschaften gehören, der aber tatsächlich selbst keine entsprechende Tätigkeit entfaltet (sondern z. B. Außendienstmitarbeiter der Versicherungsgesellschaften schult) und im wesentlichen Verwaltungstätigkeiten für diese Versicherungsgesellschaften ausführt (Bestandsverwaltung u. ä.), bewirkt keine nach § 4 Nr. 11 UStG 1967/1973 steuerfreien Umsätze ,,aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler".

2. Ein Verein, der gegen (gleiche) Mitgliederbeiträge jedem Mitglied für jeden abgeschlossenen Versicherungsvertrag bei einer Vertragsgesellschaft den Vorteil eines (nach dem v. H.-Satz gleichen) Prämiennachlasses verschafft, führt insoweit keine steuerbaren Leistungen an seine Mitglieder gegen Entgelt (in Gestalt des Mitgliederbeitrags) aus.

 

Normenkette

UStG 1967/1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1967/1973 § 4 Nr. 11; UStG 1967/1973 § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) - ein eingetragener Verein - wurde als Versorgungseinrichtung von Personen gegründet. Die Gründung ging auf Initiative von drei Versicherungsgesellschaften (im folgenden: Vertragsgesellschaften) zurück, die noch im selben Jahr einen Kollektiv-Versicherungs-Vertrag abschlossen (den sog. X-Vertrag).

Nach seiner Satzung bezweckte der Kläger die Wohlfahrt seiner Mitglieder durch unentgeltliche Beratung und Unterstützung bei Abschluß und Durchführung von Lebensversicherungsverträgen mit den Vertragsgesellschaften sowie bei allen damit zusammenhängenden Fragen. Ein Rechtsanspruch der Vereinsmitglieder auf die Beratung und Unterstützung wurde dadurch nicht begründet. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb war ausgeschlossen.

Die Mitgliederbeiträge betrugen in den Streitjahren 1970 und 1976 einheitlich . . . DM jährlich.

Im Februar 1967 wurde der sog. X-Vertrag zwischen dem Kläger und den drei Vertragsgesellschaften erneut geschlossen, nachdem sich herausgestellt hatte, daß das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen (Bundesaufsichtsamt) eine Verlängerung des bisherigen X-Vertrags nicht genehmigen würde.

Nach § 1 des Vertrags räumten die Vertragsgesellschaften den Mitgliedern des Klägers die Möglichkeit ein, nach Maßgabe des Vertrags Lebensversicherungen auf Grund der Kapital- und Rententarife der Gesellschaften abzuschließen. Ferner hieß es: ,,Der X (Kläger) wird in geeigneter Weise auf die Möglichkeit des Versicherungsabschlusses hinweisen."

Die Vertragsgesellschaften gewährten bei allen Tarifen, die für diesen Vertrag vorgesehen waren, auf die laufenden Beiträge einen Nachlaß von . . . %. Hinzu kommen noch andere Vergünstigungen für die Mitglieder des Klägers durch die Vertragsgesellschaften.

Das Bundesaufsichtsamt erteilte dem Vertrag als ,,Vertrag mit Sammelinkasso" am . . . 1967 die Genehmigung nach § 13 des Versicherungsaufsichtsgesetzes.

Im April 1967 schloß der Kläger mit den drei Vertragsgesellschaften einen Geschäftsbesorgungsvertrag, in dem die Vereinbarung über die Zusammenarbeit des Klägers mit den Vertragsgesellschaften erneuert und schriftlich festgelegt wurde.

Zu den Aufgaben des Klägers gehörte u. a. die erste Beratung von Versicherungsinteressenten, die sich an den Kläger wandten, weil sie Mitglieder waren oder werden wollten, ferner eine Reihe unterstützender Tätigkeiten zugunsten der Vertragsgesellschaften bei Antragsprüfung, Inkasso und anderen Vertragsfragen.

Nach § 2 dieses Geschäftsbesorgungsvertrags entrichtete jede Vertragsgesellschaft für die Durchführung der vom Kläger übernommenen Aufgaben an den Kläger Verwaltungskostenbeiträge in Höhe von . . . % der für sie vom Kläger kassierten Beiträge, soweit sie auf Versicherungen entfielen, die seit dem . . . 1967 abgeschlossen worden waren. Der Kläger vereinnahmte diese Beiträge als ,,Einnahmen aus Verwaltungsbeiträgen".

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts - FG - (Urteil S. 5) hatte der Kläger bereits . . . eine Geschäftsstelle in A gegründet, von der aus ein Vorstandsmitglied (des Klägers) den Außendienstmitarbeitern der Vertragsgesellschaften die Argumente für den Verkauf des X-Vertragszweiges nahebrachte. Die Außendienstmitarbeiter der Vertragsgesellschaften erhielten Legitimationsschreiben, nach denen sie berechtigt waren, potentielle Mitglieder des Klägers zu beraten und Aufnahmeanträge entgegenzunehmen. Wenn ein Außendienstmitarbeiter den Versicherungsantrag nach dem Sondertarif des Klägers entgegennahm, war sichergestellt, daß der Antragsteller Mitglied des Klägers war oder gleichzeitig mit dem Abschluß der Versicherung wurde. Verträge mit den Vertragsgesellschaften kamen weiterhin dadurch zustande, daß Mitglieder weitere Verträge mit den Vertragsgesellschaften über den Kläger abschlossen. In einigen Fällen wandten sich interessierte Versicherungsnehmer an den Kläger, die nach dem Erwerb der Mitgliedschaft den Antrag auf Abschluß eines Lebensversicherungsvertrags bei den Vertragsgesellschaften stellten.

Der Kläger vertrat in einem Schreiben an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) vom . . . 1967 die Auffassung, seine Tätigkeit für die Vertragsgesellschaften bestehe nach seiner Schätzung zu . . . % aus verwaltender und zu . . . % aus vermittelnder Tätigkeit als Versicherungsvertreter.

Ab 1968 behandelte der Kläger die vereinnahmten Verwaltungskostenbeiträge in vollem Umfang als Entgelte für nach § 4 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) steuerfreie Umsätze. Die Mitgliederbeiträge sah der Kläger nicht als Entgelte für steuerbare Leistungen an.

Nach einer Außenprüfung änderte das FA die erklärungsgemäßen Umsatzsteuerfestsetzungen 1970 und 1976 dahingehend, daß es die Verwaltungskostenzuschüsse nicht mehr als steuerfrei nach § 4 Nr. 11 UStG 1967 und die Mitgliederbeiträge als Entgelte für steuerbare Leistungen beurteilte. Die vereinnahmten Verwaltungskostenbeiträge betrugen 1970 . . . DM und 1976 . . . DM, die Mitgliederbeiträge 1970 . . . DM und 1976 . . . DM. Aus diesen Beträgen berechnete das FA die Umsatzsteuer.

Die ohne Vorverfahren erhobenen Klagen hatten keinen Erfolg.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Nach seiner Ansicht hat das FG die Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG 1967/1973 zu Unrecht abgelehnt.

Wenn er - wie auch das FG meine - mit ständiger Vermittlungstätigkeit betraut gewesen sei, sei nicht ersichtlich, weshalb er diese nicht auch faktisch ausgeübt haben solle. Denn er, der Kläger, habe stets nur getan, womit er betraut gewesen sei. Das FG hätte schon bei der Frage der ,,ständigen Betrauung" mit der Vermittlung eine mehr wirtschaftliche Auslegung dessen, was i. S. des § 84 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) unter ,,vermitteln" zu verstehen sei, anwenden müssen. Dafür sei eine Mitwirkung beim Vertragsschluß selbst nicht notwendig (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 21. September 1973 IV ZR 89/72, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1974, 257). Die ausreichende Einwirkung auf seine Mitglieder habe bei ihm, dem Kläger, darin bestanden, daß er in Betracht kommenden Interessenten den Beitritt unter Hinweis auf die damit verbundenen Vergünstigungen der Vereinsmitglieder bei den Vertragsgesellschaften angetragen und ,,verkauft" habe und die Interessenten an eine bestimmte Vertragsgesellschaft bzw. deren Agenten verwiesen habe. Das sei bereits Vermittlung und nicht bloße Werbung. Unerheblich sei, daß es sich hier nicht um den normalen Vertretertyp handele, sondern um ein vereinsmäßig organisiertes Gebilde, dessen Tätigkeit nach außen auch so gestaltet sein müsse, daß die versicherungsaufsichtlich notwendige Genehmigung für die Verträge mit den Versicherungsgesellschaften ,,mit Sammelinkasso" auch erteilt werden könne. Wäre er, der Kläger, primär ein klassischer Versicherungsvermittler mit dem Schwerpunkt bei dieser Aufgabe, schiede die Genehmigungsmöglichkeit aus. Das FG habe daher zu Unrecht die Vermittlungstätigkeit im Hinblick auf die im Vordergrund stehende verwaltende Tätigkeit als nicht ,,nennenswert" abgetan.

Dabei habe das FG auch verkannt, daß bei einer gemischten Tätigkeit die durch § 4 Nr. 11 UStG 1967/1973 begünstigte Vermittlungstätigkeit durchaus geringfügig sein könne. Liege auch nur eine geringfügige Tätigkeit als Versicherungsvermittler vor, so gehörten zu dieser befreiten Tätigkeit sämtliche Umsätze aus der berufstypischen Tätigkeit, insbesondere die gesamte Verwaltungstätigkeit.

Auch wenn man entgegen dieser Auffassung keine Verletzung des § 4 Nr. 11 UStG 1967/1973 durch das angefochtene Urteil sehe, liege jedenfalls ein Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Urteils führen müsse. Das Urteil werde nämlich von der Auffassung des FG getragen (S. 14), daß der Kläger keine nennenswerten Aktivitäten im Einzelfall entwickelt habe. Das FG habe hier also in tatsächlicher Hinsicht nennenswerte Aktivitäten vermißt, ohne jedoch dazu tatsächliche Feststellungen zu treffen. Andererseits habe das Gericht auf S. 5 des Urteils den klägerischen Vortrag wiedergegeben, . . . % seiner Tätigkeit bestünden aus vermittelnder Tätigkeit als Versicherungsvertreter. Angesichts dessen hätte das Gericht nach § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Sachverhalt näher aufklären müssen. Er, der Kläger, hätte dann anhand von konkreten Einzelfällen seine durchaus ausgeübte Vermittlungstätigkeit näher dargestellt, woraus sich die vom FG vermißten ,,Aktivitäten im Einzelfall" ergeben hätten. Die Entscheidung beruhe daher auf der pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung.

Die Annahme des FG, jeder Mitgliedsbeitrag sei Entgelt für Leistungen an die einzelnen Mitglieder, verletze § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/1973.

Das einzelne Mitglied sei allein auf die mit der Mitgliedschaft verbundenen Prämienvorteile aus. Die Erzielung von aufsichtsrechtlich genehmigungsfähigen und damit gegenüber der Konkurrenz auch haltbaren Prämienvorteilen sei maßgeblicher Gemeinschaftszweck. Der Vergleich mit dem Sachverhalt eines Lohnsteuerhilfevereins, der seinen Mitgliedern auf den jeweiligen Einzelfall abgestellte Hilfe in Lohnsteuersachen biete und erbringe, sei vom Sachverhalt her abwegig und irreführend (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Mai 1974 V R 128/71, BFHE 112, 430, BStBl II 1974, 530). Denn eine Beratungstätigkeit spiele bei ihm, dem Kläger, nur eine völlig untergeordnete Rolle.

Die Mitglieder zahlten ihre Beiträge also nicht, um damit eine Leistung oder Leistungsbereitschaft des Vereins abzugelten, sondern um eine körperschaftliche Pflicht zu erfüllen (Mindestausstattung des Vereins zur Erhaltung seiner Existenz, welche für die Prämienvorteilserzielung erforderlich sei). Darüber hinaus fehle es auch an allen Merkmalen eines Leistungsaustauschs, wie ihn der BFH im Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76 (BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495) grundlegend dargestellt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Die vom angefochtenen Urteil abweichende Beurteilung der Mitgliederbeiträge durch den Senat (s. unten 2.) hat möglicherweise Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug. Mangels einschlägiger Feststellungen kann der Senat nicht durcherkennen.

1. Die Auffassung des FG, die sog. Verwaltungskostenbeiträge seien kein Entgelt für steuerfreie Umsätze des Klägers ,,aus der Tätigkeit als . . . Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler" (§ 4 Nr. 11 UStG 1967/1973), hält den Einwendungen der Revision stand.

Begünstigt durch die Vorschrift sind bestimmte Tätigkeiten von Angehörigen der genannten Berufsgruppen. Für den Beruf des Versicherungsvertreters ist die handelsrechtliche Begriffsbestimmung durch § 92 Abs. 1 HGB maßgeblich (BFH-Urteil vom 29. Juni 1987 X R 11/81, BFHE 150, 385, BStBl II 1987, 867, mit Nachweisen).

Versicherungsvertreter ist nach § 92 Abs. 1 HGB, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Handelsvertreter im Sinn der Vorschrift in Verbindung mit § 84 Abs. 1 HGB ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Von dieser Begriffsbestimmung ging das FG zutreffend aus. Wenn das FG dann unter Hinweis darauf, daß nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom . . . 1967 die Vertragsgesellschaften dem Kläger sowohl vermittelnde als auch verwaltende Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters übertragen hätten, zu dem Ergebnis kommt, es messe dabei gleichwohl nicht den vertraglichen Vereinbarungen, sondern dem tatsächlichen Tätigwerden des Klägers entscheidendes Gewicht bei - der Rahmen der Möglichkeiten des Klägers sei den Vertragspartnern bewußt gewesen -, so ist das rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. Mai 1982 I ZR 68/80, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1983, 42) ist für die Frage, ob auf Geschäftsbeziehungen Handelsvertreterrecht anwendbar ist, nicht nur der jeweilige Vertragsinhalt maßgeblich, es ist vielmehr zulässig, aus der weiteren Entwicklung der Handhabung eines Vertrages auch Schlüsse auf den konkreten Vertragsinhalt zu ziehen (vgl. auch von Gamm, NJW 1979, 2489). Die Rüge des Klägers, das FG habe mit widersprüchlicher Begründung seine Tätigkeit als Handelsvertreter verneint, wenn es einerseits seine vertragliche Verpflichtung, sich um die Vermittlung von Versicherungsverträgen zu bemühen, anführe, aber andererseits eine entsprechende Tätigkeit vermisse, geht ins Leere. Darin liegt weder eine Verletzung des § 4 Nr. 11 UStG 1967/1973 noch eine sich aufdrängende, aber unterlassene Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 FGO im Hinblick darauf, daß das Gericht auch seinen, des Klägers, Vortrag wiedergegeben hat, . . . % seiner Tätigkeit bestünden aus vermittelnder Tätigkeit als Versicherungsvertreter. Unter Bezugnahme auf die eigenen Ausführungen des Klägers hat sich das FG auf folgende Feststellungen gestützt: Der Beratungstätigkeit des Klägers komme keine Bedeutung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zu, weil der Kläger den persönlichen Kontakt zu seinen Mitgliedern auf ein Mindestmaß reduziert habe. Eine Beratung der Mitglieder in der einen Geschäftsstelle sei mangels entsprechender Besetzung nicht möglich gewesen. In der anderen Geschäftsstelle habe sie eine so geringe Bedeutung gehabt, daß sie, gemessen an der gesamten Tätigkeit des Klägers, nicht nennenswert ins Gewicht gefallen sei.

Soweit der Kläger - insbesondere in der mündlichen Verhandlung - geltend macht, diese Feststellungen des FG zu seiner (eingeschränkten) Beratungstätigkeit bezögen sich nur auf die Beratung bereits beigetretener Mitglieder (im Zusammenhang mit den Mitgliederbeiträgen), hingegen fehlten Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Vermittlungstätigkeit bzw. der Gewinnung von Mitgliedern, folgt der Senat dem nicht. Zu der - nach Ansicht des Klägers - vermittelnden Tätigkeit hat das FG festgestellt, der Kläger sei neben der rein verwaltenden Tätigkeit (nach Maßgabe des Geschäftsbesorgungsvertrags) im wesentlichen in der Weise in Erscheinung getreten, daß er durch Druckschriften, durch Veranstaltung von Vorträgen, Kontaktpflege zu Verbänden usw. für den Abschluß von Versicherungsverträgen geworben habe. Der Kläger habe die Außendienstmitarbeiter der Vertragsgesellschaften geschult; diesen habe nahezu ausschließlich die Kontaktaufnahme mit einzelnen Interessenten für den Abschluß von Versicherungsverträgen oblegen. Gegen diese Feststellungen sind (auch in der mündlichen Verhandlung) keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben worden. Auf Grund der materiell-rechtlichen Auffassung des FG ist nicht ersichtlich, daß sich ihm weitere Sachverhaltsaufklärungen hätten aufdrängen müssen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche Aktivitäten (über die Feststellungen hinaus) als Vermittlungstätigkeit hätten festgestellt werden müssen.

Im übrigen ist der Rechtsstandpunkt des FG, die festgestellten Aktivitäten seien noch keine vermittelnde Tätigkeit, weil die konkrete Einwirkung auf den angesprochenen Personenkreis zum Abschluß von Versicherungsverträgen im Einzelfall fehle, und es handle sich noch um den Bereich der Werbung, die keinen Bezug zum konkreten Einzelgeschäft habe, nicht zu beanstanden. Nicht nur die vom FG festgestellten Tätigkeiten des Klägers weisen darauf hin, daß die Geschäftsbeziehungen auf Grund des Geschäftsbesorgungsvertrags nicht auf die Vermittlung des Einzelgeschäfts durch den Kläger ausgerichtet waren. Auch der Vertragsinhalt selbst gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger gehalten war, für die Vertragsgesellschaften ständig Versicherungsgeschäfte zu vermitteln und für diese vermittelten Einzelgeschäfte Provision erhalten sollte (vgl. BGH, NJW 1983, 42). Abgesehen davon, daß ausdrücklich die Verpflichtung zur Vermittlung von Versicherungsverträgen im Geschäftsbesorgungsvertrag nicht festgehalten ist, fehlt auch jede Provisionsabrede dafür. Die Regelung in § 2 des Gschäftsbesorgungsvertrags über die Verwaltungskostenbeiträge an den Kläger für die übernommenen Aufgaben (,,Einnahmen aus Verwaltungskostenbeiträgen") betrifft letztlich nur die Tätigkeit aus der Verwaltungstätigkeit des Klägers (Bestandsverwaltung u. ä.) in Höhe von . . . % der für die Vertragsgesellschaften kassierten Beiträge.

Auch im sog. X-Vertrag von 1967 ist unter § 1 Abs. 2 nur ausgeführt: ,,Der X wird in geeigneter Weise auf die Möglichkeit des Versicherungsabschlusses hinweisen." Der Hinweis auf die Möglichkeit ist keine Anweisung zu einem konkreten Vermittlungsverhalten. Dieses verlangt das Einwirken des Vermittlers mit dem Ziel, das Geschäft mit dem Auftraggeber zustande zu bringen. Zwar genügt beim Vermittler, daß seine Tätigkeit die Abschlußbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Vermittler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war (vgl. zum Vermittlungsmakler BGH-Urteil vom 21. September 1973 IV ZR 89/72, WM 1974, 257). Das FG hat dazu ausgeführt, schon die bloße Existenz des Klägers sei zwar in erheblichem Maße für den Abschluß von Versicherungsverträgen mit den Vertragsgesellschaften förderlich gewesen, es habe jedoch an nennenswerten Aktivitäten im Einzelfall gefehlt. Auch darin sieht der Senat keinen Rechtsverstoß. Das FG konnte nach seinen Feststellungen zur Schlußfolgerung kommen, daß der Kläger auf die jeweiligen Mitglieder nicht im Hinblick auf den Abschluß eines Versicherungsvertrags einwirkte. Ob diese Würdigung des FG im einzelnen zwingend ist, ist unerheblich. Sie ist jedenfalls nicht in sich widersprüchlich. Zwar liegt es, wie auch das FG meint, nahe, daß der Kläger allein den Zweck hatte, Kunden für die Vertragsgesellschaften zu beschaffen, und dabei nach Art eines Rabattvereins wirkte (vgl. BGH-Urteil vom 26. Oktober 1989 I ZR 13/88, NJW 1990, 424, mit Nachweisen). Andererseits zeigt sich aus den wiedergegebenen und in Bezug genommenen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und den Vertragsgesellschaften sowie der Einschaltung des Bundesaufsichtsamts, daß im Hinblick auf die Fortentwicklung der langjährigen Geschäftsbedingungen zwischen Kläger und Vertragsgesellschaften von diesen Beteiligten ein Auftreten des Klägers als Versicherungsvermittler für nicht mehr erforderlich gehalten bzw. (aus versicherungsaufsichtsrechtlichen oder anderen Gründen) nicht gewollt war. Die Kontaktaufnahme mit den einzelnen Interessenten für den Abschluß der Versicherungsverträge zu den Bedingungen nach dem X-Vertrag (. . . % Nachlaß für die Mitglieder) oblag nach den Feststellungen des FG nahezu ausschließlich den Außendienstmitarbeitern der Vertragsgesellschaften. Die Feststellungen des FG können eher den Eindruck vermitteln, daß auch der Beitritt der Versicherungsinteressenten zum Kläger überwiegend durch Vermittlung der Außendienstmitarbeiter der Vertragsgesellschaften erfolgte.

Soweit die demnach anzunehmende Verwaltungstätigkeit des Klägers Inkasso-Leistungen für die Vertragsgesellschaften enthält, greift auch die Befreiungsvorschrift des § 14 Nr. 8 UStG 1967/1973 nicht ein (,,Inkasso von Handelspapieren").

2. Die Revision des Klägers hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die Beurteilung der Mitgliederbeiträge (Vereinsbeiträge) als Entgelt für Leistungen des Klägers an die Mitglieder wendet.

Das FG begründete die Annahme eines Leistungsaustauschs zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH damit, der Kläger erfülle nicht nur satzungsmäßige Gemeinschaftszwecke für die Gesamtbelange der Mitglieder. Der Gemeinschaftszweck erschöpfe sich vielmehr in der Existenz des Klägers und sei allein darauf gerichtet, den Mitgliedern - jedem für sich - je nach den individuellen Verhältnissen die Prämienvorteile der Vertragsgesellschaften zu sichern. Damit stünden aber Sonderinteressen des einzelnen Mitglieds entscheidend im Vordergrund.

Der Senat hält die vom FG herangezogenen Abgrenzungsgrundsätze für unvollständig.

Zwar ergibt sich aus § 2 Abs. 1 UStG 1967/1973, daß eine Personenvereinigung auch dann steuerbare Leistungen (im Rahmen eines Leistungsaustauschs) erbringen kann, wenn sie nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Dabei ist es auch nicht entscheidend, ob mit der Tätigkeit lediglich der Verbandszweck der Personenvereinigung erfüllt wird (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1985 V R 107/76, BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153, mit Nachweisen).

Wie der Senat im vorbezeichneten Urteil ausgeführt hat, steht der Annahme eines Leistungsaustauschs (bei dem die Leistung um der Gegenleistung willen erbracht wird) nicht entgegen, daß die Personenvereinigung für alle Mitglieder gleiche Leistungen ausführt, wie etwa im Urteilsfall in BFHE 112, 430, BStBl II 1974, 530 - Lohnsteuerhilfeverein -: In diesem Fall hatte der Verein gegenüber jedem einzelnen Mitglied gleichartige Einzelleistungen ausgeführt oder war zumindest zur Ausführung dieser Leistungen bereit. Ebenso steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen, daß die Personenvereinigung durch ihre Tätigkeit mit ein und derselben Leistung gleichzeitig für alle Mitglieder tätig wird. Die einheitliche Werbetätigkeit der Werbegemeinschaft im Fall von BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153 war gleichwohl steuerbare Leistung an jedes einzelne Mitglied; denn jedes Mitglied war in erster Linie an den Auswirkungen der von der Gemeinschaft veranlaßten Werbemaßnahmen für seinen Geschäftsbereich interessiert und nur in einem diesem Interesse entsprechendem Umfang bereit, an die Gemeinschaft zu zahlen. Im letztgenannten Fall konnte die für die Leistungsaustausch erforderliche Wechselbeziehung bzw. gegenseitige Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung auf den Umstand (als Indiz) gestützt werden, daß die Umlagen von den Gesellschaftern nicht unabhängig davon erhoben wurden, ob und in welchem Umfang den Gesellschaftern die (Werbe-)Leistungen oder Gesellschaft zugute kamen.

Im Streitfall ist schon nicht ersichtlich, worin die gegenüber jedem einzelnen Mitglied des Klägers ausgeführten gleichartigen Einzelleistungen oder aber die eine Leistung des Klägers, die sich zugleich als steuerbare Leistung an jedes einzelne Mitglied darstellt, bestehen soll.

Der nach der Vereinssatzung ausdrücklich bezeichnete Zweck - nämlich die (unentgeltliche) Beratung und Unterstützung bei Abschluß und Durchführung von Lebensversicherungsverträgen mit den Vertragsgesellschaften -, bei dessen Realisierung tatsächlich Einzelleistungen an die Mitglieder ausgeführt worden wären, wurde nach den Feststellungen des FG nicht (nennenswert) in die Tat umgesetzt. Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht darauf einzugehen, ob entgegen der in der Satzung angegebenen Unentgeltlichkeit der Beratung in den jeweiligen Mitgliedsbeiträgen ein Entgelt gesehen werden müßte (vgl. BFHE 112, 430, BStBl II 1974, 530).

Soweit das FG darauf abstellte, der Zweck des Klägers sei es allein gewesen, seinen Mitgliedern - jedem für sich - die Prämienvorteile der Vertragsgesellschaften zu sichern, läßt sich entgegen der Auffassung des FG daraus eine Leistung des Klägers an seine Mitglieder nicht konkret herleiten. Konkreter wirtschaftlicher Vorteil jedes einzelnen Mitglieds war die von der jeweiligen Vertragsgesellschaft bei Versicherungsabschluß gewährte Prämienvergünstigung. Es mag zwar zutreffen, daß der Beitritt zum Kläger deswegen erfolgte, weil die Mitgliedschaft mit dem Prämiennachlaß durch die Vertragsgesellschaften verbunden war. Nicht ersichtlich ist jedoch, daß diese Begünstigungsfolge vom Kläger als jeweils konkrete Leistung an die Mitglieder gegen Zahlung des sog. Mitgliedsbeitrags als Entgelt ausgeführt wurde. Soweit sich der Kläger betätigte, um diese Vorteilsmöglichkeit zu schaffen, betätigte er sich, um den Prämienrabatt jedem seiner Mitglieder gleichartig zu verschaffen. Seine Tätigkeit legte die Grundlage für die Anwendung eines - untechnisch bezeichnet - Gruppenversicherungstarifs, der eingriff, soweit mindestens . . . Mitglieder der bezeichneten Berufsgruppe im Kläger vereinigt waren. Diese Gesamtbetätigung des Klägers zur Verwirklichung seines Satzungszwecks läßt sich nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht als ein Bündel konkretisierter Leistungen an die jeweiligen Mitglieder aufspalten. Mangels anderer Anhaltspunkte käme als Konkretisierungsindiz lediglich der in der Beitragsbemessung ersichtliche Umfang der Tätigkeit im Interesse des jeweiligen Mitglieds (nach seinem vermuteten Eigennutzen) in Betracht. Nach den Umständen des Streitfalls kann aus dem einheitlichen Mitgliedsbeitrag für jedes Mitglied - unabhängig von der Zahl der abgeschlossenen Versicherungen oder der Höhe der Versicherungssumme - nicht darauf geschlossen werden, daß die Gesamttätigkeit des Klägers von diesem als Summe gleichartiger konkreter Einzelleistungen für jedes Mitglied bei gleicher Entgeltshöhe erbracht würde (vgl. BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153, entsprechend Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 8. März 1988 Rs. 102/86, Umsatzsteuer-Rundschau 1989, 275). Da Anhaltspunkte für die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers als Bündel steuerbarer Leistungen gegen die Beiträge der Mitglieder als jeweiliges Entgelt nicht konkretisierbar sind, sind die jeweiligen Mitgliederbeiträge als pauschale Umlagen zur Deckung der durch andere Einnahmen des Klägers (die oben unter 1. bezeichneten Verwaltungskostenbeiträge) nicht gedeckten Kosten der Tätigkeit des Klägers anzusehen, also nicht als Entgelt für steuerbare Leistungen (vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Dezember 1968 V 228/65, BFHE 95, 58, BStBl II 1969, 302).

3. Das Urteil des FG war aufzuheben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Der Senat hält diese Zurückverweisung für geboten, weil nach den Feststellungen nicht ersichtlich ist, inwieweit sich durch die andere Beurteilung der Mitgliederbeiträge ein Vorsteuerabzug aus etwaigen Leistungen, die der Kläger im Hinblick auf die (vom FG bisher als steuerbar und steuerpflichtig angesehene) Tätigkeit in Anspruch genommen hat, auswirkt (s. Tz. 54 des Betriebsprüfungsberichts).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417532

BFH/NV 1991, 489

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