Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Feststellung eines Sonderwerts nach § 33a Abs. 3 BewDV setzt die überschreitung der Fortschreibungsgrenzen voraus.

Bei Errichtung eines Gebäudes, nach dessen Fertigstellung nicht die Fortschreibungsgrenzen überschritten werden, ist auch von der Zurechnung der aufgewendeten Baukosten gemäß § 33a Abs. 3 BewDV abzusehen.

Ist ein Sonderwert nach § 33a Abs. 3 BewDV streitig, so ist der pauschale Streitwert bei Grundstücken (Betriebsgrundstücken) um 20 v. T. zu ermäßigen, weil der Sonderwert keine Bedeutung für die Grundsteuer hat.

 

Normenkette

BewDV § 33a Abs. 3; BewG § 91/2; AO § 320/4; FGO § 140/3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine KG, betreibt eine Papierfabrik. Der Einheitswert ihres mit Gebäuden besetzten Betriebsgrundstücks war zum Stichtag 1. Januar 1941 auf 348.200 RM festgestellt. Im Laufe des Jahres 1948 hat die Bfin. auf dem Betriebsgrundstück ein weiteres Gebäude (Lagerhaus) errichtet. Nach den bei einer Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen hat die Bfin. bis zum 21. Juni 1948 an Baukosten 50.000 RM aufgewandt. Das Finanzamt hat, ausgehend von einem Bauindex von 300 %, die aufgewandten Baukosten von 50.000 RM auf den Bauindex vom 1. Januar 1935 mit 130 %, mithin auf 21.660 RM umgerechnet und unter Zugrundelegung einer Wertzahl von 85 v. H. den Wert des neuen Lagergebäudes auf 18.416 RM ermittelt. Diesen Wert hat es dem Einheitswert vom 1. Januar 1941 hinzugrechnet und im Wege der Wertfortschreibung den Einheitswert zum 21. Juni 1948 auf (348.200 RM + 18.416 RM =) 366.616 RM / DM, abgerundet, 366.600 RM / DM festgestellt. Hiergegen hat die Bfin. mit der Begründung Einspruch eingelegt, daß die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung zum 21. Juni 1948 mangels überschreitung der Wertgrenzen des § 2 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) nicht vorlägen. Einspruch und Berufung der Bfin. sind erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird erneut Aufhebung der Wertfortschreibung zum 21. Juni 1948 begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Es kommt zunächst darauf an, ob bei Feststellung eines Sonderwerts nach § 33a BewDV die Fortschreibungsgrenzen des § 22 des Bewertungsgesetzes (BewG) bzw. der zu dessen Abänderung ergangenen Vorschriften zu beachten sind. Finanzamt und Finanzgericht haben die Frage verneint. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Feststellung eines Sonderwerts nach § 33a BewDV kann - abgesehen von den Fällen der Hauptfeststellung oder der Nachfeststellung - nur im Wege der Wertfortschreibung gemäß § 22 BewG erfolgen, wie sie das Finanzamt ja selbst vorgenommen hat. Hieraus ergibt sich aber, daß auch die Fortschreibungsgrenzen des § 22 BewG in der Höhe der ihn ergänzenden Vorschriften beachtet werden müssen. § 33a BewDV schafft keine selbständige Möglichkeit der Feststellung eines neuen (- besonderen -) Einheitswerts neben der Einrichtung der Wertfortschreibung. Hätte der Verordnungsgeber seinerzeit eine solche Absicht gehabt, so hätte er sie in § 33a BewDV unmißverständlich niederlegen müssen. Demgegenüber können auch die vom Finanzgericht wiedergegebenen Ausführungen von Rössler in Deutsche Steuer-Zeitung 1954 Ausgabe A S. 122, 125 nicht zu einer anderen Beurteilung führen, daß es sich bei § 33a BewDV um eine zur Erfassung des Vermögens getroffene Sondervorschrift und nicht um eine Bewertungsvorschrift im Sinne der Ermittlung des Einheitswerts nach bewertungsrechtlichen Gedankengängen handle. Rössler hat sich im übrigen a. a. O. mit der Frage nach Einhaltung der Fortschreibungsgrenzen gar nicht befaßt.

Da im vorliegenden Fall Wertfortschreibung auf den 21. Juni 1948 in Betracht kommt und eine Bestandsveränderung durch Neubau eines Gebäudes vorliegt, sind die in § 4 Abs. 3 des Fortschreibungsgesetzes bestimmten Wertgrenzen maßgebend, nicht die des § 2a BewDV, wie die Bfin. meint. Hiernach wäre vorliegendenfalls an sich die Fortschreibung zulässig, weil die Wertabweichung gegenüber dem letzten Feststellungszeitpunkt 18.416 RM / DM, also mehr als 10.000 DM beträgt. Die Bfin. führt jedoch mit Recht aus, daß eine Wertfortschreibung auf den 21. Juni 1948 nicht zulässig sei, weil eine Wertfortschreibung zum 1. Januar 1949, für die wieder die Wertgrenzen des § 2a BewDV gelten, nicht vorgenommen werden könne. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 113/40 vom 11. Juni 1941 (Reichssteuerblatt 1941 S. 733) ist Grundbesitz im Zustand der Bebauung nicht höher zu bewerten, als er nach Bezugsfähigkeit der Gebäude bewertet wird, weil es nicht dem Sinn und Zweck des BewG entspricht, daß ein unvollendetes Gebäude höher bewertet wird als ein fertiggestelltes. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Aus diesem Grundsatz folgert der Senat aber, daß bei Errichtung eines Gebäudes, nach dessen Fertigstellung nicht die Fortschreibungsgrenzen überschritten werden, von einer Zurechnung der aufgewendeten Kosten gemäß § 33a Abs. 3 BewDV abgesehen werden muß (vgl. Uhlich in Deutsche Steuer-Zeitung 1940 S. 472 Ziff. 11 zu d). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung zum 1. Januar 1949 unstreitig nicht gegeben. Hiernach ist vorliegendenfalls auch eine Wertfortschreibung zum 21. Juni 1948 nicht zulässig. Irrig ist es, wenn die Vorinstanzen eine Wertfortschreibung deshalb für zulässig halten, weil der Wert des in Bau befindlichen Gebäudes am 21. Juni 1948 mit 18.416 RM / DM niedriger ist als der anteilige, rund 26.000 DM betragende Wert dieses Gebäudes nach Fertigstellung, mit dem es in dem Einheitswert auf den nächstfolgenden Feststellungszeitpunkt vom 1. Januar 1951 enthalten ist. Diese Auffassung übersieht, daß ein Gebäude nach Fertigstellung in seinem Wert nicht mehr für sich allein betrachtet werden kann, sondern nur noch einen unselbständigen Teil des Gesamtwerts des bebauten Grundstücks darstellt.

Hiernach beruht die angefochtene Entscheidung auf unzutreffenden rechtlichen Erwägungen. Die angefochtene Entscheidung, die Einspruchsentscheidung des Finanzamts und dessen Wertfortschreibungsbescheid zum 21. Juni 1948 waren daher, letzterer ersatzlos, aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 307 ff. der Reichsabgabenordnung.

Hinsichtlich des Streitwerts bemerkt die Bfin. mit Recht, daß der Sonderwert nach § 33a BewDV für die Grundsteuer keine Bedeutung hat. Die pauschale Bemessung des Streitwerts ist deshalb in solchen Fällen niedriger vorzunehmen, und zwar bei Grundstücken (Betriebsgrundstücken) um 2 % (20 Promille), da regelmäßig die Bedeutung des Einheitswerts sich - abgesehen vom Lastenausgleich - zur Hälfte auf die Grundsteuer auswirkt. Der Streitwert war daher für alle Rechtsstufen auf 22 % von 18.400 DM, d. h. auf 4.050 DM, festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408821

BStBl III 1957, 314

BFHE 1958, 204

BFHE 65, 204

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