Leitsatz (amtlich)

Im Jahre 1976 aus EG-Mitgliedstaaten eingeführter Branntweinverschnitt unterlag hinsichtlich seines Anteils an Äthylalkohol nicht der Monopolausgleichspitze. Für den Anteil an Weinbrand hängt die Höhe der Monopolausgleichspitze davon ab, ob die den Weinbrand herstellende Brennerei die Voraussetzungen für eine Vergünstigung nach § 79 Abs. 2 BranntwMonG a. F. erfüllt hätte.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 95; BranntwMonG a.F. §§ 76, 78-79, 151-152

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte am 12. Januar 1976 20 171 l sog. Goldbranntwein (Branntweinverschnitt) aus Belgien zur Einlagerung in ihr Branntweineigenlager ein. Durch Bescheid vom 16. Februar 1976 erhob der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt – HZA –) die Monopolausgleichspitze in Höhe von 80 DM je Hektoliter Weingeist (hl W), d. h. für 6 465,7/l W 5 172,56 DM. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 16. Februar 1976 aufzuheben und das HZA zu verurteilen, an die Klägerin 5 172,56 DM nebst 0,5 % Zinsen je vollen Monat seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hatte Erfolg.

Das FG ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu. Das HZA legte Revision ein.

Auf Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats (Beschluß vom 2. Dezember 1980 VII R 26/78, BFHE 131, 576) entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Urteil vom 25. November 1981 Rs. 4/81 (EuGHE 1981, 2835), daß bei dem von einem staatlichen Monopol festgesetzten Branntweinverkaufpreis als „Abgabe” i. S. des Art. 95 EWGV „nur der Preisbestandteil anzusehen (ist), den das Monopol aufgrund gesetzlicher Regelung als der Höhe nach bestimmte Branntweinsteuer an die Staatskasse abzuführen hat”.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, soweit die Vorentscheidung nicht durch die Einschränkung des Revisionsantrages des HZA bestandskräftig geworden ist.

1. Die eingeführte Ware unterlag als Branntwein nach § 151 Abs. 1 BranntwMonG a. F. dem Monopolausgleich. Dieser bestand in dem Unterschied zwischen dem regelmäßigen Branntweinverkaufpreis und dem Branntweingrundpreis (§ 152 Abs. 1 BranntwMonG a. F.). Den regelmäßigen Branntweinverkaufpreis hat die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMonV) durch Bekanntmachung vom 10. September 1975 (Bundesanzeiger – BAnz – Nr. 174 vom 19. September 1975) auf 1 833 DM/hl W festgesetzt (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 1 Branntw-MonG a. F.). Der Branntweingrundpreis betrug 253 DM/hl W (Bekanntmachung der BMonV vom 30. Oktober 1975, BAnz Nr. 212 vom 13. November 1975, i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. Januar 1976, BAnz Nr. 24 vom 5. Februar 1976). Die darin enthaltene Branntweinsteuer betrug nach § 84 Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG a. F. 1 500 DM/hl W Der über diesen Betrag hinausgehende Teil des Monopolausgleichs die Monopolausgleichspitze (vgl. § 73 der Ausführungsbestimmungen – Grundbestimmungen – zum Gesetz über das Branntweinmonopol – GB –), belief sich somit auf 80 DM/hl W. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das HZA eine Monopolausgleichspitze in dieser Höhe erhoben.

2. Nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts sind die genannten Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts jedoch unanwendbar, wenn sie im Gegensatz zu Gemeinschaftsrecht stehen. Das ist hier jedenfalls zum Teil der Fall. Die damals geltenden Vorschriften des BranntwMonG über die Erhebung der Monopolausgleichspitze für eingeführte Ware stehen nicht in vollem Umfang in Einklang mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 95 EWGV. Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des erkennenden Senats unmittelbar geltendes Recht.

3. Die Frage, ob das nationale Recht Waren aus anderen Mitgliedstaaten bei der Einfuhr hinsichtlich der Erhebung nationaler Steuern diskriminiert, ist nach Art. 95 Abs. 1 EWGV anhand eines Vergleichs der Belastungen für eingeführte und für gleichartige inländische Waren zu entscheiden. Davon ist auch die Vorentscheidung ausgegangen. Das FG hat aber verkannt, daß es bei diesem Belastungsausgleich nicht allein auf die Frage der Gleichartigkeit ankommt, sondern daß innerhalb des Begriffs der Gleichartigkeit steuerrechtliche Differenzierungen zulässig sind, die berücksichtigt werden müssen. Zur Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 18. Oktober 1983 VII R 26/77 (BFHE 139, 461). Für die Frage, welche der unterschiedlichen inländischen Abgabenbelastungen bei dem Belastungsvergleich nach Art. 95 EWGV konkret heranzuziehen ist, kommt es danach darauf an, welchen der verschiedenen Tatbestände der nationalen Regelung die eingeführte Ware nach ihrer Beschaffenheit und den sonstigen relevanten Umständen tatsächlich erfüllt.

Nicht zu folgen ist der Auffassung der Klägerin, diese dem EuGH-Urteil vom 26. April 1983 Rs. 38/82 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1983, 386) entnommenen Grundsätze seien nur auf Fälle anwendbar, in denen es sich um besondere begünstigende Regelungen des nationalen Rechts handelt. Der EuGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß beim gegenwärtigen Stand der Steuerrechtsharmonisierung den Mitgliedstaaten differenzierende Steuerregelungen grundsätzlich erlaubt sind. Die zwangsläufige Folge dieser Rechtslage ist aber, daß solche Regelungen als ein Ganzes zu sehen sind und für den Belastungsvergleich im Rahmen des Art. 95 EWGV nicht aufgespalten werden können in begünstigende und belastende Elemente. Es kann daher auch keine Rolle spielen, daß es im vorliegenden Rechtsstreit nur um die Rechtmäßigkeit der Monopolausgleichspitze geht und somit eine Ermäßigung des anzuwendenden Satzes aufgrund des Diskriminierungsverbots des Art. 95 EWGV auf einen Betrag unter dem Branntweinsteuersatz praktisch ausscheidet. Die Frage der zum Vergleich heranzuziehenden inländischen Belastung kann nicht von der Zufälligkeit abhängig gemacht werden, ob der gesamte Monopolausgleich oder nur dessen Spitze – die ja Teil dieser Verbrauchsteuer ist – rechtlich zu überprüfen ist.

4. Die eingeführte Ware war nach den Feststellungen des FG ein Weinbranntverschnitt. Dieser bestand aus einer Mischung von 90 % Äthylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs und aus 10 % Branntwein aus Wein (Weinbrand). Das FG hat zwar die inländischen Waren, mit der es die eingeführte Ware verglichen hat, nicht im einzelnen benannt, sondern ist ohne weitere Begründung ausgegangen von einer getrennten Vergleichsrechnung für die beiden Bestandteile der eingeführten Ware, Äthylalkohol einerseits und Weinbrand andererseits. Es ergibt sich jedoch aus seiner Begründung unschwer, daß das FG als inländische gleichartige Ware inländischen Branntweinverschnitt mit einem Anteil von 10 % im Inland gebrannten Weinbrand und von 90 % Monopolalkohol angesehen hat. An der Existenz einer solchen inländischen Ware bestehen keine Zweifel (vgl. § 16 Abs. 2 der Verordnung über Schaumwein und Branntwein vom 15. Juli 1971, BGBl I 1971, 939, Bundeszollblatt – BZBl – 1971, 784). Das FG hat also nicht, wie die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung meint, die eingeführte Ware mit Warenbestandteilen verglichen, was in der Tat unrichtig gewesen wäre.

5. Der nach den dargestellten Grundsätzen vorzunehmende Belastungsvergleich ergibt folgendes:

a) Das nationale Steuerrecht behandelt im Inland hergestellte Branntweine unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um Monopolsprit oder um nichtablieferungspflichtigen Alkohol handelt. Die steuerliche Belastung des Monopolalkohols ergibt sich aus dem Branntweinverkaufpreis und entspricht nach der Vorabentscheidung des EuGH im vorliegenden Fall der Branntweinsteuer. Monopolfreie Branntweine (§ 76 BranntwMonG a. F.) unterliegen dagegen dem Branntweinaufschlag, der je nach den Produktionsumständen unterschiedlich hoch ist (§ 79 BranntwMonG a. F.).

Diese differenzierende innerstaatliche Regelung ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin gemeinschaftsrechtlich legitim. Steuerliche Differenzierungen sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH mit Gemeinschaftrecht vereinbar, „wenn sie wirtschaftspolitische Ziele verfolgen, die ihrerseits mit den Erfordernissen des Vertrages und des abgeleiteten Rechts vereinbar sind und wenn kraft ihrer Ausgestaltung sichergestellt ist, daß jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten und jeder Schutz inländischer konkurrierender Produktionen ausgeschlossen ist” (Urteil vom 14. Januar 1981 Rs. 140/79, EuGHE 1981, 1; vgl. auch Urteile vom 27. Februar 1980 Rs. 68/79, EuGHE 1980, 501; vom 14. Januar 1981 Rs. 46/80, EuGHE 1981, 77, und vom 15. Juli 1982 Rs. 216/81, EuGHE 1982, 2701). Diese Voraussetzungen erfüllt die genannte Regelung des BranntwMonG.

Den Mitgliedstaaten steht die Rechtsetzungsbefugnis auf dem Gebiet der inneren Steuern grundsätzlich weiterhin zu. Das hat der EuGH mehrfach bestätigt. Die Mitgliedstaaten sind daher grundsätzlich auch befugt, über die mit den Steuerregelungen etwa zu verfolgenden wirtschaftspolitischen Ziele zu entscheiden. Diese dürfen aber dem Gemeinschaftsrecht nicht widersprechen. Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, mit welcher Vorschrift des Gemeinschaftsrechts die Zielsetzungen der genannten Steuerregelungen in Widerspruch stehen könnten. Ein solcher Widerspruch läge auch dann nicht vor, wenn – was hier unentschieden bleiben kann – die Auffassung der Klägerin zuträfe, daß die Branntweinaufschlagspitze gewissermaßen als Ausgleich für die nicht bestehende Ablieferungspflicht zu bezahlen ist und damit der Mitfinanzierung des Monopols durch die Vermarkter ablieferungsfreien Branntweins dient. Denn das Gemeinschaftsrecht schreibt nicht die vollständige Abschaffung der staatlichen Handelsmonopole vor, sondern nur deren Umformung in der Weise, daß jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist (vgl. EuGH-Urteil vom 13. März 1979 Rs. 91/78, EuGHE 1979, 935, 952, Absatz 8 der Gründe).

Die differenzierende Besteuerung durch das BranntwMonG vermeidet auch jede unmittelbare und mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten und jeden Schutz inländischer konkurrierender Produktionen. Die Unterscheidung in der steuerlichen Belastung von Monopolsprit und ablieferungsfreiem Branntwein ist so angelegt, daß auch nicht mittelbar Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten schlechtergestellt oder inländische konkurrierende Produktionen geschützt sind. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für ihre Gegenmeinung auf das EuGH-Urteil in EuGHE 1982, 2701. Die in diesem Urteil zu prüfende italienische Regelung war nämlich nach Auffassung des EuGH (Absatz 11 der Urteilsgründe) dadurch gekennzeichnet, daß die typischsten inländischen Erzeugnisse (Branntwein aus Wein und aus Trester) unter die günstigste Steuerklasse fielen, während zwei Gruppen von Erzeugnissen, die fast vollständig aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt wurden (Kornbranntwein und Rum), eine höhere Steuerlast zu tragen hatten. Diese unterschiedliche Besteuerung beeinflußte nach Auffassung des EuGH den Markt dieser Erzeugnisse, indem sie den potentiellen Verbrauch der eingeführten Produkte verringerte. Damit ist die hier zu prüfende Regelung des BranntwMonG nicht zu vergleichen. Sie unterwirft Branntweine aus bestimmten Obststoffen einer Sonderregelung. Diese Rohstoffe und daraus hergestellte Branntweine werden im wesentlichen in gleicher Qualität und Quantität auch in anderen Mitgliedstaaten erzeugt. Die Regelung enthält also keine Diskriminierung der aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Branntweine und auch keinen mittelbaren Schutz der Inlandproduktion (vgl. auch Absatz 17 des EuGH-Urteils in HFR 1983, 386).

b) Die steuerliche Belastung der eingeführten Waren mit der Monopolausgleichspitze ist hinsichtlich ihres Anteils an Äthylalkohol mit der Belastung inländischen Monopolsprits zu vergleichen. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr. Monopolsprit war nach der Vorabentscheidung des EuGH im vorliegenden Fall nur mit der Branntweinsteuer belastet. Diese betrug im entscheidungserheblichen Zeitraum 1 500 DM/hl W. Sie enthielt also keinen der Monopolausgleichspitze entsprechenden Betrag. Die Erhebung der Monopolausgleichspitze für die eingeführte Ware verstieß daher jedenfalls in Höhe eines Betrags von 4 655,30 DM gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 95 EWGV. Insoweit hat das HZA die Vorentscheidung auch nicht mehr angegriffen.

c) Weinbrand erfüllt in vollem Umfang die Voraussetzungen, von denen das Branntweinmonopolrecht die Befreiung von der Ablieferungspflicht abhängig macht (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 27 BranntwMonG a. F.). Hinsichtlich des Weinbrandanteils der eingeführten Ware ist daher für die Frage, ob eine Diskriminierung i. S. des Art. 95 Abs. 1 EWGV vorliegt, ein Vergleich mit der Belastung inländischen ablieferungsfreien Branntweins vorzunehmen. Dieser unterliegt dem Branntweinaufschlag (§ 78 BranntwMonG a. F.). Dieser bestand nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG a. F. in dem Unterschied zwischen dem regelmäßigen Branntweinverkaufpreis und dem Branntweingrundpreis, vermindert um den Durchschnittsbetrag der Kosten, die die BMonV durch die Nichtübernahme des Branntweins ersparte. Diese Kosten waren durch Verordnung der BMonV vom 15. Juli 1975 (BAnz Nr. 132 vom 23. Juli 1975) damals auf 26 DM/hl W festgesetzt. Aus dieser Berechnungsformel ergab sich ein Branntweinaufschlag in Höhe von 1 554 DM/hl W, so daß die (regelmäßige) Aufschlagspitze 54 DM/hl W betrug.

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Berücksichtigung der Branntweinaufschlagspitze beim Belastungsvergleich ein, sie sei nicht als eine Abgabe i. S. des Art. 95 EWGV anzusehen. Eine solche liegt nach der Vorabentscheidung des EuGH (EuGHE 1981, 2835, 2851, Absatz 17 der Gründe) vor, wenn die Belastung „hoheitlich eingeführt und der Höhe nach festgesetzt” ist (vgl. auch EuGH-Urteil vom 17. Februar 1976 Rs. 45/75, EuGHE 1976, 181, 194, Absatz 14 der Urteilsgründe). Das ist hier der Fall. Der Branntweinaufschlag ist hoheitlich festgesetzt; kraft ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzgebers ist er eine Verbrauchsteuer (§ 78 Satz 2 BranntwMonG a. F.). Damit trifft das gleiche auch für die Branntweinaufschlagspitze zu, die Teil des Branntweinaufschlags ist. Der Branntweinaufschlag ist auch der Höhe nach bestimmt. Dem Umstand, daß die Branntweinaufschlagspitze zur Deckung der Kosten der BMonV zu dienen bestimmt war und ihrem Haushalt unmittelbar zufloß, ändert an ihrem Abgabencharakter nichts. Im Urteil in EuGHE 1976, 181, 199 (Nummern 3 und 5 des Urteilstenors) hat der EuGH ausdrücklich entschieden, daß Art. 95 Abs. 1 EWGV nicht untersagt, auf ein eingeführtes Erzeugnis und ein gleichartiges inländisches Erzeugnis eine gleiche Abgabe zu erheben, auch wenn ein Teil der von dem inländischen Erzeugnis zu tragenden Belastung den Finanzmitteln eines Staatsmonopols zufließt, während die Abgabe auf das eingeführte Erzeugnis zugunsten des allgemeinen Staatshaushalts erhoben wird.

Die Branntweinaufschlagspitze scheidet danach nicht von vornherein aus dem Belastungsvergleich aus. Fraglich ist jedoch, in welcher Höhe sie berücksichtigt werden kann. Der genannte regelmäßige Satz des Branntweinaufschlags in Höhe von 1 554 DM/hl W galt im entscheidungserheblichen Zeitraum nämlich nicht ausnahmslos. Er verminderte oder erhöhte sich vielmehr nach Maßgabe des § 79 Abs. 2 bis 6 BranntwMonG a. F., wobei insbesondere die Art der Brennerei und der Rohstoffe sowie die erzeugte Weingeistmenge eine Rolle spielten. Wie das FG ausgeführt hat, lag danach der Branntweinaufschlagsatz im maßgebenden Zeitpunkt bei Weinbrand zwischen 1 301 DM und 1 599,54 DM/hl W, in Ausnahmefällen (§ 79 Abs. 5 und 6 BranntwMonG a. F.) noch höher.

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, der Klägerin müsse nach dem Diskriminierungsverbot des Art. 95 EWGV für das eingeführte Erzeugnis ohne weiteres der günstigste der genannten Sätze zugute kommen. Nach dem EuGH-Urteil in HFR 1983, 386 (vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 16. Juli 1980 VII R 24/77, BFHE 131, 158, BStBl II 1980, 632, und vom 5. August 1980 VII R 39/78, BFHE 131, 251) muß aus anderen Mitgliedstaaten eingeführter Branntwein, um in den Genuß dieser Vergünstigung zu gelangen, alle Voraussetzungen der entsprechenden Vorschriften erfüllen. Die für die eingeführte Ware hinsichtlich des Weinbrandanteils erhobene Monopolausgleichspitze ist daher nicht diskriminierend, wenn dieser Anteil in einer Brennerei von einer solchen Art, Struktur, Organisationsform und Herstellungsmenge hergestellt worden ist, daß er bei Anwendung des § 79 Abs. 2 ff. BranntwMonG a. F. einem Branntweinaufschlag von mindestens 1 580 DM/hl W unterlegen hätte. Entsprechend wäre die erhobene Monopolausgleichspitze ganz oder teilweise diskriminierend und demnach ihre Erhebung insoweit unrechtmäßig, als bei Berücksichtigung der genannten, nach § 79 Abs. 2 ff BranntwMonG a. F. relevanten Produktionsbedingungen der ausländischen Brennerei der entsprechende Branntweinaufschlag unter dem genannten Satz gelegen hätte.

Einer solchen Prüfung der Produktionsbedingungen des Weinbrandanteils der eingeführten Ware bedarf es allerdings dann nicht, wenn die begünstigten inländischen Brennereien – also praktisch wohl insbesondere die Obstgemeinschaftsbrennereien – im entscheidungserheblichen Zeitraum ausnahmslos keinen Branntwein aus Wein herstellten. War das der Fall – und das HZA behauptet das in seiner Revisionsbegründung –, so gab es auf dem Inlandsmarkt keinen Weinbrand, dem die Ermäßigung des Branntweinaufschlags nach § 79 Abs. 2 BranntwMonG a. F. zugute kam. Der EuGH hat mit Urteil vom 26. Oktober 1982 Rs. 104/81 (EuGHE 1982, 3641) auf ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats in Nummer 4 a des Urteilstenors entschieden, daß in einem solchen Fall eine Diskriminierung nicht gegeben ist, daß also die „rein theoretische Möglichkeit, daß für dasselbe Erzeugnis eine Steuerermäßigung hätte beansprucht werden können, wenn es in der Bundesrepublik unter besonderen Bedingungen hergestellt worden wäre, … nicht ausreicht, um die Verpflichtung zu begründen, diese Ermäßigung auch auf das eingeführte Erzeugnis anzuwenden” (EuGHE 1982, 3641, 3668, Absatz 41 der Urteilsgründe). Diese Entscheidung ist zwar nicht zu Art. 95 EWGV ergangen, sondern zu Art. 21 Abs. 1 des Freihandelsabkommens EWG/Portugal. Die letztgenannte Bestimmung enthält aber ein ähnliches Diskriminierungsverbot wie Art. 95 EWGV. Nach den Gründen des genannten EuGH-Urteils kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der genannte Grundsatz auch im Rahmen des Diskriminierungsverbots des Art. 95 EWGV Geltung beanspruchen kann.

6. Das FG hat die unter Nr. 5 Buchst. c dargelegten Grundsätze verkannt. Die Vorentscheidung ist daher, soweit sie mit der Revision noch angegriffen ist, aufzuheben. Es fehlt an entsprechenden Feststellungen des FG, die es dem erkennenden Senat ermöglichen würden, durchzuerkennen. Die Sache ist daher an das FG zurückzuverweisen.

Das FG wird bei seiner neuerlichen Entscheidung für den Fall, daß es auf die Verteilung der Feststellungslast ankommt, folgendes zu berücksichtigen haben: Nach dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen der für ihn günstigen Norm trägt, trifft die Feststellungslast die Klägerin, soweit sich Tatsachen nicht erweisen lassen, die dafür sprechen, daß der in den angefochtenen Bescheiden angewandte Satz für die Monopolausgleichspitze i. S. des Art. 95 Abs. 1 EWGV diskriminierend ist. In Anbetracht der komplexen Rechtslage kann das jedoch im vorliegenden Fall nicht ausnahmslos gelten; so erfordert der Grundsatz der Beweisnähe, daß die Nichterweislichkeit der Tatsache, daß die inländischen begünstigten Brennereien Weinbrand nicht herstellen, dem HZA zur Last fiele.

 

Fundstellen

BFHE 1984, 466

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge