Leitsatz (amtlich)

Der Tatbestand des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts auf Übertragung aller Anteile (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG 1940) wird auch dann verwirklicht, wenn alle Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz - sei es auch nur mittelbar - Treuhändern zustehen, die diese Stellung für einen Treugeber innehaben, und der Treugeber seine Rechte und Pflichten aus den Treuhandvereinbarungen auf einen anderen als Treugeber überträgt.

 

Normenkette

GrEStG 1940 § 1 Abs. 3 Nr. 3

 

Tatbestand

Die X & Co. GmbH (nachfolgend: X-GmbH) ist Eigentümerin eines Grundstücks. Alle Anteile der X-GmbH standen der Y-KG zu. Einziger Komplementär der Y-KG war eine natürliche Person, die den Anteil treuhänderisch für die R-GmbH hielt. Einzige Kommanditistin der Y-KG war die Z & Co. KG (nachfolgend: Z-KG). Die drei Gesellschafter dieser KG waren sämtlich ebenfalls Treuhänder für die R-GmbH. Alle genannten Gesellschaften gehören zu einem Konzern.

Die R-GmbH übertrug durch Vereinbarung ihre Stellung als Treugeberin der Gesellschafter der Z-KG und als Treugeberin des persönlich haftenden Gesellschafters der Y-KG auf die Klägerin gegen Entgelt. Das beklagte FA hat angenommen, daß durch diesen Vorgang wegen des der X-GmbH gehörenden Grundstücks Grunderwerbsteuerpflicht aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG 1940 entstanden sei, und einen Grunderwerbsteuerbescheid erlassen.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ist vom FG durch Urteil vom 5. Oktober 1972 II 20/70 (EFG 1973, 84) abgewiesen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Grunderwerbsteuer ist aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG 1940 dadurch entstanden, daß die Klägerin durch Vertrag mit Wirkung ab 1. Januar alle Rechte und Pflichten als Treugeberin sämtlicher Gesellschafter der Z-KG und des persönlich haftenden Gesellschafters der Y-KG übernommen hat. Sie ist dadurch als Treugeberin mittelbar Inhaberin aller Anteile der X-GmbH geworden. Die Verwirklichung des Tatbestandes der Nummer 3 des § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 beruht darauf, daß der Vertrag vom ... neben dem auf den 1. Januar terminierten Verfügungsgeschäft auch das diesem Geschäft zugrunde liegende Kausalgeschäft enthält.

Entgegen der Auffassung des FG war die Vereinigung aller Anteile in der Hand der R-GmbH eine unter § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 fallende rechtliche Vereinigung und nicht nur eine wirtschaftliche Vereinigung; denn die Zugriffsmöglichkeit des Treugebers auf die von den Treuhändern gehaltenen Anteile ist eine rechtliche und nicht nur eine wirtschaftliche. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats seit 1972 (vgl. die Urteile vom 28. Juni 1972 II 77/64, BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719; vom 12. Juli 1972 II 81/65, BFHE 107, 53, BStBl II 1972, 913; vom 23. Oktober 1974 II R 87/73, BFHE 114, 124, BStBl II 1975, 152; und vom 26. Februar 1975 II R 130/67, BFHE 115, 284, BStBl II 1975, 456).

Waren danach i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG 1940 alle Anteile der X-GmbH mittelbar in der Hand der R-GmbH vereinigt, so ist durch Vertrag die Verpflichtung zur Übertragung auf die Klägerin begründet worden. Liegt eine Vereinigung i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG 1940 auch dann vor, wenn die Vereinigung durch Treuhänder vermittelt wird, so muß folgerichtig die Verpflichtung zur Übertragung der Stellung als Treugeber auf einen anderen Treugeber als Verpflichtung zur Übertragung der vereinigten Anteile i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG 1940 gewürdigt werden.

Die Steuerpflicht scheitert auch nicht daran, daß die Vereinigung aller Anteile nur eine mittelbare ist. Das Grundstück gehört nicht den Gesellschaften, an denen die Treuhänder als Gesellschafter beteiligt sind, sondern einer Tochtergesellschaft der Y-KG. Auch die mittelbare Zuordnung der Anteile (hier: der X-GmbH) ist eine rechtliche Zuordnung. Der Senat hat dies bereits in seinem Urteil vom 11. Juni 1975 II R 38/69 (BFHE 116, 406, BStBl II 1975, 834) ausgesprochen: Reiche der mittelbare Zugriff auf die Grundstücke einer Gesellschaft über die Beteiligung an dieser Gesellschaft für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 aus, so sei nicht einzusehen, warum dies anders sein solle, wenn der Zugriff über zwischengeschaltete Gesellschaften erfolge, wenn nur auf diese Weise alle Anteile der grundstücksbesitzenden Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar in einer Hand vereinigt würden. An dieser Auffassung hält der Senat fest.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72406

BStBl II 1977, 678

BFHE 1978, 360

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