Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Einfamilienhaus dient Wohnzwecken, auch wenn einzelne Zimmer gelegentlich an Fremde zur übernachtung vermietet werden.

 

Normenkette

EStG § 7b/1

 

Tatbestand

Der Bf. wohnt in einem Fremdenverkehrsort und hat dort im Jahre 1950 ein Einfamilienhaus errichtet. Die Herstellungskosten haben 26.966 DM betragen. Strittig ist, ob der Bf. für die Jahre 1952 bis 1956 die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG beanspruchen kann.

Das Finanzgericht kam in übereinstimmung mit dem Finanzamt zu dem Ergebnis, daß die erhöhten AfA dem Bf. nicht zuständen, weil das Haus zu 27,94 v. H. nicht Wohnzwecken diene, die Voraussetzungen des § 7 b EStG also nicht erfüllt seien. Die entscheidende Rolle spielten hierbei drei Räume von zusammen 41,50 qm, die von dem Bf., wie die Ermittlungen des Finanzamts bei dem örtlichen Verkehrsamt ergeben hatten, seit dem Jahre 1951 zur Beherbergung von Fremden benutzt wurden. Das Finanzgericht betrachtet derartige Räume nicht als Wohnzwecken dienend.

Mit seiner Rb. rügt der Bf. Verletzung des bestehenden Rechts. Nach seiner Ansicht kann die Tatsache, daß er die Räume - zwei Doppel- und ein Einbettzimmer - vorübergehend an Fremde vermietete, die Vergünstigung des § 7 b EStG nicht in Frage stellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. muß zur Aufhebung der Vorentscheidungen führen.

Die erhöhten AfA nach § 7 b Abs. 1 EStG können, wie auch das Finanzgericht zutreffend ausführt, nur in Anspruch genommen werden, wenn das Gebäude in dem nach dieser Vorschrift vorausgesetzten Umfange Wohnzwecken dient. Dabei kommt es entgegen der Ansicht des Bf. bei der Beurteilung, ob ein Gebäude Wohnzwecken dient, nicht auf das "Gesamtbild" des Gebäudes an, sondern darauf, wie die Räume des Gebäudes in dem Veranlagungszeitraum tatsächlich genutzt worden sind (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 234/54 U vom 3. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 89, Slg. Bd. 60 S. 230). Der Senat tritt dem Finanzgericht aber nicht darin bei, daß nach dem bisher festgestellten Sachverhalt das Gebäude in den Veranlagungszeiträumen 1952 bis 1956 nicht in dem erforderlichen Umfange Wohnzwecken gedient habe. Für die Beurteilung der Nutzung vermieteter Räume ist die Benutzung durch den Mieter entscheidend. Mit Recht hat es das Finanzgericht dahingestellt gelassen, ob der Bf. als Vermieter Gewerbetreibender war oder nicht. Denn selbst wenn der Bf. insoweit Gewerbetreibender gewesen wäre, würde dies die Vergünstigung des § 7 b EStG nicht ohne weiteres ausschließen: Auch ein Gewerbetreibender, der das Gebäude zu seinem Betriebsvermögen gezogen und also die Wohnungen dieses Gebäudes im Rahmen seines Gewerbebetriebs vermietet hat, kann die Vergünstigung des § 7 b EStG in Anspruch nehmen, wenn die Wohnungen von den Mietern zu Wohnzwecken genutzt worden sind.

Der Senat pflichtet dem Finanzgericht darin bei, daß ein Mieter ein Zimmer nicht zu Wohnzwecken nutzt, wenn er es, wie etwa der Gast eines Hotels oder einer Pension, lediglich vorübergehend zur übernachtung nutzt. Das Finanzgericht stellt aber den vorliegenden Fall zu Unrecht jenem Fall ohne weiteres gleich. Wenn ein Hauseigentümer gelegentlich ein Zimmer an Fremde zu übernachtungszwecken vermietet, so ist das unschädlich, wenn das Zimmer in der übrigen Zeit und damit überwiegend Wohnzwecken des Hauseigentümers dient. Allerdings kann man auch bei nur gelegentlicher Vermietung nicht von einer überwiegenden eigenen Nutzung durch den Eigentümer sprechen, wenn dieser das Zimmer wie ein Pensionsinhaber zur Vermietung immer bereit hält. Ob dies der Fall ist, ist Tatfrage. Im Streitfall spricht der Umstand, daß der Bf. nicht zur Umsatzsteuer herangezogen worden ist, dafür, daß die Zimmer nicht ständig für eine Vermietung zu Beherbergungszwecken bereitgehalten wurden, sondern nur während der Saison vorübergehend zu Beherbergungszwecken genutzt wurden, zumal die Umsätze der einzelnen Jahre nicht hoch waren. Der Senat trägt keine Bedenken, zur Vereinfachung die umsatzsteuerliche Behandlung auch als Anhalt bei der einkommensteuerlichen Beurteilung zu nehmen.

Das angefochtene Urteil, das mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang steht, war demnach wegen unrichtiger Anwendung von § 7 b EStG aufzuheben. Dem Senat erschien es, da nur noch die überwiegende Nutzung der drei Räume zu klären ist, zweckmäßig, die Sache unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurückzuverweisen, das über die Sache nach den obigen Grundsätzen nochmals im Einspruchsverfahren zu entscheiden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410732

BStBl III 1963, 183

BFHE 1963, 498

BFHE 76, 498

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