Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung einer Werklieferung von einer Leistung.

Zur Frage der Berechnung des Entgeltes nach Art eines Werklohnes im Sinne des § 8 UStDB.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 2, § 4 Ziff. 4; UStDB § 8; UStG § 3/4; UStG § 3/9

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) erhält als Goldschlägermeister von verschiedenen Blattgoldfabriken den Auftrag, Blattgold zu schlagen. Er hat für die von ihm im Veranlagungszeitraum 1951 vereinnahmten Entgelte Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) beansprucht. Das Finanzamt vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß den streitigen Umsätzen nicht Lieferungen, sondern Werkleistungen zugrunde lägen und hat Steuerfreiheit versagt.

Folgender Sachverhalt ist von den Vorinstanzen festgestellt worden: Die Besteller hatten sich verpflichtet, dem Bf. das zur Herstellung des Blattgoldes erforderliche Feingold zur Verfügung zu stellen, und sind dieser Verpflichtung in der Regel erst nach erfolgter Ablieferung des Blattgoldes auch durchweg nachgekommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht hat der Bf. erklärt, daß er seiner Kalkulation die von der Innung festgesetzten Listenpreise für Blattgold zugrunde gelegt habe. In den Listenpreisen seien die Arbeitslöhne, der Wert des Feingoldes, der sonstigen Metallverbindungen, des Goldbuches sowie Beträge für Formenabnutzung, Strom und Mieten enthalten. Von diesen Listenpreisen habe er den darin enthaltenen Wert des Feingoldes, wie nunmehr unstreitig ist, zum festen Rechnungspreis von 5,20 DM je 1 g Feingold abgesetzt. In einer Beweisaufnahme vor der Kammer hat der Obermeister der Goldschlägerinnung bekundet, die Goldschlägermeister seien von der Innung angehalten worden, sich von ihren Kunden das zur Blattgoldherstellung erforderliche Feingold zur Verfügung stellen zu lassen um auf diese Weise die kapitalschwachen Meister zu schützen. Durch diese Anordnung seien auch tatsächlich die Betriebe vor Verlusten durch Schwankungen des Goldpreises bewahrt worden. Sachverständige aus den Abnehmerkreisen haben bekundet, daß der Goldpreis in den Jahren 1951 - 1953 gefallen sei. Bei Beschaffung von Feingold als Alt- und Bruchgold auf einem Freien Markt im Inlandsverkehr seien noch erheblich höhere Schwankungen des Goldpreises aufgetreten. Zeugen und Sachverständige sind ferner über die wirtschaftliche Bedeutung des Geschäftes und die Frage, ob das zur Verfügung gestellte Feingold Hauptstoffe, die Stoffe, die der Bf. hingegeben hat, aber Nebensachen oder Zutaten seien, gehört worden.

Das Finanzgericht kam auf Grund der Beweisaufnahme zu der überzeugung, daß Werkleistungen im Sinne des § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) vorgelegen hätten, das Entgelt des Bf. ein reiner Werklohn für die Arbeitsleistung einschließlich einer Gegenleistung für die von ihm beschafften Nebenstoffe sei, während das vom Besteller zur Verfügung gestellte Feingold den Hauptstoff bilde. Da das Finanzamt als steuerpflichtigen Umsatz auch nur die Entgelte für die reinen Arbeitslöhne und den Aufwand für die von dem Bf. selbst beschafften Stoffe (Kupfer, Silber und Goldbücher) unter Außerachtlassung des von den Bestellern zur Verfügung gestellten Feingoldes behandelt habe, sei der Einspruchsentscheidung beizutreten.

 

Entscheidungsgründe

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.); sie ist nicht begründet.

Die Entscheidung der Streitfrage hängt davon ab, ob das Umsatzgeschäft als Sonderfall der Leistung nach § 8 UStDB zu beurteilen ist. Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert nicht daran, daß der Bf. regelmäßig das Feingold erst nach der Abgabe der bearbeiteten Ware erhalten hat. Da es auf die Nämlichkeit des überlassenen Stoffes mit dem verarbeiteten Stoff nicht ankommt, wie auch die Rb. nicht verkennt, ist es wirtschaftlich auch belanglos, daß das Feingold in der Regel erst nach der Durchführung des Auftrages zur Verfügung gestellt wurde, wenn dies nur regelmäßig und in einer dem jeweils hergestellten Blattgold entsprechenden Menge auf Grund einer Verpflichtung tatsächlich geschieht. Daß die bürgerlich-rechtlichen Eigentumsverhältnisse am überlassenen Stoff für die Frage der Abgrenzung einer Werklieferung von einer Leistung ohne Bedeutung sind, hat der erkennende Senat wiederholt entschieden (vgl. Urteil V 236/53 U vom 25. Februar 1954, Slg. Bd. 58, S. 630, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 151). Es kommt also noch darauf an, ob die streitigen Umsätze wirtschaftlich als auf eine Arbeitsleistung gerichtet anzusehen sind, und entsprechend dem Willen der Vertragsteile als Entgelt ein Werklohn vereinbart worden ist. Beide Voraussetzungen sind zu bejahen. Dabei ist die Bemessung des Entgeltes in Form eines Werklohns als ein entscheidendes Beweisanzeichen gegen die Annahme einer Werklieferung zu bewerten. Nun steht aber fest, daß trotz der fallenden Feingoldpreise das Feingold durchweg mit einem Festpreis von 5,20 DM je g angesetzt worden ist. Auch der Blattgoldwert wurde für den gesamten Veranlagungszeitraum nach einem gleichbleibenden Listenpreise berechnet. Daraus geht hervor, daß das Entgelt, wäre es nach handelsmäßigen Gesichtspunkten berechnet worden, bei wechselnden Marktpreisen nicht auf der gleichen Höhe hätte gehalten werden können. Der Bf. hätte die wechselnden Marktpreise vielmehr wie ein Kaufmann kalkulatorisch berücksichtigen müssen (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs V 57/53 S vom 3. Dezember 1953, Slg. Bd. 58 S. 402, BStBl 1954 III S. 65). Man kann nicht, wie die Rb. meint, einen Festpreis "aus Gründen der Vereinfachung" für den Marktpreis stehend ansehen. Feststeht vielmehr, daß der Goldpreis bei der Berechnung keine Rolle gespielt, daher der Kunde im wirtschaftlichen Ergebnis nur für die Arbeit gezahlt hat. Solchenfalls hat aber ein sich in den äußeren Formen von Lieferung und Gegenlieferung abspielender Vorgang nach seinem wirtschaftlichen Gehalt als Werkleistung zu gelten. Daß sich diese wirtschaftliche Beurteilung, die in den meisten nach § 8 UStDB zu behandelnden Fällen zu einem steuerlichen Vorteil für die Steuerpflichtigen führt, im Streitfall infolge der bei Annahme einer Werklieferung in Betracht kommenden Befreiungsvorschrift nach § 4 Ziff. 4 UStG steuerlich für den Bf. ungünstig auswirkt, kann die gleichmäßig und ohne Rücksicht auf das fiskalische Ergebnis anzuwendenden Grundsätze des Umsatzsteuerrechts, die im § 8 UStDB ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, nicht berühren. Im übrigen entspricht die tatsächliche und buchmäßige Handhabung durch den Bf. durchaus der hier gekennzeichneten wirtschaftlichen Bedeutung des Vorganges. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnungen der Innung verbindlich waren, sondern allein darauf, daß der Bf. sie befolgt hat. Das vom Besteller erhaltene Feingold wurde buchmäßig weder als Wareneingang behandelt noch nach seiner Verarbeitung als Warenausgang. Dagegen wurde für den jeweiligen Auftraggeber ein Goldkonto geführt. Mit Recht hat das Finanzamt diese Behandlung wie auch die Nichtinrechnungstellung des verwendeten Feingoldes als Beweisanzeichen dafür gewertet, daß nach dem Willen der Parteien kein Tausch, von Seiten des Bf. kein Handel mit Blattgold vorliege, sondern daß wirtschaftlich die Arbeitsleistung des Bf. in Geld umgesetzt werden sollte. Zutreffend hat auch die Vorinstanz aus der Bekundung des Obermeisters der Goldschlägerinnung, daß seine Anordnung zum Schutz der Goldschlägermeister erlassen worden sei, die vor den Schwankungen des Goldpreises bewahrt werden sollten, die entsprechenden Schlüsse gezogen.

Schließlich ist auch die aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gestützte Auffassung der Vorinstanz, daß es sich bei den vom Bf. beschafften Zusätzen an Silber und Kupfer sowie den Goldbüchern um Nebenstoffe im Sinne des § 3 Abs. 2 UStG handelt, nicht zu beanstanden, so daß auch aus diesem Gesichtspunkt Bedenken gegen die Anwendung des § 8 UStDB auf den Streitfall nicht hergeleitet werden können.

Die Rb. war daher mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.

Der Bf. hat mündliche Verhandlung beantragt. Es erschien dem Senat angezeigt, zunächst nach § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung einen Bescheid zu erlassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408667

BStBl III 1957, 331

BFHE 1958, 255

BFHE 65, 255

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