Leitsatz (amtlich)

Vertraglich vereinbarte Vergütungen des Auftraggebers an den Kfz.-Vermittler für die Gestattung des vorzeitigen Widerrufs des Vermittlungsauftrags sind Entgelte für die Entlassung aus dem Vertragsverhältnis.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1; UStDB 1951 § 7 Abs. 1 S. 2; BGB § 652 f., § 611f

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger), der den Autohandel, die Kfz.-Vermittlung und die Werbeberatung betrieb, vereinnahmte im Veranlagungszeitraum 1964 einen Betrag von insgesamt ... DM, der sich aus sogenannten Vergütungen zusammensetzte. Damit hatte es folgende Bewandtnis: Der Steuerpflichtige veranlaßte im Rahmen seines Kfz.-Vermittlungsgeschäftes den jeweiligen Auftraggeber, den Vermittlungsvertrag (Auftrag) unter Verwendung eines Formulars schriftlich abzuschließen. Darin verpflichtete sich der Auftraggeber u. a. , dem Steuerpflichtigen die Vermittlung für einen bestimmten, in jedem Einzelfall besonders festgelegten Mindestzeitraum allein zu überlassen. Nach den weiteren Bestimmungen des Auftrags blieb das Vertragsverhältnis auch nach Ablauf dieser Frist aufrechterhalten, falls nicht einer der beiden Partner eine Woche vorher kündigte. Später konnte das Auftragsverhältnis unter Einhaltung der einwöchigen Frist monatlich gekündigt werden. Ohne ordnungsmäßige Kündigung war der Auftraggeber zum Widerruf des Auftrags nur gegen Zahlung einer für jeden Einzelfall gesondert bestimmten "Vergütung" berechtigt. Die Zahlungen, die die Auftraggeber gemäß dieser zuletzt wiedergegebenen Vereinbarung geleistet haben, machen den oben genannten Betrag von ... DM aus. Der Steuerpflichtige vereinnahmte außerdem Provisionen von insgesamt ... DM für die Vermittlung eines Ladens und einer Wohnung.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte zog außer der in der Umsatzsteuererklärung angegebenen Summe der vereinnahmten Entgelte auch diese Beträge zur Berechnung der Umsatzsteuer heran. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Die Vorinstanz hat ausgeführt: Den Vergütungen lägen umsatzsteuerbare Leistungen des Steuerpflichtigen zugrunde, nämlich die Schätzung, das Ausstellen und Vorführen des Kfz., die Berechnung des Verkaufspreises, Beratung der Kaufinteressenten und Bekanntgabe des Verkaufsangebots durch Anzeigen. Ferner sei die Vergütung auch dafür gezahlt worden, daß der Steuerpflichtige jeweils seine Vermittlertätigkeit aufgegeben habe (§ 7 Abs. 1 UStDB 1951). Das Urteil des BFH V 263/58 U vom 27. April 1961 (BFH 73, 90, BStBl III 1961, 300) könne nicht angewendet werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision, mit der der Steuerpflichtige geltend macht: Die empfangenen Vergütungen seien Schadensersatzleistungen. Der BFH habe in seinem Urteil V 263/58 U vom 27. April 1961 (a. a. O.) die Handlungen zur Vorbereitung und Einleitung eines beabsichtigten Kfz.-Verkaufs nicht als Leistungen angesehen, sofern sie von einem Kfz.-Händler, der auf den Verkauf verzichtet habe, erbracht würden. Diese Beurteilung müsse auch für die streitigen Handlungen des Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Kfz.-Vermittler gelten; auch die Zivilgerichte hätten ihm in einigen Prozessen die Vergütungen als Schadensersatz nach §§ 339, 359 BGB zugesprochen. Die Vergütungen als Verdienstentgang seien wie bei einem Makler Schadensersatz.

Der Steuerpflichtige beantragt, die Umsatzsteuer 1964 unter Freistellung der Vergütungen auf ... DM festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß die vertraglich vereinbarten Vergütungen der Auftraggeber im Rahmen eines Leistungsaustausches von dem Steuerpflichtigen vereinnahmt worden sind. Die in dem formularmäßigen "Auftrag zur Vermittlung eines Kraftfahrzeug-Verkaufs" als Vergütungen bezeichneten Beträge stellen das vertragsmäßig vereinbarte Entgelt für die Entlassung aus einem Vertragsverhältnis dar. Auch der darin zum Ausdruck kommende entgeltliche Verzicht auf die Vertragserfüllung ist als sonstige Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 steuerbar (vgl. Urteil des RFH V A 488/36 vom 2. Juli 1937, RStBl 1937, 999). Rechtsgrundlage für die Zahlung der Vergütungen ist die jeweilige schriftliche Vereinbarung zwischen dem Steuerpflichtigen als Vermittler und dem Kunden als Auftraggeber. Diese Verträge, die Merkmale des Maklervertrags (§§ 652 ff. BGB) und des Dienstvertrags (§§ 611 ff. BGB) aufweisen, verpflichteten den Steuerpflichtigen wegen des vereinbarten Alleinauftrags in besonderem Maße, zur Herbeiführung des gewünschten Vertragsschlusses zweckentsprechend tätig zu werden (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 31. Aufl., § 652, Anm. 10 A, mit weiteren Literaturangaben). Dem steht gegenüber, daß die Auftraggeber während der vertraglich festgelegten Zeit (z. B. ein Jahr) darauf verzichteten, ihren Wagen selbst zu verkaufen (Selbstabschluß) oder sich wegen des Verkaufs anderer Vermittler zu bedienen. Wenn der Auftraggeber aber den Alleinauftrag entsprechend der vertraglich vorgesehenen Möglichkeit ohne ordnungsmäßige Kündigung unter Zahlung der Vergütung widerrief, so lag darin keine Vertragsstörung, sondern ein vertragsgemäßes Verhalten, das zu einem Leistungsaustausch führte. Gegen die jeweilige "Vergütung" hat nämlich der Steuerpflichtige jeweils zugunsten des Auftraggebers auf seine durch den Auftrag in erster Linie erworbene Rechtsposition verzichtet, die es ihm ermöglicht hätte, durch eine Vermittlungsleistung eine Provision zu verdienen.

Soweit die Provisionseinnahmen von ... DM zur Umsatzsteuer herangezogen werden, liegt ein Fehler in der rechtlichen Beurteilung nicht vor. Zudem erhebt der Steuerpflichtige insoweit auch keine Rüge.

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 171

BFHE 1973, 545

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