Leitsatz (amtlich)

Das einem echten Staatsvorbehalt unterliegende Mineralgewinnungsrecht ist als selbständiges Wirtschaftsgut zu bewerten, wenn die staatliche Erlaubnis zur Ausübung des überlassenen Rechts erteilt worden ist. Es ist demjenigen zuzurechnen, dem die Erlaubnis zur Ausübung eingeräumt wurde.

 

Normenkette

BewG a.F. § 58 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurechnung eines Mineralgewinnungsrechts auf den 1. Januar 1959. Auf Grund des mit dem Land A abgeschlossenen Schürf- und Gewinnungsvertrages vom 15. März 1949 ist die Steuerpflichtige (Revisionsklägerin) berechtigt, in dem Aufsuchungsgebiet X Erdöl und Erdgas aufzusuchen und im Fall der Fündigkeit des Aufsuchungsgebietes die genannten Mineralien auszubeuten.

Nach dem Fündigwerden rechnete das FA (Revisionsbeklagter) bei der Einheitsbewertung seit dem 1. Januar 1955 das Mineralgewinnungsrecht für die zugeteilten Gewinnungsfelder im Erdölgebiet X der Steuerpflichtigen als wirtschaftlicher Eigentümerin zu. Gegen den Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1959 legte die Steuerpflichtige mit der Begründung Sprungberufung ein, die Zurechnung auf sie sei nicht gerechtiertigt.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte aus: Da der Steuerpflichtigen nach dem Vertrag vom 15. März 1949 das alleinige und volle Ausbeutungsrecht auf zunächst 30 Jahre und weiterhin bis zur endgültigen Erschöpfung des Erdölvorkommens zugestanden worden sei, sei sie als Eigenbesitzerin und wirtschaftliche Eigentümerin des Ausbeutungsrechts gemäß § 11 Nr. 4 StAnpG anzusehen. Die einschränkenden Bedingungen des Gewinnungsvertrages stünden dieser Beurteilung nicht entgegen. Sie bezögen sich nicht auf das Ausbeutungsrecht als solches, sondern sollten lediglich den ordnungsgemäßen Ablauf der Ausbeutung sicherstellen.

Mit der von der Steuerpflichtigen hiergegen eingelegten Rb., die nach der am 1. Januar 1966 in Kraft getretenen FGO als Revision zu behandeln ist (§ 184 FGO), wird unrichtige Anwendung des § 11 Nr. 4 StAnpG gerügt. Die Steuerpflichtige macht geltend, der Vertrag vom 15. März 1949 räume ihr entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung nicht die Rechtsstellung eines wirtschaftlichen Eigentümers am Ausbeutungsrecht ein. Sie sei nur Pächterin des Mineralgewinnungsrechts. Ihre Stellung sei mit der einer wirtschaftlichen Eigentümerin nicht vergleichbar. Es sei nicht Rechtens, wenn die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum nur aus dem Gesamtbild der Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien beurteilt werde. Vielmehr müßten die besonderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden. So spräche vor allem eine Reihe von vertraglichen Bestimmungen gegen das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum. Außerdem verstoße es gegen Treu und Glauben, daß sie einerseits als Inhaberin des Mineralgewinnungsrechts behandelt werde, andererseits aber gewerbesteuerlich gemäß § 8 Nr. 7 GewStG die Hälfte der Förderzinsen ihrem Gewerbeertrag hinzugerechnet würden.

Demgegenüber vertritt das FA die Auffassung, das der Steuerpflichtigen übertragene Mineralgewinnungsrecht rechtfertige die Annahme wirtschaftlichen Eigentums.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Gemäß § 58 Abs. 1 BewG in der für den Streitfall maßgebenden Fassung gelten als Gewerbeberechtigungen die Berechtigungen, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründet. In § 58 Abs. 1 BewG a. F. ist als Beispiel für eine Gewerbeberechtigung das Mineralgewinnungsrecht genannt. Das Gesetz gibt keine Erläuterung darüber, was unter einem Mineralgewinnungsrecht zu verstehen ist. Der BFH hat im Urteil III 242/59 S vom 22. Juli 1960 (BFH 71, 454, BStBl III 1960, 420, hier 421 rechte Spalte) entschieden, daß der bewertungsrechtliche Begriff "Mineralien" nicht im bergrechtlichen Sinne zu verstehen sei. In dieser Entscheidung ging es aber nur darum, ob auch Steine und Erden unter den bewertungsrechtlichen Begriff "Mineralien" fallen. Es bedarf auch im Streitfall keiner genauen Abgrenzung; denn daß Erdöl zu den Mineralien im Sinne der genannten Vorschrift gehört, ist unstreitig.

Das Aufsuchen von Erdöl steht gemäß § 1 der Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934 (Preußische Gesetzsammlung 1934, 463) allein dem Staat zu. Es handelt sich somit um einen sogenannten echten Staatsvorbehalt, da der Staat auf Grund der Fassung der Vorbehaltsnorm die unmittelbare Verfügungsbefugnis über die dem Vorbehalt unterliegenden Mineralien hat. Da der vorliegend zu beurteilende Vertrag ein Gebiet betrifft, in dem die Erdölverordnung gilt und der Vertrag nach dem Inkrafttreten der Erdölverordnung abgeschlossen worden ist, kommt den Bestimmungen dieser Verordnung für den Streitfall entscheidende Bedeutung zu. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt grundlegend von dem, der in der Revisionssache III 221/64 vom 20. Dezember 1967 zu entscheiden war. Dort war der Ausbeutungsvertrag zwischen der Firma B und einer Anzahl von Grundstückseigentümern vor Inkrafttreten der Erdölverordnung abgeschlossen worden. In solchen Fällen steht das Recht, nach Erdöl oder Erdgas zu schürfen und es zu fördern, den Grundstückseigentümern auf Grund ihres Eigentumsrechts am Grund und Boden zu. Vor dem Inkrafttreten der Erdölverordnung konnte der Eigentümer das Recht entweder selbst ausüben oder es pachtweise einem Dritten überlassen. Nur in diesen Fällen ist die Frage zu entscheiden, ob das Mineralgewinnungsrecht weiterhin dem Eigentümer zuzurechnen ist, oder ob ein Pächter als der zur Ausübung des Rechts Berechtigte als wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 11 Nr. 4 StAnpG anzusehen ist.

In den Fällen des echten Staatsvorbehalts, wie er nach der angeführten Erdölverordnung für Erdöl und Erdgas besteht, kann der Staat nach § 2 dieser Verordnung die Ausübung des ihm vorbehaltenen Rechts anderen Personen übertragen. Das ist im Streitfall durch den Abschluß des Vertrages mit der Revisionsklägerin geschehen. Die Entscheidung darüber, von welchem Zeitpunkt ab das unter Staatsvorbehalt stehende Mineralgewinnungsrecht zu bewerten und wem es zuzurechnen ist, ist bisher noch nicht eindeutig geklärt. Krekeler erwähnt in seinem Kommentar zum Bewertungsgesetz, 4. Aufl., 1939 (§ 58 Anm. I 1), nur den Fall, daß das Mineralgewinnungsrecht dem Unternehmer als ihm verliehene selbständige Abbaugerechtigkeit zustehen könne. Dziegalowski-Thümen (Kommentar zum Bewertungsgesetz, 1935, 4. Aufl., § 58 Anm. 3) führen aus, daß "Verleihungen durch den Staat" das Mineralgewinnungsrecht begründen. Hiernach ist davon auszugehen, daß das unter Staatsvorbehalt stehende Mineralgewinnungsrecht erst dann als selbständiges Wirtschaftsgut zu bewerten ist, wenn die staatliche Erlaubnis zur Ausübung des überlassenen Rechts erteilt worden ist. Weitere Voraussetzungen sind für die Bewertbarkeit nicht erforderlich (s. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 58 BewG, Anm. 16).

Diese Rechtsauffassung wurde durch die Neufassung des § 58 BewG durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes 1963 bestätigt. Nach dieser Neufassung des Gesetzes ist bei Bodenschätzen, die auf Grund eines übertragenen ausschließlichen Rechts des Staates aufgesucht und gewonnen werden können, das durch die staatliche Erlaubnis zur Ausübung überlassene Mineralgewinnungsrecht als selbständiges Wirtschaftsgut zu bewerten. Mit der vom Staat erteilten Erlaubnis erlangt der Begünstigte das ausschließliche Recht zur Aufsuchung und Gewinnung des Minerals im zugewiesenen Feld. Die Neufassung der gesetzlichen Vorschrift bedeutete bezüglich der selbständigen Bewertung des vom Staat verliehenen Rechts zur Aufsuchung und Gewinnung von Mineralien keine Änderung der materiellen Rechtslage. Sie bezweckte nach der Begründung zum Änderungsgesetz (Bundesratsdrucksache Nr. 124/63) "neben einer Verdeutlichung der bestehenden Rechtslage vor allem eine bessere Abgrenzung der Fälle, in denen bei Bodenschätzen, deren Ausübung ausschließlich auf dem Eigentumsrecht beruht, ein selbständiges Wirtschaftsgut anzunehmen ist".

Somit ist festzustellen, daß in Fällen des echten Staatsvorbehalts die Erlaubniserteilung das Mineralgewinnungsrecht begründet, und daß dieses Recht bei demjenigen zu erfassen ist, dem es verliehen worden ist (siehe hierzu auch Steinhardt, Kommentar zum Bewertungsgesetz 1965, § 100 Anm. 3).

Geht man von vorstehender Rechtsauffassung aus, so hat dies zur Folge, daß das Mineralgewinnungsrecht der Klägerin zum hier maßgebenden Stichtag zu Recht zugerechnet worden ist. Die Revision gegen die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz ist demgemäß nach § 126 Abs. 4 FGO zurückzuweisen, da sich die Entscheidung, wenn auch aus anderen Gründen, als richtig erweist.

 

Fundstellen

BStBl II 1968, 305

BFHE 1968, 277

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