Leitsatz (amtlich)

Ansprüche auf Umsatzsteuervergütung nach den vor dem UStG vom 29. Mai 1967 (BGBl I 1967, 545, BStBl I 1967, 224) geltenden Fassungen des UStG sind bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen erst anzusetzen, wenn sie entstanden sind. Ist Bemessungsgrundlage dieser Ansprüche das vereinnahmte Entgelt, so gehört zu den Voraussetzungen für ihre Entstehung auch der Buchnachweis über die Vereinnahmung des Entgelts.

 

Normenkette

BewG § 54 i.d.F. vor dem BewG 1965; StAnpG § 3; UStG in den Fassungen des 9., 14. und 15. UStÄndG § 16; UStG in den Fassungen des 9., 14. und 15. UStÄndG § 23; UStDB §§ 14, 70, 77

 

Tatbestand

In der Revision ist nur noch der Ansatz von Umsatzsteuervergütungsansprüchen bei den Einheitswertfeststellungen für das Betriebsvermögen der Klägerin streitig. Die Klägerin betreibt die Herstellung von Tafelgedecken und tätigt dabei auch Ausfuhrlieferungen. Sie beantragt Ausfuhrvergütungen vierteljährlich nach vereinnahmten Entgelten.

Das FA hat bei den Einheitswertfeststellungen für das Betriebsvermögen der Klägerin auf die Stichtage vom 1. Januar 1961, 1. Januar 1962, 1. Januar 1963, 1. Januar 1964 und 1. Januar 1965 entsprechend den Feststellungen einer im Jahre 1965 durchgeführten Betriebsprüfung unter dem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten Umsatzsteuervergütungsansprüche für die Auslandsaußenstände eingesetzt.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Dagegen war die Klage erfolgreich. Das FG führte im wesentlichen aus: Es könne dahinstehen, ob die Umsatzsteuervergütungsansprüche bereits zum jeweiligen Stichtag entstanden seien. Sie seien jedenfalls noch nicht unbedingt entstanden und deshalb gemäß § 4 BewG bei der Einheitsbewertung nicht zu erfassen. Eine Vergütung nach den Ist-Einnahmen könne nur und erst dann beantragt werden, wenn nicht nur die Ausfuhrlieferungen getätigt, sondern u. a. auch das Entgelt vereinnahmt und der Eingang des Entgelts buchmäßig festgehalten worden sei. Da der Zahlungseingang des Kunden ein künftiges, ungewisses, vom Willen des Antragstellers unabhängiges Ereignis sei, seien die Ansprüche an den jeweiligen Stichtagen aufschiebend bedingt. Die Rechtslage sei anders zu beurteilen als bei den Ertragsteuern. Zwar decke sich auf beiden Gebieten der Begriff des Wirtschaftsguts. Der entscheidende Unterschied bestehe aber darin, daß § 4 BewG bei den Ertragsteuern nicht gelte.

Mit der vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Umsatzsteuervergütungsansprüche seien als Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen anzusetzen, wenn sie am Feststellungszeitpunkt schon bestanden hätten. Einzige gesetzliche Voraussetzung für die Entstehung des Vergütungsanspruchs sei eine bereits durchgeführte Ausfuhrlieferung. Im Urteil des BFH IV 291/65 vom 28. September 1967 (BFH 90, 69, BStBl III 1967, 763) werde hervorgehoben, daß für die Geltendmachung des Anspruchs die Bewirkung der Ausfuhrlieferung entscheidend sei. Der Eingang des Entgelts könne dagegen nicht anspruchsbegründend sein. Die Entstehung des Anspruchs könne nicht von der durch den Steuerpflichtigen gewählten Vergütungsart abhängig gemacht werden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist nicht begründet.

1. Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß es für die Frage, ob an den einzelnen Stichtagen im Betriebsvermögen der Klägerin Umsatzsteuervergütungsansprüche angesetzt werden können, bewertungsrechtlich nur darauf ankommt, ob an diesen Stichtagen der Anspruch unbedingt entstanden war. Das FG weist mit Recht darauf hin, daß die Rechtslage bei der Einheitsbewertung anders zu beurteilen ist als bei den Ertragsteuern. Aus diesem Grunde kann hier auch nicht das zu den Ertragsteuern ergangene BFH-Urteil IV 291/65 (a. a. O.) maßgebend sein. Denn dieses Urteil läßt die Frage, ob der Vergütungsanspruch am Bilanzstichtag entstanden war, dahingestellt und bejaht die Notwendigkeit der Aktivierung des Anspruchs einmal damit, daß es sich um einen in der Entstehung begriffenen Anspruch handele, zum andern damit, daß die Aktivierung unter dem Gesichtspunkt der aktiven Rechnungsabgrenzung erforderlich sei. Beide Gesichtspunkte müssen jedoch bei der Einheitsbewertung ausscheiden. Denn das Wirtschaftsgut, um dessen Ansatz es sich hier handelt, ist der Umsatzsteuervergütungsanspruch, also eine Kapitalforderung, die nur dann angesetzt werden kann, wenn sie am Stichtag unbedingt entstanden war. Ein anderes bewertungsfähiges Wirtschaftsgut ist nicht ersichtlich, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der aktiven Rechnungsabgrenzung (vgl. dazu die Ausführungen im BFH-Urteil III 347/60 U vom 17. Januar 1964, BFH 79, 1, BStBl III 1964, 234).

2. Die Umsatzsteuerschuld entsteht nach § 3 Abs. 5 Nr. 4 Buchst. a und b StAnpG in Zeitpunkten, die je nach der Art der Besteuerung verschieden sind. Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht sie mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt sind. Bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten entsteht sie dagegen bereits mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt sind. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Umsatzsteuervergütungsansprüche. Denn nach § 3 Abs. 3 StAnpG gelten § 3 Abs. 1 und 2 StAnpG und damit auch § 3 Abs. 5 StAnpG, der nur Beispiele und Ergänzungen zu § 3 Abs. 1 und 2 StAnpG enthält, auch für andere Leistungen als Steuerschulden, die auf Grund der Steuergesetze geschuldet werden. Zu ihnen gehören auch die Umsatzsteuervergütungsansprüche (so auch Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 2.-3. Aufl., Anm. 16 zu § 3 StAnpG). Die sinngemäße Anwendung des § 3 Abs. 5 Nr. 4 Buchst. a StAnpG auf Umsatzsteuervergütungsansprüche bedeutet, daß solche Ansprüche, wenn ihre Bemessungsgrundlage das vereinnahmte Entgelt ist, erst mit dem Ablauf des Vergütungszeitraums entstehen, in dem das Entgelt eingegangen ist. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die einschlägigen Vorschriften des UStG etwas Abweichendes bestimmten. Das ist jedoch nicht der Fall.

3. Die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Umsatzsteuervergütungen war zunächst nur § 16 UStG 1951. Diese Vorschrift hat an den hier in Betracht kommenden Stichtagen in verschiedenen Fassungen gegolten, so am 1. Januar 1961, 1. Januar 1962 und 1. Januar 1963 in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes - 9. UStÄndG - vom 18. Oktober 1957 (BGBl I 1957, 1743, BStBl I 1957, 506), am 1. Januar 1964 in der Fassung des 14. UStÄndG vom 30. Juli 1963 (BGBl I 1963, 562, BStBl I 1963, 605). Am 1. Januar 1965 war gesetzliche Grundlage für die Gewährung der Ausfuhrhändlervergütung § 16 UStG in der Fassung des 15. UStÄndG vom 19. März 1964 (BGBl I 1964, 147, BStBl I 1964, 253) und für die Ausfuhrvergütung § 23 UStG in derselben Fassung. Nach § 16 UStG in den an den Stichtagen vom 1. Januar 1961 bis 1. Januar 1964 geltenden Fassungen konnte eine Ausfuhrhändlervergütung gewährt werden, wenn ein Unternehmer nachwies, daß er Gegenstände, die er im Inland erworben oder in das Inland eingeführt hatte, ohne Be- oder Verarbeitung in das Ausland ausgeführt hatte. Eine Ausfuhrvergütung konnte nach dieser Vorschrift gewährt werden, wenn der Unternehmer nachwies, daß er Gegenstände in das Ausland ausgeführt hatte. Wie der Nachweis im einzelnen zu führen war, ergab sich aus den Bestimmungen der §§ 70 ff. UStDB. Auch diese galten an den Stichtagen vom 1. Januar 1961 bis 1. Januar 1964 in verschiedenen Fassungen, die jedoch, soweit sie den Buchnachweis betrafen, übereinstimmten. Nach § 70 Abs. 2 Nr. 4 (bis zum 12. Mai 1962: Nr. 3) UStDB mußten u. a. die Art und Höhe der Bemessungsgrundlage der Ausfuhrhändlervergütung buchmäßig nachgewiesen sein. Dabei war § 14 UStDB sinngemäß anzuwenden. Das gleiche galt bei der Ausfuhrvergütung nach § 77 Abs. 2 Nr. 5 (bis zum 12. Mai 1962: Nr. 4) UStDB. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStDB gehört zum Buchnachweis bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten die Aufzeichnung des vereinnahmten Entgelts und der Tag der Vereinnahmung. Die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf die Umsatzsteuervergütungsansprüche bedeutet, daß dann, wenn für die Vergütungen Bemessungsgrundlage das vereinnahmte Entgelt ist, die Aufzeichnung dieses Entgelts und seiner Vereinnahmung zu dem erforderlichen Buchnachweis gehört. Die Nachweisungen gehören aber zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Vergütungsansprüche. Erst bei ihrem Vorliegen entsteht der Vergütungsanspruch. Das hat hinsichtlich des Ausfuhrnachweises der V. Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden (vgl. BFH-Urteil V 73/63 U vom 29. Juli 1965, BFH 83, 356, BStBl III 1965, 628, und die dort zitierten Entscheidungen). Es gilt in gleicher Weise aber auch für den Buchnachweis (so auch Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar - 5. Aufl. -, Tz. 139 zu § 16).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht nach der am 1. Januar 1965 bestehenden Rechtslage. Denn diese hat sich gegenüber dem früheren Rechtszustand im wesentlichen nur darin geändert, daß alle bis dahin in §§ 70 ff. UStDB enthaltenen Bestimmungen in das Gesetz selbst aufgenommen wurden. Der Buchnachweis als Voraussetzung einer Umsatzsteuervergütung wird für die Ausfuhrhändlervergütung in § 16 Abs. 2 Nr. 4 UStG und für die Ausfuhrvergütung in § 23 Abs. 2 Nr. 5 UStG gefordert. § 14 UStDB gilt auch für diesen Buchnachweis, wie sich aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 UStDB eindeutig ergibt.

Die Umsatzsteuervergütungsansprüche waren danach an den hier in Betracht kommenden Stichtagen noch nicht entstanden. Auf die vom FG behandelte Frage, ob sie aufschiebend bedingt waren, kommt es deshalb nicht an.

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 482

BFHE 1969, 551

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