Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwertabschreibung auf Warenbestände

 

Leitsatz (NV)

Ein Kaufmann, der seinen Warenbestand wegen behaupteter Wertminderungen nicht mit den Anschaffungskosten bewerten will, muß die Voraussetzungen für eine Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert dartun.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; GewStG § 7

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der A-KG, die einen Einzelhandel für Damen- und Herrenoberbekleidung betrieb. Das Konkursverfahren wurde am 30. April 1979 eröffnet. Nach Konkurseröffnung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für 1975 fest. Der Kläger erhob Einspruch, der jedoch nicht begründet und deshalb zurückgewiesen wurde. Im Klageverfahren legte der Kläger eine berichtigte Bilanz der KG zum 31. Dezember 1975 sowie eine berichtigte Gewerbesteuererklärung vor. In der Bilanz war eine Teilwertabschreibung von 38,61 v. H. auf den bisher angesetzten Warenbestand vorgenommen worden. Zur Begründung wurde angeführt, daß der gesamte Warenvorrat Anfang 1979 veräußert oder an die Lieferanten zurückgegeben worden sei. Dabei hätten sich Erlöse von rd. 825 000 DM ergeben; da der Warenbestand 1,8 Mio DM betragen habe, würde sich eine Teilwertabschreibung von 54,15 v. H. ergeben. Im Hinblick auf die Konkursfolgen werde jedoch der niedrigere Warenbestand zum 31. Dezember 1978 zugrunde gelegt. Danach ergebe sich die Teilwertabschreibung von 38,61 v. H.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Kläger ist hinsichtlich des angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheids prozeßführungsbefugt, da die KG Schuldnerin der Gewerbesteuer ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -), der Rechtsstreit also Konkursvermögen betrifft, für das dem Konkursverwalter das Verwaltungs- und Verfügungsrecht zusteht (§ 6 der Konkursordnung - KO -). Das Festsetzungsverfahren ist auch nach der Konkurseröffnung durchzuführen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Juli 1985 I R 117/84, BFHE 144, 198, BStBl II 1985, 650).

2. Der Kläger hat nicht dargetan, daß das FA bei der Errechnung des Gewerbeertrags von einem überhöhten Gewinn der KG ausgegangen ist. Das FA hat den Teilwert der Warenbestände so angenommen, wie dies der Prüfer in seinem Prüfungsbericht im einzelnen dargelegt hat. Der Vortrag des Klägers ergibt nicht, daß der Teilwert tatsächlich niedriger war.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muß ein Kaufmann, der seinen Warenbestand wegen behaupteter Wertminderungen und dadurch bedingter Minderungen der erzielbaren Verkaufserlöse nicht mit den Anschaffungskosten bewerten will, die Voraussetzungen für eine Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert dartun (Urteile vom 5. Mai 1966 IV 252/60, BFHE 86, 28, BStBl III 1966, 370; vom 22. August 1968 IV R 234/67, BFHE 93, 378, BStBl II 1968, 801; vom 6. November 1975 IV R 205/71, BFHE 121, 312, BStBl II 1977, 377; vom 5. Juni 1985 I R 65/82, nicht veröffentlicht). Er muß belegen, daß seine Schätzung der am Bilanzstichtag erzielbaren Verkaufserlöse und die daraus abgeleiteten Teilwertabschreibungen eine objektive betriebliche Grundlage haben. Hierzu ist grundsätzlich zu verlangen, daß auch Aufzeichnungen über die nach dem jeweiligen Bilanzstichtag tatsächlich vorgenommenen Preisherabsetzungen vorgelegt werden, die die Teilwertschätzung des Kaufmanns am Bilanzstichtag bestätigen (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1983 IV R 143/80, BFHE 139, 282, BStBl II 1984, 35).

Dem hat der Kläger im Streitfall nicht Genüge getan. Die von ihm vorgenommene Schätzung findet in den betrieblichen Gegebenheiten keine Grundlage. Die im Rahmen einer Liquidation des Betriebsvermögens erzielten Erlöse lassen sich mit den Erlösen im normalen Geschäftsgang nicht vergleichen; abgesehen von dieser untauglichen Schätzung hat der Kläger keinerlei Anhaltspunkte für einen niedrigeren Teilwert geben können.

Dem FG kann in diesem Zusammenhang auch kein Verfahrensfehler wegen Verletzung seiner Aufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) vorgehalten werden. Die vom Kläger angebotene Zeugin sollte bekunden, daß die Warenbestände der KG erheblich überaltert waren und deshalb im Folgejahr nur zu deutlich herabgesetzten Preisen veräußert werden konnten. Das FG hat die Zeugin fälschlich als ungeeignetes Beweismittel bezeichnet. Tatsächlich hat es die unter Beweis gestellten Tatsachen zugunsten des Klägers unterstellt; es konnte unter dieser Voraussetzung von der Beweiserhebung Abstand nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311, m.w.N.). Aus den unter Beweis gestellten Tatsachen konnte sich nicht ergeben, in welchem Umfang die KG ihrerseits Teilwertabschreibungen vorgenommen hatte und in welcher Höhe sie nach den betrieblichen Erfordernissen vonnöten waren. Zu Unrecht beanstandet der Kläger auch, daß das FG das von ihm eingereichte Gutachten des Wirtschaftsprüfers X nicht berücksichtigt habe. Dieses Gutachten ist in einem Prozeß des Konkursverwalters gegen die Y-Bank erstattet worden und betrifft ein anderes Beweisthema. Hierbei wird zwar auch auf die Warenbestände der KG eingegangen; sofern der Kläger daraus Folgerungen für eine Teilwertabschreibung ziehen wollte, hätte er dies im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dem Gericht erläutern müssen.

Bei der Ermittlung des Gewerbekapitals hat das FA den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1975 zugrunde gelegt; dieser Einheitswert ist bestandskräftig geworden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 470

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