Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bewertung einer Gewinnabführungsverpflichtung.

 

Normenkette

BewG §§ 6, 16, 14, 17, 15, 62, 103

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Feststellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin (Bfin.) auf den 21. Juni 1948. Das Betriebsvermögen betrug laut DM-Eröffnungsbilanz 478.702 DM. In der Vermögensaufstellung für die Hauptveranlagung 1949 gab die Bfin. nur 4.500 DM an. Der Unterschied beruht im wesentlichen darauf, daß die Bfin. in ihrer Vermögensaufstellung eine ihrer früheren Gesellschafterin Frau X. zugesicherte Rente mit dem Kapitalwert als Verbindlichkeit abgezogen hatte, in der DM-Eröffnungsbilanz dagegen nicht. Frau X. war 1941 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Sie erhielt nach dem Auseinandersetzungsvertrag bis zu ihrem Tode eine Leibrente in Höhe von 16 2/3 v. H. des Reingewinns der Bfin. Der Kapitalwert der Rente von 420.000 DM errechnete sich nach den Angaben der Bfin. wie folgt:

An Frau X. gezahlte Beträge 1949: ------------ 80.937 DM " " " " " 1950: ------------ 64.175 DM --------------------------------------------- 145.112 DM. Für 1951 wären an X. zu zahlen gewesen ---------------------------------------- 52.802 DM Summe --------------------------------------- 187.914 DM (richtig ------------ 197.914 DM) Durchschnittsjahresleistung ------------------ 62.638 DM (richtig ------------- 65.971 DM).Bei Errechnung des Kapitalwerts wurde von einer Durchschnittsjahresrente von rund 60.000 DM ausgegangen. Der Vervielfacher gemäß § 16 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) beträgt 7. Das Finanzamt hat in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, daß es sich um eine gewinnabhängige Versorgungsrente handle, deren Kapitalwert in den Einkommensteuerbilanzen weder aktiviert noch passiviert werden könne. Bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 21. Juni 1948 sei jedoch eine Schuld ohne Rücksicht darauf anzuerkennen, ob die abgeführten Gewinnanteile einkommensteuerlich als laufende Betriebsausgaben behandelt worden seien oder nicht. Fraglich sei nur die Höhe der Schuld. Der Wert des Nutzungsrechts der Frau X. könne nicht höher sein als der Substanzwert des entsprechenden Vermögensteils. Danach sei die Schuld der Bfin. nur in Höhe von 16 2/3 v. H. von 478.702 DM 79.783 DM zu berücksichtigen. Die Berufung der Bfin. wurde vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen. Das Urteil beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen: § 75 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) sie auf die Rente nicht anzuwenden, da es sich um eine nicht passivierbare gewinnabhängige Versorgungsrente handle. Streitig sei nur die Höhe des Abzugs. Selbst wenn eine echte Schuld vorläge, könne der Abzug nicht in der beantragten Höhe zugelassen werden, weil er zu wirtschaftlich unhaltbaren Ergebnissen führe. Ohne Berücksichtigung der Rechte betrage das Vermögen der Bfin. am Stichtag über 400.000 DM. Die Gewinne hätten sich in den Jahren 1949 bis 1951 zwischen 300.000 DM und fast 500.000 DM bewegt. Die Bfin. wolle indessen nur einen geringfügigen Betrag von ca. 60.000 DM als Wert ihres Betriebsvermögens am Stichtag gelten lassen (478.702 DM abzüglich 420.000 DM). Ohne jeden Zweifel würde sie ihr Unternehmen für diesen Preis keinem Interessenten überlassen. Die Verpflichtung der Bfin. zur Abführung von jährlich 1/6 des Gewinns sei zunächst inhaltsleer. Sie gewinne erst am Ende des einzelnen Wirtschaftsjahres Inhalt, falls in dem abgerufenen Wirtschaftsjahr Gewinn erzielt worden sei. Die Verpflichtung sei daher aufschiebend bedingt durch Erzielung eines Jahresgewinns. Der Kapitalwert der Verpflichtung der Bfin. könne somit nach § 6 BewG nicht passiviert werden. Im übrigen stelle die streitige Verpflichtung überhaupt keine echte Schuld der Bfin. dar. Sie ruhe nicht auf der Vermögenssubstanz, sondern auf dem Gewinn des Unternehmens. Andererseits sei jedoch nicht zu verkennen, daß die Verpflichtung der Bfin. den Wert des Betriebs mindere. Bei dieser Wertminderung könne jedoch nicht das volle Sechstel des Frau X. zustehenden Gewinnanteils berücksichtigt werden. Die ungewöhnlich hohen Gewinne des Unternehmens resultierten nur zu geringem Teil aus dem Betriebsvermögen. Zum größten Teil beruhten sie auf vermögensteuerlich nicht erfaßbaren Faktoren, wie der persönlichen Tüchtigkeit der Inhaber und dem Geschäftswert des Unternehmens. Der Teil des Gewinns, der auf dem Betriebsvermögen als solchem beruhe, lasse sich nur schätzen. Ein Satz von 18 v. H. bis 20 v. H. (Mittelwert 19 v. H.) sei zugunsten der Bfin. hoch gegriffen. Die Verpflichtung gegenüber Frau X. ginge mithin nur zu 19 v. H.: 6 = 3 1/6 v. H. des jährlichen Gewinns zu Lasten des Ertrags des Betriebsvermögens. In dieser Höhe sei ein Abzug vom Betriebsvermögen gerechtfertigt. Bei Zugrundelegung eines durchschnittlichen Jahresgewinns von 360.000 DM und Anwendung des Vervielfältigers 7 errechne sich die Wertminderung auf (7 X 3 1/6 v. H. =) 22 1/6 v. H. von 360.000 DM = rund 79.800 DM. Das Finanzgericht gelangt somit, wenn auch mit anderer Begründung, zur Anerkennung des Abzugs in etwa gleicher Höhe wie das Finanzamt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Bfin. Eine aufschiebende Bedingung liege nicht vor. Die Kapitalisierung der Rentenlast führe nur scheinbar zu einem unbilligen Ergebnis. Man müsse dem Kapitalwert nicht den Einheitswert sondern den Substanzwert gegenüberstellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt nicht zum Erfolg.

Gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß die Rente an Frau X. in der DM-Eröffnungsbilanz nicht zu passivieren ist, bestehen keine Bedenken (Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 1516/29 vom 2. Dezember 1931, Reichssteuerblatt 1932 S. 573, Slg. Bd. 31 S. 1 ff., VI A 1501/31 vom 16. November 1932, Reichssteuerblatt 1933 S. 80, und Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 16 Anm. 5 S. 807). Im übrigen kommt es bewertungsrechtlich nicht darauf an, ob die Rente X. als Unterhalts-, Versorgungs- oder Veräußerungsrente zu charakterisieren ist. Maßgebend ist vielmehr nur, ob am Stichtag eine Schuld oder wenigstens eine zu berücksichtigende wirtschaftliche Last der Bfin. bestanden hat. Wenn das Finanzgericht angenommen hat, daß im Streitfall eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit der Bfin. vorgelegen hat, kann ihm insoweit allerdings nicht gefolgt werden. Dieser Umstand führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, da das Finanzgericht den Abzug jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Last zugelassen hat. Der Senat erachtet den von der Bfin. geltend gemachten Abzug dem Grunde nach für zulässig. Es handelt sich also nur noch um die Höhe des Abzugs. Zieht man, wie die Bfin. es wünscht, den kapitalisierten Betrag der Rente vom Betriebsvermögen ab, so verschwindet das Betriebsvermögen bis auf einen ganz geringfügigen Betrag. Mit Recht hat das Finanzgericht darauf hingewiesen, daß der begehrte Abzug des kapitalisierten Rentenbetrags zu einem wirtschaftlich unhaltbaren Ergebnis führe, weil der Einheitswert des Betriebsvermögens dadurch praktisch aufgezehrt würde. Die Auffassung der Bfin., daß dieses Ergebnis vom Gesetzgeber gewollt sei und es nicht auf den Einheitswert, sondern auf den Substanzwert des Vermögens ankomme, ist nicht zutreffend. Vielmehr deutet ein wirtschaftlich nicht annehmbares Ergebnis auf unrichtige Anwendung der Bewertungsregeln hin. Der Fehler kann insbesondere darin liegen, daß der Jahreswert der Nutzung zu hoch angesetzt wurde (Urteil des Reichsfinanzhofs III 43/42 vom 19. März 1942, Reichssteuerblatt 1942 S. 542, Slg. Bd. 51 S. 295). Der Anwendung dieses Urteils steht nicht entgegen, daß es sich dort um einen Nießbrauch, hier dagegen um einen Gewinnabführungsanspruch handelt. Von diesen Erwägungen hat sich das Finanzgericht leiten lassen, wenn es bei Kapitalisierung der Rente nicht das volle Sechstel, sondern nur den Gewinnanteil berücksichtigt hat, der in Beziehung zu dem Betriebsvermögen der Bfin. steht. Dieser Teil des Gewinns läßt sich nur schätzungsweise ermitteln. Schätzung ist Tatsachenfeststellung, die den Senat bindet, soweit sie nicht auf Rechtsirrtümern, Verstößen gegen den Akteninhalt oder wesentlichen Verfahrensmängeln beruht. Derartige Mängel liegen der Schätzung des Finanzgerichts nicht zugrunde. Danach ist der vom Finanzgericht zugelassene Abzug für die Rente X. in Höhe von 79.800 DM nicht zu beanstanden. Die Kopplungsvorschrift des § 75 Abs. 1 DMBG steht dem zugelassenen Abzug nicht entgegen.

 

Fundstellen

BStBl III 1958, 461

BFHE 1959, 489

BFHE 67, 489

StRK, BewG:6 R 9

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