Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Abzug nach § 24 ErbStG für Dienstleistungen im Betrieb einer im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung lebenden Ehefrau ist nicht bei Zuwendungen seitens des Ehemanns, sondern seitens der Ehefrau vorzunehmen. Der Bundesfinanzhof hält an der gegenteiligen Auffassung des Urteils des Reichsfinanzhofs I e A 146/31 vom 21. April 1931 (RStBl 1931 S. 395) nicht mehr fest.

 

Normenkette

ErbStG §§ 24-25

 

Tatbestand

Die Eltern des Steuerpflichtigen (Stpfl.) haben durch notariellen Vertrag vom 29. Dezember 1936 einen Erbhof auf den Bruder des Stpfl. übertragen; eingetragene Eigentümerin des Erbhofs war die Mutter des Stpfl. In dem übergabevertrag ist bestimmt worden, daß der Bruder des Stpfl. diesem und seiner Schwester die Hälfte des innerhalb der nächsten 20 Jahre seit dem 1. Januar 1937 durch Verkauf von erbhofzugehörigen Grundstücken erzielten Erlöses auszuzahlen habe, wenn der Kaufpreis im Einzelfall 10.000 RM übersteige. Auf Grund dieser Vertragsbestimmung hat der Stpfl. im Jahre 1952 von seinem Bruder 119.778 DM erhalten. Das Finanzamt hat in übereinstimmung mit der Schenkungsteuererklärung des Stpfl. diesen Erwerb als Zuwendung seitens der Mutter des Stpfl. angesehen und zur Schenkungsteuer herangezogen; hierbei hat es den vom Stpfl. für Dienstleistungen auf dem elterlichen Hof gemäß § 24 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) begehrten Abzug abgelehnt. Die Eltern des Stpfl. hätten im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung gelebt. Der Vater habe die Nutzungen des Mutterguts gemäß § 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wie ein Nießbraucher erworben. Der Wert der ohne Barlohn geleisteten Dienste des Stpfl. stecke also im Vermögen des Vaters. Der Abzug nach § 24 ErbStG könne daher nur bei Erwerben berücksichtigt werden, die vom Vater herrührten. Der Einspruch des Stpfl. ist erfolglos geblieben, dagegen hat die Berufung des Stpfl. zur Zubilligung eines Abzugs nach § 24 ErbStG geführt, wenn auch nicht in der vom Stpfl. beantragten Höhe. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, mit der gänzliche Versagung des Abzugs nach § 24 ErbStG, also Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung begehrt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts muß zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

Die Begründung, die das Finanzgericht seinem Urteil gegeben hat, ist nicht zureichend. Nach Ansicht des Finanzgerichts hat der Stpfl. unwiderlegt vorgetragen, daß sein Vater die diesem wie einem Nießbraucher zustehenden Reinerträge des Erbhofs zum weitaus größten Teil laufend in den Hof re-investiert habe; unwiderlegbar deshalb, weil eine solche Verhaltensweise bäuerlichem Denken entspreche und auch mit den Beobachtungen des täglichen Lebens im Einklang stehe. Abgesehen von der logisch unzulässigen Gleichsetzung der Begriffe "unwiderlegt" und "unwiderlegbar" krankt diese Beweisführung daran, daß sie nur auf allgemeinen Erwägungen, nicht aber auf einer tatsächlichen Feststellung über den Sachverhalt des zu entscheidenden Einzelfalls beruht. Solche allgemeinen Erwägungen können zwar ergänzend zur tatsächlichen Würdigung herangezogen werden, aber konkrete Feststellungen nicht ersetzen. Die dem Finanzgericht zur Last fallende ungenügende Tatsachenaufklärung schließt die Möglichkeit falscher rechtlicher Beurteilung und damit die Möglichkeit eines Rechtsirrtums in sich, sie stellt außerdem einen - vom Finanzamt gerügten - wesentlichen Verfahrensmangel dar. Hiernach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. u. a. die Urteile V e A 130/26 vom 23. März 1926, RStBl 1926 S. 233; Slg. Bd. 18 S. 333, und V e A 639/28 vom 14. Dezember 1928, RStBl 1929 S. 67, Slg. Bd. 24 S. 278) beruht die Vorschrift des § 24 ErbStG auf dem Gedanken, daß der Erbe, der im Betrieb des Erblassers ohne Barlohn Dienste geleistet hat, dem Erblasser Aufwendungen erspart und dadurch in der Regel wesentlich zur Erhaltung oder auch Vermehrung des Nachlaßvermögens beigetragen hat. Den Wert dieser Ersparnisse bzw. den von ihm selbst geschaffenen anteiligen Vermögenswert braucht der Erbe nicht zu versteuern. Die Dienste müssen vom Erben dem Erblasser oder vom Beschenkten dem Schenker, nicht aber anderen Personen geleistet sein (Urteil des Reichsfinanzhofs V e A 260/25 vom 13. November 1925, Mrozek-Kartei, Erbschaftsteuergesetz 1925 Rechtsspruch 1 zu § 24). An dieser Auslegung des § 24 ErbStG hält der erkennende Senat fest. Der Reichsfinanzhof hat dann in dem Urteil I e A 146/31 vom 21. April 1931 (RStBl 1931 S. 395) ausgeführt, es hänge entscheidend von dem Güterstand, in dem die Eltern lebten, ab, ob bei Dienstleistungen im elterlichen Betriebe die von dem Erwerber geleisteten Dienste einem oder beiden Ehegatten zugute kämen. Bestehe der gesetzliche Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, so erwerbe der Mann gemäß § 1383 BGB die Nutzungen des eingebrachten Guts der Frau wie ein Nießbraucher, bei gesetzlichem Güterstand stecke demgemäß der Wert der Dienstleistungen im elterlichen Betrieb ausschließlich in dem Vermögen des Vaters. Der Abzug nach § 24 ErbStG könne in diesem Fall nur bei Erwerbern berücksichtigt werden, die vom Vater herrührten. Dieser Auffassung, der sich auch die Vorinstanzen angeschlossen haben, kann der erkennende Senat indessen nicht folgen. Mirre hat es schon bei der Besprechung des Urteils vom 21. April 1931 (Steuer und Wirtschaft 1932 I Spalten 851, 856) als zweifelhaft bezeichnet, ob beim gesetzlichen Güterstand immer der Ehemann um die unentgeltlichen Dienstleistungen bereichert ist, soweit es sich um eingebrachtes Gut der Ehefrau handelt. Der erkennende Senat teilt dieses Bedenken; man braucht zum Beispiel nur an den Fall eines Verlustbetriebs zu denken. In diesem Fall würde zwar das Betriebsvermögen erhalten oder vermehrt, es würden aber dem Ehemann keine Nutzungen zufließen. Im übrigen kann auch fraglich sein, ob Dienstleistungen eines Dritten überhaupt als Nutzungen des Betriebs der im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehefrau anzusehen sind (vgl. §§ 100, 1030 BGB). Letzteres kann indessen dahingestellt bleiben. Jedenfalls gibt der Wortlaut des § 24 ErbStG keinen Anlaß zu der im Urteil vom 21. April 1931 vertretenen Auffassung. § 24 ErbStG erfordert nur, daß die ohne Barlohn geleisteten Dienste des Erwerbers dem Betrieb des Zuwendenden zugute gekommen sein müssen. Die genannte Bestimmung setzt aber nicht voraus, daß auch die Erträge (Nutzungen) des Betriebs beim zuwendenden Betriebsinhaber - im Falle der einen Betrieb innehabenden, im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehefrau also dieser - verblieben sein müssen. Die von der oben erwähnten Rechtsprechung verlangte Erhaltung oder Vermehrung des Betriebsvermögens ist auch in einem solchen Falle eingetreten; wie der durch die Arbeit des Dienstleistenden ersparte Betrag endgültig Verwendung gefunden hat, ändert daran nichts. Hiernach ist der erkennende Senat im Gegensatz zu dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. April 1931 der Auffassung, daß bei Dienstleistungen im Betrieb einer im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehefrau der Abzug nach § 24 ErbStG gerade nur von Zuwendungen seitens dieser, nicht aber von Zuwendungen seitens ihres Ehemanns in Abzug gebracht werden darf. Diese Rechtsauffassung des erkennenden Senats führt zu folgendem Ergebnis: Ist die Mutter des Stpfl. rechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin des Hofes gewesen, dann sind die vom Stpfl. geleisteten Dienste ihr zugute gekommen und ist sie die Zuwendende mit der Folge, daß der Abzug nach § 24 ErbStG bei der von ihr dem Stpfl. gemachten Zuwendungen zu berücksichtigen ist.

War dagegen das Eigentum der Mutter des Stpfl. an dem Erbhof nur ein formalrechtliches, sein Vater aber wirtschaftlicher Eigentümer des Hofes, worauf die Ausführungen des Stpfl. im Einspruchsverfahren und im Verfahren über die Berufung hinauslaufen, dann wären die vom Stpfl. geleisteten Dienste dem Vater zugute gekommen und dieser als der Zuwendende anzusehen, so daß sich an der Zulässigkeit des Abzugs nach § 24 ErbStG nichts ändern könnte. Die im Einspruchsverfahren vom Stpfl. weiter aufgestellte Behauptung, daß der Erbhof gemeinschaftliches Vermögen seiner Eltern gewesen sei, steht mit den sonstigen Darlegungen des Stpfl. im Widerspruch. Andererseits haben die Eltern des Stpfl. ("die Eheleute X.") nach dem Wortlaut des übergabevertrags vom 24. Dezember 1936 den zu ihrem Vermögen gehörenden Erbhof bzw. ihren Erbhof dem Bruder des Stpfl. übertragen. Hat der Erbhof im wirtschaftlichen Miteigentum der Eltern gestanden, so würden Zuwendungen der beiden Elternteile an den Stpfl. je nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile vorliegen. Entsprechend wären dann die ohne Barlohn geleisteten Dienste anteilig bei den beiden Zuwendungen zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch das oben erwähnte Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. April 1931). Das Finanzgericht ist - von seiner Rechtsauffassung aus - der Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum an dem Erbhof nicht nachgegangen. Die Sache ist daher nicht spruchreif und wird unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung zur Nachprüfung in dieser Hinsicht und zur erneuten Entscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen. Das Finanzamt wird seiner Entscheidung die vorstehend entwickelte Rechtsauffassung zugrunde zu legen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424028

BStBl III 1959, 416

BFHE 1960, 417

BFHE 69, 417

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge