Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Bei Bemessung des für geleistete Dienste des Erben nach § 24 ErbStG vorzunehmenden Abzugs ist die als Nachlaßverbindlichkeit abzuziehende Belastung des Erblassers mit dem Lastenausgleich - Soforthilfe - nicht anteilig zu berücksichtigen.
Normenkette
ErbStG §§ 24-25
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) ist als Alleinerbin ihres am 16. Juli 1948 verstorbenen Ehemannes zur Erbschaftsteuer herangezogen worden. Sie hat den Antrag gestellt, gemäß § 24 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) einen der von ihr im Betrieb ihres Ehemannes geleisteten Arbeit und Dienstzeit angemessenen Betrag bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer von dem Erbanfall abzuziehen. Das Finanzamt hat eine Reihe von als "vorläufig" bezeichneten Bescheiden erlassen. Die letzte vorläufige Festsetzung der Steuerschuld ist in der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 1951 erfolgt.
Nachdem das Finanzamt zunächst einen Abzug von 50 % des Erbanfalls als angemessen anerkannt hatte, hat es in den späteren Veranlagungen nur einen erheblich niedrigeren Betrag zugelassen (17.890 DM nach Absetzung des anteiligen Lastenausgleichs - Soforthilfeabgabe - von 14.110 DM).
Die Stpfl. bestreitet dem Finanzamt das Recht, hinsichtlich der Gewährung des Abzugs aus § 24 a. a. O. von der in den ersten Steuerbescheiden vorgenommenen Beurteilung abzugehen. Im übrigen hat sie die Methode der Errechnung des Abzugs angegriffen.
Auf die Berufung hat das Finanzgericht den Abzug auf 35.740 DM erhöht. Bei der Bemessung desselben hat es einen Anteil an dem Lastenausgleich (Soforthilfeabgabe) nicht berücksichtigt.
Gegen diese Entscheidung hat der Vorsteher des Finanzamts Rechtsbeschwerde (Rb.), die Stpfl. Anschlußbeschwerde eingelegt.
Der Vorsteher rügt, daß der Abzug nicht um einen Anteil an dem Lastenausgleich (Soforthilfeabgabe) gekürzt worden ist. Die Stpfl. ihrerseits hält unter Wiederholung ihrer früheren Vorbringen die Methode der Errechnung des Abzugs für unrichtig und begehrt, denselben wieder auf 50 % des Erbanfalls zu bemessen.
Entscheidungsgründe
Beide Rbn. sind unbegründet.
Was zunächst die Rüge des Stpfl. hinsichtlich der Abänderung der früheren vorläufigen Veranlagung betrifft, so entbehrt sie der Grundlage. "Vorläufig" ist nicht ein einzelner Teil der Veranlagung, sondern die veranlagte Steuer. Daraus folgt, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, daß dem Finanzamt eine Abänderung im einzelnen nicht verwehrt werden kann. Hierüber besteht in Rechtsprechung und Schrifttum keine Meinungsverschiedenheit.
Danach ist zu prüfen, ob der Abzug in der vom Finanzgericht zugebilligten Höhe von 44.300 RM + 300 DM, umgestellt auf insgesamt 35.740 DM, gerechtfertigt ist. Die gesetzliche Grundlage ist § 24 a. a. O. Derselbe bestimmt:
"Hat der Erwerber nach Vollendung des 15. Lebensjahres im Haushalt oder im Betrieb des Erblassers ohne Barlohn Dienste geleistet und dadurch eine fremde Arbeitskraft erspart, so wird auf Antrag ein der Arbeit und der Dienstzeit angemessener Betrag von dem Erbanfall abgezogen."
Es soll also ermittelt werden, in welcher Höhe ein Abzug "angemessen" ist. Damit wird dem Stpfl. zwar ein Rechtsanspruch eingeräumt, die Höhe des Abzugs jedoch in das Ermessen des Finanzamts gestellt; eine Nachlaßverbindlichkeit wird durch den Anspruch nicht begründet. Dies bedeutet, daß das Finanzamt bei Vorliegen der Voraussetzungen den Abzug vornehmen muß, und daß es sich bei Bemessung desselben an die Grenzen billigen Ermessens zu halten hat. Die Steuergerichte haben nur nachzuprüfen, ob das Finanzamt bei der Feststellung des Abzugs das Ermessen mißbraucht oder überschritten hat.
Daß auch die im Betrieb des Ehemannes mitarbeitende Ehefrau berechtigt ist, einen Anspruch aus § 24 a. a. O. geltend zu machen, erkennt der Senat in übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für den hier bestehenden gesetzlichen Güterstand an. Die Stpfl. ist der Meinung, es müsse zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, daß im Wege der Gesetzesänderung die Errungenschaftsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand erklärt werden soll. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Möglichkeit einer künftigen änderung der gesetzlichen Bestimmungen betreffend das eheliche Güterrecht hat außer Betracht zu bleiben. Wenn die Stpfl. meint, daß nach der geänderten Volksanschauung der Gegenwart die mitarbeitende Ehefrau ohne Rücksicht auf den Güterstand gleichberechtigt an dem im Betrieb des Ehemannes durch gemeinsame Arbeit erworbenen Vermögen teilnimmt, so daß die Hälfte desselben als ihr Anteil und damit ihr Vermögen gelten müsse, so kann dem mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung bei dem Fehlen eines güterrechtlichen Vertrages auf dem Umweg über § 24 a. a. O., der lediglich einen angemessenen Abzug vorsieht, nicht Rechnung getragen werden. Der Senat vermag sich für das Steuerrecht der Auffassung des von der Stpfl. angezogenen Urteils des Landgerichts nicht anzuschließen. Es erübrigt sich daher eine Untersuchung darüber, ob nicht bei Vorliegen bestimmter Formen der Gütergemeinschaft (allgemeine Gütergemeinschaft bzw. Errungenschaftsgemeinschaft) die Vergünstigung aus § 24 überhaupt entfällt, weil es sich nicht mehr um Mitarbeit der Ehefrau in einem Betriebe des Ehemannes handelt, sondern um einen Betrieb, an dem sie entweder der Substanz nach oder hinsichtlich der erzielten Gewinne beteiligt ist.
Hinsichtlich der Auslegung des § 24 hat die Rechtsprechung, zunächst des Reichsfinanzhofs, später des Obersten Finanzgerichtshofs und schließlich des erkennenden Senats feste Grundsätze entwickelt. Die Prüfung ergibt, daß die angefochtene Entscheidung dieser Rechtsprechung gefolgt ist, wenn die Stpfl. darauf verweist, daß sie, weil aus der Ehe mit dem Erblasser Kinder am Leben sind, zu einer Steuer überhaupt nicht herangezogen werden könnte, wenn nicht für den Zeitpunkt des Erbanfalls durch das Besatzungsrecht (Kontrollratsgesetz - KontrRG - Nr. 17) die Bestimmung des § 17 a ErbStG betreffend Steuerbefreiung der Witwe bei bekinderter Ehe außer Kraft gesetzt wäre, so kann diesem Umstand nicht Rechnung getragen werden. Maßgebend ist das auf den Erbfall anzuwendende Recht so, wie es im Zeitpunkt des Erbfalls besteht. Darüber, ob eine unbillige Härte in der Heranziehung liegt, wenn ein Erbfall während der zeitlich begrenzten Ausschaltung des § 17 a ErbStG erfolgt ist, haben nicht die Steuergerichte, sondern die Verwaltungsbehörden im Rahmen des § 131 der Reichsabgabenordnung (AO) zu entscheiden.
Zutreffend ist das Finanzgericht für die Ermittlung der Angemessenheit von den geleisteten Diensten und der durch das Fehlen einer Barentlohnung bewirkten Ersparnis ausgegangen, wobei es für den Wert der Dienste die Zeit der Dienstleistung zugrunde gelegt hat. Anders zu verfahren, ist nach dem Wortlaut des § 24 nicht möglich. Das Finanzgericht hatte daher auch nicht zu untersuchen, ob und in welchem Umfang sich das Vermögen des Erblassers durch die Dienstleistung seiner Ehefrau vermehrt hat, oder ob durch Preis- oder Wertsteigerungen ein Zuwachs am Vermögen eingetreten ist. Welche Bedeutung die geleistete Arbeit für das Unternehmen gehabt hat, ist allerdings entscheidend für die Höhe des ersparten Entgeltes. Die Stpfl. ist der Meinung, daß ihre Stellung in dem Unternehmen ihres Ehemannes eher der eines Teilhabers als eines Angestellten entsprochen habe. Sie hat in der Rechtsbeschwerdeinstanz äußerungen von Verbänden usw. über den Umfang und die Bedeutung ihrer Mitarbeit vorgelegt.
Die Vorinstanzen haben sich hinsichtlich der Höhe des ersparten Entgeltes für die Zeit ab 1937 auf die Feststellungen berufen, die die Preisprüfungsstelle bei einer Nachprüfung der Preiskalkulation für das Unternehmen des Erblassers getroffen hat. Dies vermag der Senat nicht zu beanstanden, nachdem sich die Stpfl. und ihr Sohn in dem Vertrage vom 11. Februar 1949 ausdrücklich auf das Ergebnis dieser Prüfung bezogen haben. Es ist nicht ersichtlich, inwieso die Vorbehörden hierdurch die Grenzen des Ermessens überschritten haben sollen.
Da das Finanzamt von dem durch die Preisprüfungsstelle festgesetzten Barlohn ausgegangen ist, hat es zutreffend einen Betrag für den gewährten Lebensunterhalt abgesetzt (vgl. bezüglich des Naturallohns die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs in Mrozeks Kartei, Rechtsspr. 17 zu § 24 ErbStG und Reichssteuerblatt - RStBl. - 1941 S. 311). Wie hoch dieser Betrag zu bemessen war, unterlag seiner Würdigung der Verhältnisse. Aus der Höhe der Entnahmen des Ehemannes ist ein Rückschluß auf die Höhe der anzusetzenden Naturalleistungen an die Ehefrau nicht gerechtfertigt. Andererseits hat der Umstand, daß die Stpfl. als Hausfrau dem gemeinsamen Hauswesen vorgestanden hat, außer Betracht zu bleiben.
Das Finanzgericht hat weiter dem Finanzamt folgend die Jahre der "Anlaufzeit" von 1928 bis 18. Mai 1931, in dem es die Arbeit durch die Naturalleistungen als abgegolten angesehen hat, aus der Berechnung ausgeschieden. Betreffend der Mitarbeit bis 31. Dezember 1936 hat es einen Pauschalabzug von 3.000 RM zugelassen. Diese Begrenzung bietet, wenn auch der Begründung des Finanzgerichts nicht zuzustimmen ist, im Ergebnis keinen Anlaß zur Beanstandung. Betrachtet man das vom Erblasser seit 1931 erzielte Einkommen, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß das Unternehmen sich aus bescheidenen Anfängen heraufgearbeitet und erst in späteren Jahren einen bedeutenden Aufschwung genommen hat. Dies liegt auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung. Ein Fehler in der Ausübung des Ermessens ist nicht ersichtlich.
Den Abzug für die vor der Währungsreform geleisteten Dienste hat das Finanzgericht auf 44.300 RM festgestellt und für den kurzen Zeitraum zwischen Währungsreform und Ableben des Erblassers einen Betrag von 300 DM eingesetzt. Den Gesamtbetrag hat es sodann auf 35.740 DM beziffert, indem es den Grad der Erhaltung der Wertsubstanz des Betriebsvermögens untersuchte. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts rügt, daß bei der Ermittlung des angemessenen Betrages nicht der das Vermögen des Erblassers mindernde Lastenausgleich (vorläufig Soforthilfeabgabe) durch Kürzung des Abzugs berücksichtigt worden ist. Der erkennende Senat hat die Abzugsfähigkeit des Lastenausgleichs in der Form der kapitalisierten Leistungen nach dem Soforthilfegesetz bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer als Nachlaßverbindlichkeit anerkannt (Entscheidung III 26/50 S vom 3. Februar 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 57). Am Stichtage der Währungsreform - 21. Juni 1948 - hat der Erblasser noch gelebt. Er war Abgabepflichtiger. Es handelt sich um eine Nachlaßverbindlichkeit, während andererseits der Abzug aus § 24 dem Erben wegen der von ihm geleisteten Dienste, also auf Grund persönlicher Verhältnisse gewährt wird. Schon diese überlegung führt dazu, eine Verknüpfung der aus dem Lastenausgleich erwachsenen Belastung mit dem Abzug für geleistete Arbeit abzulehnen. Nach dem Wortlaut des § 24 ist der Betrag zu ermitteln, der nach Arbeitsleistung und Dienstzeit des Erben angemessen ist. Die Aufgabe der Veranlagungsbehörde beschränkt sich mithin darauf zu prüfen, welches Entgelt der Arbeit und der Dienstzeit entspricht. Es kommt hinzu, daß für die Findung des angemessenen Betrages lediglich von Bedeutung ist, in welchem Umfange Ersparnisse infolge der Nichtentlohnung des Erben für die von ihm geleisteten Dienste gemacht worden sind, nicht aber darauf, welcher Teil des Gesamtvermögens des Erblassers dem Erben zufällt. "Vielmehr hat der Erwerber ein Recht auf den vollen Abzug auch dann, wenn ihm das Vermögen des Zuwendenden nur teilweise zufällt und der ersparte Betrag ganz oder teilweise in dem Vermögen steckt, das dem Zuwendenden verbleibt oder Personen zufällt, mit denen sich der Abzugsberechtigte das Vermögen teilen muß." So der Oberste Finanzgerichtshof in der Entscheidung III 5/50 vom 25. Juli 1950 (Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1950 S. 430). Dieser Auffassung, die auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V e A 1019/31 vom 9. Mai 1932 (RStBl. 1932 S. 647) zurückgeht, schließt ich der Senat an. Mindert sich das Gesamtvermögen des Erblassers dadurch, daß auf Grund der ihn belastenden Lastenausgleichs-Gesetzgebung ein Teil seines Vermögens nicht auf seine Erben übergeht, sondern ihn der Fiskus als Abgabe in Anspruch nimmt, so vermag dies die Höhe des Entgeltes für die von den Erben geleistete Arbeit nicht zu beeinflussen. Da es nach der feststehenden Rechtsprechung für die Umwertung des Abzugs in DM für Dienste, die in der RM-Zeit geleistet sind, nur auf die Werterhaltung des übergegangenen Vermögens ankommt, kann der von Kirmse bei Hartmann-Kirmse, Erbschaftsteuerrecht, II A 1/2 Ziff. 1 a. E. und VIII Nachtrag 1, 6. Forts. Blatt, zu (II 2) f a. E. vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden. Der Wert des Erwerbs in neuer Währung gegenüber demjenigen in alter Währung hat sich durch den Lastenausgleich nicht geändert, vielmehr wird ja der Lastenausgleich gerade wegen der Werterhaltung des Sachwertvermögens erhoben. Die Frage des Abzugs des Lastenausgleichs fällt überhaupt nicht in das Gebiet der Bewertung des Vermögensanfalls, sondern in das Gebiet des Abzugs von Nachlaßverbindlichkeiten.
Da sonach die Entscheidung des Finanzgerichts weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Beziehung einen Irrtum erkennen läßt, oder die Ermessensgrenzen überschreitet, waren die Rb. des Vorstehers des Finanzamts und die Anschlußbeschwerde der Stpfl. mit der Kostenfolge aus §§ 307, 309 AO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407497 |
BStBl III 1952, 285 |
BFHE 1953, 744 |
BFHE 56, 744 |