Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Nachforderung von Eingangsabgaben

 

Leitsatz (NV)

1. Bescheide über Zölle und Verbrauchsteuern ergehen im Regelfall unter Zeitdruck ohne eingehende Prüfung. Das HZA kann sie daher innerhalb der Festsetzungsfrist nach Ermessen ohne wesentliche Einschränkung berichtigen.

2. Die Inanspruchnahme eines Steuerpflichtigen durch einen Eingangsabgaben-Nachforderungsbescheid verstößt allenfalls dann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn es sich um einen besonders gelagerten Fall handelt, in dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, daß demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der gleichen Behandlung aller Steuerpflichtigen zurücktreten müssen. Ein solcher besonders gelagerter Fall ist nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige seine Pflicht zur Abgabe einer richtigen Anmeldung nicht erfüllt hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt - HZA -) von Juli 1979 bis Juni 1980 Textilerzeugnisse aus verschiedenen ostasiatischen Lieferländern zum freien Verkehr abfertigen. Die Einfuhrgeschäfte wurden so abgewickelt, daß die Waren von der Klägerin gekauft und auf Eigenhändlerbasis unter Einschaltung eines Vermittlers, der Firma X in B, an Abnehmer im Zollgebiet verkauft wurden. Die Zoll- und Zollwertanmeldung gab jeweils die Klägerin als Zollbeteiligte und Zollwertanmelderin ab, wobei sie sich durch ein Speditionsunternehmen vertreten ließ. Dieses gab in den Zollwertanmeldungen im Feld ,,Zollwert" jeweils die Preise an, die die Lieferanten der Klägerin in Rechnung gestellt hatten. Entsprechend den Angaben der Klägerin stellte das HZA in 120 Fällen den Zollwert für die Waren auf der Grundlage dieser Anmeldungen fest und erhob die entsprechenden Eingangsabgaben. Nachdem das HZA festgestellt hatte, daß die Klägerin außerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ansässig ist und die Waren im Zollgebiet über einen Vermittler an die Endabnehmer verkauft worden waren, änderte es die ursprünglichen Eingangsabgabenbescheide und erhob mit drei Bescheiden vom 13. August 1980 - einer davon geändert mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 1980 - von der Klägerin insgesamt 128 645,40 DM Eingangsabgaben nach, in dem es nunmehr diejenigen Preise der Zollwertermittlung zugrunde legte, die den im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässigen Käufern von der Klägerin in Rechnung gestellt worden waren. Die Einsprüche der Klägerin blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Klägerin Aufhebung der Steueränderungsbescheide in der Fassung der Einspruchsentscheidung beantragt hatte, mit folgender Begründung ab:

Rechtsgrundlage für die Änderungsbescheide und die Nacherhebung sei § 172 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt. Das HZA sei bei der Steuerfestsetzung zunächst von einem zu niedrigen Zollwert ausgegangen. Die Klägerin habe unstreitig die eingeführten Waren nicht selbst an die Endabnehmer verkauft, sondern einen Vermittler, die Firma X, eingeschaltet. Da der Normalpreis von einem Kaufgeschäft ausgehe, sei bei Vermittlungsgeschäften die Handelsstufe dessen maßgebend, an den die Ware über den Vermittler geliefert werde (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 803/68 - ZWVO 1968 -).

Die Berichtigung nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 liege im Ermessen der Behörde. Bescheide über Zölle und Verbrauchsteuern ergingen gleichsam vorbehaltlich späterer Berichtigung. Der Gesetzgeber der AO 1977 habe mit Rücksicht darauf, daß die Masse der Zollabfertigungen unter Zeitdruck stünden, an der bisherigen freien Abänderbarkeit der Zoll- und Verbrauchsteuerbescheide festgehalten. Prüfe also die Behörde wie im Streitfall die summarische Entscheidung nochmals nach und stelle Rechtsfehler fest, so könne sie im Interesse der Rechtsrichtigkeit den Steuerbescheid zu Ungunsten des Steuerpflichtigen korrigieren. Die Abänderung eines rechtswidrigen Zoll- oder Verbrauchsteuerbescheides sei daher nur dann ermessensfehlerhaft, wenn ihr im Einzelfall besondere Gründe entgegenstünden. Das sei hier nicht der Fall.

Die Nachforderung verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Gehe es, wie hier, um die Einfuhr von Waren, so könne sich der Einführer nur dann auf diesen Grundsatz berufen, wenn er alle geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Zollanmeldung beachtet habe. Das sei hier nicht der Fall. Die Klägerin sei als Zollwertanmelderin aufgetreten, obwohl sie hierzu als eine außerhalb der Gemeinschaft ansässige Einführerin nicht befugt gewesen sei (vgl. § 21 Abs. 2 der Allgemeinen Zollordnung - AZO -). Die Klägerin habe hiervon auch Kenntnis gehabt, denn sie habe - vertreten durch die Spedition - in den Angaben über den Zollwert versichert, daß sie die Angaben wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen gemacht habe und daß ihr das Merkblatt ,,Zollwert" (Vordruck 0466, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - Z 5695 a.F.), das entsprechende Hinweise enthalte, bekannt sei. Sie müsse sich das Handeln der sie vertretenden Spedition zurechnen lassen.

Ein Ausnahmefall im Sinne des Urteils des Senats vom 5. Februar 1980 VII R 101/77 (BFHE 130, 90) liege nicht vor. Den Steueränderungsbescheiden vom 13. August 1980 über Eingangsabgaben in Höhe von 44 557 DM und 4 961,10 DM lägen Steuerbescheide zugrunde, die ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien, so daß die Klägerin mit einer Nachforderung habe rechnen müssen. Auch bezüglich der übrigen Nachforderung in Höhe von 83 425,10 DM habe das HZA keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, denn es habe die Eingangsabgaben lediglich aufgrund der von der Klägerin in der Zollanmeldung angegebenen Rechnungspreise festgesetzt. Eine weitergehende ausdrückliche Willensäußerung des HZA liege nicht vor.

Die Nacherhebung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens der Verwaltung ermessensfehlerhaft. Zwar habe die Verwaltung die Eingangsabgaben auf der Grundlage der abgegebenen, aber nicht vollständig überprüften Zollanmeldungen festgesetzt. Ein überwiegendes Verschulden des HZA sei jedoch nicht festzustellen. Da die Klägerin die Zollanmeldungen unvollständig bzw. unrichtig ausgefüllt habe, habe sie das HZA über abgabenrechtlich erhebliche Tatsachen im Unklaren gelassen und somit wesentlich zu der zu niedrigen Festsetzung der Eingangsabgaben beigetragen. Außerdem sei der Gesetzgeber im Rahmen des § 172 AO 1977 davon ausgegangen, daß wegen der summarischen Prüfung von Zollpapieren Fehler und Irrtümer seitens der Verwaltung vorkommen könnten. Die Gründe, von denen das HZA bei der Ausübung seines Ermessens ausgegangen sei, ergäben sich aus den Änderungsbescheiden. Die Nachforderung werde nämlich damit begründet, daß die Klägerin den ihr bei der Ausfüllung der Zollanmeldung obliegenden Pflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei und dadurch die zu niedrige Steuerfestsetzung selbst wesentlich mitverursacht habe.

Ihre Revision begründet die Klägerin damit, die Nachforderung der Eingangsabgaben verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie führt unter anderem aus:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gebe es Ausnahmen, die aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Nachforderung ursprünglich zu niedrig festgesetzter Abgaben verböten. Solch ein Ausnahmefall liege hier vor. Sie, die Klägerin, sei nach dem unstreitigen Sachverhalt als Zollwertanmelderin aufgetreten, obwohl sie dazu als eine außerhalb der Gemeinschaft ansässige Person nicht befugt gewesen sei. Das FG führe in der Vorentscheidung aus, sie, die Klägerin, habe gewußt, daß sie nicht als Zollwertanmelderin habe auftreten dürfen. Dem müsse widersprochen werden. Positive Kenntnis vom Mangel ihrer Anmeldeberechtigung habe sie nicht gehabt. Die Formulare seien vielmehr versehentlich falsch ausgefüllt worden. Der Irrtum sei für das HZA ohne weiteres erkennbar gewesen. Trotz des gravierenden Fehlers seien die Anmeldungen aber nicht beanstandet worden. Sie, die Klägerin, habe stets Rechnungen der Lieferanten vorgelegt. Diese seien an sie gerichtet gewesen. Sie sei niemals zur Vorlage einer Handelsrechnung aufgefordert worden, deren Empfänger ein deutscher Abnehmer gewesen sei.

Entgegen den Ausführungen in der Vorentscheidung habe sie, die Klägerin, auch tatsächlich auf die Richtigkeit der Zollformalitäten vertraut. Sie habe nämlich auch im Hinblick auf die Zollbelastung ihr Vertragsverhältnis zu den fernöstlichen Lieferanten gestaltet. Hätte sie von der höheren Zollbelastung gewußt, so hätte sie die Lieferungen aus Fernost schon viel eher gestoppt. Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Vorentscheidung habe sie nach Bekanntwerden der veränderten Rechtslage ihre Einfuhren aus Fernost beendet. Die noch bezogene Ware betreffe andere Lieferungen. Insoweit werde mangelnde Sachaufklärung durch das FG gerügt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Steueränderungsbescheide vom 13. August 1980 in der Fassung des Erstattungsbescheides vom 20. Oktober 1980 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 1981 aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die ursprünglichen Abgabenbescheide waren, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, unrichtig. Das HZA hatte zunächst weniger als die nach den gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften geschuldeten Eingangsabgaben erhoben. Die Frage, ob es die Differenz nachzufordern befugt war, ist nicht nach den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1967/79 (VO Nr. 1697/79) über die Nacherhebung von Eingangsabgaben (VSF Z 0255) zu entscheiden, da diese nach ihrem Art. 11 erst am 1. Juli 1980 in Kraft getreten ist. Es ist also im vorliegenden Fall noch nationales Recht anzuwenden, d.h. die Vorschriften der AO 1977.

Ein Teil der ursprünglichen Bescheide ist, wie das FG festgestellt hat, ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen worden. Diese Bescheide konnte das HZA also ohne weiteres ändern (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Da die Klägerin wegen des Vorbehalts mit der Änderung rechnen mußte, lag eine Vertrauensschutzlage nicht vor. Die Klägerin beruft sich insoweit also zu Unrecht auf den Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 2. September 1982 I 96/ 80, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1983, 212).

Soweit das HZA die ursprünglichen Eingangsabgabenbescheide endgültig erlassen hatte, war es unter den Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 befugt, die Bescheide zu ändern. Diese Vorschrift knüpft ebensowenig wie § 164 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 die Änderungsbefugnis der Behörde an besondere Voraussetzungen (anders als § 172 Abs. 1 Nr. 2, § 173 AO 1977), soweit die Festsetzungsfrist wie hier noch nicht abgelaufen ist. Bescheide über Zölle und Verbrauchsteuern ergehen also auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich gesagt ist, gewissermaßen vorbehaltlich späterer Nachprüfung. Der Gesetzgeber ist, worauf das FG zu Recht hingewiesen hat, davon ausgegangen, daß diese Abgaben wegen der bei der Zollabfertigung im Interesse der Einführer erforderlichen Beschleunigung summarisch und ohne eingehende Prüfung oft von untergeordneten Behörden festgesetzt werden und daher die Behörde die Möglichkeit haben muß, sie ohne wesentliche Einschränkungen zu berichtigen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 172 AO 1977, Anm. 2). Die Berichtigung steht im Ermessen des HZA. Dabei hat sich die Behörde am Zweck der Ermächtigung zu orientieren (§ 5 AO 1977). Zweck des § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ist es, im öffentlichen Interesse an der Rechtsrichtigkeit die Überprüfung und Korrektur solcher Bescheide zu ermöglichen, die wegen der nur summarischen Prüfung unter Zeitdruck rechtswidrig (fehlerhaft) erlassen worden sind (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., Anm. 4). Nach diesen Grundsätzen hat das HZA entschieden. Es durfte sich als befugt zur Nachforderung schon im Hinblick auf die sonst eintretende Besserstellung der Klägerin gegenüber ihren Mitbewerbern halten. Das HZA hat seine Ermessensausübung auch ohne Rechtsfehler begründet.

Die Vorentscheidung begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als sie entschieden hat, daß sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verstößt die Inanspruchnahme eines Steuerpflichtigen durch einen Nachforderungsbescheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie im Widerspruch steht zu einem vorangegangenen nachhaltigen Verhalten oder einer nachdrücklichen Willensäußerung der Verwaltung, der Steuerpflichtige wegen dieses bisherigen Verhaltens der Verwaltung auf ein entsprechendes künftiges Verhalten vertraut und vertrauen durfte und daher die Nachforderung mit dem allgemeinen Rechtsempfinden unvereinbar ist. Die Anwendung dieses Grundsatzes führt dazu, daß im Einzelfall eine bestimmte Vorschrift dem Recht weichen muß. Außerdem entsteht ein Konflikt mit dem Gleichheitssatz, der insbesondere in Fällen, in denen wie hier wirtschaftslenkende Abgaben (Zölle) in Frage stehen, besonders augenfällig wird, weil die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu einer Wettbewerbsverschiebung zugunsten desjenigen führt, der sich auf ihn beruft. Die Anwendung dieses Grundsatzes kann daher nur in Frage kommen, wenn es sich um einen besonders gelagerten Fall handelt, in dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, daß demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der gleichen Behandlung aller Steuerpflichtigen zurücktreten müssen (vgl. Urteil in BFHE 130, 90, 95, und Urteil des Senats vom 25. Oktober 1977 VII R 5/74, BFHE 124, 105, 107, BStBl II 1978, 274, mit weiteren Nachweisen).

Ein in diesem Sinne besonders gelagerter Fall ist hier, wie das FG richtig entschieden hat, schon deswegen nicht gegeben, weil die Klägerin ihre Pflicht zur Abgabe einer richtigen Zollwertanmeldung nicht erfüllt hat. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 1697/79. Danach können die Behörden von einer Nacherhebung absehen, wenn die Nichterhebung auf ihren Irrtum zurückzuführen ist, es sei denn, daß der Abgabenschuldner nicht alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat. Die VO Nr. 1697/79 ist zwar, wie bereits ausgeführt, hier nicht anwendbar. Sie gibt aber einen Rechtsgedanken wieder, der dem Grundsatz von Treu und Glauben innewohnt und daher im vorliegenden Fall angewendet werden kann.

Wie sich aus der Vorentscheidung ergibt, ist die Klägerin - vertreten durch eine Speditionsfirma - im eigenen Namen als Zollwertanmelderin aufgetreten. Sie hat durch ihre Vertreterin in der Zollwertanmeldung nach Muster 0465 die ihr von ihren Lieferfirmen in Rechnung gestellten Preise angemeldet sowie die Frage nach dem Vorliegen eines etwaigen Vermittlungsverhältnisses in Zeile 36 des Vordrucks nicht beantwortet. Gleichzeitig hat sie, vertreten durch die Speditionsfirma, ausdrücklich versichert, die Angaben habe sie wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen gemacht und das Merkblatt ,,Zollwert" (Vordruck 0466) sei ihr bekannt. In diesem Merkblatt heißt es in Absatz 1 der ,,Vorbemerkungen", die Zollwertangaben dürfe nur ein in der Gemeinschaft ansässiger Käufer machen; zu Zeile 36 des Zollwertanmeldungsvordruckes heißt es im Merkblatt, es sei anzugeben, ,,wenn in das Einfuhrgeschäft ein Vermittler eingeschaltet ist". Die Vertreterin der Klägerin hat die Zollwertanmeldungen jeweils in Mißachtung dieser Hinweise ausgefüllt. Die Klägerin muß sich dieses Fehlverhalten ihrer Vertreterin zurechnen lassen. Dieses Fehlverhalten ist geschehen, obwohl die Vertreterin der Klägerin von der Unrichtigkeit der Zollwertanmeldung wußte oder jedenfalls von dieser hätte wissen müssen, wenn sie von dem Merkblatt Kenntnis genommen hätte, dessen Kenntnis sie in der Zollwertanmeldung ausdrücklich bestätigt hatte. Unter diesen Umständen ist das Vertrauen der Klägerin in die Richtigkeit der ursprünglichen Bescheide des HZA jedenfalls nicht schutzwürdig. Denn das HZA hat nichts anderes getan, als die Eingangsabgaben unter unveränderter Zugrundelegung der (unrichtigen) Angaben der Klägerin festgesetzt.

Die Klägerin bestreitet in ihrer Revisionsbegründung die Richtigkeit der Feststellung des FG, sie habe gewußt, daß sie nicht als Zollwertanmelderin auftreten dürfe (Seite 8 der Vorentscheidung). Es kann unentschieden bleiben, ob der Senat an diese Feststellung des FG nicht ohnehin gebunden ist (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Denn auf sie kommt es nicht an. Die Richtigkeit der Zollwertanmeldung fällt im vorliegenden Fall in erhöhtem Maße in den Verantwortungsbereich der Klägerin, deren Vertreterin ausdrücklich die Kenntnis von den bei der Anmeldung dann mißachteten Umständen bestätigt hatte. Das genügt, um der Berufung der Klägerin auf den Grundsatz von Treu und Glauben den Erfolg zu versagen.

Auf das Fehlverhalten der Behörde kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Wie bereits ausgeführt, ist bei Bescheiden über Zölle und Verbrauchsteuern wegen der besonderen Umstände bei der Einfuhrabfertigung in erhöhtem Maße damit zu rechnen, daß diese Fehler aufweisen und berichtigt werden müssen. Der Umstand allein, daß das HZA ihrer (falschen) Zollwertanmeldung folgte, konnte für die Klägerin also kein genügender Anlaß sein, auf die Richtigkeit der entsprechenden Eingangsabgabenbescheide und ihre Unabänderbarkeit zu vertrauen.

Da dem so ist, bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob der Berufung der Klägerin auf den Grundsatz von Treu und Glauben der Erfolg auch deswegen zu versagen ist, weil die Klägerin im Vertrauen auf das Verhalten der Behörde keine entsprechenden vermögensrechtlichen Dispositionen getroffen hat, die nicht mehr rückgängig zu machen waren. Es bedarf daher keines Eingehens auf das entsprechende Vorbringen der Revision und die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensrüge.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415139

BFH/NV 1988, 137

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