Entscheidungsstichwort (Thema)

Umbau von zwei Wohnungen in eine Wohnung; baurechtswidriger Ausbau

 

Leitsatz (NV)

1. Werden mehrere Wohnungen in einem Gebäude durch Baumaßnahmen zu einer Wohnung zusammengefaßt, wird nur dann eine neue Wohnung i. S. d. § 10 e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen.

2. Ein nach § 10 e Abs. 2 EStG begünstigter Ausbau durch Umbau liegt nur vor, wenn die Räume objektiv nicht mehr bewohnbar sind, weil die Mindestausstattung fehlt.

3. Ausbauten und Erweiterungen sind nicht nach § 10 e Abs. 2 EStG begünstigt, wenn eine erforderliche Baugenehmigung nicht erteilt worden ist.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Jahr 1973 erhielt die Klägerin im Wege vorweggenommener Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Übergebers ein (im Jahr 1952 errichtetes) Zweifamilienhaus übertragen. Das Haus wurde bis zum Tode des Nießbrauchsberechtigten im Jahre 1990 von diesem und den Klägern bewohnt. In den Jahren 1990 und 1991 bauten die Kläger das Zweifamilienhaus zu einem Einfamilienhaus um. Außerdem wurden das Dachgeschoß und Teile des Kellers ausgebaut. Im einzelnen führten die Kläger folgende Maßnahmen durch:

Der Keller wurde gegen Feuchtigkeit isoliert. Ca. 10 qm wurden zu einem Büro umgewandelt und dieses mit einem neuen Fenster und neuen Heizungsrohren ausgestattet. Im Erdgeschoß wurden Bad und Gästetoilette komplett erneuert und eine Treppe zum Garten errichtet. Im Obergeschoß ließen die Kläger Wände (Raumteiler) versetzen und den Fußboden erneuern. Die Zimmerdecken wurden nach Entfernung der alten Strohmatten mit Holz verkleidet. Außerdem wurden isolierverglaste Fenster eingebaut.

Das Dachgeschoß wurde zu Wohnzwecken ausgebaut (ca. 34 qm), insbesondere wurden ein neuer Fußboden verlegt und Dachflächenfenster eingebaut. Die Dachbodentreppe ersetzten die Kläger gegen eine fest eingebaute Treppe. Der Dachboden wurde komplett verkleidet und isoliert. Weiter ließen die Kläger sämtliche Wasser- und Stromleitungen sowie die Heizungs- und Lüftungsschächte erneuern. Vereinzelt wurden Fenster zugemauert. Die Dachgaube wurde mit einer neuen Wand verstärkt.

Die tragenden Wände des Gebäudes wurden nicht versetzt.

In der Einkommensteuererklärung für 1991 machten die Kläger für Herstellungskosten von 170 640 DM einen Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend (8 532 DM) sowie Vorkosten nach § 10 e Abs. 6 EStG in Höhe von 31 042 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Der Einspruch der Kläger war erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 702 abgedruckt.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 10 e Abs. 2 und 6 EStG.

Sie beantragen, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 2. September 1993 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1991 dahingehend zu ändern, daß die Aufwendungen gemäß § 10 e EStG berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzu weisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die Kläger durch den Umbau der beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses zu einer Wohnung keine Wohnung i. S. des § 10 e Abs. 1 EStG hergestellt haben.

Herstellen einer Wohnung bedeutet, daß eine neue, bisher nicht vorhandene Wohnung geschaffen wird. Werden mehrere selbständige Wohnungen in einem Gebäude durch Baumaßnahmen zu einer Wohnung zusammengefaßt, wird nur dann eine neue Wohnung hergestellt, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen. Eine Wohnung ist nur dann i. S. des § 10 e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt worden, wenn sie bautechnisch neu ist (Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, 294; vom 24. November 1992 IX R 62/88, BFHE 169, 380, BStBl II 1993, 188, zu § 7 Abs. 5 EStG). Daran fehlt es, wenn, wie im Streitfall, lediglich die durch die Außenmauern umbauten Räume umgestaltet und zwei vor dem Umbau vorhandene selbständige Wohnungen zu einer Wohnung verbunden werden.

2. Der Umbau der beiden Wohnungen zu einer Wohnung ist kein Ausbau i. S. des § 10 e Abs. 2 EStG.

Ein nach § 10 e Abs. 2 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) begünstigter Ausbau durch Umbau von nicht mehr zu Wohnzwecken geeigneten Räumen liegt nur vor, wenn die Räume objektiv nicht mehr bewohnbar sind, weil die notwendige Mindestausstattung fehlt (ausführlich BFH in BFHE 179, 290, 292).

Im Streitfall waren die Räume vor dem Umbau bewohnbar und waren tatsächlich auch zu Wohnzwecken durch die Kläger und den Nießbrauchsberechtigten genutzt worden. Das FG geht bei seiner Entscheidung davon aus, daß die Wohnungen in dem im Jahre 1952 errichteten Gebäude über die notwendige Mindestausstattung einer Wohnung verfügten. An diese nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist der Senat gebunden. Der Umbau der beiden vorhandenen Wohnungen zu einer Wohnung und deren Modernisierung fällt deshalb nicht unter § 10 e Abs. 2 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG.

3. Zu Recht hat das FG entschieden, daß die den Ausbau des Dachgeschosses und des Kellers zu Wohnzwecken betreffenden Aufwendungen nicht nach § 10 e Abs. 2 EStG begünstigt sind. Denn § 10 e EStG ist auf baurechtswidrig erstellte Objekte nicht anwendbar. Das gilt auch für Ausbauten und Erweiterungen i. S. des § 10 e Abs. 2 EStG, wenn eine erforderliche Baugenehmigung nicht erteilt worden ist (ausführlich Senatsurteil vom 31. Mai 1995 X R 245/93, BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875).

Das FG geht bei seiner Entscheidung davon aus, daß der Ausbau des Kellerraumes zu einem Büroraum und der Dachgeschoßausbau gemäß § 87 Abs. 1 i. V. m. § 64 bzw. § 65 der Hessischen Bauordnung einer Baugenehmigung bedurften. Soweit das FG Bestand und Inhalt der landesrechtlichen Vorschriften des Baurechts festgestellt hat, ist der Senat hieran wie an tatsächliche Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. BFH-Urteil vom 8. März 1995 II R 58/93, BFHE 177, 288, BStBl II 1995, 438, m. w. N.). Eine Baugenehmigung haben die Kläger nicht vorgelegt.

4. Aus den vorstehenden Gründen steht den Klägern auch kein Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG zu.

Vor Beginn der Selbstnutzung entstandene Aufwendungen sind nur nach § 10 e Abs. 6 EStG abziehbar, wenn sie mit der Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung i. S. des § 10 e Abs. 1 EStG oder einem Ausbau oder einer Erweiterung i. S. des § 10 e Abs. 2 EStG zusammenhängen (§ 10 e Abs. 6 Satz 1 und 3 EStG). Voraussetzung ist deshalb, daß der Steuerpflichtige eine Wohnung i. S. des § 10 e Abs. 1 EStG an geschafft oder hergestellt hat oder daß die tatbestandlichen Voraussetzungen der Grundförderung für einen Ausbau oder eine Erweiterung i. S. des § 10 e Abs. 2 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG vorliegen. Daran fehlt es im Streitfall. Da die Kläger die Wohnung im übrigen unentgeltlich erworben haben, sind die Vorkosten auch nicht unter dem Aspekt der Anschaffung eines Gebäudes nach § 10 e Abs. 6 EStG abziehbar (BFH-Urteil vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346).

5. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über das Revisionsverfahren X R 245/93 hat sich erledigt, nachdem dieses Verfahren mit Urteil in BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875 abgeschlossen worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66288

BFH/NV 1997, 480

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