Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgestauter Reparaturbedarf als Erblasserschulden?

 

Leitsatz (NV)

Wertminderungen des Gebäudes des Erblassers stellen keine Erblasserschulden i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar, es sei denn, daß aufgrund einer zivil- oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtung eine Schuld zur Beseitigung von Mängeln entstanden war.

Im übrigen könnten Wertminderungen des Gebäudes, etwa unter dem Gesichtspunkt des aufgestauten Reparaturbedarfs, allenfalls bei der Bewertung des Grundstücks im Rahmen der Ermittlung des Einheitswerts berücksichtigt werden (§ 12 Abs. 2 ErbStG).

 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 5, § 12 Abs. 2

 

Tatbestand

Am 23. August 1983 verstarb Frau X. (Erblasserin). Sie wurde allein beerbt von ihrer Schwester L. L. wurde wiederum von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und von S. beerbt, nachdem L. verstorben war. Der Erblasserin gehörte u. a. das Mietwohngrundstück in der X-Straße.

Mit Schreiben vom 18. August 1983 forderte die Freie und Hansestadt Hamburg die Erblasserin gemä § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Erhaltung und Pflege von Wohnraum vom 8. März 1982 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl HA - S. 47) auf, genau bezeichnete Mängel an dem Haus zu beseitigen. Die Erblasserin wurde gebeten, bis zum . . . 1983 schriftlich mitzuteilen, ob sie bereit sei, die Mängelbeseitigung zu den genannten Terminen vorzunehmen. Sie wurde darauf hingewiesen, daß Gefahrenzustände unverzüglich behoben werden müßten. Es wurde angeboten, gemeinsam mit dem Technischen Außendienst der Freien und Hansestadt Hamburg die festgestellten Schäden zu besichtigen und sie zu beraten.

Dieses Schreiben konnte der Erblasserin nicht zugestellt werden. Unter dem 19. August 1983 schrieb dieselbe Dienststelle daher an die Y-Klinik in A und bat um Mithilfe, da sie erfahren hatte, daß die Erblasserin sich in dieser Klinik aufhalte. Dieses Schreiben ging am 23. August 1983 der Klinik zu. An diesem Tag verstarb die Erblasserin.

Der Vermögenspfleger der Erbin L. setzte sich nach Kenntnis der Vorgänge mit dem Bezirksamt in Hamburg in Verbindung und holte Sanierungsangebote von privaten Firmen ein. Die Summe der Angebote belief sich auf . . . DM.

Nach dem Tode der Erbin erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) an den Vermögenspfleger der bereits verstorbenen Erbin mit Datum vom 8. Mai 1984 einen Erbschaftsteuerbescheid. Unter Aufhebung dieses Bescheides wurde mit Bescheid vom 12. Dezember 1984 an den neuen Nachlaßverwalter zur Ermittlung der unbekannten Erben nach L. ein Erbschaftsteuerbescheid erlassen.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Nachlaßverwalter Klage, die erfolglos blieb (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1988, 31).

Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision zu.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt sinngemäß die Abweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat es zu Recht abgelehnt, die Erbschaftsteuer aufgrund der Schäden an dem Haus der Erblasserin herabzusetzen.

Insbesondere haben Erblasserschulden i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) nicht bestanden.

Mit zutreffenden Gründen hat es das FG verneint, daß eine zu berücksichtigende Last aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung der Erblasserin zur Beseitigung der Mängel entstanden gewesen sei. Das Schreiben des Bezirksamts vom . . .1983 enthält keine rechtsverbindliche Anordnung zur Beseitigung der Mängel, sondern nur das in § 14 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes vom 8. März 1982 vorgesehene Ansuchen der Behörde, den Mängeln freiwillig abzuhelfen. Daher konnte es das FG zu Recht dahingestellt sein lassen, ob das Schreiben überhaupt der Erblasserin zugegangen war. Eine Schuld aufgrund zivilrechtlicher Verpflichtung zur Beseitigung der Schäden (z. B. aus den Mietverträgen) ist nach dem vom FG festgestellten und den erkennenden Senat bindenden Sachverhalt (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht ersichtlich.

Im übrigen könnten - wie das FG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - Wertminderungen des Gebäudes, etwa unter dem Gesichtspunkt des aufgestauten Reparaturaufwandes, allenfalls bei der Bewertung des Grundstücks im Rahmen der Ermittlung des Einheitswerts und nicht im vorliegenden Verfahren über die Erbschaftsteuerfestsetzung berücksichtigt werden (§ 12 Abs. 2 ErbStG).

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 97

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