Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ist einem versetzten Beamten der Umzug möglich und zumutbar, so ist für die Anerkennung von Werbungskosten über den in den Urteilen des Bundesfinanzhofs VI 135/56 U und VI 204/56 U vom 23. August 1957 (BStBl 1957 III S. 361 und 362, Slg. Bd. 65 S. 339 und 342) gestellten Rahmen hinaus kein Raum.

Ist die Ehefrau am Familienwohnsitz berufstätig, so steht das der Zumutbarkeit eines Umzuges vor allem dann nicht entgegen, wenn die Berufstätigkeit der Ehefrau ihrer Art nach nicht ortsgebunden ist.

 

Normenkette

EStG § 9; LStDV § 20; LStR Abschn. 26

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die dem Bf. durch doppelte Haushaltsführung entstehenden Aufwendungen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind.

Der Bf. ist als Beamter der Bundesbahn seit Dezember 1951 beim Verkehrsamt in A. beschäftigt und wohnt in A. in Untermiete. Seine Ehefrau wohnt am Familienwohnsitz in B., wo sie als Buchhalterin tätig ist. Wie in den Vorjahren begehrte der Bf. auch für 1961, die ihm durch die doppelte Haushaltsführung entstehenden Aufwendungen, die er mit 3.456 DM (nämlich 12 x 48 DM Zimmermiete und 12 x 240 DM Verpflegungsmehraufwand) bezifferte, gemäß § 9 EStG als Werbungskosten anzuerkennen. Das Finanzamt lehnte dies ab, billigte dem Bf. jedoch den Preis für 12 Monatskarten der Bundesbahn für 40 km = 1.216,-- DM und je 1,50 DM für Mehraufwendungen für Verpflegung für 240 Arbeitstage mit mehr als 12stündiger Abwesenheit von der Wohnung = 360 DM, zusammen also 1.576 DM als Werbungskosten zu.

Die Berufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß der Bf., der nunmehr beinahe 10 Jahre von seiner Familie getrennt in Untermiete wohne, den doppelten Haushalt aus nicht zwingenden persönlichen Gründen führe.

Mit der Rb. wird unrichtige Rechtsanwendung gerügt. Wie bisher verlangt der Bf. die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten und rügt, daß das Finanzgericht unrichtige Schlüsse aus den beigebrachten Bescheinigungen des Sozialbüros der Bundesbahndirektion A. gezogen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann nicht durchdringen.

Der Bf. will ihm erwachsene Ausgaben als Werbungskosten anerkannt haben. Nach § 9 EStG sind Werbungskosten Mehraufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. § 20 LStDV erläutert den Begriff für Arbeitnehmer in deutlicher Anlehnung an die für die Gewinnermittlung geltende gesetzliche Vorschrift des § 4 Abs. 4 EStG, "Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind", dahin, "Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die die Ausübung des Dienstes mit sich bringt" (Urteil des Senats VI 79/60 S vom 2. März 1962, BStBl 1962 III S. 192). Seine Grenze findet sowohl der Begriff der Betriebsausgaben wie der der Werbungskosten in gleicher Weise an dem Punkt, wo die Aufwendungen nach der Verkehrsauffassung durch die allgemeine Lebensführung bedingt sind.

Die vom Bf. geltend gemachten Ausgaben für Wohnung und Verpflegung sind ihrer Natur nach typische Ausgaben der Lebensführung und Lebensgestaltung. Als Werbungskosten können sie nur berücksichtigt werden, wenn sie ausschließlich oder ganz überwiegend durch die Ausübung des Dienstes veranlaßt sind. Das kann der Fall sein, wenn sie einem Stpfl. durch dienstliche Erfordernisse und Verhältnisse erwachsen sind. Der Bf. sieht diese dienstliche Veranlassung in der Versetzung aus dienstlichen Gründen von seinem bisherigen Familienwohnsitz B. nach A. Das kann für die erste Zeit nach einer dienstlichen Versetzung der Fall sein, wenn am neuen Dienstort für die Familie keine Wohnung vorhanden ist, und wird dann auch bei Behördenbediensteten durch Gewährung von Trennungsentschädigung berücksichtigt. Inzwischen sind aber seit der dienstlichen Versetzung des Bf. nach A. nahezu 10 Jahre verflossen, ohne daß der Bf. in A. eine Familienwohnung bezogen hat. Er glaubt, durch die beigebrachten Bescheinigungen der Bundesbahn dargetan zu haben, daß er sich laufend um eine Familienwohnung bemüht habe. Mit Recht hat das Finanzgericht aber festgestellt, daß für das hier streitige Jahr 1961 dem Bf. keine dienstlichen Gründe oder zwingenden persönlichen Gründe zur Seite standen, die die Führung des doppelten Haushaltes notwendig machten. Es hat tatsächlich festgestellt, daß der Umzug zumutbar und auch im Laufe der langen Zeit der Versetzung möglich gewesen wäre. Es ergibt sich aus den Akten und wird auch vom Bf. nicht ernstlich bestritten, daß er sich die ganzen abgelaufenen Jahre hindurch bemüht hat, die dienstliche Versetzung rückgängig zu machen und möglichst in die Nähe seines Familienwohnsitzes versetzt zu werden. Gerade dieses beharrliche Begehren des Bf. um Wegversetzung hat es mit sich gebracht, daß ihm in A. noch keine Familienwohnung zugewiesen wurde. Aus persönlichen Gründen, die zwar menschlich verständlich, aber nicht zwingend sind, führte der Bf. einen doppelten Haushalt und machte die geltend gemachten Ausgaben.

Die Führung des doppelten Haushalts kann vom Bf. auch nicht mit der Berufstätigkeit der Ehefrau in B. gerechtfertigt werden. Denn nach einer angemessenen übergangszeit ist ein Arbeitsplatzwechsel bei der Versetzung des Mannes für die Frau im allgemeinen üblich und in der Regel auch zumutbar, um die durch die Ehe begründete Lebensgemeinschaft fortzuführen. Die Berufstätigkeit der Ehefrau als Buchhalterin steht im Streitfall der Zumutbarkeit des Umzugs um so weniger entgegen, als eine solche Tätigkeit nicht ortsgebunden ist. Die Ehefrau hätte auch in A. unschwer eine Stelle als Buchhalterin erhalten können.

Wenn das Finanzamt noch bis einschließlich des Jahres 1960 diese Kosten als Werbungskosten anerkannt hat und für 1961 gemäß den Urteilen des Bundesfinanzhofs VI 135/56 U und VI 204/56 U vom 23. August 1957 (BStBl 1957 III S. 361, Slg. Bd. 65 S. 339, bzw. BStBl 1957 III S. 362, Slg. Bd. 65 S. 342), VI 196/56 U vom 19. Dezember 1958 (BStBl 1959 III S. 84, Slg. Bd. 68 S. 216) und IV 119/53 U vom 17. September 1953 (BStBl 1953 III S. 322, Slg. Bd. 58 S. 81) dem Bf. Werbungskosten von insgesamt 1.576,80 DM zugebilligt hat, so hat es den Verhältnissen des Bf. ausreichend Rechnung getragen. Das weitergehende Begehren des Bf. findet im Gesetz keine Stütze.

 

Fundstellen

BStBl III 1962, 419

BFHE 1963, 416

BFHE 75, 416

StRK, EStG:9/1u2 R 184

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