Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebäude-AfA nach Betriebsaufgabe oder Entnahme

 

Leitsatz (NV)

Nach Betriebsaufgabe oder Entnahme bilden gemeiner Wert oder Teilwert nur dann die Bemessungsgrundlage für die Gebäude- AfA, wenn die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden (Anschluß an die BFH-Urteile vom 3. Mai 1994 IX R 59/92, BFHE 174, 422, BStBl II 1994, 749 und IX R 153/88, BFH/NV 1995, 19; vgl. auch Urteil IX R 68/93, nachstehend abgedruckt).

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1, § 21 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis 1980 Inhaber eines Fahrzeugbau- und Fahrzeugreparaturbetriebs. Zum 1. Januar 1981 gründete er eine GmbH, an der er zu 50 v. H., die Klägerin und Revisionsbeklagte (Ehefrau) zu 15 v. H. und der Sohn zu 35 v. H. beteiligt waren. Der Kläger brachte seinen Fahrzeugbetrieb mit Ausnahme der Betriebsgebäude in die GmbH ein. Die Betriebsgebäude verpachtete er an die GmbH. Zum damaligen Zeitpunkt nahmen die Beteiligten eine Betriebsaufspaltung an und gingen davon aus, der Kläger habe mit der Verpachtung des Betriebsgrundstücks Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Bei der Gebäudeabschreibung führte der Kläger die bisherige Bemessungsgrundlage fort. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluß vom 12. März 1985 I BvR 571/81 u. a. (BStBl II 1985, 475) die grundsätzliche Zusammenrechnung von Ehegattenanteilen an Betriebs-Kapitalgesellschaften für verfassungswidrig erklärt hatte, gehen die Beteiligten nunmehr übereinstimmend davon aus, daß die Voraussetzung für eine Betriebsaufspaltung (Beherrschung der GmbH durch den Kläger) nicht mehr vorliegt, der Kläger seinen Gewerbebetrieb zum 31. Dezember 1980 aufgegeben hat und seit dem 1. Januar 1981 mit der Vermietung der früheren Betriebsgrundstücke Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Einen Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --, Unterschied zwischen Buchwert und Verkehrswert des Betriebsgrundstücks) erfaßte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) nicht.

Bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1983 bis 1985 begehrte der Kläger, die Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach dem gemeinen Wert des Betriebsgebäudes zu berechnen. Das FA gewährte demgegenüber nur AfA von den ursprünglichen Herstellungskosten.

Die dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, die Entnahme des Betriebsgrundstücks sei einer Anschaffung zum Teilwert oder gemeinen Wert gleichzustellen; es sei deshalb zwingend geboten, den Entnahme- bzw. Aufgabewert (gemeiner Wert) als Anschaffungskosten anzusetzen und von dieser Bemessungsgrundlage die AfA zu berechnen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 7 Abs. 1 und 4, 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG, §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 und 16 Abs. 3 EStG und § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA hat für die Streitjahre des Revisionsverfahrens Änderungsbescheide wegen der Kinderfreibeträge erlassen, die die Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Vorentscheidung verletzt § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 EStG. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, sind Teilwert und gemeiner Wert zwar grundsätzlich den Anschaffungs kosten i. S. des § 7 Abs. 4 EStG gleichzusetzen, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnimmt oder seinen Betrieb aufgibt. Teilwert bzw. gemeiner Wert bilden jedoch nur dann die Bemessungsgrundlage für die AfA nach Entnahme bzw. Betriebsaufgabe, wenn das Gebäude mit diesen Werten steuerlich erfaßt wurde. Das setzt voraus, daß die stillen Reserven durch die Entnahme oder die Betriebsaufgabe tatsächlich aufgedeckt und -- bis zur Höhe des Teilwerts bzw. gemeinen Werts -- besteuert sind oder noch besteuert werden können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Senatsurteile vom 3. Mai 1994 IX R 59/92 (BFHE 174, 422, BStBl II 1994, 749, und IX R 153/88, BFH/NV 1995, 19) Bezug genommen.

Die in diesen Entscheidungen aufgestellten Grundsätze gelten auch im Streitfall. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27. Januar 1994 IV R 101/92 (BFHE 174, 224, BStBl II 1994, 638), auf das die Kläger sich berufen, betrifft (im Streitfall nicht vorliegende) Einlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, bei denen der Ansatz mit dem Teilwert gesetzlich vorgeschrieben ist; es vermag schon deshalb die Rechtsansicht der Kläger nicht zu stützen.

Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat zu Recht die AfA nicht vom gemeinen Wert des Grundstücks, sondern von der Bemessungsgrundlage vor Betriebsaufgabe berechnet. Anhaltspunkte dafür, daß das FA im Veranlagungszeitraum 1981 den Gewinn aus der Aufgabe des Betriebs (§ 16 Abs. 3 EStG) nachträglich noch erfassen könnte, bestehen nicht; das FG hält dies zudem für ausgeschlossen. Die Klage ist daher abzuweisen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 1055

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