Leitsatz (amtlich)

Wurde eine aus Vater und Sohn bestehende Personengesellschaft, die eine Landwirtschaft betrieb, dadurch beendet, daß der Betrieb zwischen Vater und Sohn real geteilt und die beiden Betriebsteile (Teilbetriebe) von Vater und Sohn jeweils als Einzelbetriebe fortgeführt wurden, so ist die Buchführungspflicht der Personengesellschaft auch unter der Geltung des § 161 AO a. F. nicht auf Vater und Sohn als Einzelunternehmer übergegangen (Abgrenzung gegenüber BFH-Urteil vom 20. April 1978 IV R 92/76, BFHE 125, 6, BStBl II 1978, 479).

 

Normenkette

AO 1977 § 141; AO a.F. § 161; LwBuchfV § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Vater des Klägers, der einen eigenen 15,10 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete, und der Kläger pachteten am 1. Oktober 1968 gemeinsam einen weiteren 33,8 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb und führten beide Betriebe aufgrund eines privatschriftlichen Gesellschaftsvertrages vom 29. Oktober 1968 mit Wirkung vom 1. Oktober 1968 als GbR. Nachdem sie ihre landwirtschaftlichen Einkünfte für das Wirtschaftsjahr 1968/69 noch nach dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen (GDL) ermittelt hatten, ermittelten sie, durch eine landwirtschaftliche Buchstelle betreut, die Einkünfte der GbR aus Land- und Forstwirtschaft ab dem 1. Juli 1969 durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung nach der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vom 5. Juli 1935 – LwBuchfV – (RGBl I 1935, 908). Sie gaben für die Kalenderjahre ab 1968 dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt – FA –) entsprechende Gewinnerklärungen ab und fügten ab Wirtschaftsjahr 1969/70 Buchabschlüsse bei.

Durch Feststellungsbescheid für 1969 vom 3. September 1971 stellte das FA den Gewinn der GbR und des Klägers erstmals auf mehr als 12 000 DM fest, ohne auf den Beginn der Buchführungspflicht hinzuweisen. Durch Steuerbescheid für 1969 vom 22. November 1971 veranlagte das FA den Kläger und dessen Ehefrau dementsprechend erstmals mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 12 000 DM zur Einkommensteuer.

Durch Vertrag vom 3. Mai 1972 lösten der Kläger und sein Vater die GbR mit Wirkung vom 30. April 1972 im Wege der Realteilung auf der Grundlage der beiden Teilbetriebe auf. Der Kläger bewirtschaftete noch bis 31. Oktober 1972 allein den gepachteten Betrieb und wurde anschließend als Arbeitnehmer tätig, während sein Vater wieder die alleinige Bewirtschaftung seines eigenen Betriebes übernahm. Der Rindviehbestand wurde vom Kläger übernommen, den Schweinebestand erhielt sein Vater. Der Maschinenpark wurde aufgeteilt. Ein Geldausgleich fand nicht statt Der Kläger führte aufgrund der Realteilung die bisherigen Buchwerte der von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter unter Fortsetzung der Buchführung weiter. Im August 1972 erteilte der Kläger den Auftrag, das tote Inventar zu versteigern. Die Versteigerung wurde am 14. Oktober 1972 durchgeführt und erbrachte einen Gewinn von 11 015 DM. Die Veräußerung des Viehbestandes von 12 Mastbullen ergab einen Gewinn von 1 290 DM. Der Kläger erntete sodann noch das Getreide und die Kartoffeln ab und veräußerte sie mit einem Gewinn von 32 535 DM. In seiner Einkommensteuererklärung für 1972 gab der Kläger seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom 1 Mai bis 30. Juni 1972 mit 8 639 DM und vom 1. Juli bis 31. Oktober 1972 mit 868 DM laufendem Verlust und 44 851 DM Veräußerungsgewinn an Er sah dabei die Gewinne aus der Veräußerung des Maschinenparks, des Viehbestandes und der Getreide- und Kartoffelernte als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 14 EStG an. Seiner Gewinnermittlung fügte er die Buchabschlüsse für die Zeit vom 1. Mai bis 30. Juni 1972 und vom 1. Juli bis 31. Oktober 1972 bei.

Bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers und seiner Ehefrau für 1972 behandelte das FA nur den Gewinn aus der Veräußerung des Maschinenparks und des Viehbestandes von insgesamt 12 305 DM als Veräußerungsgewinn, hingegen die übrigen Einkünfte, insbesondere die aus der Veräußerung der Getreide- und Kartoffelernte, als laufenden Gewinn. Mit seinem dagegen gerichteten Einspruch machte der Kläger erstmals geltend, die GbR sei zwar buchführungspflichtig gewesen, nach ihrer Beendigung habe aber für sein Einzelunternehmen ab 1 Mai 1972 keine Buchführungspflicht mehr bestanden. Bei seinem Einzelunternehmen habe es sich um einen neuen Betrieb gehandelt. Sein Gewinn aus Landwirtschaft in den Rumpfwirtschaftsjahren vom 1. Mai bis 30. Juni und vom 1. Juli bis 31. Oktober 1972 sei daher nach dem GDL zu ermitteln.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat den Standpunkt, daß es das FA mit Recht abgelehnt habe, den streitigen Gewinn nach dem GDL zu ermitteln. Es stehe fest, daß die GbR wegen der Höhe ihrer Gewinne buchführungspflichtig gewesen sei. Diese Buchführungspflicht habe beim Kläger auch nach Beendigung der Gesellschaft weiterbestanden. Sie sei weder durch die Beendigung der Gesellschaft noch nach § 1 Abs. 3 LwBuchfV für die beiden Rumpfwirtschaftsjahre wieder weggefallen. Bei der Buchführungspflicht handle es sich um eine persönliche, nicht an einen bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb und nicht an den Fortbestand der GbR gebundene Verpflichtung des Klägers, die nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 LwBuchfV wieder habe wegfallen können. Zudem seien die vom Kläger im Rahmen der GbR und nach deren Beendigung bewirtschafteten Betriebe zumindest teilweise identisch gewesen.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, im Streitfall habe nach Auflösung der GbR eine Realteilung stattgefunden. Das FG-Urteil verstoße gegen die Grundsätze des BFH-Urteils vom 23. Februar 1978 IV R 166/74 (BFHE 125, 1, BStBl II 1978, 477). Der Kläger beantragt, die Gewinnermittlung für die Rumpfwirtschaftsjahre vom 1. Mai bis 30. Juni und vom 1. Juli bis 31. Oktober 1972 nach dem GDL durchzuführen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet kostenpflichtig zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet.

1. § 141 der Abgabenordnung (AO 1977) bestimmt ausdrücklich, daß die für den Beginn der Buchführungspflicht maßgebenden Grenzwerte beim Umsatz, Vermögen und Gewinn „für den einzelnen Betrieb” gelten und eine bestehende Buchführungspflicht ohne besondere Feststellung oder Mitteilung auf denjenigen übergeht, der den Betriebim ganzen übernimmt. Danach wäre es nicht zweifelhaft, daß auf einen Land- und Forstwirt, der von dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb den er bisher mit einem anderen Landwirt in der Rechtsform einer GbR betrieben hat einen Teilbetrieb als Einzelunternehmer weiterführt, die bisherige Buchführungspflicht der GbR nicht übergeht.

Die Vorschrift des § 161 der Reichsabgabenordnung (AO), die im Streitfall noch anzuwenden ist, enthielt keine derartigen ausdrücklichen Bestimmungen über die Betriebsbezogenzeit der Grenzwerte für die Buchführungspflicht. Die Entscheidung, ob die Buchführungspflicht der bisherigen GbR, die durch die Höhe ihres Gewinns begründet worden war, am 1. Mai 1972 auf den Kläger einerseits und seinen Vater andererseits übergegangen oder ob sie erloschen ist, ist daher im Wege der Auslegung des § 161 AO zu finden. Dabei können – entgegen der Meinung des FG – die Bestimmungen der LwBuchfV (a. a. O.) über den Beginn und das Ende der Buchführungspflicht schon deshalb nicht herangezogen werden, weil die Verordnung von der Identität des Inhabers eines bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeht.

§ 161 AO hatte den Sinn und Zweck, einerseits Unternehmer ab einer bestimmten Betriebsgröße, die nach drei Größenmerkmalen festgelegt war, d. h. also nach Erfüllung bestimmter sachlicher Voraussetzungen zur Buchführung zu verpflichten, andererseits aber zum Schutze des Steuerpflichtigen die Buchführungspflicht erst eintreten zu lassen, wenn das Überschreiten eines solchen Grenzwertes in einem an ihn gerichteten und gegen ihn wirksamen Verwaltungsakt in nachprüfbarer Weise festgestellt und bekanntgegeben worden ist. Unter diesen beiden Gesichtspunkten ist daher unter der Geltung des § 161 AO die Frage zu entscheiden, ob bei der Übernahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes durch zwei Unternehmer bzw. Land- und Forstwirte im Wege der Teilung die bisherige Buchführungspflicht fortbestand, oder ob die formellen Voraussetzungen für den Beginn der Buchführungspflicht bei jedem Übernehmer erst neu erfüllt werden mußten.

Beim Übergang eines Betriebes im ganzen von einem Unternehmer auf einen anderen, z. B. im Wege der Betriebsveräußerung oder der unentgeltlichen Betriebsübertragung, ist der Senat davon ausgegangen, daß mangels einer anders lautenden gesetzlichen Regelung bei dem neuen Unternehmer die Voraussetzungen für den Beginn der Buchführungspflicht nach § 161 AO neu erfüllt werden mußten, wenn die entsprechenden Feststellungen des FA und ihre Bekanntgabe, die zur Buchführungspflicht des bisherigen Unternehmers geführt haben, ihm gegenüber nicht mehr wirksam waren und deshalb ihre oben dargelegte Schutzfunktion nicht mehr erfüllen konnten (vgl. Urteil in BFHE 125, 1, BStBl II 1978, 477).

War die Buchführungspflicht des bisherigen Betriebsinhabers auf eine Feststellung seines Betriebsvermögens oder seines land- und forstwirtschaftlichen Vermögens gestützt, so wirkte diese Feststellung bzw. deren Bekanntgabe nach § 219 Abs. 2 i. V. m. §§ 214, 215 Abs. 1 AO unmittelbar auch gegen den Rechtsnachfolger. Daher ging die Buchführungspflicht nach dem Vermögen schon nach § 161 AO auf den Rechtsnachfolger über, da auch in seiner Person die materiellen und formellen Voraussetzungen der Buchführungspflicht erfüllt waren (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1959 IV 376/56, Steuerrechtsprechung in Karteiform – StRK –, Reichsabgabenordnung, § 161, Rechtsspruch 5). Anders war die Rechtslage, wenn die Buchführungspflicht des bisherigen Betriebsinhabers auf den festgestellten Gewinn oder den festgestellten Umsatz gegründet war. Da die betreffenden Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheide nur gegenüber dem bisherigen Betriebsinhaber Rechtswirkungen hatten, konnten daran für die Betriebsübernehmer keine Rechtsfolgen, auch nicht in Form einer weiterbestehenden Buchführungspflicht, geknüpft werden (vgl. auch Paulick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., § 161 AO Anm. 3 Abs. 3 und Anm. 6 Abs. 8). Dazu hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, wie sie jetzt § 141 AO 1977 enthält.

Nach diesen Grundsätzen wurde auch der Fall beurteilt, in dem ein Betrieb von einer Personengesellschaft auf einen Einzelunternehmer übertragen wurde. Ging der Betrieb im ganzen von einer Personengesellschaft auf einen Einzelunternehmer über, der an der Personengesellschaft nicht beteiligt war, so konnte dieser Einzelunternehmer nach dem Gewinn und nach dem Umsatz erst dann zur Buchführung verpflichtet werden, wenn die formellen Voraussetzungen des § 161 AO – also die entsprechende Feststellung und Bekanntgabe in einem Feststellungsbescheid oder in einem Steuerbescheid – bei ihm selbst erfüllt waren. Eine Buchführungspflicht, die für den bisherigen Betriebsinhaber, die Personengesellschaft, bestand, war also durch die Betriebsübernahme durch einen solchen Einzelunternehmer erloschen (vgl. BFH-Urteil IV 376/56, a. a. O.).

Zu einem anderen Ergebnis kam der Senat allerdings dann, wenn der Einzelunternehmer, der den Betrieb von der Personengesellschaft übernahm, schon bisher als Gesellschafter dieser Personengesellschaft Mitglied der Unternehmergemeinschaft war und das sonst unveränderte Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft nach der Übertragung des Betriebsvermögens im ganzen als Einzelunternehmer weiter betrieb. In diesem Fall sah es der Senat als entscheidend an, daß in der Person des nunmehrigen Einzelunternehmers der bisherige Mitinhaber des Betriebes – Land- und Forstwirt in Gemeinschaft – denselben land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als Alleininhaber weiterbetrieb. „Dadurch ist – wirtschaftlich betrachtet – kein Unternehmerwechsel in dem Sinne eingetreten, daß durch ihn die Wirkung der Verwaltungsakte des FA, die bisher die Buchführungspflicht der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach dem Gewinn unstreitig begründet haben, außer Kraft gesetzt und daher zum Schutze des neuen Unternehmers die neue Erfüllung der unabdingbaren formellen Voraussetzungen für den Beginn der Buchführungspflicht erforderlich würde. Die Buchführungspflicht bestand daher trotz Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch das Ausscheiden des Vaters und die Übernahme des Betriebes durch den Kläger fort, weil der Kläger als Mitglied der bisherigen buchführungspflichtigen Unternehmergemeinschaft den Betrieb unverändert fortgeführt hat” (so in BFH-Urteil vom 20. April 1978 IV R 92/76, BFHE 125, 6, BStBl II 1978, 479).

Mit diesem durch das genannte Urteil (IV R 92/76) entschiedenen Fall hat der Streitfall einerseits gemein, daß der Kläger als Landwirt, der am 1. Mai 1972 den Teilbetrieb von der aus seinem Vater und ihm bestehenden Personengesellschaft übernommen hat, schon bisher als Gesellschafter dieser Personengesellschaft hinsichtlich des übernommenen Betriebes Mitunternehmer war. Der Streitfall unterscheidet sich aber vom Fall IV R 92/76 grundlegend dadurch, daß der Kläger nicht den ganzen Betrieb der Personengesellschaft unverändert übernommen hat, sondern nur einen Teilbetrieb, genauso wie sein Vater den anderen Teilbetrieb übernommen hat.

War also im Falle IV R 92/76 neben der Identität der Person des Übernehmers und früheren Gesellschafters wesentliche Grundlage für den vom Normalfall abweichenden Übergang der Buchführungspflicht auf den Sohn der Umstand, daß er den Betrieb der Personengesellschaftim ganzen unverändert übernommen und fortgeführt hat, und berücksichtigt man, daß der Kläger nur einen Teilbetrieb übernommen und fortgeführt hat, so ergibt sich schon daraus, daß der Übergang der Buchführungspflicht auf den Kläger auch nach § 181 AO verneint werden muß. Denn durch die Übernahme eines Teilbetriebs der Personengesellschaft ist der Kläger nicht in die volle Stellung der Personengesellschaft als Betriebsinhaber eingetreten. Damit sind bei ihm – entgegen dem Normalfall der Betriebsübernahme im Urteil IV R 92/76 – zumindest die sachlichen Voraussetzungen der Buchführungspflicht nach § 161 AO weggefallen. Denn die bestimmte Größe und die sich daraus ergebende Ertragskraft des Betriebes der Personengesellschaft, die alleinige sachliche Voraussetzung der Buchführungspflicht der Gesellschaft waren, ist durch die Teilung des Betriebs zwischen Kläger und Vater verlorengegangen. Daher kann nach Auflösung der Personengesellschaft und nach der Aufteilung der von ihr betriebenen Landwirtschaft ab 1. Mai 1972 weder der Vater des Klägers noch der Kläger selbst mit den von ihnen übernommenen Teilbetrieben buchführungspflichtig geblieben sein. Daraus ergibt sich auch – wie schon eingangs dargelegt –, daß die Bestimmungen über den Wegfall der Buchführungspflicht nach der LwBuchfV (a. a. O.) wegen der mangelnden Identität des Klägers als Inhaber eines bestimmten landwirtschaftlichen Betriebes, wovon die Buchführungsverordnung ausgeht, nicht herangezogen werden können.

2. Zu einem anderen Ergebnis kann auch nicht der Umstand führen, daß der Kläger auch als Einzelunternehmer ursprünglich freiwillig Bücher geführt und Abschlüsse vorgelegt hat. Gemäß § 12 Abs. 2 GDL war bei Steuerpflichtigen, die freiwillig Bücher führten und Abschlüsse machten, der nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn der Steuerpflichtige dies beantragte. Wurde ein solcher Antrag nicht gestellt, so war der Gewinn nach den Vorschriften der Absätze 3 bis 6 des § 12 GDL zu ermitteln. Wurde ein solcher Antrag gestellt, war der Steuerpflichtige nach § 12 Abs. 2 GDL in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 8. Mai 1972 (BGBl I, 761, BStBl I, 380) bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 1973/74 verpflichtet, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der Antrag war schriftlich und unwiderruflich spätestens sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zu stellen, dessen nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelter Gewinn erstmals der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollte. Im Streitfall steht fest, daß der Kläger nach der Beendigung der BGB-Gesellschaft, d. h. seit der Übernahme des land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebs ab 1. Mai 1972, keinen schriftlichen unwiderruflichen Antrag gestellt hat, den für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Mai 1972 bis 30. Juni 1972 oder für das darauffolgende Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Juli 1972 bis 31. Oktober 1972 nach § 4 Abs. 1 EStG aufgrund einer Buchführung ermittelten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft der Besteuerung zugrunde zu legen. Die Frage, ob in seiner Einkommensteuererklärung für 1972, die nach dem Vermögensvergleich ermittelte Gewinne auswies und der die Buchabschlüsse der betreffenden Rumpfwirtschaftsjahre beigefügt waren, ein solcher Antrag gesehen werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden, da die betreffende Einkommensteuererklärung nicht innerhalb der obigen Sechsmonatsfrist eingereicht worden ist. Entgegen der Meinung des FG kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO 1977) gegen den ausdrücklichen Willen des Klägers nicht in Betracht.

Danach war der Gewinn des Klägers für die Zeit vom 1. Mai 1972 bis 31. Oktober 1972 nach dem GDL zu ermitteln. Geht man davon aus, so ergibt sich, wie der Kläger und das FA übereinstimmend berechnet haben, keine Einkommensteuer des Klägers für den Veranlagungszeitraum 1972. Unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 29. April 1975 war daher unter Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides für 1972 die Einkommensteuer auf 0 DM festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510411

BFHE 1983, 137

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