Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu Anspruchsberechtigung und Antragsrecht der Beschäftigungszulage bei verbundenen Unternehmen

 

Leitsatz (NV)

1. Die sog. Konzernklausel in § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 schließt nicht aus, daß die Beschäftigungszulage entweder von dem die Nutzung überlassenden oder von dem nutzenden Unternehmen beantragt wird. Die materielle Anspruchsberechtigung steht beiden Unternehmen als Gesamtgläubigern zu.

2. Wird die Zulage von beiden Unternehmen beantragt, und zahlt das FA die Zulage an das eine Unternehmen aus, so wird es von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem anderen Unternehmen frei.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b Abs. 6

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Verkaufsunternehmen in A. Gesellschafter sind die Kaufleute M und N. Im Jahre 1981 erwarben die Gesellschafter die Anteile an einer GmbH in B, die in Betriebsstätten in B und C ebenfalls . . . Erzeugnisse verkauft.

Die GbR führte in den Jahren 1982 bis 1984 in den Betriebsstätten in B und C Investitionen in größerem Umfang durch. Insbesondere errichtete sie mit Bauantrag vom 30. November 1982 neue Betriebsgebäude, die sie nach Fertigstellung an die GmbH verpachtete.

Für im Streitjahr 1982 von beiden Unternehmen getätigte Investitionen von insgesamt 54 011 DM stellte die GmbH bei dem für sie zuständigen Finanzamt (FA) B einen Antrag auf Beschäftigungszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982). Von der Investitionssumme entfielen 11 515 DM auf die Klägerin und 42 496 DM auf die GmbH. Mit Bescheid vom 8. November 1983 setzte das FA B die Zulage antragsgemäß mit 5 402 DM fest und zahlte sie an die GmbH aus. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Zuvor, nämlich am 19. September 1983, hatte die Klägerin wegen der auf sie entfallenden Investitionssumme von 11 515 DM ebenfalls einen Zulageantrag gestellt, und zwar bei dem für sie zuständigen FA A (Beklagter und Revisionsbeklagter - künftig FA -). Dieser zusätzliche Antrag wurde von der Klägerin damit begründet, daß die Zulage, soweit sie auf ihre eigenen Investitionen entfalle, ihr persönlich, und zwar nach § 5 Abs. 2 InvZulG 1982 steuerfrei zustehe. Die Steuerfreiheit sei aber letztlich nicht gewährleistet, wenn die Zulage an die GmbH ausgezahlt und dann von dieser an ihre Gesellschafter ausgeschüttet werde (Hinweis auf Maas, Betriebs-Berater - BB - 1983, 1845).

Das FA wies den Antrag unter Hinweis auf Tz. 6 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 11. Oktober 1982 (BStBl I 1982, 775) mit der Begründung zurück, daß im Rahmen der sog. Konzernklausel nach § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 Anspruchs- und Antragsberechtigter ausschließlich das nutzende Unternehmen sei. Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in BB 1985, 254 veröffentlicht.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Ablehnungsbescheid vom 7. Mai 1984 aufzuheben und die Investitionszulage auf 1 151,50 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die Klägerin (GbR) und die GmbH sind verbundene Unternehmen im Sinne des § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982. Die Verbundenheit beruht einmal auf dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung, deren Voraussetzungen von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend bejaht werden. Insofern ist die Klägerin als Unternehmen an der GmbH zu mehr als 25 v. H. beteiligt (§ 4 b Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1982). Die Verbundenheit ergibt sich außerdem daraus, daß die beiden Gesellschafter M und N an beiden Unternehmen, der GbR und der GmbH, unmittelbar zu mehr als 50 v. H. beteiligt sind (§ 4 b Abs. 6 Satz 2 InvZulG 1982).

2. Werden zwischen verbundenen Unternehmen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen, so werden diese Wirtschaftsgüter nach § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 ,,bei der Ermittlung des Begünstigungsvolumens und des Vergleichsvolumens dem nutzenden Unternehmen zugerechnet". Insbesondere aufgrund dieses Gesetzeswortlauts ist streitig geworden, ob bezüglich solcher zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter auch die Anspruchs- und Antragsberechtigung auf das nutzende Unternehmen übergeht oder ob § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 nur eine Berechnungsvorschrift für das Vergleichsvolumen oder das Begünstigungsvolumen ist, im übrigen aber Anspruchsberechtigung und Antragsrecht beim Investor (in diesem Fall bei dem die Nutzung überlassenden Unternehmen) verbleiben.

3. Der Senat hat in seinem Grundsatzurteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86 (BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242) die Streitfrage dahin entschieden, daß im Rahmen der sog. Konzernklausel (§ 4 b Abs. 6 InvZulG 1982) die materielle Anspruchsberechtigung und das formelle Antragsrecht alternativ beiden Unternehmen zustehen, dem die Nutzung überlassenden und dem nutzenden Unternehmen. Zu diesem Ergebnis ist der Senat im wesentlichen aus der Erkenntnis gekommen, daß die gesetzliche Regelung widersprüchlich ist und daß sich dieser Widerspruch nach dem Prinzip der Meistbegünstigung nur durch die Annahme einer gemeinsamen Anspruchsberechtigung in der Form einer gesetzlichen Gesamtgläubigerschaft (vgl. § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) des nutzenden und des die Nutzung überlassenden Unternehmens sowie eines hieraus resultierenden beiderseitigen selbständigen Antragsrechts auflösen läßt. Diese Lösung hat auch den praktischen Vorteil, daß an sich materiell berechtigten Zulageansprüchen in höchstmöglichem Maße zum Erfolg verholfen werden kann, ohne daß es im Einzelfall darauf ankäme, von wem der Zulageantrag gestellt worden ist.

4. In seinem weiteren Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 32/87 (BFHE 155, 447, BStBl II 1989, 245) hat der Senat seine Rechtsprechung ergänzt und den sich aus der Gesamtgläubigerschaft resultierenden Rechtsgrundsatz entwickelt, daß das FA durch die Zahlung der Zulage an das eine Unternehmen von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem anderen Unternehmen für den Fall frei wird, daß beide Unternehmen gleichlautende Investitionszulageanträge gestellt haben. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn für die verbundenen Unternehmen verschiedene FÄ örtlich zuständig sein sollten.

5. Wendet man diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall an, so hat das FG die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Bezüglich der Investitionen von 11 515 DM wurde der Zulageantrag von beiden Unternehmen gestellt. Dadurch, daß das FA B die Zulage gegenüber der GmbH festgesetzt und anschließend an diese ausgezahlt hat, ist der Beklagte gegenüber der Klägerin von seiner Zahlungspflicht freigeworden. Da die GmbH von der Klägerin bzw. deren Gesellschafter beherrscht wird, wäre es für diese auch ein leichtes gewesen, die Dinge in ihrem Sinne zu steuern. Sie können nicht erwarten, daß die Zulage zweimal gezahlt wird.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 600

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