Leitsatz (amtlich)

Pflichtbeiträge des Sohnes eines Steuerpflichtigen zur studentischen Krankenversicherung sind keine Sonderausgaben des mit den Aufwendungen finanziell belasteten Vaters.

 

Normenkette

EStG 1967 § 10 Abs. 1 Nr. 2a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat im Streitjahr für seinen studierenden Sohn mit den allgemeinen Studiengebühren 96 DM Beiträge für die "Deutsche Studentenkrankenversorgung" gezahlt. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) gewährte ihm den Kinderfreibetrag nach § 32a Abs. 2 Nr. 2 a, aa EStG 1967 und im Einspruchsverfahren auch den Freibetrag für auswärtige Unterbringung nach § 33a Abs. 2 EStG; er lehnte aber die Absetzung der Beiträge zur Studentenkrankenversorgung als Sonderausgaben bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers ab.

Das FG erkannte dagegen die vom Kläger für seinen Sohn an die "Deutsche Studentenkrankenversorgung" gezahlten 96 DM als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG an und begründete seine Entscheidung wie folgt: Nach herrschender Meinung könnten zwar Beiträge im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur vom Versicherungsnehmer als Sonderausgaben abgesetzt werden. Das sei der Kläger eindeutig nicht. Es würde dem Zweck des Gesetzes aber nicht entsprechen, wenn dem Kläger der Abzug der für seinen Sohn geleisteten Versicherungsbeiträge verweigert würde, da er Versicherungsbeiträge aufgrund eines von ihm zugunsten seines Sohnes abgeschlossenen Vertrags als Sonderausgaben hätte absetzen können. Beide Fälle müßten steuerlich gleichbehandelt werden, weil sie im wesentlichen wirtschaftlich gleichgelagert seien. Der Kläger habe auch nicht die Möglichkeit gehabt, bei der bestehenden rechtlichen Lage die studentische Krankenversicherung seines Sohnes durch einen anderen Versicherungsvertrag zu ersetzen. Bei dieser Sachlage wäre es mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zu vereinbaren, wenn dem Kläger der Abzug der Beiträge als Sonderausgaben verwehrt würde. Dieser Rechtsauffassung stehe auch nicht entgegen, daß der frühere § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Wirkung vom 1. Januar 1965 durch Art. 1 Nr. 6 StÄndG vom 16. November 1964 (BStBl I, 553) entfallen sei. Die Abzugsfähigkeit der Beiträge werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger für seinen Sohn einen Kinderfreibetrag erhalten habe. Versicherungsbeiträge für ein Kind gehörten zwar zu den allgemeinen Lebensführungskosten. Das gelte aber auch für Versicherungsbeiträge, die von den Eltern aufgrund eines zugunsten ihres Kindes abgeschlossenen Krankenversicherungsvertrags gezahlt würden und die als Sonderausgaben geltend gemacht werden könnten.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 10 Nr. 2a EStG. Diese Bestimmung behandle nicht Zahlungen an Versicherungen schlechthin, sondern Beiträge des Steuerpflichtigen zu Versicherungen. Von derartigen Beiträgen könne auch nach dem Wortsinn des Gesetzes nur gesprochen werden, wenn die Zahlungen wegen einer konkreten rechtlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen an einem Versicherungsverhältnis geleistet würden. Dieser Grundsatz werde auch nicht mit dem Urteil des BFH vom 28. März 1958 VI 92/55 U (BFHE 66, 693, BStBl III 1958, 266) durchbrochen. Diese Entscheidung betreffe einen Sonderfall, bei dem es um Zurechnungsfragen gegangen sei. Das FG habe zu Unrecht auf den technischen Zahlungsvorgang abgestellt. Dieser sei aber für die Qualifizierung der Leistung nicht entscheidend. Der Vater habe keine Versicherungsbeiträge geleistet, wenn er auch die Beiträge bezahlt habe, denn der Schuldgrund sei hier in der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Sohn zu sehen. Es seien im übrigen auch Zweifel begründet, ob die vom FG verglichenen Fälle tatsächlich gleich seien. Die "Deutsche Studentenkrankenversorgung" sei eine öffentliche und staatlich subventionierte Einrichtung. Für die geringen Beiträge würde auf dem freien Versicherungsmarkt kein vertraglicher Versicherungsschutz zu erhalten sein. Um so weniger sollten die geringen Beiträge Anlaß sein, Grundsätze der Rechtsanwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG aufzugeben und um so leichter fiele es, diese Zahlungen steuerlich als das zu behandeln, was sie seien, nämlich Unterhaltszuwendungen, die durch den Kinderfreibetrag abgegolten seien. Das FA beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Mit Urteil vom 20. November 1952 IV 6/52 U (BFHE 57, 91, BStBl III 1953, 36) wurde für das Gebiet der Lebensversicherung entschieden, daß nur der Versicherungsnehmer berechtigt ist, die Prämien steuerlich als Sonderausgaben geltend zu machen. Das gilt auch für die Abzugsfähigkeit von Krankenkassenbeiträgen als Sonderausgaben. Diese Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG 1967 ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des Gesetzes, entspricht aber seinem Sinn und Zweck, wie der Senat erneut in dem Urteil vom 9. Mai 1974 VI R 233/71 (BStBl II 1974, 546) ausgeführt hat. Danach können nur die Steuerpflichtigen Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben absetzen, die sie gesetzlich oder vertraglich schulden. Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, daß es sich um wirtschaftlich gleichgelagerte Sachverhalte handelt, wenn der Kläger, statt als Versicherungsnehmer Krankenkassenbeiträge für seinen Sohn abzuführen, die studentischen Pflichtbeiträge finanziert. Es kann dahinstehen, inwieweit für den Bereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG von wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalten ausgegangen werden darf. Die Möglichkeit der wirtschaftlichen Identität einer studentischen Pflichtversicherung mit ihren Rechten und Pflichten mit einer privaten Krankenversicherung scheidet aber von vornherein aus.

Die Revision des FA mußte daher Erfolg haben.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 545

BFHE 1974, 369

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