Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Macht ein Arbeitgeber Ausgaben zur Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer und berücksichtigt er bei der Steuerberechnung einen Freibetrag gemäß § 2 Abs. 3 Ziff. 2 Satz 3 LStDV, so kann der Arbeitnehmer in Höhe des Freibetrags keine Sonderausgaben geltend machen.

 

Normenkette

EStG § 10/1/2/a; LStDV § 2 Abs. 3 Ziff. 2

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) wies im Lohnsteuer-Jahresausgleich 1953 Sonderausgaben von 1.753,03 DM nach. Darunter befand sich eine Lebensversicherungsprämie von 655,05 DM. Davon hatte der Arbeitgeber 633,38 DM übernommen. Diesen Betrag hatte der Arbeitgeber, soweit er 312 DM überstieg (§ 2 Abs. 3 Ziff. 2 Satz 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -), als zusätzlichen Arbeitslohn der Lohnsteuer unterworfen. Das Finanzamt erkannte gemäß Abschn. 31 b Abs. 1 Ziff. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) im Lohnsteuer-Jahresausgleich nur (655,05 ./. 312 =) 343,05 DM als Sonderausgaben an.

Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus: Nach § 2 Abs. 3 Ziff. 2 LStDV 1952 gehörten Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers nur insoweit zum Arbeitslohn, als sie im Kalenderjahr insgesamt den Betrag von 312 DM überstiegen hätten. Nach Abschn. 31 b Abs. 1 Ziff. 1 Satz 3 LStR 1952 (Abschn. 31 b Abs. 1 Ziff. 2 LStR 1955) seien Beiträge für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers als durch den Arbeitnehmer aufgewendet zu behandeln, soweit sie vom Arbeitgeber dem steuerpflichtigen Arbeitslohn zugerechnet worden seien. Unter dieser Voraussetzung könne ein Arbeitnehmer die Beiträge des Arbeitgebers im Rahmen von § 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - § 20 LStDV 1952 - als seine Sonderausgaben geltend machen. Der Freibetrag von 312 DM stelle aber eine pauschalierte Sonderausgabe dar. Er könne deshalb nicht nochmals als Sonderausgabe abgesetzt werden.

Der Bf. rügt unrichtige Anwendung des § 10 EStG (§ 20 LStDV 1952) und beruft sich für seine Rechtsauffassung auf das Urteil des Finanzgerichts Karlsruhe vom 30. September 1954 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1955 S. 19).

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und beantragt, die Rechtsbeschwerde (Rb.) als unbegründet zurückzuweisen. Er hat im wesentlichen ausgeführt:

Bei den Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers handelt es sich zwar um Sonderausgaben, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer übernimmt. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, daß die steuerliche Begünstigung in Höhe von 312 DM doppelt gewährt werden müßte, einmal durch die Gewährung des Freibetrags, das andere Mal durch den Abzug im Rahmen des § 10 EStG (§ 20 LStDV). Wird für eine zweckgebundene Zuwendung Steuerfreiheit in bestimmtem Umfang gewährt, so können nicht insoweit für denselben Zweck im Rahmen einer anderen Vorschrift nochmals steuerliche Vergünstigungen in Anspruch genommen werden.

Der in der Zeitschrift "Der Betrieb" 1953 S. 725 vertretenen Ansicht, in Höhe des Freibetrags von 312 DM müßte schon deshalb der Abzug von Sonderausgaben zugelassen werden, weil andernfalls ein einheitlicher Vorgang (Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung) auseinandergerissen würde, stimme ich nicht zu. Das Verlangen nach einer einheitlichen steuerlichen Behandlung von Aufwendungen oder Zuwendungen findet im Gesetz keine Stütze. So muß zum Beispiel in allen Fällen, in denen Freigrenzen oder Höchstbeträge überschritten werden, eine Aufteilung des an sich einheitlichen Vorgangs für steuerliche Zwecke vorgenommen werden. Das gilt auch bei Ausgaben für die Zukunftssicherung, die 312 DM übersteigen.

Daß die Auffassung des Bf. nicht zutrifft, ergibt sich aus folgender überlegung: In § 2 Abs. 3 Ziff. 2 LStDV ist nicht nur festgelegt, daß freiwillige Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers bis zu 312 DM nicht zum Arbeitslohn gehören. Es ist vielmehr auch bestimmt, daß Ausgaben für die Zukunftssicherung, die der Arbeitgeber auf Grund gesetzlicher Verpflichtung leistet, nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören, und zwar in voller Höhe. Es handelt sich hierbei um die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung. Der Gedanke, auch diese Arbeitgeberanteile müßten bei den Arbeitnehmern zum Abzug als Sonderausgaben zugelassen werden, liegt so fern, daß er bisher nicht aufgetaucht ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der Senat hat in Abschn. II der Entscheidung VI 1/54 U vom 31. Oktober 1957 (Bundessteuerblatt 1958 III S. 4) die Bestimmung des § 2 Abs. 3 Ziff. 2 Satz 3 LStDV als unverändert fortgeltenden Milderungserlaß aus der autoritären Zeit bezeichnet und deshalb als rechtsgültig und für die Steuergerichte verbindlich erklärt. Es ist demnach davon auszugehen, daß Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung seiner Betriebsangehörigen nur zum Arbeitslohn gehören, soweit sie im Kalenderjahr insgesamt 312 DM übersteigen. Welche Rechtsnatur der Freibetrag von 312 DM hat, insbesondere, ob er mit dem Abzug von Sonderausgaben in Verbindung gebracht werden kann, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Ziff. 2 LStDV, wie sie in der Entscheidung VI 1/54 U dargelegt ist, liegt aber die Auffassung nahe, daß der Freibetrag von 312 DM kein absoluter Freibetrag sein soll, sondern, wie es in Abschn. 31 b Abs. 1 Ziff. 1 Satz 3 LStR 1952 geschieht, mit dem Sonderausgabenabzug in Verbindung gebracht werden muß. Es wäre nicht gerechtfertigt, einen Betrag, der nach den allgemeinen Bestimmungen an sich als Arbeitslohn angesetzt werden müßte, steuerfrei zu lassen und den gleichen Betrag nochmals als Sonderausgabe einkommensmindernd abzusetzen. Zutreffend weist der Bundesminister der Finanzen darauf hin, daß der gesetzliche Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung auch nicht zum Arbeitslohn gehört und daß bisher niemand verlangt hat, beim Arbeitnehmer den Arbeitgeberanteil als Sonderausgabe zum Abzug zuzulassen. Mit Recht hat das Finanzgericht deshalb angenommen, daß der Freibetrag den Rechtscharakter einer pauschalierten Sonderausgabe habe und der Arbeitnehmer deshalb in Höhe des ihm gewährten Freibetrags keine Sonderausgaben geltend machen könne.

Der Bf. kann danach nicht verlangen, daß beim Lohnsteuer- Jahresausgleich der ihm gewährte Freibetrag von 312 DM als Einnahme außer Betracht bleibt, auf der anderen Seite aber als Sonderausgabe abgesetzt wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409065

BStBl III 1958, 266

BFHE 1958, 693

BFHE 66, 693

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