Entscheidungsstichwort (Thema)

VSt wegen durch Schenkung erworbener GmbH-Anteile

 

Leitsatz (NV)

Zur vermögensteuerlichen Behandlung von GmbH-Anteilen beim Beschenkten, wenn der Schenker für sich und seine Ehefrau einen lebenslänglichen Nießbrauch vorbehalten hat.

 

Normenkette

BGB § 1068; StAnpG § 11

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung der VSt auf den 1. Januar 1960, den 1. Januar 1963 und den 1. Januar 1964. Der Kl. wendet sich dagegen, daß ihm GmbH-Anteile zugerechnet worden sind, die ihm sein Onkel unter Nießbrauchsvorbehalt geschenkt hat. Außerdem begehrt er den Abzug einer Schadensersatzverpflichtung gegenüber der GmbH aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer.

Die seinerzeitige Schenkung der GmbH-Anteile stand unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauches zugunsten des Schenkers und seiner Ehefrau. Vorbehalten hatte sich der Schenker auch das Stimmrecht.

Das FA X setzte die geschenkten Anteile bei der Festsetzung der VSt mit den festgestellten gemeinen Werten an und berücksichtigte die Nießbrauchsverpflichtung als Schuld. Hiergegen wandte sich der Kl. und machte zusätzlich noch Schadensersatzverpflichtungen gegenüber der GmbH geltend.

Der Kl. hat gegen das FA X Klage erhoben und im Verlaufe des Verfahrens beantragt, die festgesetzte VSt wie folgt herabzusetzen: . . .

Seine Klage hat der Kl. im wesentlichen wie folgt begründet: Die geschenkten Anteile hätten an den maßgebenden Stichtagen der Ehefrau seines verstorbenen Onkels wirtschaftlich gehört. Diese habe aufgrund eines Vertrages auch weiterhin die Stimmrechte ausgeübt und z. B. auch gegen ihn gestimmt. Er sei auch nicht befugt gewesen, die Anteile zu veräußern.

Die Schadensersatzansprüche der GmbH seien auf Handlungen während seiner Geschäftsführertätigkeit zurückzuführen, die zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der GmbH geführt hätten. Bereits zum 1. Januar 1960 habe er Anhaltspunkte gehabt, daß er mit einer Heranziehung zum Schadensersatz habe rechnen müssen.

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ist das FA Y mit Zustimmung aller Beteiligten als Bekl. an die Stelle des FA X getreten. Das FA Y hat sodann über den Einspruch entschieden und ihn zurückgewiesen.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Wegen des Ansatzes der GmbH-Anteile hat es vor allem auf das Urteil des BFH vom 8. Dezember 1983 IV R 20/82 (BFHE 139, 556, BStBl II 1984, 202) verwiesen und erklärt, die Ehefrau des Schenkers sei als Nießbraucherin nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile gewesen.

Auch die Schadensersatzverpflichtungen können an den jeweiligen Stichtagen nicht abgezogen werden. Ein Abzug wäre nur dann möglich, wenn der Kl. bereits an diesen Stichtagen hätte mit der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche rechnen müssen.

Der Kl. hat Revision eingelegt und zunächst beantragt, die VSt 1960 bis einschließlich 1964 um insgesamt . . . DM herabzusetzen. Später hat er diesen Antrag auf die Herabsetzung um . . . DM ermäßigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Soweit der Kl. für 1961 und 1962 eine Herabsetzung der VSt um einen höheren Betrag begehrt als für 1960, ist dieser Antrag bereits deshalb unbegründet, weil 1961 und 1962 keine Neuveranlagung stattgefunden hat. Für diese Veranlagungszeitpunkte wirkte die Hauptveranlagung 1960 fort (§ 12 VStG i.d.F. vom 10. Juni 1954).

2. Nicht zu beanstanden ist, daß das FA und das FG dem Kl. die geschenkten GmbH-Anteile zugerechnet haben. Denn diese Anteile gehörten ihm an den maßgebenden Stichtagen. Er war Rechtsinhaber der GmbH-Anteile.

Der vom Schenker für sich und seine Ehefrau vorbehaltene lebenslange Nießbrauch führt nicht dazu, daß die Anteile nach den Grundsätzen des § 11 StAnpG der Ehefrau des Schenkers zuzurechnen sind. Denn diese übte über die Anteile nicht diejenige wirtschaftliche Herrschaft aus, deren gewöhnlicher Ausdruck das Eigentum ist. Sie (bzw. ihre Erben) konnten den Kl. nicht für dauernd von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen.

Der Nießbrauch gab der Ehefrau des Schenkers nur das Recht auf die Nutzungen (§ 1068 i. V. m. 1030 BGB), aber kein Recht auf die Substanz der Anteile, insbesondere nicht auf die Wertsteigerungen.

An diesem Ergebnis änderte auch der Umstand nichts, daß die Abtretung der Anteile der Gesellschaft gegenüber geheimgehalten werden sollte (mit der Rechtsfolge des § 16 GmbHG) und der Ehefrau des Schenkers, wie der Kl. vorgetragen hat, das Stimmrecht zustand. Diese konnte dadurch zwar die Mitverwaltungsrechte, die an sich dem Rechtsinhaber zustehen, ausüben, erhielt damit aber keinerlei Zugriff auf die Substanz der GmbH-Anteile. Ohne einen Zugriff auf die Substanz der Anteile aber können die Anteile nicht einem anderen als dem Rechtsinhaber zugerechnet werden.

Auch irgendwelche Beschränkungen, denen der Kl. hinsichtlich der Verfügung über die Anteile aufgrund des Gesellschaftsvertrages unterlegen haben sollte (§ 15 Abs. 5 GmbHG), ändern nichts daran, daß ihm die Anteile zuzurechnen sind. Derartige Beschränkungen sind unabhängig davon, ob ein Nießbrauch besteht oder nicht. Sie haben deshalb auch keine Auswirkungen auf die Zurechnung der Anteile.

Die hier vertretene Auffassung zur Frage der Zurechnung von GmbH-Anteilen bei Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung der Ertragsteuersenate (vgl. die Urteile vom 2. August 1983 VIII R 170/78, BFHE 139, 76, BStBl II 1983, 735, und VIII R 15/80, BFHE 139, 79, BStBl II 1983, 736, sowie vom 8. Dezember 1983 IV R 20/82, BFHE 139, 556, BStBl II 1984, 202). Die BFH-Urteile vom 8. März 1977 VIII R 180/74 (BFHE 122, 64, BStBl II 1977, 629) und vom 21. Juni 1977 VIII R 18/75 (BFHE 124, 313, BStBl II 1978, 303), die in den dort entschiedenen Fällen den Vorbehaltsnießbraucher als wirtschaftlichen Eigentümer eines Grundstücks angesehen haben, sind durch die neuere Rechtsprechung modifiziert worden. Die dort entscheidungserhebliche Frage, ob dem Vorbehaltsnießbraucher die Absetzung für Abnutzung zusteht, wird nunmehr allein daraus hergeleitet, daß der Vorbehaltsnießbraucher seinerzeit die Herstellungs- und Anschaffungskosten getragen hat (vgl. die Urteile vom 28. Juli 1981 VIII R 35/79, BFHE 134, 133, BStBl II 1982, 380; ferner BFHE 139, 76, BStBl II 1983, 735).

3. Ein Abzug wegen der Schadensersatzverpflichtungen des Kl. gegenüber der GmbH kommt nicht in Betracht. Es ist nichts Konkretes dafür vorgetragen worden, daß der Kl. an den maßgebenden Stichtagen ernstlich damit rechnen mußte, daß seine Handlungen, die die Schadensersatzverpflichtungen auslösten, von der GmbH bereits entdeckt worden waren und seine Inanspruchnahme durch die GmbH drohte. Diese Auffassung entspricht der bisherigen Rechtsprechung (vgl. die Urteile des Reichsfinanzhofs vom 11. Februar 1937 III A 201/36, RStBl 1937, 603, und vom 24. Februar 1938 III 221/36, RStBl 1938, 354). Die sog. Wertaufhellungstheorie ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Sie betrifft nicht die Frage, ob überhaupt eine zu berücksichtigende Verpflichtung besteht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415219

BFH/NV 1988, 745

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