Leitsatz (amtlich)

Der Besteuerung aus § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 stand nicht entgegen, daß eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin mehrerer Kommanditgesellschaften war.

 

Normenkette

KVStG 1959 § 6 Abs. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist zum 1. Januar 1968 in zwei verschiedene Kommanditgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafterin eingetreten. Das FA hat jeweils aus den Nennwerten des Anteils des Kommanditisten von je 95 000 DM eine Gesellschaftsteuer von je 2 375 DM vorläufig festgesetzt. Einsprüche und Anfechtungsklagen hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revisionen der Klägerin sind unbegründet.

Gemäß § 2 Nr. 1 KVStG 1959 unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber. Als solche Gesellschaftsrechte galten gemäß dem inzwischen aufgehobenen § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 auch die Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft eine Kapitalgesellschaft gehört. Erster Erwerb im Sinne des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 war in diesen Fällen jeder Rechtsvorgang, der den Kommanditanteilen erstmals die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 beschriebene Zuordnung verschafft (Urteil des BFH II 196/65 vom 11. November 1969, BFH 98, 369, BStBl II 1970, 335).

Die Kommanditanteile, deren Wert und die Leistungen auf diese verstärken niemals die Kapitalkraft der Kapitalgesellschaft, welche persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft ist; dieses Merkmal kann daher nicht der Eingrenzung des Tatbestandes dienen (BFH-Urteil II R 21/70 vom 10. November 1970, BFH 100, 472, BStBl II 1971, 105). Die Abgrenzung des durch § 2 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 beschriebenen Tatbestandes ist demnach rein formal; es ist unerheblich, ob die steuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§§ 5, 10 Abs. 1 KVStG 1959) überdies noch an weiteren Kommanditgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist.

Der von der Klägerin aus § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG gezogene Schluß, § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 treffe nur diejenigen Kapitalgesellschaften (§ 5 KVStG) als Steuerschuldner (§ 10 Abs. 1 KVStG), bei denen diese nur mit ihrer Einlage in die Kommanditgesellschaft hafteten, verkennt die handelsrechtlichen Vorgegebenheiten. Denn der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft - sei dies eine natürliche Person, sei dies eine Kapitalgesellschaft - haftet immer mit seinem ganzen Vermögen (§§ 161, 128 HGB); es ist unerheblich, ob er überhaupt eine Einlage zu erbringen hat, und ob die zu erbringende oder erbrachte Einlage sein ganzes Vermögen oder einen Teil seines Vermögens darstellt. Folglich hängt die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959, daß eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft sein muß, nicht mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1959 zusammen. Dieser bezeichnet vielmehr "Personenvereinigungen, die Erwerbszwecke verfolgen, wenn alle Mitglieder nur mit ihrem Anteil für die Schulden der Vereinigung haften und ihre Anteile an Dritte übertragen können", selbst als Kapitalgesellschaften im gesellschaftsteuerrechtlichen Sinne.

Der Steuermaßstab richtet sich nach § 8 Nr. 1 KVStG; Steuerschuldnerin ist die Klägerin (§ 10 Abs. 1 KVStG). Den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ist nicht zu entnehmen, ob die Klägerin in bereits bestehende Kommanditgesellschaften eingetreten ist oder diese erst gegründet wurden, und ob im zweitgenannten Falle der Kommanditist eine Bareinlage zu erbringen oder erbracht hatte oder ob er - wie nach den Handelsregisterauszügen anzunehmen - je ein Unternehmen, das er zuvor als Einzelkaufmann geführt hatte, in jede der beiden Kommanditgesellschaften eingebracht hat. Das FG hat dazu in den Tatbeständen der angefochtenen Urteile ausgeführt, die Klägerin sei in ein "seither als Kommanditgesellschaft geführtes" Unternehmen eingetreten, im Widerspruch dazu aber in den Entscheidungsgründen vermerkt, die Klägerin sei unstreitig "in eine neu gegründete Kommanditgesellschaft eingetreten". Für die vorläufige Veranlagung kann das aber dahingestellt bleiben; die abschließende Prüfung der derzeit noch ungewissen Verhältnisse ist der endgültigen Veranlagung (§ 225 AO) zu überlassen. Die im Wege der Schätzung unterstellten Steuermaßstäbe sind für die vorläufige Steuerfestsetzung (§ 100 AO) hinreichend wahrscheinlich. Eine Verfahrensrüge ist auch insoweit nicht erhoben worden.

 

Fundstellen

BStBl II 1972, 628

BFHE 1972, 444

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge