Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

"Mühlenmäßige Verarbeitung" im Sinne der Erläuterungen I (1) zu Tarifnr. 23.02 ZT 1959 umfaßt alle Arbeitsvorgänge, die für eine Bearbeitung von Getreide zu Produkten der menschlichen Ernährung notwendig sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese im Mühlenbetrieb selbst oder in einem davon unabhängigen Getreidelager durchgeführt werden.

"Müllereierzeugnis" im Sinne der Erläuterungen I (2) zu Tarifnr. 23.02 ZT 1959 umfaßt alle bei der vorgenannten Bearbeitung anfallenden Erzeugnisse.

 

Normenkette

ZG § 21/1; ZTG § 1

 

Tatbestand

Gegenstand des Streites ist die Tarifierung einer für die Revisionsklägerin - im folgenden Steuerpflichtige (Stpfl.) - in drei Einzelpartien im März 1959 zum freien Verkehr abgefertigten Ware, die sie in der Zollanmeldung als "Mais, durch Aspiration zerschlagen" angemeldet hatte.

Die Ware wurde zunächst der Tarifnr. 10.05 des Zolltarifs (ZT) 1959 auf Grund eines Gutachtens der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) jedoch später als Müllereierzeugnisse den Tarifnr. 11.02 B und 11.01 D ZT 1959 zugewiesen und die sich hiernach ergebenden Eingangsabgaben nacherhoben.

Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. Mit ihrer nunmehr als Revision anzusehenden Rechtsbeschwerde rügt die Stpfl. die ergänzende und erweiternde Auslegung des Wortlautes der Erläuterungen zu Tarifnr. 23.02, ferner, daß es nicht angehe, daß von verschiedenen staatlichen Stellen, nämlich der Einfuhr- und Vorratsstelle und der Zollverwaltung, eine verschiedene Eingruppierung vorgenommen werde. Die eingeführte Ware müsse gegebenenfalls nach Allgemeinen Tarifierungs-Vorschriften (ATV) Nr. 5 der Tarifnr. 10.05 zugewiesen werden. Sie beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Nachforderungsbescheid aufzuheben.

Der Revisionsbeklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

Die von der Stpfl. eingeführte Ware bestand in dem für ihre Tarifierung maßgebenden Zeitpunkt des Antrages auf ihre Abfertigung zum freien Verkehr (§§ 58, 59 ZG 1939) unstreitig nicht aus Maiskörnern, sondern aus dem bei der Aspiration einer eingeführten Maispartie angefallenen Maisbruch und Maismehl und hatte eine grießartige bzw. mehlige Beschaffenheit. Da Kapitel 10 ZT 1959 nur Getreide, also Gesamtheiten von Getreidekörnern umfaßt und deshalb auch nach den Erläuterungen zu der Tarifnr. 10.05 in diese Tarifstelle nur Körner, d. h. ganze Getreidekörner gehören, hat das Finanzgericht (FG) zutreffend ausgesprochen, daß die Zuweisung der strittigen Ware zu der Tarifnr. 10.05 ZT 1959 nicht möglich ist.

Es ist ihm auch darin zuzustimmen, daß es sich bei der eingeführten Ware um Rückstände von einer Getreidebearbeitung im Sinne der Tarifnr. 23.02 ZT 1959 handelt. Denn der in den Erläuterungen zu dieser Tarifnummer enthaltene Begriff "mühlenmäßige Verarbeitung" umfaßt neben den ausdrücklich genannten Arbeitsvorgängen wie Sichten und Mahlen auch die "anderen Bearbeitungen von Getreide" (vgl. den Wortlaut der Tarifnr. 23.02). Das ergibt sich einmal daraus, daß in den Erläuterungen die "mühlenmäßige Verarbeitung" nicht mit dem Zusatz "nur" versehen ist (vgl. Erläuterungen zu ATV 1 Abs. 3 ZT 1959), zum anderen entspricht es nach Ansicht des Senats auch dem Sinn der Tarifnr. 23.02, die alle Arbeitsvorgänge umfaßt, die für eine Bearbeitung von Getreide zu Produkten der menschlichen Ernährung, z. B. für die Herstellung von Mehl, Grieß usw. notwendig sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese anderen Bearbeitungen im Mühlenbetrieb selbst, z. B. in einem Lagersilo der Mühle, oder, wie im Streitfall geschehen, in einem davon unabhängigen Getreidelager durchgeführt werden. Geht man aber davon aus, dann kann auch der in den Erläuterungen zu Tarifnr. 23.02 I (2) verwendete Begriff "Müllereierzeugnis" nur dahin verstanden werden, daß er alle Erzeugnisse umfaßt, die bei der vorgenannten Bearbeitung anfallen. Es kann also auch der bei der Lageraspiration entstehende Abfall dazu gehören. Auf dessen Stärkegehalt kommt es dann an, ob er zu der Tarifnr. 23.02 oder aber zum Kapital 11 ZT 1959 gehört.

Da im Streitfall der Stärkegehalt der durch die ZPLA untersuchten Proben aus den eingeführten Partien mit 57.03 v. H., 61,66 v. H. und 65,59 v. H. erheblich über 40 v. H. lag - Erläuterungen zu Tarifnr. 23.02 I (2) -, ist, wie das FG zutreffend entschieden hat, die nach der unterschiedlichen Feinheit des Produkts vorgenommene Zuweisung zu Tarifnr. 11.01 D bzw. Tarifnr. 11.02 B ZT 1959 zu Recht erfolgt.

Da die Ware sonach durch bestimmte Tarifnummern erfaßt wird, kommt entgegen der Meinung der Stpfl. eine Anwendung der ATV 5 ZT 1959 nicht in Betracht.

Wie die Ware von der Einfuhr- und Vorratsstelle bezeichnet und welcher Abschöpfungsbetrag erhoben wurde, ist für die Tarifierung ohne Bedeutung, da für diese nur der ZT und die dazu als Rechtsverordnung erlassenen Erläuterungen maßgebend sind.

Nach allem hat das FG die Berufung zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Es war deshalb auch die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412041

BStBl III 1966, 340

BFHE 1966, 365

BFHE 85, 365

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