Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Beiträge auf Grund von Kapitalansammlungsverträgen sind nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn eine rechtliche Festlegung auf drei Jahre erfolgt ist.

 

Normenkette

EStG § 10/1/2/d; EStDV §§ 18-22

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die vom Beschwerdegegner (Bg.) in den Jahren 1951 und 1952 gezahlten Beträge von je 3.600 DM auf einen Kapitalansammlungsvertrag als Sonderausgaben abgesetzt werden können.

Das Finanzamt hatte den Abzug verweigert. Der Bg. habe den Sparvertrag mit festgelegten Sparraten vom 24. Juni 1950 mit Rückwirkung zum 1. Januar 1950 abgeschlossen. Das sei nicht zulässig. Somit handele es sich um Einzahlungen auf einen allgemeinen Sparvertrag. Da der gesamte Sparbetrag am 14. Juli 1953 abgehoben worden sei, seien die in den Jahren 1951 und 1952 eingezahlten Beträge vorzeitig zurückgezahlt. Damit entfalle ihre Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben.

Auf die Berufung des Bg. hat das Finanzgericht den Abzug zugelassen. Zwar sei mit dem Finanzamt davon auszugehen, daß es nicht zulässig sei, Sparverträge mit festgelegten Sparraten mit rückwirkender Kraft abzuschließen. Die Frist des vom Bg. abgeschlossenen Sparvertrages habe somit nicht am 1. Januar 1950, sondern am Tage der ersten Einzahlung, dem 24. Juni 1950, zu laufen begonnen. Die Abhebung des Sparbetrages habe erst am 14. Juli 1953 stattgefunden, somit sei die im Gesetz vorgesehene Festlegung des Sparbetrages auf drei Jahre erfüllt und die Abzugsfähigkeit gegeben.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, mit der unrichtige Auslegung der §§ 20 und 21 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1951 gerügt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Zur Absetzung von Beiträgen auf Grund von Kapitalansammlungsverträgen als Sonderausgaben ist es erforderlich, daß alle dafür aufgestellten Voraussetzungen, wie sie in den §§ 18 bis 22 EStDV 1951 niedergelegt sind, erfüllt sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 207/55 U vom 9. Oktober 1956, Slg. Bd. 63 S. 484, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 382, und I 196/56 U vom 26. Februar 1957, Slg. Bd. 64 S. 426, BStBl 1957 III S. 160).

Der Bg. hat am 23. Juni 1950 mit seiner Bank einen Sparvertrag mit festgelegten Sparraten abgeschlossen und darauf am 24. Juni 1950 die erste Einzahlung geleistet. Als begünstigter Sparvertrag hätte diese Abmachung nur dann gelten können, wenn der Bg. sich für die Dauer von drei Jahren verpflichtet hätte, mindestens vierteljährlich laufend der Höhe nach gleichbleibende Einzahlungen vorzunehmen. Eine solche Verpflichtung ist der Bg. jedoch nicht eingegangen. Vielmehr war er nach dem am 24. Juni 1950 geschlossenen Vertrag nur bis zum 31. Dezember 1952, also nur rund 2 1/2 Jahre, gehalten, Einzahlungen zu leisten und nach Ablauf des 31. Dezember 1952 hat er auch aufgehört, weitere Beiträge zu bringen. Bei dieser Sachlage können die strittigen vom Bg. 1951 und 1952 geleisteten Beträge nicht zur Steuerbegünstigung durch Absetzung als Sonderausgabe führen. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Bg. im gegebenen Falle erst am 14. Juli 1953 - also mehr als drei Jahre nach der ersten Einzahlung - tatsächlich über das angesammelte Sparkapital verfügt hat. Das vermag den Mangel der rechtlichen Festlegung auf drei Jahre nicht zu heilen. Nach dem geschlossenen Vertrag war der Bg. bereits am 1. Januar 1953 rechtlich jederzeit zur Verfügung über das angesammelte Kapital in der Lage. Es mangelt somit an der rechtlichen Festlegung auf drei Jahre, die unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines steuerbegünstigten Sparvertrages ist. Dem Gesetzgeber kam es im volkswirtschaftlichen Interesse darauf an, daß die angesammelten Beträge auf drei Jahre festgelegt wurden. Nur wenn diese rechtliche Bindung bestand, war die Möglichkeit gegeben, die so festgelegten Kapitalien als langfristige Anlagen zu verwenden.

Nun läßt § 21 Abs. 3 EStDV 1951 zwar zu, daß der Vertrag in solchen Fällen mit Wirkung vom Tage der ersten geleisteten Einzahlung - also hier vom 24. Juni 1950 ab - als allgemeiner Sparvertrag im Sinne des § 18 EStDV zu behandeln ist. Als solcher könnte ein Sonderausgabenabzug Platz greifen, wenn die eingezahlten Sparbeträge drei Jahre festgelegen haben. Diese Frist ist für die hier in Rede stehenden in 1951 und 1952 geleisteten Beträge nicht innegehalten. Selbst wenn nach § 19 EStDV 1951 die zwischen dem 1. Januar und 30. Juni erfolgten Zahlungen als am 1. Januar und die zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember eingezahlten Beträge als am 1. Juli geleistet angesehen werden, haben diese Beträge nicht drei Jahre festgelegen.

Der Bg. wendet noch ein, daß die ursprüngliche Veranlagung für 1951, bei der der begehrte Sonderausgabenbetrag von 3.600 DM berücksichtigt war, nicht hätte geändert werden dürfen. Dem kann nicht gefolgt werden. Bei der erstmaligen Veranlagung für 1951 lag dem Finanzamt lediglich eine Bescheinigung der Bank vor, nach der ein Sparvertrag mit festgelegten Sparraten für die Zeit vom 1. Januar 1950 bis 31. Dezember 1952 abgeschlossen sei. Erst bei der Betriebsprüfung vom 12. und 13. Januar 1954 wurde festgestellt, daß der Sparvertrag erst am 23. Juni 1950 abgeschlossen und am 24. Juni 1950 die erste Einzahlung erfolgt war. Diese festgestellte neue Tatsache berechtigte das Finanzamt gemäß § 222 der Reichsabgabenordnung zur Wiederaufrollung der Veranlagung für 1951. Für 1952 handelt es sich ohnehin um die erstmalige Veranlagung und nicht um eine Berichtigungsveranlagung nach § 222 der Reichsabgabenordnung.

Der Abzug als Sonderausgabe ist nach obigen Ausführungen hinsichtlich der in 1951 und 1952 vom Bg. eingezahlten Beträge nicht möglich.

Die angefochtene Entscheidung, die dies verkannte, ist deshalb aufzuheben. Es kann jedoch nicht durcherkannt werden; auch die Einspruchsentscheidung vom 15. August 1955 ist aufzuheben. Der Bg. ist verheiratet und ist mit seiner Ehefrau gemäß § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1951 zusammen veranlagt worden. Diese Bestimmung ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts für nichtig erklärt und ein neuer § 26 EStG ist mit Gesetz vom 26. Juli 1957 geschaffen worden, der grundsätzlich getrennte Veranlagungen der Ehegatten vorsieht.

Die Sache wird deshalb an das Finanzamt zurückverwiesen, das nunmehr unter Beachtung des Vorstehenden und der neuen Vorschriften zu entscheiden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409008

BStBl III 1958, 149

BFHE 1958, 386

BFHE 66, 386

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